OGH 4Ob108/02i

OGH4Ob108/02i28.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** regGenmbH, *****, vertreten durch Dr. Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in Linz, wegen 90,22 EUR sA und Unterlassung (Streitwert 21.801,85 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 6. März 2002, GZ 1 R 216/01t-20, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Eine öffentliche Wiedergabe eines Tonwerks (§ 18 UrhG) liegt immer dann vor, wenn die Aufführung nicht von vornherein auf einen in sich geschlossenen und nach außen begrenzten Kreis abgestimmt ist, wenn sie also allgemein zugänglich ist (SZ 71/8 = MR 1998, 154 - Hochzeitsmusik). Dies ist überall dort der Fall, wo eine Aufführung im Rahmen eines gewerblichen Betriebs mit fluktuierendem Publikum stattfindet (EvBl 1969/100 = ÖBl 1969, 71 mwN), das Lokal also seinem Wesen nach allgemein zugänglich ist und von (Lauf-)Kunden auch tatsächlich aufgesucht wird (ÖBl 1971, 54 mwN).

Auf die räumliche Gemeinsamkeit des nicht durch ein reelles persönliches Band verbundenen und nach außen hin nicht abgegrenzten Personenkreises kommt es nicht an; auch die Gleichzeitigkeit der Werkvermittlung ist keine Voraussetzung dafür, dass eine Aufführung als öffentlich zu gelten hat (SZ 59/100 = ÖBl 1986, 132 - Hotel-Video; SZ 60/9 = ÖBl 1987, 82 - Sexshop; SZ 71/101 = ÖBl 1999, 98 - Thermenhotel L.). Ob eine Veranstaltung "privat" oder "öffentlich" iSd § 18 UrhG ist, kann in Grenzfällen nur nach den Umständen des Falles unter Berücksichtigung der Zahl der Teilnehmer, des Ausmaßes der persönlichen Beziehungen zwischen ihnen untereinander oder zwischen ihnen und dem Veranstalter und auch des Zweckes des Zusammenkommens beurteilt werden. Dabei ist im Zweifel auch zu beachten, ob der Veranstalter - eigene oder fremde - wirtschaftliche Zwecke fördern will (SZ 71/101 = ÖBl 1999, 98 - Thermenhotel L. mwN).

Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung ohne Rechtsirrtum auf den Einzelfall angewendet, wenn es das Abspielen eines Radiogerätes zur Unterhaltung der Studioleiterin und der Kunden in einem von der Beklagten betriebenen, unbeschränkt zugänglichen Figurstudio während dessen Öffnungszeiten, wobei das gesendete Programm bei normalem Geräuschpegel sowohl im Empfangsraum mit Rezeption als auch im - nur durch einen Torbogen mit Vorhang davon getrennten - Behandlungsraum (in dem das Trainingsprogramm absolviert oder das Solarium benutzt wird) zu hören war, als öffentliche Aufführung iSd § 18 UrhG beurteilt hat.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass möglicherweise zu bestimmten Zeiten neben der Studioleiterin nur eine einzige Kundin im Geschäftslokal anwesend war, weil in der Frage einer öffentlichen Aufführung auf den Personenkreis abzustellen ist, an den sich die Wiedergabe wenden soll, und hier nach den Feststellungen das Abspielen des Radiogerätes auch der Unterhaltung aller (potentiellen) Kunden diente. Auch reichen allein die gleichgerichteten sachbezogenen Interessen der Kunden an den im Figurstudio gebotenen Leistungen oder deren vertragliche Bindung an die Beklagte nicht aus, eine enge persönliche Beziehung der Kunden untereinander oder zur Beklagten annehmen zu können, wie sie von der Rechtsprechung als Voraussetzung für die Zurechnung einer Aufführung zur privaten Sphäre verlangt wird (vgl ÖBl 1979, 165 - Fernsehempfang im Offizierscasino; MR 1998, 154 - Hochzeitsmusik).

Bei Unterlassungsklagen muss nach ständiger Rechtsprechung der Beklagte behaupten und beweisen, dass keine Wiederholungsgefahr besteht (SZ 52/99; ÖBl 1992, 42 - Luftfrachtsendungen; NZ 1999, 110; 6 Ob 51/01w uva). Ein Vorbringen in diese Richtung hat die Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht erstattet; es ist ihr deshalb verwehrt, diese Frage dem Obersten Gerichtshof zur rechtlichen Überprüfung vorzulegen.

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