OGH 6Ob51/01w

OGH6Ob51/01w15.3.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karin K*****, vertreten durch Höhne & In der Maur, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei H***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Andrea Wukovits, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 31. Oktober 2000, GZ 3 R 135/00w-17, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau als Handelsgericht vom 10. Mai 2000, GZ 3 Cg 69/99f-13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Beweislast für den Wegfall der Wiederholungsgefahr trifft den Verletzer, der diese nur durch eindeutiges Verhalten widerlegen kann. Der Nachweis des Wegfalls kann zwar nicht nur in Form des Angebotes eines umfassenden Unterlassungsvergleiches dokumentiert werden, es müssen jedoch aus dem Gesamtverhalten des Beklagten gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS-Justiz RS0079692). Es wurde zwar in der in der Revision zitierten Entscheidung 4 Ob 397, 398/87 = MR 1987, 220 auch ausgesprochen, dass der Umstand, dass der Beklagte im Prozess seine Unterlassungspflicht nicht bestreitet, als Indiz für den Wegfall der Wiederholungsgefahr gewertet werden könne. Dieser Entscheidung lag jedoch ein mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbarer Sachverhalt zu Grunde. Hier geht schon aus dem bis zuletzt aufrecht erhaltenen Prozessstandpunkt der Beklagten hervor, dass sie es nach wie vor für nicht rechtswidrig hielt, dass sie den (angeblichen) Leserbrief samt der - wenn auch unrichtigen - Textpassage abdruckte. Der Umstand, dass die Beklagte der Aufforderung der Klägerin entsprechend eine Gegendarstellung "freiwillig" veröffentlicht hat, ist kein ins Gewicht fallendes Argument für den Wegfall der Wiederholungsgefahr, hätte der Beklagten doch bei Verweigerung dieser Gegendarstellung die gerichtliche Durchsetzung einer solchen Veröffentlichung gedroht (§ 14 MedienG). Dass der Lokalradiosender und dessen Betreibergesellschaft, deren Geschäftsführerin die Klägerin ist, in Hinkunft für die Beklagte nicht mehr von medialem Interesse sein werde, behauptet sie nicht, sodass allein aus der Tatsache, dass ein und derselbe Leserbrief kaum zweimal veröffentlicht wird, keineswegs auf das Desinteresse der Beklagten an einer weiteren Veröffentlichung eines gleichen oder ähnlichen Vorwurfes, sei es auch in anderer Form als durch einen anonymen Leserbrief und in einem anderen Zusammenhang, geschlossen werden kann.

Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (4 Ob 1008/95 ua; RIS-Justiz RS0042818, RS0031891). Die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass das Vorbringen der Beklagten, die Unterlassungsverpflichtung anzuerkennen, im Hinblick auf ihre sonstigen Ausführungen keinen ernsthaften Sinneswandel erkennen lässt und nicht zur Annahme zwingt, die Beklagte werde in Hinkunft solche oder ähnliche Äußerungen nicht mehr veröffentlichen, kann eine Verkennung der von der Rechtsprechung zur Wiederholungsgefahr entwickelten Grundsätze nicht erblickt werden.

Da die Beklagte der Behauptung der Klägerin, ihr sei keine Gelegenheit zur Stellungnahme zum strittigen Vorwurf gegeben worden, nicht entgegengetreten ist und hiezu ausdrücklich ausführte, dass die mangelnde Überprüfung nicht die Gefahr einer Wiederholung indiziere, ist das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes von einem Verschulden der Beklagten ausgegangen (vgl SZ 70/38 = MR 1997, 85 mwN). Bei der Veröffentlichung von Informationen Dritter in Medien erfordert die journalistische Sorgfaltspflicht die Einholung der Stellungnahme des Betroffenen zumindest dann, wenn nicht besondere Gründe für die Zuverlässigkeit des Informanten sprechen (SZ 70/180; RS0108415). Solche Gründe hat die Beklagte aber nicht einmal behauptet.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Medieninhaber als "intellektueller" Verbreiter, also im Unterschied zum bloßen "technischen" Verbreiter als derjenige anzusehen, der zu der Äußerung eine individuelle geistige Beziehung hat. Er muss sich zurechnen lassen, dass die Unrichtigkeit der Tatsachen bei Einhaltung der objektiv gebotenen Sorgfalt für ihn erkennbar war und dass er die Tatsachen dennoch verbreitet hat. Die Beklagte haftet daher als Medieninhaberin zumindest als Mitbeteiligte (vgl RIS-Justiz RS0031901) auch für das Behaupten unrichtiger Tatsachen durch Dritte, wobei hier der Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 1 Z 4 MedienG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichshofes schon deshalb nicht zuerkannt wurde, weil - abgesehen davon, dass der angebliche Briefschreiber anonym blieb (vgl 6 Ob 30/95 = MR 1996, 25) - besondere Gründe für die Veröffentlichung des Leserbriefes nicht ins Treffen geführt werden konnten und auch kein Grund zu erblicken ist, um eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beklagten vorzunehmen (vgl SZ 69/113).

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