OGH 9ObA225/01f

OGH9ObA225/01f20.2.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Jörg Krainhöfner und Mag. Bernhard Achitz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria S*****, Kindergärtnerin, *****, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, gegen die beklagte Partei Land Niederösterreich, Landhausplatz 1, 3109 St. Pölten, vertreten durch Urbanek, Lind, Schmied, Reisch Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen EUR 3.136,97 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. Mai 2001, GZ 8 Ra 122/01x-20, womit das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 15. Dezember 2000, GZ 34 Cga 106/00w-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 333,12 (darin enthalten EUR 55,52 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Abfertigung nach § 64 NÖ Landes-Vertragsbedienstetengesetz (LVBG), LGBl 2300 hat, zutreffend verneint. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin Folgendes entgegenzuhalten:

Nach § 7 Abs 3 NÖ LVBG gilt ein Dienstverhältnis ua dann als auf bestimmte Zeit eingegangen, wenn es auf eine kalendermäßig bestimmte Zeit abgestellt ist. Ein derartiges Dienstverhältnis kann auf bestimmte Zeit zweimal verlängert werden; diese Verlängerungen dürfen aber jeweils sechs Monate nicht überschreiten. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre (Abs 4 leg cit). Davon abweichend können befristete Dienstverhältnisse im Dienstzweig 53 (Kindergartendienst) zweimal jeweils bis zur Dauer eines Kindergartenjahres verlängert werden (Abs 5 leg cit).

Die Revisionswerberin verfolgt ihren noch in den Vorinstanzen eingenommenen Standpunkt, dass ihr Dienstverhältnis zur Beklagten öfter als zweimal auf bestimmte Zeit verlängert worden und daher aus diesem Grund als ein unbefristetes anzusehen sei, in der Revision nicht mehr. Dieser Ansicht ist auch durch die erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen jede Grundlage entzogen. Es kann aber auch der erstmals in der Revision vertretenen Auffassung der Revisionswerberin, dass die Regelung des § 7 NÖ LVBG das Homogenitätsprinzip nach Art 21 B-VG verletze, weil Art 4 Abs 1 BVG 1948 nur eine einmalige Verlängerung des auf bestimmte Zeit eingegangenen Dienstverhältnisses vorsehe bzw das AngG eine sachliche Rechtfertigung der Befristung verlange, nicht beigepflichtet werden:

Nach den Kompetenzartikeln des B-VG sind Gesetzgebung und Vollziehung des Arbeitsrechts grundsätzlich Bundessache, soweit es nicht unter Art 12 B-VG fällt (Art 10 Abs 1 Z 11 B-VG). Im öffentlichen Dienst ist zu unterscheiden: Das Dienstrecht und das Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten ist gemäß Art 10 Abs 1 Z 16 B-VG in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache; hinsichtlich der bei den Ländern (Gemeinden und Gemeindeverbänden) bediensteten Arbeitnehmer ist hingegen durch Art 21 B-VG eine umfassende Kompetenz der Länder vorgesehen (Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht9 48 f; Arb 12.000 = Stärker, ASoK 2000, 311).

Mit der Novelle zum B-VG, BGBl I Nr 8/1999, wurde Art 21 B-VG ab 1. 1. 1999 geändert. Die bedeutsamste Veränderung war der Entfall des so bezeichneten Homogenitätsprinzips im Dienstrecht, nach welchem die Gesetze und Verordnungen der Länder in den Angelegenheiten des Dienstrechtes von jenen des Bundes nicht in einem Ausmaß abweichen durften, dass der Wechsel des Dienstes wesentlich behindert wurde (VAB 1.562 BlgNR XX. GP 1 ff; Bußjäger, JBl 1999, 773; Leeb, JBl 2000, 359). Nach Art 21 Abs 1 B-VG obliegt sohin den Ländern unter anderem die Gesetzgebung und Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes einschließlich des Dienstvertragsrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Länder, soweit für alle diese Angelegenheiten in Abs 2 und in den Art 14,14a B-VG nichts anderes bestimmt ist (Arb 12.000 = Stärker, ASoK 2000, 311). Dies ist - soweit hier relevant - nicht der Fall. Auf dem Gebiet des Dienstrechtes der Kindergärtnerinnen gelten für die Verteilung der Zuständigkeit zur Gesetzgebung und Vollziehung hinsichtlich der Dienstverhältnisse zu den Ländern die diesbezüglichen allgemeinen Regelungen des Art 21 B-VG (Art 14 Abs 9 B-VG).

Die Beseitigung des Homogenitätsprinzips im Dienstrecht hat zur Konsequenz, dass eine Bindung des landesgesetzlich geregelten Dienstrechtes an "Strukturprinzipien" des Dienstrechtes des Bundes nicht mehr besteht. Die Landesgesetzgebung ist daher (von hier nicht weiter relevanten Beschränkungen des Art 21 B-VG abgesehen) in der Gestaltung des Dienstrechtes der Bediensteten der Länder (Gemeinden und Gemeindeverbände) nur noch an solche Prinzipien gebunden, die auch für den einfachen Bundesgesetzgeber gelten, wie insbesondere die Schranken der Grundrechte. Das Verbot der "wesentlichen Behinderung" des Dienstwechsels wurde beseitigt (Bußjäger, JBl 1999, 773). Die BVG-Novelle BGBl I Nr 8/1999 bewirkte sohin, "dass die Länder in Zukunft das Vertragsbedienstetenrecht in jenem Umfang selbst regeln können, wie es bisher der Bund konnte" (VAB 1.562 BlgNR XX. GP 1 ff; Leeb, JBl 2000, 359).

Mit der hier in Frage stehenden, nach § 7 NÖ LVBG ausdrücklich zulässigen zweiten Verlängerung des Dienstverhältnisses der Klägerin per 1. 3. 1999 kann daher keine Verletzung des Homogenitätsprinzips verbunden sein, weil dieses seit 1. 1. 1999 nicht mehr galt. Die von Art 21 Abs 4 B-VG nF geforderte Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund und bei den Ländern blieb jedenfalls gewahrt. Das Problem der Verletzung von "Strukturprinzipien" (vgl DRdA 1994/2 [Schnorr]) stellt sich hier nicht. Ob die Regelung des § 7 NÖ LVBG vor diesem Zeitpunkt eine "wesentliche" Behinderung des Dienstwechsels bewirkte und deshalb gegen Art 21 B-VG verstieß, braucht hier nicht untersucht zu werden. Den verfassungsrechtlichen Bedenken der Revisionswerberin kann sohin nicht beigepflichtet werden. Dem als Anregung zu wertenden Antrag der Revisionswerberin, beim VfGH hinsichtlich des § 7 NÖ LVBG ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen (vgl DRdA 1994/2 [Schnorr]), kann nicht beigetreten werden.

Einer speziellen Rechtfertigung der Aneinanderreihung von Kettenarbeitsverträgen durch besondere soziale oder wirtschaftliche Gründe (RIS-Justiz RS0028327) bedarf es zufolge der positivgesetzlichen Regelung in § 7 NÖ LVBG, die die zweimalige Verlängerung eines befristeten Dienstverhältnisses ausdrücklich zulässt, ohne dass es einer besonderen Rechtfertigung bedarf, entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagten gebührt für ihre Revisionsbeantwortung gemäß § 23 RATG nur der einfache Einheitssatz von 60 %, und nicht, wie verzeichnet, der vierfache von 240 % (vgl 9 Ob 261/00y; 7 Ob 115/01i; 9 ObA 118/01w ua).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte