OGH 6Ob307/01t

OGH6Ob307/01t20.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Alois H*****, vertreten durch Dr. Ferdinand Weber und Dr. Hannes Hirtzberger, Rechtsanwälte in Krems, gegen die beklagten Parteien 1. Elfriede L*****, 2. Sonja H*****, und 3. Kurt L***** , wegen Feststellung und Unterlassung (Gesamtstreitwert 300.000 S), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 18. Oktober 2001, GZ 17 R 186/01z-5, womit der Beschluss des Landesgerichtes Krems vom 24. Juli 2001, GZ 3 Cg 38/01b-2, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt Feststellung, wonach den Beklagten das Recht zum Befahren des Weges auf dem Grundstück 244/1 Grundbuch J***** zugunsten des Grundstückes 243/1 Grundbuch J***** außer im Rahmen des Umfanges des landwirtschaftlichen Bringungsrecht gemäß Beschluss der NÖ Agrarbezirksbehörde aus dem Jahr 1942 nicht zustehe. Er begehrt ferner Unterlassung jeglicher, den Umfang des zugunsten des Grundstücks 243/1 bestehenden landwirtschaftlichen Bringungsrechts überschreitenden Benutzung dieses Weges. Er sei Eigentümer der Grundstücke 40/8 und 243/4 des Grundbuchs für die Katastralgemeinde J*****. 1937 habe die NÖ Agrarbezirksbehörde den Rechtsvorgängern des Klägers zugunsten der Bauparzelle 40/8 ein landwirtschaftliches Bringungsrecht als Grunddienstbarkeit eingeräumt. Dienendes Grundstück sei die Parzelle 244/1. Das Bringungsrecht bestehe im Recht, einen damals schon bestehenden Fußsteig - wie im Bescheid näher beschrieben - auszugestalten und dauernd als Geh- und Fahrweg zu benutzen. 1942 habe die NÖ Agrarbezirksbehörde auch den Rechtsvorgängern der Beklagten als Eigentümer der Grundstücke 243/1 der KG J***** Bringungsrechte als Grunddienstbarkeit zu Lasten unter anderem der Grundstücke 40/8 und 243/1 eingeräumt. 1971 hätten die Eigentümer des (dienenden) Grundstücks 244/1 und die übrigen Benutzer des Weges, so auch die Rechtsvorgänger der Streitteile, eine Verbreiterung des Weges vereinbart. Während die Rechtsvorgänger der Beklagten den Weg bis zu seiner Verbreiterung bloß zum Zweck der Bewirtschaftung ihres als Obstgarten genutzten Grundstücks 243/1 genutzt hätten, hätten sie danach die Nutzung immer mehr ausgedehnt und den Weg auch mit PKW befahren, ohne landwirtschaftliche Bringungszwecke zu verfolgen. Die Beklagten hätten schließlich auf ihrem Grundstück 243/1 einen Parkplatz mit mehreren Stellflächen eingerichtet, der Weg werde von den Beklagten, ihren Familienangehörigen und Gästen über die Erfordernisse der landwirtschaftlichen Bringung hinaus genutzt. Sie seien nicht bereit, die Nutzung für nicht landwirtschaftliche Fahrten zu unterlassen. Das Erstgericht wies die Klage vor Zustellung an die Beklagten wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Zur Entscheidung über Streitigkeiten, die Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechts betreffen, sei die Agrarbehörde und nicht das Gericht zuständig.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach dem Vorbringen und dem Begehren des Klägers betreffe die Streitigkeit Umfang und Ausübung des Bringungsrechts, wozu die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges berufen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers ist nicht zulässig. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsweges ist von den Klagebehauptungen auszugehen. Maßgeblich ist die Natur des behaupteten Anspruches, es kommt darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte entscheiden. Ob der behauptete Anspruch auch begründet ist, ist erst anlässlich der Sachentscheidung zu klären (stRspr RIS-Justiz RS0045718; RS0005896).

Im vorliegenden Fall verweist der Kläger zur Begründung des Feststellungs- und Unterlassungsbegehrens auf seine Rechtsstellung als Berechtigter eines von der Verwaltungsbehörde eingeräumten landwirtschaftlichen Bringungsrechts. Er vertritt die Auffassung, ihm als Bringungsberechtigten stehe das Recht zu, andere Berechtigte und Dritte an einer über das Bringungsrecht hinausgehenden Inanspruchnahme des dienenden Grundstücks zu hindern. Damit stützt der Kläger seinen mit der Klage verfolgten Anspruch aber gerade nicht auf einen privatrechtlichen Titel (RS0012079, RS0045639), sondern auf das ihm von der Agrarbehörde eingeräumte Bringungsrecht. Ein Bringungsrecht im Sinne des Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1973, nö LGBl 6620, ist nach der im § 1 Abs 1 enthaltenen Begriffsbestimmung das zugunsten von Grundstücken, die land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremde Grundstücke zu bringen. Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle können Bringungsrechte ua auch die Berechtigung umfassen, 1. eine Bringungsanlage zu errichten, auszugestalten, zu erhalten, zu benützen und zu verwalten, 2. eine fremde Bringungsanlage zu benützen und auszugestalten oder 3. die zu bringenden Sachen auf fremden Grundstücken zu lagern. Der im III. Hauptstück "Behörden und Verfahren" enthaltene § 20 Abs 1 des zitierten Landesgesetzes lautet unter der Überschrift "Zuständigkeit" wörtlich:

"Die Agrarbehörde hat auf Antrag mit Ausschluss des Rechtsweges auch über Streitigkeiten zu entscheiden, die 1. Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechtes betreffen; 2. Entschädigungen oder Beitragsleistungen nach diesem Gesetz betreffen; 3. zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen und nicht bereits nach § 16 Abs 1 Z 8 beigelegt werden konnten."

Die Auffassung der Vorinstanzen, der vom Kläger geltend gemachte Anspruch falle nach dieser landesgesetzlichen Bestimmung in die Zuständigkeit der Agrarbehörden, ist daher nicht zu beanstanden; der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig und daher zurückzuweisen (§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO).

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