OGH 5Ob279/01t

OGH5Ob279/01t11.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Flossmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Mj. Barbara (geb. 4. Jänner 1989), Katharina (geb. 21. Mai 1990) und Markus L***** (geb. 2. Jänner 1994), vertreten durch Dr. Willi Fuhrmann, Dr. Helmut Steiner und Dr. Thomas Weber, Rechtsanwälte in 2500 Baden, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Rudolf L*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloß, Dr. Hans Pucher, Mag. Volker Leitner, Mag. Reinhard Walter, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 18. September 2000, GZ 16 R 181/00g-67, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Baden vom 5. Juni 2000, GZ 2 P 95/98w-53, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird, soweit er die Obsorge für die Minderjährigen betrifft, zurückgewiesen.

Im Übrigen - das Besuchsrecht des Vaters betreffend - wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu treffende Entscheidung aufgetragen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Zur Obsorgerechtsentscheidung:

Da die Obsorgerechtsentscheidung des Rekursgerichtes in keinem inneren Zusammenhang mit der Regelung der Besuchsrechtsausübung steht, ist die Zulässigkeit der Anfechtung gesondert zu prüfen (vgl SZ 45/117; RPflSlgG 1755; AnwBl 1993, 344 [Graff]; 8 Ob 265/97x; 3 Ob 20/00p). Sie ist zu verneinen.

Bei einer Entscheidung über die Kindes-Obsorge nach Scheidung der Eltern ist ausschließlich auf das Wohl der betroffenen Kinder abzustellen (RIS-Justiz RS0047843; Stabentheiner in Rummel 3. Aufl, Rz 2a zu § 177 ABGB mwN). Da unter diesem Gesichtspunkt keine Bedenken gegen die Übertragung der Obsorge an die Mutter bestehen (was im Übrigen dem ausdrücklichen Wunsch der Kinder entspricht), liegen die in § 14 Abs 1 AußStrG normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht vor (vgl RIS-Justiz RS0007101). Die Ehescheidungsgründe sind unmaßgeblich (Stabentheiner aaO); eine negative Beeinflussung der Kinder durch die Mutter wurde nicht festgestellt.

2.) Zur Entscheidung über das Besuchsrecht des Vaters:

Insoweit erweist sich der Revisionsrekurs als zulässig und iS seines Aufhebungsbegehrens auch als berechtigt.

Beide Vorinstanzen haben den Antrag des Vaters abgewiesen, ihm die Ausübung seines Besuchsrechts dergestalt zu ermöglichen, dass er an jedem ersten und dritten Wochenende die Kinder von Samstag 10 Uhr bis Sonntag 20 Uhr und dazu noch drei Wochen in den Sommerferien zu sich nehmen darf. Ein wesentlicher Grund für diese Entscheidung war, dass zur Wahrung des Kindeswohls die Ausübung des väterlichen Besuchsrechts (zunächst) nur im Beisein der Mutter zu verantworten wäre, was der Vater "kategorisch ablehne".

Letzterem widerspricht der Vater im vorliegenden Revisionsrekurs. Bei der Annahme der Vorinstanzen, er verschließe sich dem Vorschlag der kinderpsychologischen Sachverständigen, den Kontakt zu den Kindern zunächst im Beisein der Mutter und einer Betreuungsperson in einem Besuchscafe herzustellen und dann behutsam zu intensivieren, sei übersehen worden, dass er sich bei seiner Einvernahme am 9. 5. 2000 letztlich doch mit dieser Art der Besuchsrechtsausübung einverstanden erklärt habe. Dementsprechend hätte ihm als Minus gegenüber seinem Antrag zugestanden werden müssen, zunächst ein Besuchsrecht dergestalt einzuräumen, dass die Mutter die Kinder vorerst mit der Sozialarbeiterin und den Räumlichkeiten des in Aussicht genommenen Besuchscafes vertraut macht und dann in weiterer Folge das väterliche Besuchsrecht in Abwesenheit der Mutter ausgeübt werden kann. So lautet auch sein primärer Abänderungsantrag im Revisionsrekurs, dem er hilfsweise noch einen Aufhebungsantrag anfügte.

Tatsächlich sind die Vorinstanzen nicht auf die in der Vernehmungstagsatzung vom 9. 5. 2000 abgegebene Erklärung des Vaters eingegangen, dass er "mit der (von der Sachverständigen) zuletzt vorgeschlagenen Variante (der Besuchsrechtsausübung) einverstanden wäre". Dem kommt insofern Bedeutung zu, als es sich beim Recht des nicht sorgeberechtigten Elternteils auf persönlichen Verkehr mit seinem Kind um ein Grundrecht handelt (vgl RIS-Justiz RS0047754), das nur aus ernsten Sorgen um das Kindeswohl ausgesetzt werden kann. Die gänzliche Unterbindung des persönlichen Kontaktes zwischen einem Elternteil und seinem Kind hat daher die Ausnahme zu sein; jede sich ohne Gefährdung des Kindeswohls bietende Möglichkeit einer Kontaktaufnahme muss genutzt werden.

Das hat an sich auch das Rekursgericht erkannt, indem es die fundamentale Bedeutung des Besuchsrechts - auch für eine gedeihliche Entwicklung der Kinder - hervorhob. Konsequenter Weise hätte aber dann die Möglichkeit aufgegriffen und erörtert werden müssen, welche die kinderpsychologische Sachverständige für den Aufbau eines persönlichen Kontaktes zwischen den derzeit noch einem starken Loyalitätskonflikt ausgesetzten Kindern und ihrem Vater anbot. Dass der Vater diesen Vorschlag kategorisch abgelehnt hätte, trifft wie gesagt nicht zu.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden, um die versäumte - eingehendere - Erörterung einer offenbar doch ohne Gefährdung des Kindeswohls möglichen Ausübung des väterlichen Besuchsrechts nachzuholen.

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