OGH 8Ob265/97x

OGH8Ob265/97x13.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer, Dr.Rohrer, Dr.Adamovic und Dr.Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Aktiengesellschaft *****, vertreten durch Dr.Helmut Neudorfer ua, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Dr.Herbert S*****, vertreten durch Dr.Albert Heiß, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 940.085,99 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19.Juni 1997, GZ 1 R 51/97b-15, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10.Dezember 1996, GZ 17 Cg 126/96p-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) den

Beschluß

gefaßt:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird hinsichtlich der Klagsforderung gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO);

2.) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird hinsichtlich der Gegenforderung Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß Punkt 2 des erstgerichtlichen Urteils- spruchs lautet:

"Die Aufrechnungseinrede der beklagten Partei wird abgewiesen."

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 24.550,- (darin S 1.882,50 Umsatzsteuer und S 13.255,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisions- verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt S 940.085,99 aus einem sogenannten Abstattungskredit.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte ein, er habe den Abstattungskredit vereinbarungs- gemäß bedient; die Klägerin habe diesen Kredit ohne wichtige Gründe und in der Absicht, ihm zu schaden, schikanös fällig gestellt; dieses Vorgehen verstoße gegen die guten Sitten. Im übrigen wandte der Beklagte Gegenforderungen in den Klagsbetrag überschreitender Höhe compensando ein; die klagende Partei habe ihn durch mehrere Vorkommnisse im Rahmen der Geschäftsverbindung in seinem Fortkommen und Kredit geschädigt.

Das Erstgericht stellte fest, daß das Klagebegehren mit S 940.085,99 zu Recht, die eingewandte Gegenforderung nicht zu Recht bestehe und verurteilte daher den Beklagten zur Bezahlung von S 940.085,99 sA. Der Ausspruch über die Gegenforderung wurde mit dem Vertragsinhalt gewordenen Aufrechnungsverbot nach Punkt 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Österreichischen Kreditunternehmungen begründet; da die Gegenforderung des Beklagten nicht von der klagenden Partei anerkannt worden sei, könne der Beklagte mit dieser Gegenforderung nicht aufrechnen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen Mangel- haftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Revision als zulässig zu erachten, ihr Folge zu geben und die angefochtene Entscheidung im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise stellt er mehrere Eventualanträge, ua (lit d) den Antrag, die Gegenforderung "ohne einen Ausspruch über deren Nichtbestand abzuweisen".

Die klagende Partei erstattete vor Zustellung einer Mitteilung, daß ihr die Revisionsbeantwortung freistehe (§ 508a Abs 2 ZPO), eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist hinsichtlich der Gegenforderung zulässig und auch berechtigt; hinsichtlich der Klagsforderung, über die "als selbständiges Begehren" mit Teilurteil abgesprochen werden dürfte, und die daher auch in Ansehung der Revisionszulässigkeit nach § 502 Abs 1 ZPO gesondert zu prüfen ist (vgl 6 Ob 1652/92 ua), ist sie jedoch als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Recht macht der Beklagte geltend, daß das Berufungsgericht entgegen der ständigen Rechtsprechung die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt hat, mit der dieses die Gegenforderung wegen eines vertraglichen Aufrechnungs- verbots als nicht bestehend festgestellt hat; in einem solchen Fall ist die Aufrechnungseinrede - ohne Ausspruch über den Bestand oder Nichtbestand der Gegenforderung - abzuweisen (JBl 1978, 266 ua).

Die Entscheidung war daher spruchgemäß abzuändern, weil - entgegen der Ansicht der klagenden Partei in ihrer Revisionsbeantwortung - der Beklagte sehr wohl durch diese Entscheidung beschwert ist. Es trifft zwar zu, daß sich an der Klagsstattgebung im vollen Umfang nichts ändert; doch wurde durch die Spruchfassung der Vorinstanzen dem Beklagten zu Unrecht die Möglichkeit genommen, seine Gegenforderung, obwohl sie sachlich nicht geprüft wurde, gesondert einzuklagen.

Hinsichtlich der Klagsforderung hat der Beklagte nicht einmal versucht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen; er hat lediglich unrichtige rechtliche Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht. Die außerordentliche Revision hinsichtlich der Klagsforderung ist daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen; im übrigen betrifft die Rechtsrüge im wesentlichen die Auslegung eines Vertrages im Einzelfall, bei der keine krasse Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht ersichtlich ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Dem Beklagten, dessen Revision teilweise, nämlich hinsichtlich der Entscheidung über die Gegenforderung zulässig und erfolgreich war, gebühren die Hälfte der Revisionskosten. Der Revisionsgegnerin stehen hinsichtlich des zurückgewiesenen Teils der Revision für ihre unaufgetragen erstattete Revisionsbeantwortung gemäß § 508a Abs 2 Satz 3 ZPO keine Kosten zu.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte