OGH 5Ob286/01x

OGH5Ob286/01x11.12.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Dr. Wolfgang O*****, 2. Anton K*****, beide vertreten durch Mag. Renate Schmoll, Mieterschutzverband Österreichs, wider den Antragsgegner Dr. Jacob M*****, vertreten durch die Hausverwaltung Maximilian Schiansky KG, Singerstraße 17, 1010 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 iVm § 6 MRG, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 21. August 2001, GZ 41 R 210/01p-13, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. Jänner 2001, GZ 49 Msch 26/00i-8, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragsteller sind Mieter von Wohnungen im Haus ***** in*****, welches im Eigentum des Antragsgegners steht. Die im Haus befindliche Aufzugsanlage ist seit zumindest 50 Jahren außer Betrieb. Um den Betrieb der Aufzugsanlage wiederum zu gewährleisten, wäre eine Neuherstellung mit einem Kostenaufwand von S 800.000 bis S 1,200.000 notwendig.

Außer den Antragstellern gibt es noch acht weitere Mieter im Haus. Es steht nicht fest, ob und in welcher Höhe ein Hauptmietzinsaktivum bzw -passivum vorhanden ist. Ein Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse nach § 18 MRG ist nicht anhängig.

Die Antragsteller begehren, dem Antragsgegner die Instandsetzung bzw Neuerrichtung der Aufzugsanlage im Haus ***** in***** aufzutragen. Der Antragsgegner begehrt die Abweisung dieses Antrags im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Lift bereits seit Kriegsende außer Betrieb sei. Es sei die Errichtung eines neuen Lifts notwendig, wofür kein Geld vorhanden sei.

Beide Vorinstanzen wiesen das Begehren der Antragsteller übereinstimmend mit der Begründung ab, § 3 Abs 2 Z 3 MRG erfasse als Erhaltungsarbeiten solche, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs von bestehenden, der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienenden Anlagen, wie im Besonderen Personenaufzügen, erforderlich seien. Dies setze jedoch voraus, dass die Anlage noch in Betrieb sei bzw erst seit kurzer Zeit außer Betrieb sei. Jedenfalls müsse ein zeitlicher Zusammenhang zum letztmaligen Betrieb der Anlage bestehen, um noch von einer Aufrechterhaltung des Betriebs sprechen zu können. Die notwendige Neuerrichtung der Aufzugsanlage stelle demnach eine nützliche Verbesserung dar, die zufolge § 6 Abs 1 Z 2 MRG nur von der Mehrheit der Hauptmieter begehrt werden könne.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob die Neuerrichtung einer Aufzugsanlage nach 50jähriger Stilllegung noch als Erhaltungs- oder aber als Verbesserungsarbeit zu qualifizieren sei.

Gegen den Sachbeschluss des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Sachbeschlusses im Sinne einer Stattgebung ihres Antrags.

Der Antragsgegner hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.

Zunächst trifft es zu, dass am Charakter einer Erhaltungsarbeit sich dadurch nichts ändert, dass die Gebrauchsfähigkeit einer Anlage nicht mehr durch Reparatur, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten durch Neuherstellung bewirkt werden kann (§ 3 Abs 2 Z 3 zweiter Halbsatz MRG; RIS-Justiz RS0070000 ua). Die Erhaltung ist jeweils im ortsüblichen Stand unter Bedachtnahme auf die rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten durchzuführen, wodurch eine den jeweiligen zeitlichen und örtlichen Komfortvorstellungen angepasste Obergrenze der Erhaltung normiert wird. Deshalb wird von der Rechtsprechung die Reparatur von Schäden bei gleichzeitiger Anhebung auf den ortsüblichen und technischen Standard dann noch als Erhaltung angesehen, wenn dies dem sonstigen Erhaltungszustand des Hauses entspricht (vgl 5 Ob 1028/92: Austausch vorhandener Fenster gegen qualitativ bessere Fenster). An sich wäre also die Erneuerung einer mit wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Mitteln zu reparierenden Aufzugsanlage noch Erhaltungsarbeit iSd § 3 Abs 2 Z 3 MRG.

Ausgeschlossen wäre dies primär dann, wenn alle Mieter des Hauses für die gesamte Dauer ihres Mietvertrags auf die Benützung der Anlage verzichtet hätten (vgl zum Verzichtswillen aller: 7 Ob 598/95), oder wenn der dauernde Defekt des Aufzugs als Untergang der Bestandsache gemäß § 1112 ABGB zu bewerten wäre (vgl 1 Ob 573/94). Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass es darauf nicht ankommt, weil ein anderer Umstand die begehrte Arbeit nicht als Erhaltungs-, sondern als Verbesserungsarbeit im Sinn des § 4 Abs 2 Z 2 MRG beurteilen lässt und deshalb die Antragslegitimation nach § 6 Abs 1 Z 2 MRG nur der Mehrheit der Hauptmieter zukommt.

§ 3 Abs 2 Z 3 MRG spricht nämlich von Arbeiten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebes von bestehenden Gemeinschaftsanlagen, etwa von Personenaufzügen erforderlich sind. Ist aber eine Gemeinschaftsanlage seit Jahrzehnten, hier seit mehr als fünf Jahrzehnten, nämlich seit Kriegsende, wegen Defekts nicht mehr in Gebrauch, so kommt eine "Aufrechterhaltung des Betriebs" von bestehenden, der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienenden Anlagen nicht mehr in Betracht. Eine solche Auslegung ergibt sich schon nach dem Wortsinn der Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 3 MRG, dass damit nicht die Neuerrichtung einer seit Jahrzehnten nicht mehr in Gebrauch befindlichen Gemeinschaftsanlage gemeint ist. Stand durch Jahrzehnte eine solche Gemeinschaftsanlage faktisch nicht zur Verfügung, gleich ob wegen Defekts oder weil sie nicht vorhanden war, kommt das Begehren auf Reparatur oder Neuherstellung einem Begehren auf Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes gleich.

Dass diesfalls die Antragslegitimation der Antragsteller nicht ausreicht, haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt. Dem Revisionsrekurs der Antragsteller war daher der Erfolg zu versagen.

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