OGH 6Ob225/01h

OGH6Ob225/01h13.9.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prof. Margherita D*****, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Assistenzprofessor Dr. Johannes D*****, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, I. über den Protokollarrekurs der klagenden Partei vom 15. Mai 2001, und den weiteren Rekurs der klagenden Partei vom 16./17. Mai 2001, jeweils gegen den Berichtigungsbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 19. Februar 2001, GZ 43 R 967/97t-281, und II. über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes vom 24. April 1998, GZ 43 R 967/97t-238, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 4. Juli 1997, GZ 3 C 10/90d-217, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Protokollarrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass der Antrag der beklagten Partei auf Berichtigung des Spruches und der Begründung des Teilurteils des Berufungsgerichtes vom 24. 4. 1998 zurückgewiesen wird.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Der zweite Rekurs der klagenden Partei vom 16./17. Mai 2001 wird zurückgewiesen.

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch von Kosten der Revisionsbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Ehe der Parteien wurde 1983 aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Die Klägerin begehrte Unterhaltszahlungen ab 1. 12. 1986. Mit dem rechtskräftigen Teilurteil des Berufungsgerichtes vom 24. 4. 1998 (ON 238) wurde der Beklagte zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von 11.000 S ab 1. 12. 1996 verpflichtet. Das Mehrbegehren von 3.000 S monatlich wurde abgewiesen. Die außerordentliche Revision der Klägerin wurde am 10. 9. 1998 zurückgewiesen (6 Ob 233/98b = ON 249). Über ihren Unterhaltsanspruch in der Zeit vom 1. 12. 1986 bis 30. 11. 1996 wurde mit Urteil des Berufungsgerichtes vom 31. 5. 2000 (ON 272) entschieden. Der Revision der Klägerin wurde mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 5. 10. 2000 nicht Folge gegeben (6 Ob 217/00f). In der Entscheidungsbegründung wurde auf einen Rechenfehler des Berufungsgerichtes im rechtskräftig gewordenen Teilurteil vom 24. 4. 1998 hingewiesen. Das Berufungsgericht hatte nämlich unter Anwendung der Prozentmethode für das Jahr 1996 einen Unterhaltsanspruch von 8.000 S errechnet, einen krankheitsbedingten Sonderbedarf (Kosten für Kuren; Krankenzusatzversicherung; Bedienerin) angenommen und diesen mit 2.000 S als Mehraufwand beziffert und damit in Widerspruch einen Unterhaltsanspruch der Frau von 11.000 S monatlich festgesetzt. Den Hinweis auf einen Rechenfehler nahm der Beklagte am 8. 11. 2000 zum Anlass, die Berichtigung des Spruches und der Begründung dieses Teilurteils zu beantragen.

Mit dem Berichtigungsbeschluss des Berufungsgerichtes wurde über diesen Antrag des Beklagten die Unterhaltsverpflichtung des Mannes ab 1. 12. 1996 auf 10.000 S monatlich und die Abweisung des Mehrbegehrens auf 4.000 S berichtigt (ebenfalls berichtigt wurden die entsprechenden Beträge in der Begründung der Berufungsentscheidung). Das Berufungsgericht stützte die Berichtigung auf § 419 ZPO.

Gegen den Berichtigungsbeschluss richten sich

1. der Protokollarrekurs der Klägerin (die auf eine Beendigung des Vollmachtsverhältnisses zum Klagevertreter verwies) mit dem Antrag auf Aufhebung und

2. der vom Rechtsvertreter der Klägerin unter Hinweis auf eine erteilte Vollmacht eingebrachte "außerordentliche Revisionsrekurs" (richtig: Rekurs) mit dem Antrag auf ersatzlose Aufhebung.

Gegen das (berichtigte) Teilurteil des Berufungsgerichtes vom 24. 4. 1998 richtet sich die außerordentliche Revision des Rechtsvertreters der Klägerin (wiederum unter Hinweis auf eine erteilte Vollmacht) mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Unterhaltsbegehren mit einem weiteren Betrag von 4.000 S monatlich (also zur Gänze) stattgegeben werde. Durch den Berichtigungsbeschluss sei eine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt worden.

Der Beklagte erstattete eine Rekursbeantwortung und eine Revisionsbeantwortung.

Der Protokollarrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.

Der weitere Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss ist unzulässig.

Die außerordentliche Revision ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Zum Protokollarrekurs:

Ein von einem Berufungsgericht im Rahmen eines Berufungsverfahrens gefasster Berichtigungsbeschluss ist gemäß § 519 ZPO unanfechtbar (RS0041738). Außerhalb des Berufungsverfahrens ergehende Beschlüsse, wie etwa ein Beschluss des Berufungsgerichtes auf Zurückweisung einer Revision (§ 507b Abs 4 ZPO) sind jedenfalls anfechtbar (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 519 mwN).

Gemäß § 419 Abs 1 ZPO können Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten in einem Urteil berichtigt werden. Eine Berichtigung ist aber nur bei offenkundiger Diskrepanz zwischen dem Gewollten und dem Erklärten zulässig (SZ 65/116), andernfalls würde mit einer Berichtigung in die Rechtskraft der Gerichtsentscheidung eingegriffen werden (6 Ob 159/98w; 2 Ob 251/00a). Eine rechtlich unrichtige, aber so gewollte Entscheidung ist nicht berichtigungsfähig (9 Ob 67/01w). Der für die Zulässigkeit einer Berichtigung erforderliche Entscheidungswille des Berufungsgerichtes ist im vorliegenden Fall trotz des in der Revisionsentscheidung 6 Ob 217/00f aufgezeigten Rechenfehlers nicht klar erkennbar. Es hat mehrere krankheitsbedingte Mehraufwendungen angeführt, diese teilweise beziffert (Zusatzversicherung 3.142,40 S monatlich; Kosten der Bedienerin 2.000 S monatlich), deswegen einen Sonderbedarf bejaht und ohne weitere Begründung eine Vergütung der Mehraufwendungen mit nur monatlich 2.000 S angenommen, dennoch aber einen Unterhalt von 11.000 S zugesprochen, obwohl es andererseits von einem Unterhaltsanspruch von 8.000 S ohne Berücksichtigung eines Sonderbedarfs ausging. Bei einer solchen Entscheidungsbegründung bleibt es unklar, ob dem Berufungsgericht der vom Obersten Gerichtshof aufgezeigte Rechenfehler (wie er sich rein arithmetisch ergibt) unterlief oder ob sein Entscheidungswille doch darauf gerichtet war, in Zusammenfassung der einzelnen Kostenkomponenten einen Sonderbedarf von 3.000 S monatlich zu bejahen. Beim vorliegenden Sachverhalt durfte das Berufungsgericht nicht mehr von einem berichtigungsfähigen offenkundigen Rechenfehler im Sinne des § 419 ZPO ausgehen. Sein in den Mantel einer Berichtigung gekleideter Beschluss ändert eine bereits rechtskräftige Gerichtsentscheidung ab und greift damit unzulässig in die mit der Revisionsentscheidung des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 233/98b) eingetretene Rechtskraft ein. Zu einer derartigen Abänderung ist das Berufungsgericht schon funktionell nicht zuständig. Der angefochtene Beschluss ist damit kein im Berufungsverfahren ergehender Beschluss im Sinne des § 519 Abs 1 ZPO, der nach der zitierten Judikatur unanfechtbar wäre. Er ist aus den dargelegten Gründen auf die Zurückweisung des Berichtigungsantrags abzuändern.

Der vom Rechtsvertreter der Klägerin gegen die Berichtigung erhobene zweite Rekurs ist unzulässig, ohne dass das Vollmachtsverhältnis noch geprüft werden müsste. Der Protokollarrekurs der Klägerin wurde vom Gericht angenommen und damit wirksam, unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 520 Abs 1 ZPO vorlagen (EvBl 1991/140). Damit ist die zweite Rekurserhebung nach dem Grundsatz der Einmaligkeit eines Rechtsmittels unzulässig.

Die neuerliche Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes würde eine durch eine Berichtigung neuerlich in Gang gesetzte Rechtsmittelfrist voraussetzen. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Das neuerlich bekämpfte Unterhaltsurteil ist bereits rechtskräftig.

Dem Beklagten waren schon mangels Prozesserfolges keine Kosten für die Rekursbeantwortung zuzusprechen (§§ 40, 50 ZPO). Auch für die Revisionsbeantwortung steht kein Kostenersatz zu (§ 508a Abs 2 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte