Spruch:
Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit Beschlüssen vom 19. 12. 1995 wurde über das Vermögen der R. M***** KG, der nunmehr beklagten Partei, sowie deren persönlich haftenden Gesellschafterin, einer GmbH, das Konkursverfahren eröffnet und Dr. Christian Ransmayr zum Masseverwalter bestellt.
Mit einem auf beide Konkurse Bezug nehmenden Schriftsatz vom 25. 1. 1996, betreffend Forderungsanmeldung und Aussonderungsantrag, meldete die klagende Partei eine Konkursforderung von insgesamt S 2,661.325,63 an und begehrte die Aussonderung von zahlreichen Gegenständen, die sie später mit der vorliegenden Klage geltend machte.
Bei der gemeinsamen Prüfungstagsatzung am 13. 2. 1996 wurde eine Konkursforderung von S 2,067.239,47 anerkannt und das Mehrbegehren von S 594.086,16 bestritten; außerdem wurde der Aussonderungsanspruch "mangels Unterlagen" bestritten.
Mit der vorliegenden, am 23. 7. 1996 eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei die Aussonderung der in der Klage umschriebenen Fahrnisse. Hilfsweise, für den Fall der Veräußerung dieser Fahrnisse nach Konkurseröffnung, begehrte sie, den beklagten Masseverwalter zu verpflichten, das für den Verkauf erzielte Entgelt aus der Masse auszufolgen oder das Recht auf das ausstehende Entgelt abzutreten. Sie brachte hiezu vor, dass auf die Auftragssumme noch S 2,039.555,47 offen seien und sie der Gemeinschuldnerin die Fahrnisse unter Eigentumsvorbehalt geliefert habe.
Der beklagte Masseverwalter bestritt, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dass kein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden sei.
Während des Rechtsstreits brachte die Gemeinschuldnerin einen Zwangsausgleichsantrag ein. In der diesbezüglichen Stellungnahme wies der Masseverwalter auf die sicherzustellenden strittigen Forderungen in anhängigen Prozessen hin, unter anderem auf die hier streitgegenständlichen Ersatzaussonderungsansprüche (Eigentumsvorbehalt bewertet mit S 2 Mio), für die bis jetzt beiderseitig aufgelaufenen Kosten S 101.192,60 und für Sicherstellung für zu erwartende Prozesskosten von S 150.000.
In der Zwangsausgleichstagsatzung vom 27. 1. 1997 wurde im Verhandlungsprotokoll ua festgehalten:
"Prozesse sind jetzt noch anhängig auf Feststellung einer Konkursforderung ... und auf Leistung von Ersatzaussonderung im Umfang von rund S 1 Mio durch die Firma H***** GmbH; für beide Ansprüche sind die entsprechenden Rückstellungen gebildet und Sicherheitsleistungen vorhanden."
Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 28. 1. 1997 wurde der am 27. 1. 1997 angenommene Zwangsausgleich gerichtlich bestätigt und ausgeführt, dass die Konkursgläubiger eine 30 %-ige Quote erhalten, zahlbar binnen sechs Wochen ab Annahme.
Mit Beschluss vom 25. 3. 1997 wurden die Konkurse nach rechtskräftiger Bestätigung der am 27. 1. 1997 angenommenen Zwangsausgleiche gemäß § 157 Abs 1 KO aufgehoben.
Das dem Aussonderungsbegehren stattgebende Urteil des Erstgerichts vom 27. 2. 1997 wurde auf Grund der Berufung des beklagten Masseverwalters nach Berichtigung der beklagten Partei auf R. M***** KG mit Beschluss des Berufungsgerichtes vom 7. 1. 1998 aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
In der Folge brachte die klagende Partei zusammengefasst ergänzend vor:
Sie habe am 28. 4. 1997 auch für den Wert der vom Herausgabeanspruch umfassten Fahrnisse die 30 %-ige Zwangsausgleichsquote erhalten. Aus dem Konkursakt ergebe sich, dass eine Herausgabe der vom Herausgabeanspruch umfassten Fahrnisse nicht mehr möglich sei, weil diese im Zuge des Konkurses vom Masseverwalter veräußert worden seien. Die vom Herausgabeanspruch der Klägerin umfassten Fahrnisse hätten einen Wert von S 1,2 Mio (inklusive USt) repräsentiert, worauf sie sich die bereits für diesen Betrag erhaltene 30 %-ige Quote von S 360.000 anrechnen lassen müsse, sodass für diese Fahrnisse noch ein rechnerischer Wert von S 840.000 verbleibe. Infolge des Umstandes, dass eine Herausgabe der in der Klage angeführten Fahrnisse nicht mehr möglich sei, werde das Klagebegehren auf das Interesse umgestellt. Es sei bei der Aufhebung des Konkursverfahrens durch den Masseverwalter eine Rückstellung gebildet worden, die eine Befriedigung des Interessenanspruches der Klägerin zulasse. Der Masseverwalter sei während der Dauer des Konkursverfahrens gesetzlicher Vertreter der beklagten Partei gewesen, sodass diese sich das Verhalten und die Rechtshandlungen ihres Vertreters zurechnen lassen müsse. Im Übrigen stütze sie ihren Klagsanspruch auch auf den Titel des Schadenersatzes und der Bereicherung. Der Erhalt der Zwangsausgleichsquote vernichte nicht den nunmehr geltend gemachten Klagsanspruch. Die Entscheidung SZ 61/123 sei nicht anwendbar, weil jener Entscheidung zu Grunde gelegen sei, dass die unter Eigentumsvorbehalt stehenden Fahrnisse nach Abschluss des Konkurses beim Gemeinschuldner noch vorhanden gewesen seien.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren nunmehr im zweiten Rechtsgang ab. Es meinte zusammengefasst, gerate der Vorbehaltskäufer in Konkurs, so bleibe das Rücktrittsrecht des Verkäufers unberührt. Er könne demnach den Kaufpreis fordern oder bei Zahlungsverzug sein vertragliches Rücktrittsrecht geltend machen und gemäß § 44 KO sein Aussonderungsrecht an der Vorbehaltssache in Anspruch nehmen. Der Vorbehaltsverkäufer müsse sich eindeutig für eine der Möglichkeiten, welche einander ausschlössen, entscheiden. Würden die beiden einander ausschließenden Ansprüche gleichzeitig erhoben, so sei der Wille des Vorbehaltseigentümers nicht eindeutig geklärt. Solange der Vorbehaltseigentümer den Kaufpreis weiterverfolge, müsse angenommen werden, dass er den Kaufvertrag aufrecht erhalten wolle. Die Klägerin habe ihre Kaufpreisforderung im Konkursverfahren als Konkursforderung geltend gemacht und nach bestätigtem Zwangsausgleich auch die auf die geltend gemachte Forderung entfallende Zwangsausgleichsquote entgegengenommen. In einem solchen Verhalten erblicke die Judikatur einen stillschweigenden Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt (SZ 61/123). Auf Grund des angenommenen Zwangsausgleichs gelte die Kaufpreisforderung als bezahlt. Der vom Klagevertreter behauptete Sachverhaltsunterschied zur Entscheidung SZ 61/123 vermöge an dieser rechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Grundlage für das Klagebegehren sei ein rechtsgültig zustande gekommener Eigentumsvorbehalt gewesen. Ob die Sache zwischenzeitig veräußert worden sei und daher im Tatsächlichen nicht mehr herausgegeben werden könne, habe dafür keine Bedeutung. Dieser Umstand bewirke lediglich, dass statt der ursprünglich begehrten Herausgabe nunmehr die Herausgabe des Interesses gefordert werden könne. Trotzdem sei durch die Annahme der Zwangsausgleichsquote der ursprüngliche Eigentumsvorbehalt erloschen, sodass mangels Eigentumsvorbehaltes auch keine Herausgabe des Interesses gefordert werden könne.
Infolge Berufung der beklagten Partei hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil seine Entscheidung jedenfalls im Ergebnis von der genannten oberstgerichtlichen Entscheidung abgewichen sei und der Oberste Gerichtshof auch noch nicht zu der Frage Stellung genommen habe, welche Bedeutung eine Sicherstellung des (Ersatz-)Aussonderungsanspruches trotz Ausschüttung der Zwangsausgleichsquote betreffend die Kaufpreisforderung habe.
In rechtlicher Hinsicht meinte es zusammengefasst, es entspreche der Rechtsprechung, dass die Anbringung der Herausgabeklage im Zweifel als Vertragsrücktritt anzusehen sei. Durch den schlüssigen Vertragsrücktritt der Vorbehaltsverkäuferin werde der Kaufvertrag schuldrechtlich ex tunc beseitigt; die gegenseitigen Rechte und Pflichten würden aufgehoben. Die Kaufpreisforderung bestehe dann nicht mehr. Dieser neue, die festgestellte Konkursforderung aufhebende Umstand hätte vom Masseverwalter wahrgenommen werden können. Das sei aber nicht geschehen. Vielmehr sei es letztlich zur Auszahlung der Zwangsausgleichsquote an die Klägerin gekommen, was aber dem Anerkennen des aufrechten Kaufpreiszahlungsanspruches entspreche.
Es komme in der Praxis häufig vor, dass im Konkurs des Vorbehaltskäufers sowohl eine Konkursforderung angemeldet als auch ein (Ersatz-)Aussonderungsbegehren gestellt werde. Um nicht mit dem Rechtssatz in Widerspruch zu kommen, dass Rücktritt und Begehren auf Zahlung der (Rest-)Schuld nur alternativ möglich seien, nehme man, da sich der Verkäufer durch die Erhebung der beiden einander ausschließenden Ansprüche nicht eindeutig erklärt habe, an, dass die Anmeldung einer Konkursforderung keinen Verzicht auf die Aussonderung darstelle, und dass umgekehrt ein Anspruch, der als Aussonderungsanspruch geltend gemacht werde, gleichzeitig eventuell als Konkursforderung angemeldet werden könne. Der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung SZ 61/123 in der Annahme der auf die Kaufpreisforderung entfallenden (Zwangs-)Ausgleichsquote einen stillschweigenden Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt erblickt.
Es sei aber zu beachten, dass auf den Verzicht auf den Aussonderungsanspruch zweifelsfrei iSd § 863 ABGB geschlossen können werden müsse. Im vorliegenden Fall habe die klagende Partei im Sinne der oberstgerichtlichen Judikatur davon ausgehen können, dass ihr gemäß § 149 Abs 1 KO durch den Zwangsausgleich nicht berührter Aussonderungsanspruch vor Konkursaufhebung sichergestellt würde. Angesichts der Stellungnahme des Masseverwalters zum Zwangsausgleichsantrag und der Erörterung in der Zwangsausgleichstagsatzung musste sie davon ausgehen, dass auch ihre Prozesskostenforderung sichergestellt sei. Eine derartige Sicherstellung iSd § 157 Abs 1 KO wäre aber nicht erforderlich gewesen, wenn mit der Zahlung und Annahme der Zwangsausgleichsquote entweder die klagende Partei ohnehin auf das (Ersatz-)Aussonderungsbegehren verzichtet hätte oder wegen der eine Vollzahlung des Kaufpreises ersetzenden Zwangsausgleichsquote das Eigentum auf die Gemeinschuldnerin übergegangen, somit das vorbehaltene Eigentum der Verkäuferin erloschen wäre. Angesichts einer nicht darauf Bezug nehmenden, sondern offenbar auf ein "normales" Prozessende (mit Abklärung der strittigen Frage nach der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehaltes) abstellenden Sicherheitsleistung habe die klagende Partei nicht davon auszugehen brauchen, mit der Annahme der Zwangsausgleichsquote den (Ersatz-)Aussonderungsanspruch zu verlieren. Es könne daher im vorliegenden Fall nicht von einem schlüssigen Verzicht der klagenden Partie auf ihr (Ersatz-)Aussonderungsbegehren ausgegangen werden.
Angesichts der Verneinung eines - die erstgerichtliche Klagsabweisung tragenden - schlüssigen Verzichtes der klagenden Partei auf den von ihr geltend gemachten (Ersatz-)Aussonderungsanspruch seien die hiefür erforderlichen, im Wesentlichen weiterhin strittigen Voraussetzungen zu prüfen. Da weder ausreichende Urteilsfeststellungen noch ausreichende Außerstreitstellungen vorlägen, bestünden Feststellungsmängel, die die Aufhebung des angefochtenen Urteils erforderten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Partei wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen klagsabweisenden Urteils; hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.
Die klagende Partei beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Die beklagte Partei bringt zusammengefasst vor, durch die Annahme der Zwangsausgleichsquote erlösche die Werklohnforderung; sie gelte als bezahlt. Dies sei auch sachgerecht, weil ansonsten ein Konkursgläubiger, der gleichzeitig einen Aussonderungsanspruch geltend mache, gegenüber den anderen Gläubigern bevorzugt würde, was dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche. Unterstelle man nämlich, dass durch die Ausschüttung und Annahme der Zwangsausgleichsquote die Forderung noch aufrecht bleibe und der Aussonderungsanspruch geltend gemacht werden könne, so erhielte in letzter Konsequenz ein derartiger Gläubiger bei erfolgreicher Aussonderung sowohl sein Eigentum als auch die Zwangsausgleichsquote. Jedenfalls sei in der Annahme der Zwangsausgleichsquote iSd SZ 61/123 ein stillschweigender Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt zu erblicken, der auch im konkreten Fall zu bejahen sei. Daran änderten auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur vorläufigen Sicherstellung des Aussonderungsanspruchs nichts. Der Überlegungsfehler des Berufungsgerichtes liege darin, dass es die zeitliche Abfolge nicht ausreichend berücksichtigt habe. Zum Zeitpunkt der Sicherstellung sei noch gar nicht bekannt gewesen, ob die klagende Partei die zu überweisende Zwangsausgleichsquote auch annehmen werde. Es sei daher bis zu diesem Zeitpunkt - sofern sich der Gläubiger nicht vorher eindeutig erklärt habe - eine Sicherstellung ohne besondere Indizienwirkung möglich.
Diesen Ausführungen ist zu entgegnen:
Das Berufungsgericht hat die herrschende Rechtsprechung und Lehre zutreffend wiedergegeben, dass zwar das Begehren auf Zahlung der Restschuld und das Herausgabe- bzw Aussonderungsbegehren, das den Rücktritt vom Vertrag voraussetzt, miteinander in Widerspruch stehen, dass aber die gleichzeitige Erhebung der beiden einander ausschließenden Ansprüche dennoch als zulässig angesehen wird und damit gerechtfertigt wird, dass sich der Verkäufer durch die Erhebung der beiden einander ausschließenden Ansprüche nicht eindeutig erklärt hat. Im Konkursfall kommt die Anmeldung des offenen Kaufpreisrestes und die gleichzeitige Geltendmachung des Aussonderungsanspruches nicht nur häufig vor, sie wird auch als zulässig angesehen. Die Anmeldung einer Konkursforderung stellt danach keinen Verzicht auf die Aussonderung dar, und umgekehrt ein Anspruch, der als Aussonderungsanspruch geltend gemacht wird, hindert nicht gleichzeitig die Kaufpreisforderung eventuell als Konkursforderung anzumelden (SZ 37/118; 61/123 ua; Bartsch/Pollak II3 Anm 51 zu § 21 AO; Aicher in Rummel ABGB I3 Rz 54, 103 zu § 1063 mwN).
Dies ist auch sachlich gerechtfertigt, weil die gegenteilige Ansicht zu für den Vorbehaltsverkäufer nicht gerechtfertigten Härten führen würde (in diesem Sinn auch Aicher aaO Rz 103, der die Rechtsprechung kritisiert, dass eine Exekution des Vorbehaltsverkäufers in die Vorbehaltssache als Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt gewertet wird). Der Vorbehaltsverkäufer müsste sich anderenfalls bereits in einem sehr frühen Stadium, in dem er die Erfolgsaussichten eines Prozesses noch gar nicht absehen kann, dafür entscheiden, ob er seinen strittigen Eigentumsvorbehalt mit einer Aussonderungsklage erkämpfen will und im Falle des Verlustes dieses Prozesses gänzlich leer ausginge, oder er sich zähneknirschend vorsichtshalber mit einer Ausgleichsquote oder noch geringeren Konkursquote begnügen soll.
Die Rechtsprechung sieht in vielen Verhaltensweisen des Vorbehaltsverkäufers keinen Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt (Näheres Aicher aaO Rz 103), insbesondere sieht sie keinen Verzicht bei Einklagung der restlichen Kaufpreisforderung (SZ 12/1; 55/152 ua) und bei Anmeldung im Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, einschließlich der Stimmabgabe in diesem Verfahren (SZ 37/118; 40/32), lediglich in der Entgegennahme der (Zwangs-)Ausgleichsquote nach bestätigtem (Zwangs-)Ausgleich sah die Entscheidung SZ 61/123 im konkreten Fall einen stillschweigenden Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt.
Das kann so sein, muss aber nicht. Ob auf einen stillschweigenden Verzicht geschlossen werden kann, ist stets im Einzelfall zu prüfen. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein stillschweigender Verzicht auf ein Recht vorliegt, ist stets besondere Vorsicht geboten. Ein solcher darf nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist. Nach den von Lehre und Rechtsprechung geforderten Kriterien muss die Handlung - oder Unterlassung - nach der Verkehrssitte und nach den im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen sein. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein ganz bestimmter Rechtsfolgewille vorliegt, wobei stets die gesamten Umstände des Einzelfalls zur Beurteilung heranzuziehen sind (zuletzt etwa ÖBA 1998, 798 [Bollenberger] = ZIK 1999, 23 uva).
Die Entscheidung SZ 61/123 ist daher zu relativieren. Es soll nicht bezweifelt werden, dass im dortigen Fall die Voraussetzungen für einen derartigen stillschweigenden Verzicht vorlagen. Insbesondere war dort die Vorbehaltssache noch im Eigentum des Ausgleichsschuldners vorhanden und es war daher zu erwarten, dass der Vorbehaltsverkäufer die Kaufpreisquote nicht stillschweigend annimmt; hätte er sein Aussonderungsbegehren weiter verfolgen wollen, wäre es wohl nahegelegen, dass er zumindestens bei der Annahme der Quote erklärt hätte, im Falle des Obsiegens im Aussonderungsprozess diese zurückzuzahlen, weil er ja keinen Anspruch auf die Vorbehaltssache und zusätzlich auf die Quote hat, besser jedoch hätte er sie entweder mit einer entsprechenden Erklärung gerichtlich hinterlegen, oder die Sicherstellung dieses Betrages bis zum Ende des Aussonderungsprozesses begehren sollen.
Im vorliegenden Fall kann aber aus dem vom Berufungsgericht ausführlich dargelegten Gründen nicht mit der notwendigen Sicherheit geschlossen werden, dass der Vorbehaltsverkäufer durch die Annahme der Quote auf seine Ersatzaussonderung verzichten wollte. Das Verhalten des Masseverwalters anlässlich der Zwangsausgleichstagsatzung (Sicherstellung der Ersatzaussonderungsforderung, also einer Geldforderung, und zusätzlich der bisherigen und voraussichtlichen weiteren Prozesskosten) ließ darauf schließen, dass auch der Masseverwalter davon ausging, dass die klagende Partei ihren Ersatzaussonderungsanspruch (dazu SZ 52/154) weiter verfolgt. Schon deshalb bedurfte es keiner besonderen Erklärung der klagenden Partei bei Entgegennahme der Ausgleichsquote. Hinzu kommt aber im vorliegenden Fall die eine Anrechnung der Ausgleichsquote ermöglichende Gleichartigkeit des von der Klägerin geltend gemachten Ersatzaussonderungsanspruches. Der entgegengenommene Betrag stand ihr jedenfalls zu; je nach Ausgang des Aussonderungsprozesses als Teilzahlung auf die Ersatzaussonderungsforderung oder bei Verlust des Aussonderungsprozesses als Ausgleichsquote auf die Kaufpreisforderung. Folgerichtig legte die Klägerin im Aussonderungsprozess bei nächster Gelegenheit klar, dass sie die empfangene Quote als Teilzahlung auf den geltend gemachten Aussonderungsanspruch wertete, indem sie das Klagebegehren entsprechend einschränkte.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Berufungsgericht zu Recht davon ausging, dass aus der Annahme der Ausgleichsquote nicht stets auf einen stillschweigenden Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt geschlossen werden kann, sondern dass dies nach den Kriterien des § 863 ABGB im Einzelfall zu prüfen ist und es bei dem hier konkret zu beurteilenden Sachverhalt einen solch stillschweigenden Verzicht zu Recht verneint hat.
Das Erstgericht wird daher im Sinne der Ausführungen des Berufungsgerichts die notwendigen ergänzenden Feststellungen zu treffen und sodann neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf dem § 52 Abs 1 ZPO.
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