Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 - Merkur-Versicherungspass). Die zugunsten der Klägerin in der Klasse 35 (Werbung) registrierten Wortmarken "Die roten Seiten" und "Roteseite" sind daher nicht schon allein deshalb gem § 4 Abs 1 Z 4 MSchG als Freizeichen von der Registrierung ausgeschlossen, weil Werbung auch unter Verwendung von rotem Papier erfolgen kann.
Für den Begriff der Verwechslungsgefahr gilt gemeinschaftsweit ein einheitlicher Maßstab (ÖBl 1999, 82 - AMC/ATC); der EuGH hat diesen Maßstab in mehreren Entscheidungen konkretisiert. Danach ist - ebenso wie nach ständiger österreichischer Rechtsprechung (ua ÖBl 1993, 156 = WBl 1994, 29 - Loctite mwN) - die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (EuGH Slg 1997, I-6191 = ÖBl 1998, 106 - Sabel/Puma, RdN 22). Aktenwidrig ist in diesem Zusammenhang die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe die Verwendung ihrer Marken nicht bescheinigt: Die Vorinstanzen haben nämlich für bescheinigt erachtet, dass die Klägerin unter der Bezeichnung "Rote Seiten" im Internet eine Werbeplattform im Erotikbereich und einen europaweiten Erotikführer betreibt.
Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, den Wortmarken der Klägerin komme als relative Phantasiebezeichnung auch ohne Verkehrsgeltungsnachweis Unterscheidungskraft zu, ist in der Rechtsprechung des erkennenden Senates (ÖBl 1996, 43 - Plus; ÖBl 2000, 72 - Format; 4 Ob 21/00t - Alutop) gedeckt.
Die Revisionsrekurswerber bestreiten die Verwechslungsgefahr unter Hinweis darauf, das von ihnen verwendete Zeichen unterscheide sich von den Marken der Klägerin deutlich durch ein den Worten "Rote Seiten" vorangestelltes graphisches Symbol (weißes Quadrat mit darin befindlichem rotem Damenschuh). Sie lassen dabei allerdings außer acht, dass selbst Zeichen mit geringer Kennzeichnungskraft (sogenannte schwache Zeichen) grundsätzlich gegen missbräuchliche Verwendung geschützt sind, auch wenn bei ihnen schon geringe Abweichungen genügen, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen (stRsp ua ÖBl 1996, 143 - Plus; ÖBl 1999, 283 - LA LINIA/LA LINEA; ÖBl-LS 2000/17 - Aroma-Wickel). Die unveränderte, buchstabengetreue Übernahme ist auch bei einem solchen Zeichen in jedem Fall unzulässig (ÖBl 1973, 41 - Tabac-Cosmetic; ÖBl 1976, 79 - Transakta; ÖBl 1980, 135 - ASTRA-telematic; ÖBl 1989, 52 - Carsonics/Carsound mwN; 4 Ob 290/98).
Die Verwechslungsfähigkeit von Marken ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen, wobei auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung hervorrufen; insbesondere sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 - Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 - Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82 - AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I-6191 = ÖBl 1998, 106 - Sabel/Puma, RdN 23).
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf die Aufmerksamkeit, Urteilsfähigkeit und Fachkenntnis der im Einzelfall beteiligten Verkehrskreise abzustellen; maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 - Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93 - quattro/Quadra ua).
Ob das von den Beklagten zur Kennzeichnung ihrer Zeitschrift verwendete Zeichen die Gefahr einer Verwechslung mit den Marken der Klägerin begründet hat, die geeignet ist, betriebliche Herkunftsvorstellungen auszulösen (vgl ÖBl 1991, 93 - quattro/Quadra mwN), ist eine Frage des Einzelfalles (ecolex 1993, 253 - Stephansdom; ecolex 1994, 406 - EKG-Elektroden; 4 Ob 9/94; 4 Ob 29/95, 4 Ob 1061/95; 4 Ob 2152/96s uva). Die Bejahung der Verwechslungsgefahr durch die Vorinstanzen hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des EuGH; angesichts der Branchennähe der Streitteile sowie des Umstands, dass die bei den zu vergleichenden Zeichen ins Auge springenden Worte nahezu buchstabengetreu (und damit in Wortbild und Wortklang) übereinstimmen, liegt keine iS des § 528 Abs 1 ZPO zur Wahrung der Rechtssicherheit wahrzunehmende auffallende Fehlbeurteilung vor.
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