OGH 6Ob96/01p

OGH6Ob96/01p26.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien 1) V***** Gesellschaft mbH, 2) Wolfgang F*****, Herausgeber, 3) Prof. Ing. Alfred W*****, Herausgeber, 4) Werner S*****, Herausgeber, 5) Josef V*****, Chefredakteur, 6) Dr. Peter P*****, Chefredakteur, 7) Kurt K*****, Redakteur, ***** alle vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), Landesgruppe Wien, 1082 Wien, Rathaus, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff-Fürst, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung, Widerrufs, Veröffentlichung und Feststellung (hier: wegen einstweiliger Verfügung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 8. März 2001, GZ 1 R 23/01m-7, mit dem die einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom 21. Dezember 2000, GZ 10 Cg 105/00x-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In der Ansicht des Rekursgerichtes, dass sich die Vorwürfe der Beklagten nicht nur gegen den Herausgeber der Zeitung, der die grundlegende Richtung des periodischen Mediums bestimmt (§ 1 Abs 1 Z 9 MedienG), und sein Redaktionsteam, sondern auch gegen die Erstklägerin als Medieninhaberin richten, kann ein Abweichen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht erblickt werden. Medieninhaber ist, wer ein Medienunternehmen oder einen Mediendienst betreibt oder sonst das Erscheinen von Medienwerken durch Inverkehrbringen der Medienstücke besorgt (§ 1 Abs 1 Z 8 MedienG). Dem Medieninhaber im Sinn des erstgenannten Falles, unter den hier die Erstklägerin zu subsumieren ist, obliegt die unternehmerische Tätigkeit am Medienunternehmen, worunter nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 Z 6 MedienG ein Unternehmen zu verstehen ist, in dem - insbesondere auch - die inhaltliche Gestaltung des Mediums besorgt wird. Der Medieninhaber, der ein Medienunternehmen betreibt, ist im Gegensatz zum bloß technischen Verbreiter als "intellektueller" Verbreiter, also als derjenige, der zu der darin enthaltenen Äußerung eine individuelle geistige Beziehung hat, anzusehen (SZ 68/136; 6 Ob 119/99i = MR 1999, 334 = ÖBl 2000, 279 mwN).

Die im Revisionsrekurs zitierte, die Betroffenheit der dortigen

Medieninhaberin verneinende Entscheidung 1 Ob 41/91 (= SZ 64/182 =

JBl 1992, 326 = EvBl 1992/65 = ecolex 1992, 233) ist durch diese

neuere Judikatur des erkennenden Senates, wonach der Inhalt eines Artikels dem Medieninhaber als "intellektuellen" Verbreiter im aufgezeigten Sinn zurechenbar ist, überholt und lässt offenbar die Legaldefinition der Z 6 und 8 des § 1 Abs 1 MedienG außer Acht. Angriffsziel der Äußerungen war das periodische Medienwerk (ein Rechtsobjekt), sodass die Betroffenheit der an der Herstellung des Werkes (das mit den Eigenschaften "schmuddelig" und "verlogen" in Zusammenhang gebracht wird) beteiligten Medieninhaberin zu bejahen ist (SZ 69/28).

In der im Revisionsrekurs ebenfalls zitierten Entscheidung 6 Ob 2287/96h, aus der einzelne Passagen ohne Rücksicht auf ihren Zusammenhang mit den sonstigen Ausführungen entnommen wurden, war die Betroffenheit der Medieninhaberin nicht zu prüfen, weil aufgrund eines gegen diese ergangenen Strafurteiles nach § 6 MedienG insoweit von der Richtigkeit der im Rechtsmittelverfahren noch strittigen Äußerung auszugehen war. Im Übrigen spricht diese Entscheidung für und nicht gegen die Aktivlegitimation der Herausgeber, Chefredakteure und des den konkret angegriffenen Artikel verfassenden Redakteurs, wurde doch auch in dieser Entscheidung betont, dass der durchschnittliche Leser den Vorwurf, eine bestimmte Mitteilung sei eine Lüge, vor allem dahin verstehen werde, dass die krassen Fehlinformationen den jeweils verantwortlichen Personen bei objektiver Betrachtung gar nicht entgehen und damit nicht auf eine bloße Unachtsamkeit zurückzuführen sein konnten.

Es ist zwar richtig, dass die Namen der Dritt- bis Siebentkläger in der bekämpften Presseaussendung nicht genannt wurden. Nach ständiger Rechtsprechung hängt aber die persönliche Betroffenheit des Einzelnen von einer gegen eine größere Zahl von Personen gerichteten ehrverletzenden Äußerung von der Identifizierbarkeit des namentlich nicht genannten Einzelnen ab (RIS-Justiz RS0111732). Nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt scheinen sämtliche Kläger im Impressum der angegriffenen Zeitschrift und der Siebentkläger überdies als Verfasser des besonders hervorgehobenen Artikels auf, sodass sich jeder Leser des durch die Angriffe der Beklagten betroffenen Mediums über die Identität der für die Blattlinie und den Artikel im engeren und weiteren Sinn Verantwortlichen informieren kann.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass dem Betroffenen wegen der mit einer Verletzung im Sinn des § 1330 Abs 1 ABGB verbundenen Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten unwiederbringlicher Schaden droht, so dass ein darauf gestützter Unterlassungsanspruch durch einstweilige Verfügung gesichert werden kann, ohne dass es einer gesonderten Gefahrenbescheinigung bedarf (SZ 61/193 ua). Die Frage, ob auch bei bloßer Schädigung des wirtschaftlichen Rufes (§ 1330 Abs 2 ABGB) unbeschränkt auf eine Gefahrenbescheinigung verzichtet werden kann, bedarf hier schon deshalb keiner Lösung, weil ohnedies auch ein Fall des § 1330 Abs 1 ABGB vorliegt (vgl 4 Ob 5/94). Im Übrigen wäre bei der Gefährdung des in Geld nicht zur Gänze wieder gutzumachenden (wirtschaftlichen) Rufes, der auf der Hand liegt, selbst bei einer bloßen Rufgefährdung im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB eine Gefahrenbescheinigung nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0102054). Ob ein solcher Fall vorliegt, hängt von den jeweiligen besonderen Umständen ab, sodass sich auch insoweit eine erhebliche Rechtsfrage nicht stellt.

Nach ständiger Rechtsprechung ist bei der Fassung derartiger Unterlassungsbegehren eine gewisse Großzügigkeit notwendig. Dem Verletzer ist nicht nur die konkrete Verletzungshandlung im engsten Sinn zu untersagen; es ist auch zum Ausdruck zu bringen, dass unter den Schutzumfang des Unterlassungsanspruches nicht nur völlig gleichartige Handlungen, sondern auch alle anderen fallen, die diesen Kern unberührt lassen, könnte doch sonst der Beklagte durch ein ähnliches, aber dem Titelwortlaut nicht völlig gleiches Zuwiderhandeln die Vollstreckung des Unterlassungsgebotes umgehen (RIS-Justiz RS0037733). Die hier gewählte Fassung des Unterlassungsbegehrens entspricht diesen Grundsätzen.

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