OGH 5Ob625/89

OGH5Ob625/8921.11.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Doris K***, Bürokaufmann, Fritz-Kortner-Bogen 32, D-8000 München 83, vertreten durch Dr. Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien

1.) B*** H*** S*** H***-I*** Gesellschaft mbH & Co KG, und 2.) B*** H*** S*** H***-I*** Gesellschaft mbH,

beide vertreten durch Dr. Gert F. Kastner und Dr. Hermann Tscharre, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 750.000 S und 24.949,38 DM, Leistung einer Rente und Feststellung infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. Juni 1989, GZ 3 R 164/89-52, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Jänner 1989, GZ 41 Cg 2/87-48, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die erstbeklagte Gesellschaft, deren Komplementärin die zweitbeklagte Partei ist, betreibt unter anderem im Gebiet der Hohen Salve Schilifte. Am 1. Februar 1981 benützte die Klägerin auf Grund eines Beförderungsvertrages einen dieser Schilifte. Bei der Abfahrt von der Mittelstation in Richtung Talstation kam die Klägerin gegen 12,45 Uhr in einer Hangmulde im Bereich des "Vorderen Fochlbichl" zu Sturz und fiel auf einen dort aus dem Schnee herausragenden Zaunpfosten, wobei sie einen Kompressionsbruch des 1. Lendenwirbelkörpers mit Querschnittlähmung erlitt. Mit der am 31. Jänner 1984 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin nach teilweiser Ausdehnung und Einschränkung der Leistungsbegehren von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Bezahlung von 750.000 S (Schmerzengeld und Verunstaltungsentschädigung, welche Ansprüche im Rekursverfahren der Höhe nach nicht mehr strittig sind) und von 24.949,38 DM samt Anhang (Verdienstentgang von 21.181,68 DM zuzüglich Kosten einer Akupunkturbehandlung, des Ankaufes eines behindertengerechten Personenkraftwagens, eines Heimrudergerätes sowie Heimtrainers), die Leistung einer monatlichen Rente ab 1. Februar 1984 in der Höhe von 718 DM sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand für alle Schäden aus dem gegenständlichen Unfall. Die Klägerin habe mit ihren Eltern im Jänner 1981 drei Tage in Hopfgarten beim Schifahren verbracht und dabei auch mehrfach die Abfahrten von der Hohen Salve in den Ort benützt. Auch am 1. Februar 1981 sei sie im Gebiet der Hohen Salve Schi gefahren. Gegen Mittag sei sie vom oberen Bereich des Berges zum Ort abgefahren, wobei sie die schon vor 14 Tagen mehrfach befahrene Strecke, die als Schipiste markiert und auch als solche erkennbar gewesen sei, benützt habe. Unterhalb des Tennwirtes sei sie "nach rückwärts gestürzt", jedoch im Sturz auf den Schiern weitergeglitten und in der Mulde gegen einen der dort befindlichen, aus dem Schnee herausragenden Zaunpfosten geschlagen. Bei den Zaunpfosten, die von oben nicht zu sehen gewesen seien, handle es sich um eine auf einer Abfahrtspiste atypische Gefahr. Da die beklagten Parteien diese Zaunpfosten auf der Abfahrtspiste geduldet bzw. die Gefahrenstelle nicht abgesperrt hätten, hätten sie die sie treffende Verkehrssicherungspflicht grob fahrlässig verletzt. Mit dem am 9. Mai 1984 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz vom 7. Mai 1984 führte die Klägerin noch aus, daß die Haftung der Zweitbeklagten deshalb bestehe, weil sie als Komplementärin und persönlich haftende Gesellschafterin der erstbeklagten Partei mit dieser solidarisch hafte. Eine Haftung der beklagten Parteien ergebe sich auch aus dem von ihr mit der erstbeklagten Partei abgeschlossenen Beförderungsvertrag. Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Unfall habe sich nicht im Bereich einer markierten und gesicherten Abfahrt, sondern in einem Graben zwischen der Piste und einer wilden Abfahrt ereignet. Die Klägerin habe trotz im Bereich der Liftstationen deutlich angebrachter Warnschilder den mit wiederkehrenden Stangen gekennzeichneten Pistenbereich verlassen und schon deshalb den Unfall allein zu vertreten. Sie sei aus Unaufmerksamkeit in Richtung des deutlich erkennbaren Böschungsrandes gefahren und infolge eines Fahrfehlers in Schwierigkeiten gekommen. Obwohl die Klägerin damit rechnen habe müssen, daß sich hinter der Böschung ein Graben befinde, habe sie ihre Fahrt fortgesetzt, einen Notsturz unterlassen und sich gerade im Bereich der beiden Zaunpfosten aufgerichtet, wodurch sie auf einen dieser beiden Pfosten gestürzt sei. Die Beklagten stellten den Abschluß eines Beförderungsvertrages mit der Klägerin wohl außer Streit, wendeten dazu jedoch ein, daß die von der Klägerin - ihrer Ansicht nach - erst im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemachten Haftungsgründe der vertraglichen Haftung der Erstbeklagten aus dem Beförderungsvertrag sowie der Komplementäreigenschaft der Zweitbeklagten (ebenso wie die Kosten für den Heimtrainer und das Rudergerät) verjährt seien. Die Beklagten bestritten insbesondere auch die Höhe des Verdienstentganges.

Das Erstgericht wies die Leistungsbegehren und das Feststellungsbegehren ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch Feststellungen über den Verlauf der "Abfahrt" von der Bergstation der ersten Sektion des Sesselliftes Hohe Salve, über drei vorhandene Markierungsstangen, Art und Inhalt der Beschriftung von Markierungstafeln, andere Abfahrtsmöglichkeiten, über einen Graben, über den die markierte Piste führt, über die Pistenverhältnisse am Unfallstag, die von der Klägerin am Unfallstag gewählte Abfahrt, die Verhältnisse in dem von der Klägerin befahrenen Graben und über den Zustand der Zaunpfosten, den Hergang des Sturzes der Klägerin und die dabei von ihr erlittenen Verletzungen und ihre Kenntnisse des Schifahrens. Des weiteren traf das Erstgericht noch Feststellungen über die Markierung des Pistenrandes im Bereich der Grabenüberquerung, des Gefälles des Hanges im Bereich des Grabens, die Mittelmarkierungsstangen im Bereich des Hanges und dessen Gesamtbreite sowie über die im Bereich der Talstation vorhandene Panoramakarte mit der in groben Zügen dargestellten zwei Abfahrten und dem Inhalt der an die Schifahrer gerichteten Gefahrenwarnung. Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß die Klägerin von der markierten Piste abgewichen sei, der Unfall sich somit im freien Schigelände zugetragen habe. Da die Sicherung dieses Schigeländes der Erstbeklagten nicht zumutbar gewesen sei, müsse die Klägerin den Unfall selbst verantworten.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Klägerin Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Rechtssache unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes zur Ergänzung des Verfahrens und neuen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Dem bekämpften Urteil hafteten verschiedene, zum Teil von der Klägerin gerügte, zum anderen Teil auf Grund der gesetzmäßigen Ausführung der Rechtsrüge von Amts wegen aufzugreifende Feststellungsmängel an, die eine abschließende - gemäß § 48 IPRG nach österreichischem Recht vorzunehmende - Beurteilung sowohl der grundsätzlichen Haftung der beklagten Parteien für den Unfall und des allfälligen Mitverschuldens der Klägerin als auch der Höhe des von ihr begehrten Verdienstentganges verhinderten.

Daß die Erstbeklagte als Liftunternehmer grundsätzlich eine Verkehrssicherungspflicht (Pistensicherungspflicht) gegenüber den Liftbenützern - also auch der Klägerin - getroffen habe, sei im Berufungsverfahren nicht strittig. Nach ständiger Rechtsprechung habe der Pistenhalter grundsätzlich nur den von ihm organisierten Schiraum, das seien die ausdrücklich oder schlüssig gewidmeten Schipisten, entsprechend zu sichern, nicht jedoch das freie Schigelände außerhalb dieses Raumes (RZ 1984/50; EvBl. 1982/59 ua). Nur innerhalb dieses organisierten Schiraumes treffe den Pistenhalter ungeachtet der Eigenverantwortlichkeit des Schifahrers, der die sich aus dem Wesen der Schiabfahrt ergebenden Hindernisse und Gefahren in Kauf nehme und sie selbst bewältigen müsse, eine Pflicht zur Sicherung vor atypischen Gefahren (Welser in Sprung-König, Das österreichische Schirecht, 397). Atypisch sei eine Gefahr, die unter Bedachtnahme auf das Erscheinungsbild und den angekündigten Schwierigkeitsgrad der Piste auch für einen verantwortungsbewußten Schifahrer unerwartet oder schwer anwendbar sei (Dittrich-Reindl, ZVR 1982, 321). Die Frage, ob und wie weit sich die Pistensicherungspflicht auch auf den Bereich des Pistenrandes und den daran anschließenden freien Schiraum erstrecke, sei gerade in den letzten Jahren in der Literatur und Judikatur wiederholt behandelt worden. Nach der Judikatur falle unter Umständen auch die durch das Schifahren entstandene Pistenverbreiterung unter den Begriff "Schipiste". Der Pistenhalter widme durch die Präparierung bestimmte Geländeteile dem Publikum zumindest schlüssig als Schipiste und erwecke damit das Vertrauen auf das Fehlen besonderer Gefahren (JBl. 1979, 433); das Publikum bringe aber auch, sofern der Pistenhalter nicht die ursprüngliche Begrenzung der Piste entsprechend gekennzeichnet habe, der durch das Befahren entstandenen Pistenverbreiterung oder -verlängerung dasselbe Vertrauen wie der ursprünglich gewidmeten Piste entgegen, weshalb auch Gefahrenstellen im dortigen Bereich gekennzeichnet werden müßten (ZVR 1987/55; ZVR 1984/141; RZ 1984/50; SZ 50/54 ua). Wenn die Piste infolge mangelhafter Markierung von den Benützern nicht hinreichend erkannt werde oder aber die Markierung trotz gehöriger Aufmerksamkeit mißverstanden werden könne, habe der Liftunternehmer allenfalls auch für Unfälle außerhalb der ursprünglichen Begrenzung der Piste zu haften. Vor allem dann, wenn ihm bekannt sei, daß die Schifahrer die markierte Piste offenbar infolge nicht ausreichender Deutlichkeit der Markierung anders als von ihm ins Auge gefaßt benützten bzw. die Markierung trotz gehöriger Aufmerksamkeit mißverstanden werden könne, erfordere es seine Verkehrssicherungspflicht, auf diese Abweichung und allenfalls damit verbundene Gefahren deutlich hinzuweisen (7 Ob 779/81; 2 Ob 534/88 ua).

Das vom Erstgericht festgestellte Sachverhaltsbild sei trotz umfangreicher Verfahrensergebnisse zu summarisch und zum Teil mißverständlich. Für die Beantwortung der Frage, ob sich die Pistensicherungspflicht der Erstbeklagten auch auf die gegenständliche Unfallstelle erstreckt habe, seien ausschließlich jene Verhältnisse entscheidend, die vor dem Unfall und zur Unfallszeit geherrscht hätten. Es komme also zunächst darauf an, wie breit die Piste vor ihrer Abzweigung nach Westen - in der Abfahrtsrichtung nach rechts - präpariert und befahren gewesen sei und welchen ungefähren Winkel sie bei der im Urteil nicht näher beschriebenen Markierungsstange (vgl. Lichtbild A 13) beschrieben habe. Wesentlich sei auch, ob der Hang bzw. das Gelände auch nach dieser "Abzweigung" gleich weiter verlaufen sei, bejahendenfalls, ob er (es) gleich breit und wie die andere Piste angefahren gewesen sei. Zu klären sei weiters, ob - nach den Verhältnissen vor und beim Unfall - auch unterhalb der Markierungsstange (oberhalb des Bauernhauses) mehrere pistenmäßig ausgefahrene Querfahrten über den Graben bestanden hätten und auch häufig von Abfahrern benützt worden seien. Vor allem von diesen Umständen werde abhängen, ob die durch eine Stange markierte Begrenzung der Piste in Richtung Tal so beschaffen gewesen sei, daß die Schifahrer und auch die Klägerin eine Abweichung von der präparierten Piste eindeutig hätten erkennen können. Die in diesem Zusammenhang vom Erstgericht trotz umfangreicher Verfahrensergebnisse festgestellten Tatsachen seien zu wenig konkret und nicht zweifelsfrei, wenn etwa davon die Rede sei, daß "der Graben zum Zeitpunkt des Unfalles von vielen Schifahrern befahren wurde" und "die im Graben stehenden Büsche und der Baum eine Begrenzung darstellten". Immerhin verlief ja auch die präparierte Piste über den Graben und am Baum und den Büschen vorbei. Es werde auch darauf ankommen, ob von der Markierungsstange im Bereich der Rechtskurve der präparierten Abfahrt eine Sichtmöglichkeit nach Westen zur dortigen Markierungsstange bestanden habe und ob die in der Gendarmerieanzeige erwähnte schwarz gelbe Begrenzungsstange allenfalls den Pistenverlauf für den Abfahrer hinreichend zu kennzeichnen vermocht habe. Sollte sich nach dem entsprechend zu vervollständigenden Sachverhaltsbild ergeben, daß sich die Pistensicherungspflicht der Erstbeklagten auch auf die Unfallsstelle erstreckt habe, so wäre es ihr möglich und zumutbar gewesen, entweder die Zaunpfähle abzusichern oder aber die Schipiste auf eine eindeutige Weise allenfalls unter Verwendung von sogenannten Pistenrandkugeln oder auf andere optisch effiziente Weise abzugrenzen (vgl. zur entsprechenden seitlichen Begrenzung einer Schipiste die Ausführungen in Lamprecht-Schröcksnadel, Wagner,

Die Verkehrssicherungspflicht für Schiabfahrten Beilage A 2 Seite 15, 16; Dittrich-Reindl in ZVR 1983/157 f). Eine aus der Unterlassung gebotener Maßnahmen resultierende grundsätzliche Haftung der Beklagten für die Unfallsfolgen wäre entgegen der Meinung der beklagten Parteien auch nicht verjährt, da die Klage selbst bei Ausklammerung der erstmals mit Schreiben der W*** A*** V*** vom 16. Juli 1982 erfolgten Ablehnung der Ansprüche der Klägerin noch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist gerechnet ab dem Unfallstag bei Gericht eingebracht worden sei. Die Unterbrechung der Verjährung durch die Einbringung einer Klage sei nicht davon abhängig, daß der Ersatzanspruch rechtlich qualifiziert werde. Zu einer solchen Individualisierung des Klagegrundes in Richtung der Haftung der Zweitbeklagten nach §§ 160, 128 HGB sowie Inanspruchnahme auch der Vertragshaftung aus dem Beförderungsvertrag sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, sodaß sich ihr diesbezügliches ergänzendes Vorbringen mit Schriftsatz vom 7. Mai 1984 (ON 5) auch nicht als Klageänderung darstellte (vgl. SZ 48/113). Die von den beklagten Parteien in ihrer Berufungsbeantwortung vermißten Feststellungen seien deshalb für die rechtliche Beurteilung dieser Streitsache ohne Belang. Die Feststellungen des Erstgerichtes ("die Klägerin kam ca. 19 m vor der Unfallsstelle in Schwierigkeiten, fuhr auf den Schiern sitzend weiter und stürzte dann ...."; Ersturteil Seite 13) reichten aber auch nicht aus, um über den Mitverschuldenseinwand der beklagten Parteien abzusprechen. Erst nach Klärung unter anderem der Geschwindigkeit, der Fahrlinie, der Gründe, warum die Klägerin auf ihren Schiern "sitzend" fuhr sowie der Strecke dieser Fahrt werde gesagt werden können, ob die Klägerin allenfalls gegen den Grundsatz des kontrollierten Fahrens bzw. Fahrens auf Sicht verstoßen habe bzw. allenfalls in der Unterlassung eines Notsturzes eine vorwerfbare Fehlreaktion zu erblicken sei (vgl. Pichler, Holzer, Handbuch des Österreichischen Schirechts 162, 165). Ein allfälliges Mitverschulden könnte aber auch darin begründet sein, daß die Klägerin nicht auf die Pistenmarkierung geachtet habe. Zur genauen Rekonstruktion des Unfallsgeschehens lägen insbesondere die Aussagen der Klägerin und der Zeugin K*** vor. Zweckmäßig erschiene dem Berufungsgericht aber auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht nur zum Unfallshergang, sondern auch zum eingangs erörterten Fragenkomplex der Kennzeichnungskraft der Pistenmarkierung durch die Erstbeklagte. Nicht entscheidungsreif sei die Rechtssache aber auch, was die Höhe des Verdienstentgangs- und Rentenbegehrens der Klägerin betreffe. Ohne Zweifel sei die Klägerin - was von den Beklagten bislang nicht bestritten worden sei - auf Grund der gravierenden Verletzungsfolgen in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. Nun habe die Klägerin nach den Feststellungen des Erstgerichtes ihre Stelle, die sie vor dem Unfall einige Monate lang ausgeübt hätte, am 1. Mai 1982 wieder angetreten, um das Arbeitsverhältnis dann im Einvernehmen mit ihrem Dienstgeber per 15. Oktober 1983 gegen Zahlung einer Abfindung von 8.000 DM aufzulösen (vgl. Beilage A 4). In der Folge habe die Klägerin zunächst 20 Wochenstunden beim Institut für Hydroakustik und seit dem 15. Februar 1984 im Umfang von 33 Wochenstunden bei der Süddeutschen-Klassenlotterie gearbeitet. Die Beklagten hätten bislang kein Sachvorbringen dahin erstattet, daß eine Wochenarbeitszeit von 33 Stunden etwa nicht dem Grad der Erwerbsunfähigkeit der Klägerin entspreche. Es werde also bei der Verdienstentgangsberechnung davon auszugehen sein. Grundsätzlich richtig habe das Erstgericht auch erkannt, daß hiebei vom sogenannten Nettoschaden auszugehen sei, also von den um die Steuern und Sozialabgaben verminderten fiktiven Bruttoeinkünften, denen die tatsächlich erzielten bzw. erzielbaren Nettoeinkünfte gegenüberzustellen seien. Über Verlangen der klagenden Partei seien allerdings jene Steuern und Abgaben, die von dem so errechneten Verdienstentgang zu entrichten seien, erneut zu berücksichtigen und seien deshalb der Verdienstentgang und auch die Rente so zu bemessen, daß sie unter Berücksichtigung der durch sie wieder entstehenden Abzüge dem Nettoschaden entsprechen (SZ 33/50; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 25 zu § 1325). Nun habe die Klägerin auch in ihrer letzten Berechnung mit Schriftsatz ON 18 diesem Grundsatz des Nettoschadens nicht Rechnung getragen und nur ihre fiktiven und tatsächlichen Bruttoeinkünfte gegenübergestellt. Der so ermittelte Verdienstentgang sei aber nicht ident mit jenem, wie er sich nach den obigen Kriterien errechne. Dem Zuspruch des vom Erstgericht festgestellten Nettoverdienstentganges zuzüglich der darauf voraussichtlich entfallenden Steuern und Sozialabgaben stünde bislang die Bestimmung des § 405 ZPO entgegen, da die Klägerin, wie schon erwähnt, ihren Ersatzanspruch bislang unrichtig errechnet habe. Sie werde also im Rahmen der Prozeßleitung zu einem entsprechenden Vorbringen und einer Neuberechnung ihres Verdienstentganges aufzufordern sein. Strittig bei dieser Verdienstentgangsberechnung sei auch die Frage, ob die Klägerin 14 oder nur 13 Gehälter im Jahr ausbezahlt erhalten habe bzw. in der Zukunft erhalten hätte. Das Erstgericht, das sich mit einer "alternativen" Berechnung begnügt habe, werde auch in diesem Punkte klare Feststellungen nachzutragen haben (vgl. ZV Marianne H*** ON 37; Beilage 8). Jegliche Feststellungen fehlten zur Frage, ob die Klägerin auch in Zukunft in ihrer Erwerbsfähigkeit soweit gemindert sei, daß sie nur 33 Wochenstunden zu arbeiten in der Lage sei. Soferne nicht eine Außerstreitstellung durch die beklagten Parteien erfolge, würden die entsprechenden Konstatierungen allenfalls nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu treffen sein. Was schließlich die nach wie vor strittige Anrechenbarkeit der der Klägerin von ihrem Dienstgeber ausbezahlten Abfindung von 8.000 DM anlange, so hätten sich die Beklagten darauf berufen, daß die Klägerin nach den einschlägigen sozialrechtlichen Bestimmungen in der Bundesrepublik Deutschland (Schwerbehindertengesetz) nicht oder nur erschwert kündbar gewesen wäre und den obigen Betrag als Gegenleistung für die einvernehmliche Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten habe. Das Erstgericht werde auch hiezu die einschlägige Rechtslage in Deutschland - diesbezüglich gelte das Arbeitsvertragsstatut (SZ 43/70; Schwimann in Rummel, aaO, Rz 6 zu § 48 IPRG) zu erheben und zu klären haben, ob es sich bei dieser Abfindung um eine gesetzlich verbriefte Sozialleistung des Dienstgebers handle, in deren Höhe der Ersatzanspruch allenfalls auf einen Zessionar übergegangen sei, oder aber um eine freiwillige Zuwendung bzw. einen Abfertigungsanspruch, der nach ständiger Rechtsprechung nicht als Vorteil anzurechnen wäre (Reischauer in Rummel aaO, Rz 9 und 12 zu § 1312). Da somit dem Berufungsgericht erheblich erscheinende Tatsachen in erster Instanz nicht erörtert worden seien, sei das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an die erste Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen gewesen (§ 496 Abs. 1 Z 3 ZPO). Für den Fall des Zuspruches einer Rente werde diese schließlich mit Erreichung des - deutschen - Pensionsalters zu befristen (ZVR 1976/207 ua) und der in der deutschen Währung begehrte Schade nach dem Kurs des Fälligkeitstages in österreichischer Währung zuzusprechen sein. Unechte Valutaforderungen seien nämlich nach dem Warenkurs der Wiener Devisenbörse im Zeitpunkt der Fälligstellung (und nicht wie von der Klägerin begehrt des Zahlungstages) des Schadenersatzanspruches in Schillingwährung zuzusprechen. Soferne im fortgesetzten Verfahren nicht eine Außerstreitstellung erfolge, werde die Klägerin zu einem präzisen Vorbringen betreffend die Fälligstellung ihrer einzelnen Ansprüche anzuhalten und entsprechende Feststellungen zu treffen sein. Schließlich hielt das Berufungsgericht in diesem Verfahrensstadium ein Eingehen auf die Beweisrüge der Klägerin, soweit diese überhaupt gesetzmäßig ausgeführt worden sei, für entbehrlich, zumal der Berufung konkret nicht zu entnehmen sei, welche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes dem von der Berufung aufgezeigten Sachverhaltsbild nicht entsprächen und aus welchen Erwägungen sich die Unrichtigkeit bestimmter erstgerichtlicher Feststellungen ergäbe. Den Ausspruch über den Rechtskraftvorbehalt gründete das Berufungsgericht auf die Überlegung, daß die hier maßgebenden Fragen der Haftung der beklagten Parteien und die Schadensberechnung vom Obersten Gerichtshof endgültig zu entscheiden sein würden, und die Einheitlichkeit der Entscheidung einen solchen Rechtskraftvorbehalt zweckmäßig erscheinen ließe.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluß richtet sich der Rekurs der beklagten Parteien mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag mit dem Auftrag an das Berufungsgericht zur Fällung einer Sachentscheidung gestellt. Die klagende Partei beantragte in ihrer Rechtsmittelgegenschrift, den "Revisionsrekurs" zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Hinblick auf den die Wertgrenze von 300.000 S übersteigenden Streitwert der Rechtssache zulässig (§§ 519 Abs. 2, 502 Abs. 4 Z 2 ZPO) (vgl. Petrasch, Das neue Revisions-(Rekurs-)Recht, ÖJZ 1983, 203; derselbe, Die Zivilverfahrensnovelle 1983 in der Rechtsprechung des OGH, ÖJZ 1985, 302), aber nicht berechtigt.

Vor Eingehen in die Rechtsmittelausführungen ist festzuhalten, daß die Vorinstanzen bei der Beurteilung der vorliegenden Rechtssache - mangels Vorliegens von Anhaltspunkten für die Annahme einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Rechtswahl oder einer stärkeren Beziehung zum Recht eines anderen Staates - mit Recht von der Anwendung österreichischen Sachrechts ausgegangen sind, und zwar insoweit die Klägerin außervertragliche Schadenersatzansprüche geltend macht nach § 48 Abs. 1 IPRG, in Ansehung vertraglicher Schadenersatzansprüche hingegen nach § 36 IPRG.

Unter dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bringen die Rekurswerberinnen vorerst die von Lehre und Rechtsprechung zur Frage der Verpflichtung von Unternehmungen zum Betrieb von Aufstiegshilfen zur Sicherung von Schipisten und von außerhalb derselben gelegenen Geländeteilen entwickelten Grundsätze zur Darstellung, sie unterlassen es jedoch, eine dem Berufungsgericht in diesem Zusammenhang allenfalls unterlaufene irrige Rechtsansicht aufzuzeigen. Ein solcher Rechtsirrtum ist auch nicht zu erkennen.

Insoweit die Rekurswerberinnen im Anschluß an ihre Rechtsausführungen die Ansicht vertreten, nach diesen Grundsätzen und Richtlinien wäre weder eine zusätzliche Kennzeichnung des Pistenrandes noch das Aufstellen eines Warnschildes über das Verlassen des gesicherten Schigebiets notwendig gewesen, und hätte die Klägerin das Verlassen der markierten Schipiste bei Beachtung der Mittelmarkierungsstangen leicht erkennen können, weshalb auch die vom Berufungsgericht dargestellten Feststellungsmängel nicht gegeben seien, übersehen sie, daß der Oberste Gerichtshof als reine Rechtsinstanz der vom Berufungsgericht - von einer zu billigenden Rechtsansicht ausgehend - für notwendig erachteten Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage nicht entgegentreten kann. Eine abschließende Beurteilung der Frage, ob hier eine von den beklagten Parteien zu vertretende Verletzung der sogenannten Pistensicherungspflicht gegeben ist und der Frage eines allfälligen Mitverschuldens der Klägerin für die Unfallsfolgen ist daher in diesem Vefahrensstadium noch nicht möglich.

In ihrer Rechtsrüge wenden sich die beklagten Gesellschaften weiters gegen die Ablehnung ihrer Verjährungseinrede durch das Berufungsgericht. Sie räumen dabei ein, daß die Klägerin nicht verpflichtet war, in der Klage eine genaue rechtliche Qualifizierung ihres Anspruches vorzunehmen. Sie meinen jedoch, die Klagserzählung müsse so sein, daß das Gericht in der Lage sei, die rechtliche Qualifizierung vorzunehmen. Aus der vorliegenden Klage ergebe sich, daß die beklagten Parteien ausschließlich als Pistenhalter im Sinne des § 1319 a ABGB in Anspruch genommen worden seien, weil ausdrücklich auf einen grob fahrlässigen Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht hingewiesen worden sei, jegliche Behauptung darüber fehle, daß die Klägerin mit der Erstbeklagten einen Beförderungsvertrag abgeschlossen bzw. eine Liftkarte gelöst habe und die Klageerzählung keinen Hinweis auf die Eigenschaft der zweitbeklagten Partei als Komplementär der Erstbeklagten enthielte; ein derartiges Vorbringen sei erst in dem am 1. Oktober 1984 vorgetragenen Schriftsatz der Klägerin vom 7. Mai 1984, somit nach Ablauf der Verjährungsfrist erstattet worden. Dem kann nicht gefolgt werden.

Bei Unfällen beginnt die Verjährung mit dem Unfallstag zu laufen, sofern keine besonderen Umstände hinsichtlich der Kenntnis des Schädigers vorliegen, und zwar sowohl hinsichtlich der Leistungs- als auch Feststellungsbegehren (Schubert in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1489 und Mader in Schwimann, ABGB V, Rz 9 zu § 1489 je samt Rechtsprechungshinweis). Im vorliegenden Fall wurde die Klage am 31. Jänner 1984, also noch innerhalb der mit dem Unfallstag in Lauf gesetzten Verjährungsfrist beim Erstgericht eingebracht. Da die Unterbrechung der Verjährungsfrist - die gehörige Fortsetzung der Klage vorausgesetzt - mit dem Zeitpunkt deren Einlangens in der Einlaufstelle des Gerichtes eintritt (Schubert, aaO, Rz 6 zu § 1497; und Mader, aaO, Rz 10 zu § 1497 je samt Judikaturhinweis) und die Feststellungsklage die Verjährung des eingeklagten Anspruchs seinem ganzen Umfang nach unterbricht und damit auch eine Ausdehnung des Leistungsbegehrens auf später fällig werdende Schadensbeträge möglich ist (vgl. Mader, aaO, Rz 17 zu § 1497), kann eine Beantwortung der Frage dahingestellt bleiben, welche Auswirkungen die vom Erstgericht festgestellten, vorerst von einer deutschen Anwaltskanzlei und zuletzt vom Klagevertreter mit der Haftpflichtversicherung der erstbeklagten Partei geführten und mit deren Schreiben vom 17. Jänner 1984 endgültig abgeschlossenen Gespräche auf den Ablauf der Verjährungsfrist hatten. Die vorliegende Klage wurde gegen die erstbeklagte Gesellschaft und - wie deren Firma zu entnehmen ist - deren Komplementärgesellschaft eingebracht und auf den Titel des Schadenersatzes aus einem Schiunfall der Klägerin aus Anlaß der Benützung des von der erstbeklagten Partei betriebenen Schiliftes gestützt. Aus der Klageerzählung läßt sich nicht entnehmen, daß die Klägerin ihren Schadenersatzanspruch ausschließlich auf § 1319 a ABGB stützen wollte, auf eine Bestimmung, die von der Judikatur auch für die Haftung für alpine Schipisten herangezogen wurde (vgl. Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 24 zu § 1319 a; Harrer in Schwimann, ABGB, V, Rz 4 zu § 1319 a; Koziol-Welser I8 443), der jedoch nach in der Rechtsprechung zum Teil vertretenen Ansicht gegenüber Ansprüchen aus Vertragsverhältnissen nur subsidiärer Charakter zukommt und eine weitergehende Haftung auf Grund eines Schuldverhältnisses jedenfalls nicht ausschließt (vgl. Reischauer, aaO, Rz 24 und 1 zu § 1319 a; Harrer, aaO, Rz 26 zu § 1319 a und Koziol-Welser, aaO 443). Nach dem Vorbringen in der Klage hat die klagende Partei die Schipisten der erstbeklagten Partei nicht nur am Unfallstag, sondern schon im Vormonat wiederholt benützt. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend hervorgehoben, daß nach dem gesamten Vorbringen der Klägerin nicht angenommen werden kann, sie hätte die Aufstiegshilfen der erstbeklagten Partei überhaupt nicht oder zu Unrecht unentgeltlich benützt, und daß die beklagten Parteien den Abschluß eines Beförderungsvertrages zwischen der erstbeklagten Partei und der Klägerin außer Streit gestellt haben. In der Ansicht des Berufungsgerichtes, in dem mit Schriftsatz vom 7. Mai 1984 ergänzend erstatteten Vorbringen liege keine von der Unterbrechung der Verjährung nicht erfaßbare Klageänderung, weshalb das Klagebegehren auch unter dem Gesichtspunkt der vertraglichen Haftung der erstbeklagten Partei aus dem Beförderungsvertrag einer Prüfung zu unterziehen sei, kann daher kein Rechtsirrtum erblickt werden. Ebenso verhält es sich mit der Frage der Haftung der Zweitbeklagten für die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche, hat die Klägerin doch die Klage ausdrücklich auch gegen die zweitbeklagte Partei gerichtet und deren Haftung - wie schon ein Vergleich der Firmen der beiden Parteien ergibt - offensichtlich in ihrer Eigenschaft als Komplementärgesellschaft der in erster Linie beklagten Kommanditgesellschaft in Anspruch genommen. Damit kann aber auch den beklagten Parteien insofern nicht gefolgt werden, als sie letztlich meinen, das Klagebegehren gegen die zweitbeklagte Partei sei schon deshalb unberechtigt, weil diese kein Liftunternehmen betreibe und daher auch nicht Pistenhalter sei. Da die vom Berufungsgericht dem Erstgericht im übrigen überbundenen Rechtsansichten im Rekurs nicht bekämpft werden und ein dem Berufungsgericht dabei unterlaufener Rechtsirrtum auch nicht erkennbar ist, erweist sich der Rekurs als unberechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.

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