OGH 8Ob611/89

OGH8Ob611/8931.1.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emma M*****, vertreten durch Dr. Karl Putschi, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang M*****, vertreten durch Dr. Karl Friedrich Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, und die der beklagten Partei beigetretene Nebenintervenientin Helene L*****, vertreten durch Dr. Herbert Schaller und Dr. Elisabeth C. Schaller, Rechtsanwälte in Traiskirchen, wegen S 67.075,60 s.A. und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 2. März 1989, GZ 2 R 358/88-49, womit infolge Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. September 1988, GZ 3 Cg 260/86-42, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Es wird der Revision Folge gegeben und in Abänderung des Berufungsurteils die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 13.982,11 (einschließlich S 1.202,36 Umsatzsteuer und S 5.000,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist seit 1976 zu einem Drittel Miteigentümer der Liegenschaft EZ 211 KG St.G*****, auf der sich das Haus H*****straße Nr. 11 befindet. Die Liegenschaft besteht aus den Grundstücken 261 Baufläche und 726/3 Garten. Der Beklagte benützt mit seiner Familie die Räumlichkeiten im ersten Stock des Hauses. Außer Streit steht, daß er gemeinsam mit seiner Frau in diesem Haus Zimmer vermietet; im Sommer 1985 hatte er auch - wie seit vielen Jahren - an die Nebenintervenientin ein Zimmer vermietet. Diese wurde am 13. August 1985 mittags von der ihr bekannten Klägerin und zwei anderen Frauen besucht. Die drei Frauen hatten das Haus von der Straße her über einen Kiesweg erreicht, der auf kürzestem Weg von der H*****straße zum Hauseingang führt. Beim Weggehen suchten sie einen relativ entlegenen Teil des Gartens auf, um das dort befindliche Kleinkind der Ehefrau des Beklagten anzuschauen. Als dananch die drei Besucherinnen wieder zum Weg zwischen dem Haus und der H*****straße zurückgehen wollten, erklärte ihnen die Nebenintervenientin, sie wisse eine Abkürzung.

Dieser Abkürzungsweg führt durch eine Öffnung im Zaun zwischen dem Grundstück des Beklagten und den Nachbargrundstücken und über eine schmale Holztreppe mit fünf Absätzen (Treppen) zu den tiefergelegenen Nachbargrundstücken. Die Treppe selbst befindet sich bereits auf der dem Onkel des Beklagten, Georg M*****, gehörigen Liegenschaft EZ 670 KG St.G***** mit der Grundstücksnummer 726/5 Garten; auf dem Garten befindet sich eine Garage. In der Natur ist bis zur Holztreppe auf dem Grundstück des Beklagten kein Weg sichtbar. Nach der Holztreppe verläuft ein schmaler begehbarer Streifen zwischen der Garage auf dem Grundstück des Onkels des Beklagten und einem Jägerzaun, der das Grundstück eines anderen Nachbarn begrenzt. Zumindest ein Teil dieses Streifens steht bereits im Eigentum dieses anderen Nachbarn, der allerdings der Rückversetzung des Zaunes für die Dauer seiner Lebenszeit zugestimmt hat, um der Familie des Beklagten eine Durchgangsmöglichkeit abseits der Straße zu bieten. Zu dieser Regelung waren die Eigentümer der drei betroffenen Grundstücke im Jahr 1982 oder 1983 gelangt, als es darum ging, den Kleinkindern des Beklagten einen Weg zu den in der Nähe befindlichen Großeltern abseits der vom Verkehr berührten H*****straße zu ermöglichen. Georg M***** erteilte damals dem Beklagten die Bewilligung zur Anbringung der Holztreppe und errichtete diese auch selbst für die Familie des Beklagten; dabei verwendete er aus Sparsamkeitsgründen altes Holz. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Pflege und Instandhaltung dieses Weges und der Holztreppe wurde zwischen den Grundstückseigentümern nicht getroffen. Soweit es Laub wegzurechen galt, wurde dies vom Beklagten durchgeführt. Eine Kontrolle der Stabilität der Holztreppe wurde bis zum 13. August 1985 nicht durchgeführt. Im Bereich des Zaundurchlasses auf der Liegenschaft des Beklagten befindet sich keinerlei Hinweis, daß das Begehen nur Familienmitgliedern erlaubt sei, und auch keine Absperrung.

Als die drei Besucherinnen den Abkürzungsweg benützten, passierte als erste die Nebenintervenientin die Treppe. Die Klägerin betrat sodann den ersten Absatz der Holztreppe, und dabei brach die Treppe ein. Dadurch kam die Klägerin zu Sturz und erlitt dabei unter anderem einen Bruch durch das Massiv des rechten Schienbeinkopfes. Sie wurde stationär im Unfallskrankenhaus Salzburg vom 13. August bis 31. August 1985 behandelt, der Bruch wurde eingerichtet und mit einem Oberschenkelgips ruhiggestellt. Im Oktober 1985 wurde der Gips entfernt und die Klägerin kurzfristig wegen des Verdachts einer Venenthrombose stationär aufgenommen; der Verdacht bewahrheitete sich aber dann nicht. Anschließend wurden Heilgymnastik und Gehübungen durchgeführt. Der Bruch ist in guter Stellung verheilt. Im Bereich der Kniegelenksflächen der Klägerin ist gegenüber den Röntgenaufnahmen nach dem Unfall keine Änderung eingetreten, es besteht daher kein Hinweis auf eine posttraumatische Kniearthrose. Es kann jedoch für die Zukunft eine solche nicht völlig ausgeschlossen werden. Das rechte Bein der Klägerin ist infolge Schwellungen gegenüber dem linken verdickt. Die Klägerin war bis zur stationär durchgeführten Gipsentfernung nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, und konnte auch in weiterer Folge bis nach Ablauf des ersten Unfalljahres schweren häuslichen Tätigkeiten, wie Fensterputzen und Tragen schwerer Gegenstände, nicht nachkommen. Als Unfallsfolge ist mit einer geringen Beinschwäche zu rechnen, die eine leichte Gangleistungsstörung nach sich zieht.

Die unfallskausalen notwendigen ärztlichen Behandlungen verursachten der Klägerin Kosten und Auslagen, die - abzüglich der von der Sozialversicherung vergütbaren, von der Klägerin aber noch nicht rückgeforderten Beträge - zumindest den Betrag von S 17.075,60 ergeben.

Mit der vorliegenden Klage fordert die Klägerin Schmerzengeld in Höhe von S 50.000,--, Ersatz der mit der Behandlung der Unfallsfolgen zusammenhängenden Auslagen von S 24.308,10 und die Feststellung der Haftung des Beklagten für künftige Schäden auf Grund ihrer Verletzung vom 13. August 1985. Der Unfall sei bei der Benützung der in den Verantwortungsbereich des Beklagten fallenden Holztreppe, welche unter ihrem Gewicht eingebrochen sei, geschehen, so daß der Beklagte mangels entsprechender Instandhaltung dieser Holztreppe oder erkennbarer Warnung vor deren Gefährlichkeit hafte. Die Klägerin verkündete Helene L*****, die ihr die Benützung der Holztreppe und damit einen Abschneider zur Straße vorgeschlagen habe, den Streit.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein: Ihn treffe am Unfall der Klägerin kein Verschulden; sie sei zum Betreten der Treppe und damit fremden Grundes von ihm nicht ermächtigt gewesen; es treffe ihn aber auch keine vertragliche Schutz- oder Sorgfaltspflicht gegenüber der Klägerin, die sich im übrigen ein Mitverschulden anrechnen lassen müsse, weil sie sich trotz ihres hohen Körpergewichtes beim Betreten der Holztreppe nicht des daneben befindlichen Handlaufes bedient habe.

Helene L***** trat dem Verfahren als Nebenintervenientin auf seiten des Beklagten bei und beantragte ebenfalls die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im wesentlichen statt, wies aber das Begehren auf Ersatz der Auslagen der Klägerin für ärztliche oder medizinische Betreuung in Höhe von S 7.232,50 ab; diesen Anspruch ließ die Klägerin unbekämpft. In seiner rechtlichen Beurteilung nahm das Erstgericht an, daß die Haftungsbestimmung des § 1319 ABGB anzuwenden sei. Unter einem Werk im Sinne dieser Bestimmung sei auch eine Holztreppe, wie sie im vorliegenden Fall benützt wurde, zu verstehen; als Besitzer im Sinne dieser Bestimmung sei die Person zu verstehen, die wegen ihrer Beziehungen zum Werk die Möglichkeit habe, den vom Werk ausgehenden oder in ihm drohenden Gefahren durch geeignete Vorkehrungen zu begegnen; es komme daher auf die Verfügungsberechtigung an, die im vorliegenden Fall dem Beklagten zustand. Da dieser aber jegliche Überprüfung der Treppe bis zum Unfallstag unterlassen habe, bei deren Vornahme ohne weiteres die Gefahr der Brüchigkeit hätte festgestellt werden können, hafte er gemäß § 1319 ABGB, denn er habe nicht alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet.

Sowohl das Schmerzengeldbegehren als auch ein Betrag von S 17.075,60 an unfallskausalen Aufwendungen seien angemessen, ebenso sei das Feststellungsbegehren gerechtfertigt. Ein Mitverschulden der Klägerin sei nicht gegeben, weil ihr keine Unachtsamkeit vor und bei der Benützung der ihr von der Nebenintervenientin vorgeschlagenen Holztreppe vorgeworfen werden könne.

Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge Berufungen des Beklagten und der Nebenintervenientin das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab. Er bewertete den Streitgegenstand, über den es entschieden habe, als S 300.000,-- nicht übersteigend und erklärte die Revision für zulässig. Dabei vertrat es folgende Rechtsansicht: Erfolge der Schaden bei Benützung eines Werkes im Zusammenhang mit der Benützung eines Weges, sei für solche, in Verbindung mit einem Weg stehende Werke nach § 1319 a ABGB als lex specialis gegenüber § 1319 ABGB zu haften. Der vorliegende Weg durch die Zaunlücke im Garten des Beklagten über die Holztreppe und die Nachbargrundstücke stelle im Sinne der Legaldefinition des § 1319 a Abs. 2 ABGB eine Landfläche dar, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr benützt werden dürfe, wenn sie auch nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt sei. So seien Wege im Sinne des § 1319 a ABGB etwa auch Zubringer- oder Anrainerwege, die nur für die Eigentümer bestimmter Grundstücke bestimmt seien, oder Pfade, die durch tatsächliche Benützung zur Abkürzung eines längeren Verlaufes einer öffentlichen Straße entstanden seien. Nur dann fiele ein solcher Weg nicht unter § 1319 a ABGB, wenn die Benützung durch jedermann ausdrücklich auf Grund einer zulässigen Verfügung ausgeschlossen wäre. Dies sei vorliegend nicht gegeben. Aus dem Anwendungsbereich des § 1319 a ABGB fielen nur die in einem abgezäunten Grundstück befindlichen und der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Wege in einem privaten Garten, Park oder Wald heraus, weil diesen Verkehrsflächen die sachliche Rechtfertigung einer haftpflichtrechtlichen Sonderbehandlung, nämlich das den Verantwortlichen besonders belastende Merkmal der "Zulässigkeit der allgemeinen Benützung" des Weges, fehle. Der Weg, um den es sich diesfalls handelt, falle nicht unter diese Ausnahme, sondern führe über mehrere Grundstücke, so daß bei ihm mangels angebrachter Benützungsverbote das Merkmal der "Zulässigkeit der allgemeinen Benützung" gegeben sei. Der Beklagte als Halter dieses Weges hafte allerdings nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz. Solches sei im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der Klägerin ist berechtigt.

Der bloß für die Familie des Beklagten, insbesondere für seine Kinder "eröffnete Schlupfweg" von einem entlegenen Teil des Gartens seiner Liegenschaft über die Holztreppe zu den tiefergelegenen Grundstücken der beiden Nachbarn ist entgegen den diesbezüglichen Annahmen des Berufungsgerichtes nicht als Weg im Sinne des § 1319 a Abs. 2 ABGB zu beurteilen, weil er - und auch die in seinem Verlauf befindliche Holztreppe - nicht jedermann zur Benützung offen steht. Abgesehen davon, daß nach den getroffenen Feststellungen auf dem Grundstück des Beklagten bis zur Holztreppe ein Weg im Sinne eines ausgetretenen Pfades oder dergleichen auch gar nicht sichtbar ist, so daß kein äußerer Anschein dafür spricht, dieser "Abstieg" zum Nachbargrundstück sei ein für die Öffentlichkeit eröffneter Gehweg, befindet sich der Durchlaß durch den Zaun und der Gehweg samt der - für die Familie des Beklagten errichteten und bestimmten - Holztreppe völlig im Bereich von Privatgrundstücken, die nur einen bestimmten privaten Personenkreis, nicht aber der Öffentlichkeit zugänglich sind. Im Ausschußbericht 1678 BlgNR 13. GP 4 wird dargelegt, daß der - schon auf Grund der weitreichenden Wegdefinition - sehr weite Anwendungsbereich des § 1319 a ABGB seine Grenze dort findet, wo das Merkmal des "Rechtes der Benützung durch jedermann unter den gleichen Bedingungen" fehlt; dieses Merkmal ist schließlich die innere Rechtfertigung der durch § 1319 a ABGB vorgesehenen Sonderregelung (Haftungserleichterung); die in einem abgezäunten Grundstück befindlichen Wege, wie die in einem Fabriks-, Krankenhaus- oder Eisenbahngelände angelegten Verkehrsflächen fallen (nach dem AB) ebenso aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung des § 1319 a ABGB heraus wie die der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Wege in einem privaten Garten, Park oder Wald; bei solchen Verkehrsflächen fehlt die sachliche Rechtfertigung einer haftungsrechtlichen Sonderbehandlung, nämlich das den Verantwortlichen besonders belastende Merkmal der "Zulässigkeit der allgemeinen Benützung" des Weges, so daß es in solchen Fällen bei den allgemeinen Grundsätzen über den Schadenersatz bleibt.

Bei den strittigen, nur für die Familie des Beklagten eröffneten (wenn auch den anderen Benützern des Hauses und Gartens bekannten) Weg und der in seinem Verlauf befindlichen Holztreppe handelt es sich daher - folgt man den zutreffenden Darlegungen des Ausschußberichtes - nicht um einen Weg im Sinne des § 1319 a Abs. 2 ABGB (vgl. auch Koziol, Haftpflichtrecht2 II 198), so daß dem Beklagten die Haftungserleichterungen dieser Bestimmung nicht zugute kommen.

Da der Beklagte die Benützung des von seinem Grundstück durch die auffällige Zaunlücke über die fragliche Holztreppe führenden Weges nicht ausdrücklich durch eine entsprechende Absperrung oder Verbotsfafel oder dergleichen untersagt hat, so daß im vorliegenden Fall auch die Nebenintervenientin mit gutem Grund glauben durfte, der Klägerin und den beiden anderen Besucherinnen diese "Abkürzung" empfehlen zu können, ist hier die schon vom Erstgericht zutreffend herangezogene Haftungsbestimmung des § 1319 ABGB anzuwenden. Diese lautet: "Wird durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatz verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe."

Die gegenständliche Holztreppe ist als Werk im Sinne dieser Vorschrift zu beurteilen (vgl. Reischauer in Rummel Rz 3, 4 zu § 1319 mwH); als sein Besitzer (Halter) ist der Beklagte anzusehen, weil er die Vorteile aus dem Werk zog, über dessen Gebrauch disponieren konnte, und daher durch seine Beziehung zum Werk auch zur Abwehr der von diesen ausgehenden Gefahren (hier Einsturzes der Treppe und als Folge Verletzung der Klägerin) verpflichtet war (SZ 61/132; SZ 59/121 uam; Reischauer aaO Rz 12). Der Beklagte trägt auch die Beweislast dafür, daß er die zur Abwehr der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet hat (Reischauer aaO Rz 17). Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, daß dem Beklagten dieser Beweis mißlungen ist, weil ihm angesichts der festgestellten, ihm bekannten Umstände der Errichtung und (mangelnden) Wartung dieser Holztreppe auch deren regelmäßige Überprüfung oblag, dabei hätte ihm die im Unfallszeitpunkt - mehrere Jahre nach der Errichtung der Holztreppe - bereits vorhandene Vermorschung der Treppe auffallen müssen.

Es ist zwar nicht festgestellt worden, daß die Nebenintervenientin als jahrelanger Sommergast bei der Familie des Beklagten mit den Örtlichkeiten auch im Garten im Bereich des vorliegenden Schlupfes vertraut war oder doch vertraut sein konnte, doch müßte der Beklagte nach den Umständen schon aus der Nichtanbringung einer Absperrung oder eines Durchgangsverbotes damit rechnen. Er durfte daher nicht darauf vertrauen, daß außer seinen Familienangehörigen, insbesondere den Kindern, niemand anderer diesen Weg durch den "Schlupf" benützen könnte. Der festgestellte Geschehensablauf zeigt, wie dies übrigens auch aus der vom Erstgericht insoweit übergangenen Zeugenaussage der Nebenintervenientin hervorgeht, daß dieser Weg durch den "Schlupf" bekannt war und daß sie ihn und die in seinen Verlauf befindliche Holztreppe am Unfallstag auch für unbedenklich und sicher gehalten haben muß, sonst hätte sie ihn doch der Klägerin und ihren beiden anderen Besucherinnen nicht als "Abschneider" empfohlen und wäre auch nicht bei seiner Benützung der Klägerin vorangegangen. Die Klägerin durfte jedenfalls aus diesen Umständen auf eine erlaubte Benützung dieses Weges ("Abschneiders") und damit auch der Holztreppe vertrauen, so daß ihr vom Beklagten nun auch nicht die fehlende Erlaubnis seinerseits und damit die Unerlaubtheit ihres Verhaltens entgegengehalten werden dürfen. Der Beklagte hat vielmehr im Bereich des betroffenen Teiles seines Gartens und über den dort befindlichen Zaundurchlaß samt Holztreppe einen für seine Sommergäste zugänglichen Verkehr zumindest geduldet, so daß er diesen, aber kraft der Schutzwirkungen des Bestandvertrages auch für die Gäste der Bestandnehmer (hier für die Klägerin als Gast der Nebenintervenientin) auch solchen Dritten gegenüber für die Ungefährlichkeit dieses Verkehrs haftet, wenn er nicht beweist, alle nach den Umständen zumutbaren und gebotenen Sicherungs- und Überwachungsmaßnahmen getroffen zu haben. In der seit der Errichtung dieser Holztreppe bis zum vorliegenden Unfall der Klägerin unterbliebenen Überprüfung der Trittfestigkeit der Treppe liegt sein Verschulden. Jedenfalls aber ist ihm der Entlastungsbeweis mißlungen.

Ein Mitverschulden der Klägerin kann nicht darin erkannt werden, daß sie die Holztreppe vor dem Betreten (von oben her) nicht auf ihre Trittfestigkeit oder Vermorschung überprüft hatte. Dazu hatte sie keine spezielle Veranlassung und allgemein ist derartiges auch nicht üblich und zumutbar. Der Schuldvorwurf der mangelnden Benützung des Handlaufes muß schon deshalb entfallen, weil die Benützung oder Nichtbenützung des Handlaufes durch die Klägerin im Unfallszeitpunkt nicht festgestellt werden konnte. Die Klägerin war nach den Umständen nicht verhalten, die Maßnahmen vor dem Betreten der Holztreppe vorzunehmen, deren Unterlassung ihr vom Beklagten zum Vorwurf gemacht wird. Sie durfte der Einladung der seit Jahren als Sommergast bei der Familie des Beklagten weilenden und mit den Örtlichkeiten offensichtlich vertrauten Nebenintervenientin, diesen Abschneider samt der Holztreppe zu benützen, vertrauen, weil die Nebenintervenientin außerdem noch vor ihr unversehrt über diese Treppe ging. Andererseits kann beim erstmaligen Betreten einer Treppe von oben her deren Vermorschung oder mangelnde Trittfestigkeit wohl nur dann erkannt werden, wenn äußere erkennbaren Anzeichen wie etwa "Löcher" oder "Ausfräsungen" im Stiegenbereich feststellbar gewesen wären; all dies wurde im vorliegenden Verfahren weder behauptet noch festgestellt.

Gegen die Höhe des der Klägerin vom Erstgericht zugesprochenen Betrages an Schmerzengeld und unfallskausale Auslagen sowie gegen den Feststellungsausspruch hat der Beklagte in seiner Berufung - außer einer Bemängelung des Zuspruchs von S 168,88 (eines vom Erstgericht festgestellten Abzugsbetrages wegen Ersatzfähigkeit bei der Sozialversicherung), der jedoch in der sonst unbekämpft gebliebenen Aufstellung über die anrechenbaren Ersatzleistungen (Ersturteil Seite 9 bis 12) ohnedies voll gedeckt ist - nichts vorgetragen. Dagegen bestehen auch seitens des erkennenden Senates des Obersten Gerichtshofes keine rechtlichen Bedenken.

In Stattgebung der Berufung der Klägerin ist daher das Berufungsurteil dahin abzuändern, daß das Ersturteil wieder hergestellt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.

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