OGH 6Ob150/00b

OGH6Ob150/00b14.12.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadtgemeinde L*****, vertreten durch Dr. Frank Riel und Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wider die beklagte Partei T***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Alexander Riel und Dr. Christoph Brenner, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen 75.000 S sA infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Krems an der Donau als Berufungsgericht vom 22. Februar 2000, GZ 2 R 187/99h-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Langenlois vom 26. Juli 1999, GZ C 346/99 p-8, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das beklagte Bauunternehmen führte von Juli bis September 1991 in S***** Bauarbeiten (Aushub einer 80 cm tiefen und 60 cm breiten Künette zur Verlegung von Postrohren, Wiederauffüllung der Künette und Aufbringung eines provisorischen Bitumenbelags) durch. Die Künette führte ua auf der öffentlichen Straße entlang der Mauer des - im Eigentum der klagenden Stadtgemeinde stehenden - Gemeindehauses (und ehemaligen Volksschule) vorbei.

Im Frühjahr 1994 bemerkten Organe der klagenden Partei zahlreiche Risse in den Innen- und Außenmauern des Gemeindehauses, die klagende Partei trat deshalb an die beklagten Partei mit Ersatzansprüchen heran. Der von der beklagten Partei beigezogene Haftpflichtversicherer beauftragte daraufhin einen Sachverständigen für Bauwesen (1. Sachverständiger) mit der Erstattung eines Gutachtens. Dazu fand am 6. Juni 1994 eine Schadensaufnahme statt, an der auch der Stadtamtsdirektor der klagenden Gemeinde als deren Vertreter teilnahm. Der 1. Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 12. Juli 1994 (1. Gutachten) zum Schluss, dass die Risse zum Großteil bereits vorher vorhanden gewesen seien, sich jedoch durch die Grabungsarbeiten teilweise vergrößert hätten. Nach den ihm vorliegenden Informationen seien die Arbeiten mit einem üblichen fahrbaren Künettenbaggergerät durchgeführt und die Pölzung mit Pfosten und Sprengen hergestellt worden, sodass keine größeren Erschütterungen entstanden sein konnten. Ein Verschulden der beklagten Partei sei nicht erkennbar, die aufgetretenen Risserweiterungen seien als unvermeidbar anzusehen und könnten auch durch Erschütterungen aus dem Verkehr entstanden sein. Das Gutachten beruhe auf seiner derzeitigen Kenntnis der Fakten, diese Kenntnis müsse nicht vollständig sein, bei neuen Fakten behalte er sich die Änderung seiner gutachtlichen Meinung vor. Die klagende Partei unternahm im Hinblick auf dieses Gutachtens, von dem sie jedenfalls noch 1994 Kenntnis erlangte, keine weiteren Schritte gegen die beklagte Partei. Am 8. September 1998 fand im Gemeindehaus ein Lokalaugenschein statt, an dem auch ein Zivilingenieur für Bauwesen (2. Sachverständiger) teilnahm, welchem die Risse gezeigt wurden. In seinem über Auftrag der klagenden Partei erstatteten Gutachten vom 15. September 1998 (2. Gutachten) führte der 2. Sachverständige aus, ihm sei aus eigener Erfahrung bekannt, in S***** sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Flinsfelsen bis knapp unter die Erdoberfläche anstehen, was den Einsatz schwerer Maschinen bei der damaligen Aushebung der Künette indiziere. Die wahrscheinlichste Ursache für die Risse dürfte in der Errichtung der Künette liegen, allerdings müssten zur Erhärtung dieser Vermutung noch diverse Erhebungen und Nachforschungen getätigt werden.

Mit ihrer Klage vom 28. April 1999 begehrte die klagende Partei von der beklagten Partei aus dem Titel des Schadenersatzes die Zahlung von 75.000 S sA als Kosten der Sanierungskosten ihres Gemeindehauses. Sie brachte im Wesentlichen vor, dass durch die 1991 vorgenommenen Bauarbeiten der beklagten Partei Risse am Gemeindehaus entstanden seien. Der 1. Sachverständige sei zum Ergebnis gekommen, dass ein Verschulden der beklagten Partei an diesen Schäden nicht erkennbar sei. Dadurch sei die klagende Partei bewogen worden, vorerst keinen Ersatzanspruch geltend zu machen. Erst in der Folge sei ein anderer (2.)Sachverständiger zur Ansicht gelangt, dass die Risse durch die Arbeiten der beklagten Partei herbeigeführt worden seien. Dessen Gutachten sei am 17. September 1998 vorgelegen. Erst ab diesem Zeitpunkt habe die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen begonnen.

Die beklagte Partei wendete Verjährung ein, habe doch die klagende Partei schon 1994 Schadenersatzansprüche erhoben, sodass ihr bereits damals der Schaden und der allfällige Schädiger bekannt gewesen seien. Im Übrigen hätten die nun geltend gemachten Schäden bereits vor Beginn der Bauarbeiten bestanden. Die Grabungsarbeiten seien auch ordnungsgemäß durchgeführt worden, ein Verschulden der beklagten Partei an den aufgetretenen Rissen sei auszuschließen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Die klagende Partei sei spätestens 1994 mit Erhalt des 1. Gutachtens sowohl über den Schädiger als auch über den Schadenseintritt hinlänglich informiert gewesen. In Kenntnis dieses 1. Gutachtens wäre es ihr möglich und zumutbar gewesen, entweder selbst ein weiteres Gutachten einzuholen oder auf andere Weise, insbesondere durch Beiziehung eines Rechtsanwaltes, die für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen in Erfahrung zu bringen. Billige man der klagenden Partei hiefür eine angemessene Frist von drei Monaten zu, so stelle dies sicher keine Überspannung der Erkundungspflicht dar. Die Unterlassung der rechtzeitigen Anspruchsverfolgung sei nicht auf ein irreführendes Verhalten der beklagten Partei zurückzuführen. Der 1. Sachverständige habe seinem Gutachten ausdrücklich und auch für einen Laien verständlich die damalige Kenntnis der Fakten zugrunde gelegt und darauf hingewiesen, dass diese Kenntnis nicht ganz vollständig sein müsse und er sich bei neuen Fakten eine Änderung seiner gutachtlichen Meinung vorbehalte. Die klagende Partei, die als Stadtgemeinde mit entsprechender Verwaltungsorganisation und bautechnisch geschulten Bediensteten nicht als Laie anzusehen sei, habe daher jedenfalls ihre Erkundigungspflicht verletzt.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Für den Beginn der Verjährungsfrist sei nicht entscheidend, ob sich der Anspruchsberechtigte in einem Irrtum befunden habe, sondern ob ihm objektiv alle für das Entstehen des Anspruchs maßgeblichen Umstände bekannt gewesen seien. Die Kenntnis müsse dabei den ganzen anspruchsbegründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten, in Fällen der Verschuldenshaftung auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergebe. Könne der Geschädigte die für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen, gelte die Kenntnisnahme als schon in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie dem Berechtigten bei angemessener Erkundigung zuteil geworden wäre.

Zum Umfang der Erkundungspflicht des Geschädigten, insbesondere, ob diese nicht nur den Schaden und den Schädiger betreffe, sondern auch den Ursachenzusammenhang zwischen eingetretenem Schaden und einem bestimmten Verhalten des vermutlichen Schädigers, würden aber unterschiedliche Rechtsmeinungen vertreten: Nach der höchstgerichtlichen Entscheidung RdW 1995, 13 sei die Erkundungspflicht des Geschädigten, die auch in Ansehung der Kenntnis von Name und Anschrift des Schädigers nicht überspannt werden dürfe, auf den Fall des Ursachenzusammenhangs zwischen eingetretenem Schaden und einem bestimmten Verhalten des vermutlichen Schädigers nicht anzuwenden. Eine derartige Einschränkung der Erkundungspflicht des Geschädigten werde in anderen Entscheidungen (SZ 63/37, SZ 68/179; ecolex 1994, 537; ecolex 1995, 20 ua) nicht gemacht. Danach werde die Verjährung erst in Gang gesetzt, wenn dem Geschädigten der Eintritt des Schadens - und damit auch der Ursachenzusammenhang - sowie die Person des Schädigers soweit bekannt worden sein, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg ausgestellt werden könne. Wenn der Geschädigte die Voraussetzungen ohne nennenswerte Mühe in Erfahrung bringen könnte, gelte die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in dem sie dem Berechtigten bei angemessener Erkundung zuteil geworden wäre. Dies werde auch von der Lehre unterstützt, wenn Mader (in Schwimann ABGB2 Rz 21 zu § 1489) ausführe, dass sich der Geschädigte nicht passiv verhalten und es darauf ankommen lassen dürfe, ob die nach § 1489 ABGB erforderliche Kenntnis eines Tages zufällig an ihn herangetragen werde. Es bestehe eine eingeschränkte Erkundungspflicht des Geschädigten, die nicht überspannt werden dürfe. Dieser Grundsatz gelte nicht nur in Ansehung der Tatbestandsvoraussetzung "Kenntnis des Schädigers", sondern mutatis mutandis auch für die Voraussetzung "Kenntnis des Schadens". Unter Billigung der Rechtsmeinung, dass die angemessene Erkundungspflicht auch den Ursachenzusammenhang zwischen Schaden und einem bestimmten Verhalten des mutmaßlichen Schädigers betreffe, sei die Sache noch nicht spruchreif.

Die klagende Partei habe vorgebracht, von der beklagten Partei durch geschickte Argumentation zur Überzeugung gebracht worden zu sein, dass die Verfolgung ihrer behaupteten Ansprüche aussichtslos sei. Dieses Vorbringen indiziere, dass die klagende Partei vom Gutachten allein nicht zur Aufgabe der Verfolgung ihrer Ansprüche veranlasst worden sei, und bedeute weiters, dass die klagende Partei auf Grund des 1. Gutachtens allein Zweifel an dessen Richtigkeit gehabt habe. Wenn sie aber Zweifel gehabt habe, dann sei sie auf Grund einer eingeschränkten, für eine Stadtgemeinde nicht zu überspannenden Erkundigungspflicht verpflichtet gewesen, durch Einholung weiterer Erkundigungen oder eines Gutachtens, etwa ihres eigenen Bauamtes, ihren Wissensstand insbesondere in Ansehung des Ursachenzusammenhangs so weit zu verbessern, um beurteilen zu können, ob eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne. Der Notwendigkeit der Verbesserung ihres Wissensstandes sei sich die klagende Partei offensichtlich bewusst gewesen, weil es sonst genügt hätte, wenn sie sich auf das Gutachten gestützt und es des weiteren Vorbringens, dass sie durch die Argumentation der beklagten Partei zur Abstandnahme von der weiteren Anspruchsverfolgung bewogen worden sei, nicht bedurft hätte.

Ungeklärt sei weiters der Grund für den 1998 vorgenommenen Lokalaugenschein, in dessen Folge das 2. Gutachten erstellt worden sei, durch das die klagende Partei nach ihem Vorbringen erst Kenntnis vom Ursachenzusammenhang erlangt haben wolle. Sollte 1998 der Lokalaugenschein und das 2. Gutachten deshalb durchgeführt bzw erstellt worden sein, weil die klagende Partei Zweifel an der Richtigkeit des 1. Gutachtens gehegt habe, stelle sich die Frage, warum ein entsprechendes Gutachten nicht bereits früher eingeholt worden sei. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen reichten zur Beurteilung der Frage, wann die klagende Partei eine solche Kenntnis vom Sachverhalt und vom Ursachenzusammenhang gehabt habe, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben hätte werden können und ob sie die erforderlichen Kenntnisse nur deshalb nicht erlangt habe, weil sie ihre zumutbare Erkundigungspflicht verletzt habe, nicht aus. Dabei komme es bei einer Gebietskörperschaft auf den Wissensstand des zuständigen Referatsleiters an, auch wenn die rechtliche Schlussfolgerung auf das Vorliegen von Schadenersatzansprüchen nicht in sein Aufgabengebiet falle. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen dahin zu treffen haben, ob und gegebenenfalls welche Gespräche und Korrespondenz zwischen den Parteien geführt worden seien. Weiters werde festzustellen sein, wie und aus welchen Gründen es zum Lokalaugenschein im Jahr 1998 und zur Erstattung des 2. Gutachtens gekommen sei. Auf Grund der ergänzenden Feststellungen werde das Erstgericht auch die Rechtsfrage zu beantworten haben, ob die beklagte Partei durch ihr Verhalten die Kenntnisnahme der klagenden Partei vom Ursachenzusammenhang wider Treu und Glauben verhindert habe, was die klagende Partei auch behauptet habe. Insbesondere würden Feststellungen darüber zu treffen sein, welchen Wissensstand der zuständige Referatsleiter der klagenden Partei in dieser Sache gehabt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz mit der Begründung, es gebe zur Frage des Umfangs der Erkundigungspflicht des Geschädigten, im Besonderen, ob diese auch den Ursachenzusammenhang betreffe, unterschiedliche Rechtsmeinungen, zugelassene Rekurs der beklagten Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein (§ 1489 erster Satz ABGB). Die Grundsätze dieser kurzen Verjährung von Schadenersatzforderungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt, wenn die Gewißheit über den Eintritt des Schadens, die Person des Schädigers sowie den Ursachenzusammenhang zwischen Schaden und schadensstiftendem Verhalten unter Einschluss des vorwerfbaren Verschuldens, wo dies zu den Haftungsvoraussetzungen gehört, einen solchen Grad erreicht, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg angestellt werden kann, doch darf der Geschädigte nicht so lange zuwarten, bis er im Rechtsstreit zu gewinnen glaubt (stRspr, SZ 57/171, SZ 68/179; 5 Ob 2339/96y = SZ 69/251 mwN uva). Der den Anspruch begründende Sachverhalt muss dem Geschädigten zwar nicht in allen Einzelheiten, aber doch soweit bekannt sein, dass er in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruches erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (SZ 68/179, SZ 68/238, je mwN ua; Schubert in Rummel2, § 1489 ABGB Rz 4; Mader in Schwimann2, § 1489 ABGB Rz 9 und 11).

Nach dem festgestellten Sachverhalt bemerkte die klagende Partei erstmals im Frühjahr 1994 die Risse in den Mauern ihres Gemeindehauses. Ab diesem Zeitpunkt war ihr somit bekannt, dass ein Schaden an einer in ihrem Eigentum stehenden Sache aufgetreten war. Ebenso war der klagenden Partei zu diesem Zeitpunkt bereits der potentielle Ersatzpflichtige bekannt, wurde doch weder vorgebracht noch festgestellt, dass ein anderer Schädiger als die beklagte Partei in Frage komme. Es bleibt daher die Frage nach dem Wissen oder Wissenmüssen vom Ursachenzusammenhang und dem Verschulden der beklagten Partei. Im vorliegenden Fall führte der - vom Haftpflichtversicherer des mutmaßlichen Schädigers bestellte - 1. Sachverständige im 1. Gutachten - dessen Inhalt der klagenden Partei noch 1994 bekannt wurde - aus, dass die Risse zum Großteil bereits vorhanden gewesen sein dürften, sich diese durch die Grabungsarbeiten jedoch teilweise vergrößert hätten. Somit war der klagenden Partei 1994 auch bereits der Ursachenzusammenhang bekannt. Durch das 1. Gutachten wurde die Kausalität zumindest insoweit bestätigt, als die Arbeiten der beklagten Partei zu einer Vergrößerung von vorhandenen Mauerrissen an dem im Eigentum der klagenden Partei stehenden Haus führten. Der Schadensbegriff des ABGB umfasst jeden Zustand, an dem ein geringeres rechtliches Interesse besteht als am bisherigen Zustand (stRspr, SZ 66/31; JBl 1994, 753; SZ 69/145, je mwN ua). Somit ist auch die Vergrößerung eines bereits vorhandenen - hier unterstellten - Schadens ein ersatzfähiger Schaden.

Auf die nach Auffassung des Berufungsgerichtes in der Rspr bisher unterschiedlich beantwortete Rechtsfrage, ob auch in Ansehung des Ursachenzusammenhanges eine Erkundungspflicht des Geschädigten besteht, braucht im vorliegenden Fall daher mangels Relevanz nicht eingegangen zu werden, hatte doch die beklagte Partei ohnehin ausreichende Kenntnis über den Ursachenzusammenhang.

Nach der bereits dargestellten stRspr des Obersten Gerichtshofes setzt der Lauf der Verjährungsfrist für sämtliche aufgrund eines schädigenden Ereignisses in Betracht kommenden Ersatzansprüche mit dem Zeitpunkt ausreichender Sachverhaltskenntnis ein, mögen sie sich aus einer Verschuldenshaftung des Schädigers ergeben oder auf einer Gefährdungs- oder Eingriffshaftung beruhen. Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehört somit bei geltend gemachter Verschuldenshaftung - wie hier - auch die Kenntnis des Geschädigten von jenen Umständen, aus denen das Verschulden des Schädigers hervorgeht, es sei denn, dass sich dieses aus der offenkundigen Rechtswidrigkeit des schädigenden Verhaltens selbst ergibt. Hat der Geschädigte (als Laie) keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Umstände, so beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen (WBl 1987, 66; JBl 1991, 654; 9 Ob 79/00h, 9 Ob 319/97w ua; RIS-Justiz RS0034603, RS0034322), mag auch der Schaden und die Person des Schädigers bereits bekannt gewesen sein.

Zum behaupteten Verschulden des nun beklagten Schädigers kam der 1. Sachverständige zu dem Schluss, dass ein solches nicht erkennbar sei bzw die aufgetretenen Risserweiterungen als unvermeidbar anzusehen seien. Wenn der Geschädigte die für die erfolgversprechende Anspruchsverfolgung notwendigen Voraussetzungen "ohne nennenswerte Mühe" in Erfahrung bringen kann, gilt die Kenntnisnahme schon als in dem Zeitpunkt erlangt, in welchem sie ihm bei angemessener Erkundigung - somit ohne Überspannung der Erkundigungspflicht des Geschädigten (SZ 63/53; JBl 1991, 654 uva, zuletzt 7 Ob 145/00z; RIS-Justiz RS0034327; Schubert in Rummel2, § 1489 ABGB Rz 3 f) - zuteil geworden wäre (SZ 69/251; 6 Ob 42/98i = RdW 1998, 543; 9 Ob 91/99v ua). Dabei ist auf die Umstände des konkreten Falles abzustellen (SZ 57/171; 5 Ob 2101/96y = RdW 1996, 470 ua, zuletzt 1 Ob 151/00p; RIS-Justiz RS0113916). Bereits in mehreren Fällen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die Forderung der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Voraussetzungen erfolgreicher Anspruchsverfolgung eine Überspannung der Erkundigungspflicht bedeutet (6 Ob 273/98k [Arzthaftung], 8 Ob 2161/96v = MietSlg 49.182 [Ausmaß eines Bauschadens und der Kosten der Mängelbehebung für einen Geschäftsraummieter]; 7 Ob 145/00z [Werkvertrag] ua). Selbst wenn man bei einer Stadtgemeinde wie der klagenden Partei einen strengeren Maßstab - weil sie kein Laie ist (vgl 2 Ob 503/96) und einem Fachmann mit entsprechendem Einblick nur eine gewisse Zeit zugebilligt wird, um diesen Einblick zu gewinnen - anlegen wollte, obwohl der erkennende Senat in seiner Entscheidung 6 Ob 42/98i = RdW 1998, 543 in einem vergleichbaren Fall - auch dort war klagende Partei eine Stadtgemeinde - dies nicht tat, bedeutete im vorliegenden Fall eine Verpflichtung der klagenden Partei zur Beauftragung eines weiteren Sachverständigen zur Frage des Verschuldens der beklagten Partei doch eine Überspannung ihrer Erkundigungspflicht. Denn 1994 lag bereits ein Gutachten eines beeideten Sachverständigen, wenngleich beauftragt vom Haftpflichtversicherer des präsumptiven Prozessgegner, vor, in dem ein Verschulden der beklagten Partei mit schlüssiger Begründung verneint worden war. Der Hinweis, das 1. Gutachten beruhe auf seiner derzeitigen Kenntnis der Fakten, ist insoweit bedeutungslos, weil völlig unklar bleibt, welche Fakten noch von Bedeutung wären. Daher bestand für die klagende Partei kein ersichtlicher Anlass, einen weiteren Sachverständigen zur Überprüfung dieser sachverständlichen Äußerung beizuziehen. Entgegen der Auffassung der zweiten Instanz kann dem Prozessvorbringen der klagenden Partei auch nicht entnommen werden, sie habe Zweifel an der Richtigkeit des 1. Gutachtens gehabt und sei durch ein "weiteres Verhalten" der beklagten Partei als die Vorlage des 1. Gutachtens zur Überzeugung gelangt, eine weitere Rechtsverfolgung sei aussichtslos.

Die Frage des von der zweiten Instanz relevierten allfälligen Verstoßes der beklagten Partei gegen Treu und Glauben ist damit unerheblich. Insoweit bedarf es keiner weiteren Erhebungen durch das Erstgericht mehr, weil ohnehin mit der Kenntnis der klagenden Partei vom 1. Gutachten (1994) die Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt wurde.

b) Zweck des Rekurses nach § 519 ZPO ist nur die Überprüfung der Rechtsansicht des Berufungsgerichts durch den Obersten Gerichtshof. Ist die dem Aufhebungsbeschluss zugrunde liegende Rechtsansicht richtig, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, aber nicht überprüfen, ob die Verfahrensergänzung tatsächlich notwendig ist (stRspr, JBl 1991, 580 uva; Kodek in Rechberger2, § 519 ZPO Rz 5 mwN). Wenn daher die zweite Instanz zur Frage, weshalb die klagende Partei das 2. Gutachten beauftragte, Feststellungen vermisste, kann dem nicht entgegen getreten werden. Es ist durchaus denkbar, dass die klagende Partei aus noch unbekannten Erwägungen nach 1994, aber noch vor dem 28. April 1996 ausreichende Hinweise für ein Verschulden der beklagten Partei bereits vor der Erstattung des von ihr beauftragten 2. Gutachtens hatte und demnach die Verjährungsfrist schon vorher in Gang gesetzt worden war.

Aus diesen Erwägungen kann dem Rekurs kein Erfolg beschieden sein, wenngleich der Erhebungsauftrag entsprechend einzuschränken ist.

Der Kostenvorbehalt fußt auf § 52 Abs 1 ZPO.

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