OGH 9ObA216/00f

OGH9ObA216/00f4.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Edith Matejka und Oberrat Dr. Walter Wotzel als weitere Richter in den verbundenen Arbeitsrechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Z***** HandelsgesmbH, ***** vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte Kommanditpartnerschaft in Wiener Neustadt, gegen die beklagten und widerklagenden Parteien 1. Walter P*****, Angestellter, ***** 2. Erich S*****, Angestellter, ***** beide vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1. S 138.917,63 brutto abzüglich S 21.258,94 netto sA, und 2. S 231.791,13 brutto abzüglich S 23.993,12 netto sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. März 2000, GZ 7 Ra 395/99f-23, womit über Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. April 1999, GZ 20 Cga 121/97b (verbunden mit 20 Cga 225/97x)-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S

15.255 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.542,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen des Entlassungsgrundes der Vertrauensunwürdigkeit zutreffend verneint. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

Ob die Beklagten in einem anderen Unternehmensbereich hätten beschäftigt werden können, wo sie mit Geldtransporten nichts zu tun gehabt hätten, ist nicht entscheidend. Das Berufungsgericht bringt damit nur zum Ausdruck, dass der klagenden Partei eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar gewesen wäre, zumal Geldtransporte nicht zu den eigentlichen Hauptdienstleistungsverpflichtungen von Verkäufern gehören. Es kommt allein darauf an, ob das (Gesamt)verhalten des Arbeitnehmers nach den gewöhnlichen Anschauungen, sohin objektiv die Befürchtung erweckt, dass dienstliche Interessen des Arbeitgebers künftighin gefährdet sind (Kuderna Entlassungsrecht2 82, 87; Arb 10.614; 8 ObA 27/98y ua). Der Arbeitsvertrag ist Grundlage für die Verpflichtung des Angestellten, Interessengefährdungen zu unterlassen (8 ObA 384/97d). Daher gehörte ungeachtet der außerhalb der eigentlichen Dienstleistung liegenden Geldtransporte auch diese Tätigkeit zu dem den Beklagten eingeräumten Vertrauensbereich. Mag auch das Fehlverhalten der Beklagten (gemeinsames Verlassen des PKW unter Zurücklassung der Geldtasche) nicht mehr als geringfügig einzustufen sein, so ist nicht zu übersehen, dass konkrete Anweisungen des Dienstgebers über die Durchführung des Geldtransportes fehlten und die Durchführung von Besorgungen anlässlich dieser Transporte, die auch Anlass für das gemeinsame Verlassen des PKW waren, nicht untersagt, sondern im Gegenteil auch angeordnet wurden; ferner dass die im Rundschreiben vorgegebenen Richtlinien für Geldtransporte, die mit den Fahrern zu besprechen waren und sohin nur Anordnungen an die Geschäftsleitung darstellten, weitgehend nicht einmal eingehalten werden konnten. Die zu besprechenden Richtlinien waren daher unter Berücksichtigung der tatsächlich vorliegenden Umstände keine klaren unmissverständlichen Verhaltensregeln, die auch ohne eingehende Besprechung klare Verhältnisse geschaffen haben. Die Anordnung und die Duldung von Besorgungen anlässlich dieser Fahrten, ohne die Reihenfolge der Erledigungen klar anzuordnen, schuf eine unklare Situation.

Wenn es auch objektiv einleuchtet, dass ein Fahrzeug mit einer Geldtasche nicht allein gelassen werden darf, bildet unter den vorliegenden Umständen das einmalige Fehlverhalten der Beklagten ohne klare Verhaltensregeln im Einzelfall noch keinen so gravierenden Missbrauch der eingeräumten Vertrauensmacht, der eine Beschäftigung während der Kündigungsfrist unzumutbar gemacht hätte.

Das Fehlverhalten der Beklagten haben die Vorinstanzen bereits im Rahmen ihrer Haftung nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz eingehend berücksichtigt. Der für eine Culpakompensation im Sinne des § 32 AngG behauptungs- und beweispflichtige Dienstgeber hat dazu keine weiteren Tatsachenbehauptungen aufgestellt (8 ObA 68/99d), die ein für die Entlassung ursächliches von dem geltend gemachten Entlassungsgrund verschiedenes oder über ihn hinausgehendes schuldhaftes Verhalten der Beklagten, das mit dem der Klägerin kompensiert werden könnte, ergeben hätte (Ind 1986/1563). Im Übrigen dient § 32 AngG nicht dazu, im Falle einer ungerechtfertigten Entlassung, für die die geltend gemachten Gründe nicht ausreichen, die den Arbeitgeber wegen der ungerechtfertigten Entlassung treffenden Rechtsfolgen zu mildern (RIS-Justiz RS0028230; Ind 1986/1563; 9 ObA 267/88).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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