OGH 9ObA182/00f

OGH9ObA182/00f20.9.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Werner Hartmann und Rat DI Werner Conrad in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Siegfried H*****, Arbeiter, ***** vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, vertreten durch Dr. Rainer Schischka, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 100.492,35 sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. Februar 2000, GZ 8 Ra 7/00h-21, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 30. Juli 1999, GZ 20 Cga 117/98s-16, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

8.112 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten S 1.352 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der seit 5. 10. 1992 bei der Beklagten beschäftigte Kläger erfüllt die Voraussetzungen, unter denen Arbeitern gemäß § 39 Abs 2 DO.C eine Erschwerniszulage im Ausmaß von 5 bis 15 vH des Lohnes nach Lohngruppe II Dienstklasse A, Bezugsstufe 1 gewährt werden kann. Viele Arbeitnehmer der Beklagten erhalten diese Erschwerniszulage, darunter auch Franz H*****, der dieselben Arbeiten wie der Kläger verrichtet; dieser allerdings in der Höhe von 10 vH.

Bei der Einstellung wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Möglichkeit bestehe, eine Erschwerniszulage zu erhalten; der Abteilungsleiter werde sich dafür einsetzen. Der Abteilungsleiter stellte am 17. 12. 1993 für den Kläger den Antrag auf Gewährung dieser Zulage in der Höhe von 15 vH ab 1. Jänner 1993. Infolge Einsparungsmaßnahmen fasste der Verwaltungsausschuß der Beklagten am 24. 4. 1996 den Beschluss, ermessensabhängige Zulagen in dem ihm übertragenen Vollziehungsbereich nicht mehr zu gewähren, soferne deren Gewährung dem Ermessen des Versicherungsträgers überlassen sei. Im Mai 1997 erhielt der Kläger einen Dienstzettel, demzufolge ihm eine Erschwerniszulage im Ausmaß von 15 vH für den Zeitraum 1. 1. 1993 bis 30. 4. 1996 gebühre, im Sinne des Verwaltungsausschussbeschlusses eine weitere Gewährung aber nicht möglich sei.

Der Kläger begehrt diese Erschwerniszulage auch über den 1. 5. 1996 hinaus, weil er als Arbeiter, der die Voraussetzungen des § 39 Abs 2 DO.C erfülle, nicht schlechter behandelt werden dürfe als andere Arbeitnehmer.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil die Gewährung eine Ermessensentscheidung sei und der Verwaltungsausschuss am 24. 4. 1996 die Gewährung solcher Zulagen untersagt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit Ausnahme des Zinsenausspruches.

Die auf die Ermessensbestimmung des § 39 Abs 2 DO.C gegründete Gewährung der Erschwerniszulage an die Arbeitnehmer der Beklagten sei zu einer Betriebsübung geworden, die auch neu eintretenden Arbeitnehmern zugute komme. Der Ausschluss neu eintretender Arbeitnehmer müsse vereinbart werden. Eine gegenteilige Betriebsübung, Arbeitern die nach dem 31. 12. 1991 eingetreten seien, diese Zulage nicht zu gewähren, sei nicht feststellbar. Der Kläger durfte daher bei Vorliegen der Voraussetzungen mit der Gewährung rechnen, zumal ihm die Möglichkeit der Gewährung einer solchen Zulage in Aussicht gestellt worden sei. Der Beschluss des Verwaltungsausschusses vom 24. 4. 1996, ermessensabhängige Zulagen nicht mehr zu gewähren, sei zulässigerweise nur gegenüber den nach diesem Zeitpunkt neu eingetretenen Mitarbeitern anzuwenden. Die Einbeziehung des schon 1992 eingetretenen Klägers in die Neuregelung sei unzulässig. Aufgrund der bisher gehandhabten Betriebsübung stehe dem Kläger die Zulage zu, zumal ihm ohnehin noch eine befristete Zulage im Ausmaß von 15 vH gewährt worden sei. Für eine Reduzierung des von der Beklagten dem Kläger gewährten Ausmaßes der Zulage gebe es keine zwingenden sachlichen Gründe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Problematik der Auslegung von "Kann"-Bestimmungen in Kollektivverträgen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorhanden sei.

Die Revision ist ungeachtet des Zulässigkeitsausspruches nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach der Rechtsprechung ist gerade auf freiwillige Leistungen, auf die der Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch hat, der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden. Bei Gewährung derartiger Leistungen darf der Arbeitgeber die von ihm zugrunde gelegten Kriterien - bei deren Bestimmung er frei ist - nicht im Einzelfall, auch nicht unkündbaren Arbeitnehmern gegenüber willkürlich und ohne sachlichen Grund verlassen und einem einzelnen Arbeitnehmer das vorenthalten, was er anderen zubilligt (RIS-Justiz RS0016829; SZ 65/14). Außer Streit steht, dass viele Arbeitnehmer der beklagten Partei, darunter auch der 1991 eingetretene Arbeitnehmer Franz H*****, eine Erschwerniszulage erhalten. Feststeht, dass Franz H***** diese Zulage aber auch ab 1. 5. 1996 weiter gewährt wird. Sowohl der Kläger als auch dieser Arbeitnehmer erfüllen die Voraussetzungen des § 39 Abs 2 DO.C in Bezug auf die Arbeitsumstände, unter denen diese Bestimmung die Gewährung einer Erschwerniszulage in den Ermessensbereich des Dienstgebers stellt. Im Hinblick auf die DO.C und dem Umstand, dass sogar im Dienstzettel darauf Bezug genommen und ihm beim Einstellungsgespräch zugesichert wurde, dass die Möglichkeit einer Erschwerniszulage bestehe, die Gewährung sohin nicht ausgeschlossen wurde, konnte der mit 5. 10. 1992 eingestellte Kläger hinsichtlich der den bis 31. 12. 1991 eingetretenen anderen Arbeitnehmern gewährten Erschwerniszulage bei Erfüllung der im Kollektivvertrag aufgestellten Kriterien davon ausgehen, diese Leistung ebenfalls zu erhalten (SZ 70/141). Die generelle Richtlinie des Verwaltungsausschusses vom 24. 4. 1996, diese Erschwerniszulage nicht mehr zu gewähren, begründete für den Kläger, dem diese Erschwerniszulage rückwirkend, wenn auch befristet für die Vergangenheit ohnehin gewährt worden war, keine sachlich gerechtfertigte Differenzierung, um ihn von der, anderen Arbeitnehmern und vor allem Franz H***** gewährten Erschwerniszulage bei Erfüllung der grundsätzlichen Gewährungskriterien auszuschließen (SZ 65/14). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer willkürlich schlechter zu behandeln als die übrigen (SZ 67/15). Der spätere Einstellungstag des Klägers war ja, wie die rückwirkende Gewährung der Erschwerniszulage zeigt, kein Gewährungskriterium noch wurde dem Kläger gegenüber die Gewährung von einem bestimmten Einstellungstag abhängig gemacht.

Dass dem Kläger auch weiterhin die Erschwerniszulage zusteht, lässt sich im Sinne der zitierten Judikaturgrundsätze im Einzelfall beantworten. Die Auslegungsproblematik der kollektivvertraglichen Kann-Bestimmung des § 39 Abs 2 DO.C stellt sich nicht, sodass die vom Berufungsgericht als Zulässigkeitsvoraussetzung dargestellte Rechtsfrage nicht erheblich im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG ist.

Da dem Kläger eine Erschwerniszulage, wenn auch befristet, in der Höhe von 15 vH gewährt worden ist, stellt es keine Fehlbeurteilung der Umstände des Einzelfalles dar, dass die über den Befristungszeitpunkt hinaus zu gewährende Erschwerniszulage auch in dieser Höhe zusteht. Generelle Kriterien über das Ausmaß der Erschwerniszulage oder ein Einfrieren derselben auf der Basis des Lohnes von 1996 lassen sich der Sachverhaltsgrundlage nicht entnehmen. Der bloßen Entgegennahme der befristeten Erschwerniszulage durch den Kläger kommt allein noch kein Erklärungswert im Sinne eines Einverständnisses bzw eines Verzichtes auf die Zulage nach Ablauf der Frist zu (RIS-Justiz RS0047273; SZ 68/90, 1 Ob 2046/96f).

Da der Kläger im Gegensatz zur Ansicht der Revisionswerberin am 17. 12. 1993, sohin innerhalb einer dreijährigen Frist nach Diensteintritt seinen Anspruch auf die Erschwerniszulage bei der Beklagten geltend gemacht hat, konnte vor Entscheidung über seinen Antrag mit Dienstzettel vom Mai 1997, mit dem sein Anspruch befristet bis 30. 4. 1996 zuerkannt wurde, die Verjährungsfrist für die monatlichen Ansprüche ab 1. 5. 1996 bis zur Klageeinbringung im Juli 1998 oder der jeweils rechtzeitigen Klageausdehnungen nicht ablaufen. Auch dies begründet keine Rechtsfrage im Sinn des § 46 Abs 1 ASGG.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO, weil die klagende Partei auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

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