OGH 9Ob76/00t

OGH9Ob76/00t26.4.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Johannes Sch*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Dr. Gerhard Seirer und andere, Rechtsanwälte in Lienz, gegen die beklagte Partei R***** Immobilien- und BaubetreuungsgesmbH, ***** vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 352.432,78 sA, über die außerordentlichen Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. November 1999, GZ 1 R 233/99w-21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zur Revision des Klägers:

a) Da der Kläger dafür beweispflichtig ist, dass der Schaden bei Erfüllung der die Beklagte treffenden Warn- und Aufklärungspflicht nicht eingetreten wäre (RIS-Justiz RS0022700), hält sich die Ansicht des Berufungsgerichtes im Rahmen der Grundsätze der Rechtsprechung, dass der Kläger hätte beweisen müssen, dass er bei Aufklärung über den Beginn der Skontofrist für eine rechtzeitige Überweisung des Rechnungsbetrages hätte sorgen können.

b) Nur wenn der Regresspflichtige, der nicht Solidarschuldner ist, über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, zB die Nebenpflicht, den Regressberechtigten über die Vertragsabwicklung zu informieren und wenn diese Pflichtverletzung für den Vorprozess kausal ist, kann es zu einer Haftung für die Prozesskosten kommen (SZ 68/186; 70/108; 4 Ob 513/95; 7 Ob 277/98f ua). Hat der Kläger auch keine Aufstellung der Beklagten über die Rechtzeitigkeit der Zahlungen erhalten und wusste er nicht, obwohl er infolge der Unterfertigung des Schlussbriefes über den Lauf der Skontoabzugsfristen Kenntnis haben konnte, dass die Frist mit Einlangen der vom Bauleiter geprüften Rechnungen bei der Beklagten begann, so geht es darum, ob ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten den Vorprozess und dessen Kostenfolgen ausgelöst hat. Da der Kläger alle Unterlagen über die Bauabrechnung erhalten und den Schlussbrief, der auch den Fristenlauf regelt, unterfertigt hat, eine Falschinformation durch die Beklagte nicht nachgewiesen ist, der Kläger nach den von ihm nicht bekämpften Ausführungen der Vorinstanzen keine Behauptung aufgestellt hat, dass die Beklagte durch Verletzung konkreter vertraglicher Nebenpflichten den Vorprozess ausgelöst hat, ist es keine Verkennung der Rechtslage, soweit das Berufungsgericht dazu gelangt, dass dem Kläger der Nachweis für einen von der Beklagten verursachten und verschuldeten Prozesskostenschaden, der bei Erfüllung bestimmter Vertragspflichten nicht eingetreten wäre, nicht gelungen ist.

c) Die Bindungswirkung des Urteils des Vorprozesses und die Bindung an belastende Tatsachenfeststellungen (SZ 70/60 ua RIS-Justiz RS0107338) besteht hinsichtlich von Einwendungen, die schon im Vorprozess hätten erhoben werden können und die dort für die Entscheidung wesentlich gewesen wären. Dies gilt dann, wenn das Klagebegehren im Folgeprozess auf demselben Anspruch beruht (SZ 70/60). Der Vorprozess ging um die Frage der Rechtzeitigkeit des Skontoabzuges. Das vorliegende Verfahren hat das Verschulden der Beklagten an dem dem Kläger entstandenen Schaden zum Gegenstand, worüber im Vorprozess nicht abgesprochen wurde. Soweit das Berufungsgericht in Verneinung des Verschuldens der beklagten Partei die Zahlungspflicht des im Vorprozess bindend, wenn auch unrichtig als verspätet angesehenen Teilbetrages von S 54.000 im Gegensatz zu den anderen auch im Vorprozess als verspätet festgestellten Skontoabzügen verneinte, so liegt darin kein Widerspruch zur Vorentscheidung, weil der nunmehrige Anspruch ein Schadenersatzanspruch ist, in dem das Verschulden der beklagten Partei von Bedeutung ist. Wie im Vorprozess allenfalls aufgrund eines Rechtsmittels die Frage zu lösen gewesen wäre, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

d) Da das Berufungsgericht die Fälligkeit der als Gegenforderung geltend gemachten Honoraransprüche durch Vorlage der nicht bestrittenen Abrechnung im Verfahren bejahte, begründet es keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO, inwieweit in diesem besonderen Einzelfall diese Abrechnung nachvollziehbar und detailliert genug ist, zumal die pauschale Behauptung der Nichteinhaltung handelsrechtlicher Vorschriften über Abrechnungen keinen konkreten Beurteilungsmangel des Berufungsgerichtes im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.

Zur Revision der beklagten Partei:

Nach der Rechtsprechung darf die Erkundigungspflicht des Geschädigten hinsichtlich der maßgebenden Tatsachen, die zur Erhebung einer Schadenersatzklage erforderlich sind, nicht überspannt werden (7 Ob 2091/96t). Für die Erkennbarkeit dieser Umstände sind stets die des Einzelfalles maßgeblich (5 Ob 2101/96y). Da dem Kläger nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes die nötigen Unterlagen fehlten, ist dem Berufungsgericht im Einzelfall keine Fehlbeurteilung unterlaufen, dass ein Schreiben des Baumeisters aus 1995, dass aufgrund des verspäteten Zahlungseinganges ein Skontoabzug nicht gewährt werden könne, keinen Rückschluss auf einen für eine Schadenersatzklage nötigen Verschuldensvorwurf an die beklagte Partei zuließ.

Da das Berufungsgericht die Rechtzeitigkeit der Klage ohnehin bejahte, bildet die Hilfsbegründung, dass der Verjährungseinwand gegen Treu und Glauben verstoßen hätte, keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO.

Wenn die Beklagte eine Vereinbarung über die Bedingungen des Skontoabzuges traf, so liegt es im Rahmen der Einzelfallbeurteilung, dass dem Kläger die Möglichkeit der Einhaltung der Skontoabzugsfristen von der Beklagten bekanntzugeben gewesen wäre und ihm das Versäumen der Frist und ein Mitverschulden erst bei Kenntnis des Beginnes zur Last fallen könnte. Der Umfang dieser Aufklärungspflicht begründet aber keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage. Nach den Feststellungen hat der Kläger unverzüglich, allerdings in Unkenntnis des Fristenlaufes die Überweisungsträger unterzeichnet. Eine nicht rechtzeitige Vorlage durch die Bank konnte ein allfälliges Mitverschulden, ohne die Grundsätze des Fristenlaufes zu kennen, daher nicht begründen.

Selbst wenn zur Frage des Mitverschuldens ein Widerspruch in der Begründung des Berufungsurteils vorläge, genügt ein solcher nicht, den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO zu verwirklichen (EFSlg 44.100; 10 ObS 40/98z; RIS-Justiz RS0041306, 0042133). Auch ein Verfahrensmangel wird nicht begründet, weil die sofortige Fertigung des Überweisungsträgers durch den Kläger sich, wie aus dem Zusammenhang der Begründung zu erkennen ist, auf den Zeitpunkt nach Vorlage durch die Bank an ihn bezieht und nicht auf den Zeitpunkt, nachdem der Überweisungsträger bei der Bank eingelangt ist.

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