OGH 1Ob201/99m

OGH1Ob201/99m28.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt, Eisenstadt, Blumengasse 5, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** Gesellschaft mbH wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17 - 19, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Prof. Ing. Mag. Arch. Heinrich Wolfgang G*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Hrastnik, Rechtsanwältin in Oberwart, wegen 2 Mio S sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 14. September 1998, GZ 14 R 64/98d-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 4. Februar 1998, GZ 1 Cg 60/97v-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I.

den

Beschluss

gefasst:

Das durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der klagenden Partei A***** Gesellschaft mbH am 22. März 1999 unterbrochene Verfahren wird aufgenommen. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird wie im Urteilskopf ersichtlich berichtigt.

II.

zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Ad I.): Nach Erhebung der Revision wurde über das Vermögen der klagenden Partei (im folgenden nur Gemeinschuldnerin) der Anschlusskonkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Peter Hajek zum Masseverwalter bestellt. Infolge der dadurch bewirkten Unterbrechung des Verfahrens waren die Akten dem Erstgericht zurückzustellen (1 Ob 371/98k).

Der gemäß § 164 ZPO zur Erwirkung der Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens erforderliche Antrag ist bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Rechtssache zur Zeit des Eintritts des Unterbrechungsgrunds anhängig war (§ 165 Abs 1 ZPO). Tritt die Unterbrechung während des dem Rechtsmittelverfahren vorangehenden Verfahrens vor dem Gericht erster Instanz ein, also noch bevor dieses die Akten dem Rechtsmittelgericht vorlegt, ist der Antrag beim Erstgericht einzubringen, nach der Aktenvorlage - wie hier - hingegen an das Rechtsmittelgericht zu richten (4 Ob 53/94 = ÖBl 1995, 44 ua; RIS-Justiz RS0036655). Demnach hat der Oberste Gerichtshof über den Fortsetzungsantrag des in diesen Aktivprozeß der Gemeinschuldnerin eintretenden Masseverwalters zu entscheiden (8 Ob 311/95 = MietSlg 48.732 mwN). Dem Antrag nach § 7 Abs 2 KO ist stattzugeben, womit die Unterbrechungswirkungen des § 7 Abs 1 KO beseitigt sind und nun über die Revision der klagenden Partei entschieden werden kann.

Ad II.): Auf einer im Eigentum des beklagten Bundes befindlichen Liegenschaft in Oberwart befindet sich das Gebäude der HBLA Oberwart. Liegenschaftsverwalter ist der Landesschulrat für das Burgenland. Als das Bundesministerium für Unterricht und Kunst (BMUK) dort zusätzliche Räumlichkeiten zur Unterbringung des zweisprachigen Bundesgymnasiums Oberwart schaffen wollte, trat es an den Nebenintervenienten, einen Architekten, mit der Anfrage heran, ob er innerhalb eines Jahres das Bauvorhaben (Adaptierung der HBLA und Um- bzw Zubau zur Unterbringung des Gymnasiums) abwickeln könne, und stellte ihm mit Schreiben vom 29. Juli 1994 in Aussicht, er könne damit rechnen, dass der getätigte Aufwand im notwendigen und nützlichen Umfang, maximal jedoch bis zu einer Höhe von 51 Mio S (darin höchstens 5,1 Mio S für geistige Leistungen) gemäß § 418 ABGB ersetzt und hierüber eine Vereinbarung abgeschlossen werden würde. Mit Antwortschreiben vom 16. August 1994 erklärte sich der Nebenintervenient bereit, die Herstellung des Bauwerks zu übernehmen, und hielt die mündlich vorgestellten Ausführungsvarianten auch schriftlich fest. Mit Schreiben vom 24. August 1994 teilte das BMUK mit, dass das Limit für den Ersatz gemäß § 418 ABGB exklusive Bauzinsen auf 52 Mio S excl. Umsatzsteuer angehoben werde; darin sei ein von den Herstellungskosten unabhängiges unveränderliches Pauschalhonorar von 5,159 Mio S enthalten. Der Nebenintervenient erhielt von der beklagten Partei keine Vorgabe, bei der Vergabe von Aufträgen iS des Gleichheitsgrundsatzes vorzugehen.

Die Arbeiten wurden im Landesamtsblatt für das Burgenland 1995/40 ausgeschrieben. In der Ausschreibung für Um- und Zubaumaßnahmen am bestehenden Gebäude der HBLA Oberwart wurde als ausschreibende Stelle der Nebenintervenient bezeichnet. Die Angebotsunterlagen (darunter Leistungsverzeichnisse für Fenster und Fenstertüren aus Aluminium) waren ab Freitag, dem 20. Jänner 1995, im Büro des Nebenintervenienten abzuholen. Abgabetermin war Montag, der 6. Februar 1995, 11.00 Uhr, im Büro des Nebenintervenienten; die Angebotseröffnung war dort für 11.10 Uhr anberaumt. Die Angebotsunterlagen enthalten ua folgende Bestimmungen:

"...

000202 Vordrucke a) Der Bieter muss sein Angebot gemäß Abschnitt 3 der ÖNORM A 2050 erstellen.

...

000204 Nachlässe, Aufschläge a) Vom Bieter angebotene Nachlässe und/oder Aufschläge, die an keine Bedingungen gebunden sind, können nur dann anerkannt werden, wenn sie am "Blatt für Nachlässe und Aufschläge" angebracht und bei der Eröffnung der Angebote anläßlich der Angebotsverhandlung bereits vorhanden sind. b) Vom Bieter angebotene Nachlässe und/oder Aufschläge, die an Bedingungen (z. B. terminliche oder technische Voraussetzungen, Erteilung des gesamten Auftrages) gebunden sind, können nur dann anerkannt werden, wenn sie auf einem Begleitschreiben zum Angebot genannt sind.

...

000303 Norm techn. Inh. vornorm. Vertr. Als Vertragsbestandteile gelten alle im ÖNORMEN-Verzeichnis enthaltenen Normen technischen Inhalts und alle Ö-Normen mit vornormierten Vertragsinhalten für einzelne Sachgebiete, soweit die Leistungen oder auch nur Teile (einzelne Positionen) derselben diese Sachgebiete betreffen.

...

000506 Qualitätsgleichwertigkeit. Sind im Leistungsverzeichnis vom Ausschreiber Erzeugnisse beispielhaft angeführt, so weist der Bieter für angebotene gleichwertige Erzeugnisse auf Verlangen bei Angebotsprüfung die Qualitätsgleichwertigkeit durch Prüfzeugnisse einer akkreditierten Prüf- und Überwachungsstelle nach, wenn der Ausschreiber die Gleichwertigkeit bezweifelt. Falls der Nachweis der Qualitätsgleichwertigkeit nicht erbracht wird, werden die im Leistungsverzeichnis vom Ausschreiber namentlich angeführten Erzeugnisse zum Angebotspreis verwendet. Erfordern die angebotenen Erzeugnisse das Ändern von Plänen und/oder von Berechnungen, die zum Zeitpunkt des Zuschlages vorhanden sind, so kann der Auftraggeber auf dem Ausführen der beispielhaft angeführten Erzeugnisse bestehen.

...".

In der Leistungsbeschreibung waren Aluminiumfenster und -türkonstruktionen einer gewissen Ausführung gefordert und im Einzelnen näher beschrieben.

Die Gemeinschuldnerin führte in Neudörfl einen Industriebetrieb, der sich mit der Erzeugung und Montage von Aluminiumartikeln, im speziellen Alu-Glas-Fassaden und Fenstern, befasste und schon für viele andere öffentliche Bauvorhaben, etwa für frühere Bauabschnitten der HBLA Oberwart, die Fenster geliefert hatte. Sie verfügte bereits bei Angebotsstellung über gutachterliche Stellungnahmen des Instituts für Hochbau & Industriebau der Technischen Universität Graz. Die von ihr angebotenen Fenster sind den in der Ausschreibung genannten Fenstern gleichwertig.

Zu Beginn der öffentlichen Angebotseröffnung am 6. Februar 1995 um 11.10 Uhr lagen sechs Angebote vor, darunter das der Gemeinschuldnerin mit der geringsten Angebotssumme von 8,545.940,46 S und jenes der A***** (im folgenden nur Zweitbieterin) mit der zweitgeringsten Angebotssumme von 8,944.543,20 S, jeweils einschließlich 20 % USt, vor. Die einzelnen Angebote hatte der Nebenintervenient mit der Landesregierung erörtert, er erstattete auch während der Bauführung laufend Bericht an die Landesregierung. Am 10. Februar 1995 ersuchte der Nebenintervenient die Gemeinschuldnerin telefonisch, einen Preisnachlass bekanntzugeben. Diese lehnte das ab und verständigte über die nachträgliche unzulässige Preisverhandlung die Landesregierung. Obwohl die Gemeinschuldnerin in der Folge dennoch das Gespräch mit dem Nebenintervenienten suchte, war dieser telefonisch nicht zu erreichen; Bitten um Rückruf wurden nicht befolgt. Die Gemeinschuldnerin wäre in der Lage gewesen, im März 1995 mit den Arbeiten zu beginnen und diese auch fristgerecht abzuschließen. Sie hätte sich im Wesentlichen an den nur etwa ein Jahr alten Plan für die früher von ihr erstellten Fenster für die HBLA Oberwart gehalten. Sie hätte alle Fenster selbst fertigen und innerhalb von 14 Tagen die Blindrahmen montieren können. Sie bot dem Nebenintervenienten außerdem die Fertigung einer Musterecke an; dem Ersuchen um Bekanntgabe der gewünschten Farbe und Profilbreite kam der Nebenintervenient jedoch nicht nach. Der Nebenintervenient prüfte die Unterlagen der Gemeinschuldnerin nicht, obwohl sie näher bezeichnete Prüfberichte kurzfristig nachgereicht hatte. Der mit 3. März 1995 datierte Auftrag an die Zweitbieterin um 8,502.682,80 S incl. 20 % USt sah als Arbeitsbeginn den 6. März 1995 vor; spätestens am 15. März 1995 begann die Zweitbieterin mit der Montage. Die Gemeinschuldnerin wurde hierüber zunächst nicht informiert.

Die klagende Partei (Gemeinschuldnerin) begehrte vom beklagten Rechtsträger 2 Mio S sA im Wesentlichen mit der Begründung, sie sei bei der öffentlichen Ausschreibung Bestbieterin gewesen. Den Auftrag habe jedoch die Zweitbieterin nach unzulässiger Nachverhandlung erhalten. Zuvor habe der Nebenintervenient die Gemeinschuldnerin telefonisch ersucht, einen Preisnachlaß bekanntzugeben.

Die beklagte Partei wendete ein, nicht passiv legitimiert zu sein, weil die Einladung zur Angebotserstellung ausdrücklich vom Nebenintervenienten persönlich erfolgt sei. Weder der Einladung noch den Angebotsunterlagen sei irgendein Hinweis auf eine Beteiligung des Bundes zu entnehmen. Der Nebenintervenient habe lediglich von der beklagten Partei als Grundeigentümerin des Schulgeländes die Genehmigung erhalten, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Baulichkeiten auf dieser Liegenschaft zu errichten; er sei ausschließlich im eigenen Namen aufgetreten. Im Übrigen hätte die klagende Partei aus technischen Gründen nicht mit der Lieferung der Fensterteile beauftragt werden können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Zwischenurteil dem Grund nach statt. Es vertrat die Ansicht, es könne keinen Unterschied machen, ob die beklagte Partei die Aufträge selbst oder durch einen Vertreter vergebe. In Wahrheit sei von Anfang an die beklagte Partei im vergaberechtlichen Sinn als Bauherr anzusehen gewesen. Schalte die beklagte Partei ein anderes Rechtssubjekt dazwischen, so müsse sie zumindest auf dieses dahin einwirken, dass es jene verfassungsrechtlichen Bindungen, denen sie selbst bei der Auftragsvergabe unterworfen sei, befolge. Aus der Bezeichnung als Bauherr könnten keine Rückschlüsse auf die privatrechtliche Position der beklagten Partei gezogen werden.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte die Auffassung des Erstgerichts und führte noch ergänzend aus, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung SZ 67/182 die Verantwortung jenes Rechtsträgers angenommen, der ein ausgegliedertes Unternehmen mit der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragt hatte, weil dieses dabei Vergabenormen nicht beachtet und der Bieter auf die Beachtung dieser Normen vertraut hatte. Diese Erwägungen ließen sich auf die Einschaltung eines Vertreters übertragen. Der öffentliche Auftraggeber könne sich seinen - durch die Selbstbindungsnormen und den Gleichheitssatz konkretisierten - vorvertraglichen Sorgfaltspflichten im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe nicht dadurch entziehen, dass er seine daraus erwachsenden Rechte und Pflichten einem Dritten übertrage. Das Bauvorhaben komme zudem der Allgemeinheit zugute, sei daher nicht gewerblicher Art, und es werde von der beklagten Partei auch zur Gänze finanziert. Der Nebenintervenient habe alle Fragen der Finanzierung des Projekts mit der beklagten Partei absprechen müssen und sei auch zum laufenden Bericht über den Baufortschritt verpflichtet gewesen. Eine "selbständige Vergabepflicht" des Nebenintervenienten sei nicht zu erkennen, habe er doch für jedes einzelne Angebot vor der Auftragserteilung eine Absprache mit der "Burgenländischen Landesregierung" herbeiführen müssen. Im "vergaberechtlichen Sinn" sei demnach "die beklagte Partei als Bauherr" anzusehen. Das "Verhältnis" zwischen der beklagten Partei und dem Nebenintervenienten weise zudem Ähnlichkeit mit dem "Architektenvertrag" auf. "Auch wenn es an einer Offenlegung der Vertretung der Beklagten durch den Nebenintervenienten mangelt", müsse doch "das Auftreten des Nebenintervenienten" der beklagten Partei schon deshalb zugerechnet werden, weil "es sich bei dem Bauvorhaben um ein öffentliches Gymnasium handelt"; daran könne auch die "Bezeichnung des Nebenintervenienten in der Ausschreibung als Bauherr nichts" ändern. Hievon bleibe nämlich die "zivilrechtliche Position" der beklagten Partei als jene "Rechtsperson, auf deren Rechnung und in deren Auftrag das Bauwerk errichtet werden sollte, unberührt". Auch die - hier nicht anwendbare - Ö-NORM A 2050 unterscheide nicht zwischen "Auftraggeber", "Ausschreiber" und "ausschreibender Stelle", weil die beiden letzteren "immer nur Erfüllungsgehilfen" des Ersteren seien. Die beklagte Partei sei selbst dann "vergaberechtlich als Bauherr" anzusehen, "wenn man den Nebenintervenienten bloß als mittelbaren Stellvertreter oder nur als Bauführer iSd § 418 ABGB ansehen würde. Denn "wie im Falle eines ausgegliederten Rechtsträgers" wäre die beklagte Partei "jedenfalls verpflichtet gewesen, auf den Nebenintervenienten dahingehend einzuwirken, dass dieser die Ausschreibung entsprechend den genannten Sorgfaltspflichten durchführt".

Die Revision der beklagten Partei ist zwar zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Die Ausschreibung durch den Nebenintervenienten erfolgte zeitlich nach Inkrafttreten des Bundesvergabegesetzes BGBl 1993/462 (am 1. Jänner 1994), wenngleich noch vor Inkraftreten der Novelle BGBl 1996/776 (am 1. Jänner 1997) bzw der Wiederverlautbarung als Bundesvergabegesetz 1997 (BGBl 1997/56). Das Bundesvergabegesetz (in seiner Stammfassung) ist indes auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht anzuwenden, weil der für dessen sachlichen Anwendungsbereich erforderliche Schwellenwert bei Bauaufträgen von 5 Mio ECU ausschließlich der Umsatzsteuer (§ 3 Abs 1 iVm § 5 Abs 2 BVergG in der damals geltenden Fassung) unbestrittenermaßen nicht erreicht wurde und der Auftrag auch von einer Erweiterung des Anwendungsbereichs dieses Gesetzes gemäß § 8 B-VergG nicht betroffen war. Die Anwendung einer bestimmten, die Vorgangsweise bei der Vergabe regelnden Bestimmung - namentlich der Ö-NORM A 2050 - wurde nicht vereinbart.

b) Im vergabegesetzlich nicht geregelten Bereich unterhalb der Schwellenwerte bedarf es der zuvor erfolgten Feststellung einer Rechtswidrigkeit durch das Bundesvergabeamt nicht. Vor den ordentlichen Gerichten können ua Schadenersatzansprüche übergangener Bieter - wie hier der Gemeinschuldnerin - auch nach Erteilung des Zuschlags durchgesetzt werden.

Zur Frage, ob im Schadenersatzprozess des zu Unrecht übergangenen Bieters gegen den Ausschreibenden nur der Ersatz des "Vertrauensschadens" (negatives Vertragsinteresse) zuerkannt oder auch entgangener Gewinn (genauer: positives Vertrags- oder Erfüllungsinteresse) zugesprochen werden kann, hat die Rechtsprechung - losgelöst vom BVergG auf der Basis der Ö-NORM A 2050 - eine Reihe dogmatischer Ansätze fruchtbar gemacht (vgl dazu va Elsner, Vergaberecht, Rz A 173):

- So gewährt der Oberste Gerichtshof auf der Grundlage der Lehre von der culpa in contrahendo (Verletzung vorvertraglicher Schutz-, Sorgfalts- und Treuepflichten) dem zu Unrecht übergangenen Bieter einen Anspruch auf Ersatz des "Vertrauensschadens": Demnach ist der Bieter so zu stellen, wie wenn er nicht auf ein faires Verfahren vertraut (und deshalb gar nicht angeboten) hätte, sodass er Anspruch auf Ersatz seiner mit der Angebotslegung zusammenhängenden Aufwendungen hat (4 Ob 406/87 = SZ 61/134 = ÖBl 1989, 77 = WBl 1988, 443 "Heizöl"; 1 Ob 539/88 = SZ 61/90 = WBl 1988, 342; 1 Ob 663/89 = JBl 1990, 520 = ecolex 1990, 144; 4 Ob 535/89 = RdW 1990, 43; 6 Ob 564/91 = AnwBl 1991, 854 [Auer] = WBl 1991, 338 = ecolex 1991, 769).

Da der Bieter während der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist und deshalb entsprechende Kapazitäten ("Vorhaltekosten") bereithalten muss, ist es denkbar, dass er im Hinblick auf den erwarteten Auftrag andere Aufträge ablehnt. Wird er nun in rechtswidriger Weise übergangen, so kann im Ergebnis auch, wenn es sonst zum Vertragsabschluss gekommen wäre, das Erfüllungsinteresse zuzusprechen sein (7 Ob 568/94 = SZ 67/182 = WBl 1995, 77 = ecolex 1995, 95 "Linzer Design Center"; Elsner aaO Rz A 174).

- Fasst man dagegen die Ausschreibung als Auslobung (Ö-NORM mit Selbstbindung) des Auftragsgebers im Sinne einer Garantie für die rechtmäßige Vergabe, von der sich dieser nicht wirksam freizeichnen kann, auf (10 Ob 212/98v = ecolex 1999, 87 [Heid] = bbl 1999, 78 [vgl dazu auch Iro in RdW 1998, 718]; Elsner aaO Rz A 175 mwN in FN 673), so haftet der Auftraggeber für die Einhaltung der von ihm selbst geschaffenen Regeln auf das Erfüllungsinteresse (4 Ob 10/96 = SZ 69/59 = RZ 1997/38 = ÖBl 1996, 241 = WBl 1996, 501 "Forstpflanzen"; 10 Ob 212/98v; Elsner aaO Rz A 175 mwN in FN 674).

- Schließlich wurde in der Entscheidung SZ 67/182 (zur Linzer Vergabeordnung) das BVergG erstmals als Schutzgesetz für den Bieter angesehen, dessen Verletzung den Ersatz des Erfüllungsinteresses zur Folge habe, weil der Geschädigte so zu stellen sei wie bei rechtmäßigem Alternativverhalten, also bei Erteilung des Zuschlags an ihn als Bestbieter (so auch 3 Ob 564/94 = SZ 68/35; 4 Ob 188/98w = ecolex 1999, 84 [Heid] = WBl 1999, 179 = bbl 1999, 78; Elsner aaO Rz A 176 mwN in FN 675).

- Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art 7 B-VG und Art 2 StGG) und dem Diskriminierungsverbot einen Kontrahierungszwang abgeleitet (6 Ob 514/95 = JBl 1995, 582 = ecolex 1995, 405 = ÖZW 1996, 51 [Kalss]), um damit das eigentlich anzupeilende Ziel - der wahre Bestbieter erhält den Auftrag - zu erreichen.

Diese von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze können wie folgt zusammengefasst erörtert werden:

Die Einhaltung der Vergabebestimmungen dient auch und vor allem dem Schutz der Bieter vor unlauterer Vorgangsweise bei der Vergabe. Diese Bestimmungen geben den Organen der öffentlichen Hand (Gebietskörperschaften und deren Trabanten) Verhaltenspflichten auf; auf deren Beachtung dürfen die Bieter vertrauen und vertrauen reglmäßig auch in der Tat darauf. Die Verletzung solcher "Selbstbindungsnormen" sowie die Missachtung des Gleichbehandlungsgebots, das aus dem Gleichheitssatz (Art 2 StGG bzw Art 7 B-VG) abzuleiten ist und gleichermaßen auch die Privatwirtschaftsverwaltung der Rechtsträger beherrscht, können deshalb im vorvertraglichen Raum nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo - ein Verschulden des Organs vorausgesetzt, das indes gemäß § 1298 ABGB vermutet wird, sodass der Rechtsträger insofern den Entlastungsbeweis antreten müsste - die Verpflichtung des Rechtsträgers zum Schadenersatz zur Folge haben. Soweit der Rechtsträger - im Rahmen seiner Privatwirtschaftsverwaltung - Ausschreibungen vornimmt, ist die Pflicht der vergebenden Stelle, die Bewerber gleich zu behandeln und nicht einzelne von diesen zu diskriminieren, durch grundrechtsorientierte Erwägungen abgestützt. Findet der Gleichheitssatz im Verhältnis der öffentlichen Hand als Trägerin von Privarechten zum einzelnen anerkanntermaßen schon ganz allgemein Anwendung, so versteht sich das bei der Durchführung von Ausschreibungen - als Einladungen zum Wettbewerb unter den Interessenten - nachgerade von selbst (SZ 67/182; JBl 1990, 520 ua).

Soweit Rechtsträger und deren Trabanten - also die öffentlichen Auftraggeber - nicht schon ohnehin durch "nach außen" wirksame Gesetze (zB § 16 BVergG) an das Diskriminierungsverbot gebunden sind, müssen sie im Vergabeverfahren jedenfalls das Gleichbehandlungsgebot und alle jene - selbst bloß als interne Dienstanweisungen einzuhaltenden - Vergabenormen beachten, die zur Durchsetzung eben dieser Gleichbehandlung aller Bieter bestimmt sind.

Dieser Verpflichtung kann sich der Rechtsträger auch nicht einfach dadurch entledigen, dass die vergebende Stelle in der Ausschreibung darauf hinweist, sie gehe damit keinerlei Verpflichtung ein und sie werde sich auch nicht an Bestimmungen, die die Gleichbehandlung der Bieter anordnen, halten, könnte sie doch durch eine solche Vorgangsweise dieses Gebot jederzeit umgehen (ecolex 1999, 32 = bbl 1999, 93; SZ 67/182 ua).

Das Vergabeverfahren kann nur dann als fair beurteilt werden, wenn die Bietinteressenten, die von der vergebenden Stelle durch die Ausschreibung zu einer zeit- und kostenaufwendungen Angebotslegung eingeladen werden, darauf vertrauen dürfen, dass die Ausschreibung nicht bloß ernst gemeint ist, sondern dass die eingelangten Angebote auch sorgfältig und unvoreingenommen geprüft und die Bieter fair, vor allem als untereinander gleich behandelt werden; insoweit ist es im Übrigen auch gleichgültig, ob die Ausschreibung von einem öffentlichen oder von einem privaten Auftraggeber herrührt. Unfair ist es hingegen, die selbstbindenden Vergabenormen den Bietinteressenten vorzuenthalten; allein dadurch schon verletzt der Auftraggeber vorvertragliche Schutz- und Aufklärungspflichten.

Nichts anderes gilt dann, wenn die vergebende Stelle in der Ausschreibung darauf hinweist, dass die bestehenden Vergaberegeln bloß für sie intern, nicht aber auch im Verhältnis zu den Bietinteressenten bzw Bietern Bedeutung hätten. Es muss nicht weitwendig erörtert werden, dass solche Hinweise die Außenwirkung der Selbstbindungsnormen - schon nach deren Zweck - nicht entkräften können. Unzulässig ist es daher, mit bestimmten Bietern "nachzuverhandeln".

Auch wenn der öffentliche Auftraggeber im Einzelfall weder an gesetzliche noch an verwaltungsinterne Vergabenormen gebunden ist, bleibt er jedenfalls dem verfassungsrechtlich verankerten Gleichheitssatz und damit der diesen Grundsatz im Vergabewesen konkretisierenden Ö-NORM A 2050 verpflichtet (ecolex 1999, 87 [Heid]).

Diese von der Rechtsprechung und der Lehre entwickelten Grundsätze haben die Vorinstanzen beachtet: Die Frage, welche der weiter oben dargestellten dogmatischen Linien im konkreten Fall in den Vordergrund zu rücken ist, muss hier nicht abschließend geprüft werden, weil im Rechtsmittel gar nicht in Zweifel gezogen wird, dass der Auftraggeber dem im Ausschreibungsverfahren zu Unrecht nicht zum Zug gelangten Bestbieter auf das Erfüllungsinteresse haftet.

c) Gegenstand des Rechtsmittels ist vielmehr nur die Frage nach der ungeachtet der Tatsache, dass die Ausschreibung, bei welcher die klagende Partei nicht zum Zug kam, nicht von der beklagten Partei selbst, sondern vom Nebenintervenienten vorgenommen worden war, in Anspruch genommenen Passivlegitimation dieses Rechtsträgers; dazu hat der erkennende Senat erwogen:

Der Sache nach hat die beklagte Partei - unzweifelhaft öffentliche Auftraggeberin - durch eines ihrer (obersten) Organe (BMUK) den als Nebenintervenienten dem Verfahren beigetretenen Architekten mit der Herstellung von Zu- und Umbauten an einem öffentlichen (Schul-)Gebäude auf einer ihr gehörigen Liegenschaft ausschließlich aus öffentlichen Mitteln beauftragt, wenngleich das - wie noch näher zu erörtern sein wird - durch die gewählte rechtliche Konstruktion der vertraglichen Beziehungen zwischen ihr und dem Nebenintervenienten verdunkelt wird. Der Auftrag ressortiert somit eindeutig zu einer im Allgemeininteresse wahrzunehmenden Aufgabe nichtgewerblicher Art, dem Schulwesen (vgl dazu ecolex 1999, 84 unter Verweisung auf Platzer/Öhlinger, EU-konforme Auschreibungen, 34, nach welchen ein öffentlicher Bauauftrag [auch] dann gegeben ist, wenn ein Privatunternehmen auf eigene Kosten ein Krankenhaus aufgrund eines Vertrags mit einer Gebietskörperschaft errichtet, die das fertiggestellte Objekt auf der Grundlage dieses Vertrags nutzen wird; vgl auch Heid in seiner Glosse zu dieser Entscheidung aaO 85 unter Berufung auf Judikatur des EuGH). Es kann deshalb - zumal dem Grundeigentümer das Eigentum an den Um- und Zubauten an seinem Gebäude auf seinem Grund schon mit der Verbindung des dazu erforderlichen Materials mit Grund und Gebäude zuwächst - nicht zweifelhaft sein, dass es sich dabei um einen öffentlichen Auftrag handelt.

Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers ist nicht in einem engen formal-institutionellen, sondern in einem erweiterten funktionellen Sinn zu begreifen und erfasst etwa auch durch "Privatisierungen" ausgegliederte Kapitalgesellschaften (vgl dazu Gölles, Bundesvergabegesetz und Ö-NORM A 2050, 35). Diese dem BVergG unterlegten Wertungen können deshalb auch außerhalb dessen unmittelbaren Anwendungsbereichs fruchtbar gemacht werden. Anerkennt man nach den weiter oben dargestellten Grundsätzen die Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers - und damit gerade auch des hier beklagten Rechtsträgers - bei Besorgung öffentlicher Aufgaben auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, Aufträge nur in Beachtung des Gleichbehandlungsgebots zu vergeben, so liegt das Schwergewicht deren Beurteilung in deren Wesen als "öffentliche Aufträge" und nicht in deren rechtlichen Ausgestaltung. Schon deshalb ist jeder Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeit und jede Umgehung von Selbstbindungsnormen als Ausformungen des Gleichheitsgebots hintanzuhalten, um ein faires Vergabeverfahren und damit einen wirksamen Leistungswettbewerb durch den rechtlich einwandfreien Einsatz der öffentlichen Mittel zu gewährleisten. Sonst wäre es dem öffentlichen Auftraggeber - wie schon erwähnt - ein Leichtes, die Selbstbindungsnormen zu umgehen, indem etwa - wie hier - einem Dritten die Abgeltung der Leistungen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag zugesichert wird dieser aber - weil formal kein öffentlicher Auftraggeber - für sich zur Beachtung der Selbstbindungsnormen nicht verpflichtet wäre.

Beim Umgehungsgeschäft streben die Beteiligten - anders als beim Scheingeschäft, bei dem die Vertragsgestaltung bloß vorgetäuscht wird, - an, den Tatbestand einer bestimmten Norm zu vermeiden bzw den einer anderen Norm zu erfüllen, deren Anwendung jedoch nach dem gesetzlichen Wertungssystem als untragbarer Widerspruch zur Sach- oder Systemgerechtigkeit der Rechtsordnung erscheint (Schurig, Die Gesetzesumgehung im Privatrecht, in FS Ferid, 407 f). Das Umgehungsgeschäft verstößt zwar nicht "dem Buchstaben des Gesetzes nach" gegen ein gesetzliches Verbot, vereitelt indes im Ergebnis doch den Zweck, den das Gesetz mit diesem Verbot anstrebt. Ein solches Geschäft ist nicht schlechthin nichtig, unterliegt jedoch jener Rechtsnorm, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden wäre. Auf eine besondere Umgehungsabsicht der Parteien kommt es dagegen nicht an (SZ 63/50, SZ 68/120 uva; Krejci in Rummel2, § 879 ABGB Rz 37 f). Es genügt somit, dass das Umgehungsgeschäft objektiv Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt (SZ 68/120; SZ 64/66; SZ 63/50 ua). Vielmehr ist stets zu fragen, ob die Parteien ihre rechtlichen Beziehungen zueinander so gestalten, dass sie den vom Gesetz verpönten Erfolg (weitgehend) erreichen (SZ 68/120).

Im vorliegenden Fall sicherte der öffentliche Auftraggeber dem Nebenintervenienten bei Zutreffen bestimmter Voraussetzungen die Abgeltung von dessen Leistungen als "betrautem Bauführer iSd § 418 ABGB" zu. Die Regelungen des § 418 ABGB über den (originären) Eigentumserwerb bei der Bauführung auf fremdem Grund sind jedoch nur dann anzuwenden, wenn die Bauführung gerade nicht auf einer - welchem Vertragstypus immer zuzurechnenden - Vereinbarung zwischen Grundeigentümer und Bauführer beruht; dann hängt es allein von dieser ab, ob das Bauwerk dem Grundeigentümer oder der Grund dem Bauführer zusteht (SZ 58/12 ua).

Die beklagte Partei hat dem Nebenintervenienten der Sache nach - ohne Ausschreibung und ohne Einhaltung von Vergabenormen - ermächtigt, an ihrem Gebäude Zu- und Umbauten vorzunehmen, und ihm zugesichert, diese Leistungen, soweit sie notwendig und nützlich sind, bis zu einem bestimmten Betrag abzugelten. Festgestellt ist ferner (Ersturteil, S. 10 und 14), dass die Arbeiten im Landesamtsblatt für das Burgenland ausgeschrieben wurden, dass der Nebenintervenient die einzelnen Angebote "mit der Landesregierung besprochen" und dass dieser auch "während der Bauführung laufend berichtet" hat. Daraus folgt, dass der Nebenintervenient trotz der Vertragsgestaltung, die ihm dem Wortlaut nach weitgehende Freiheit einräumte, bei der Vergabe der einzelnen Aufträge in Wahrheit doch nicht unabhängig, sondern weitgehend an die Zustimmung durch die beklagte Partei gebunden war. Durch die gewählte Vertragskonstruktion wollte sich die beklagte Partei - in Wahrheit selbst Bauherrin - jener Fesseln entledigen, die ihr als öffentlicher Auftraggeberin in Gestalt des Gleichbehandlungsgebots (und Diskriminierungsverbots) sowie der dieses Gebot näher ausführenden Vergaberegeln angelegt sind. Da ihr Vertragspartner - der Nebenintervenient - , wie festgestellt, jedes Angebot jeweils mit der "Landesregierung" (also dem von der Auftraggeberin beauftragten Organ) "besprochen", demnach also dessen Zustimmung eingeholt hat, sollte dem Nebenintervenienten nach den in Wahrheit beabsichtigten vertraglichen Beziehungen mit der beklagten Partei die Rechtsstellung eines Stellvertreters eingeräumt werden, der die einzelnen Aufträge für sie, jedenfalls aber in deren Auftrag vergeben sollte, aber dabei nicht an die Vergaberegeln, die die beklagte Partei - hätte sie selbst die Aufträge vergeben - zu befolgen gehabt hätte, gebunden war.

Wie schon erwähnt, ist eine spezielle Umgehungsabsicht gar nicht erforderlich, sondern es reicht aus, dass das Umgehungsgeschäft Sinn und Zweck der umgangenen Norm objektiv vereitelt. Wenngleich das Umgehungsgeschäft in der Regel, so auch hier, nicht unwirksam ist, unterliegt es - wie gleichfalls schon ausgeführt - doch jenen Rechtsnormen, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft - also die Geschäftsbesorgung in Form des Architektenvertrags, mit welchem der beauftragte Architekt die Planung, Oberleitung und die örtliche Bauaufsicht übernimmt (JBl 1992, 114 [Karollus] ua; zuletzt wieder 1 Ob 2409/96b = SZ 70/198), mit dem die Vertragsteile ferner ihrem Willen Ausdruck verleihen, den Architekten mit der Wahrnehmung der Interessen des Bauherrn gegenüber Behörden und Professionisten zu betrauen und der regelmäßig auch die Vergabe der einzelnen Gewerke an letztere für den Bauherrn einschließt - anzuwenden sind (SZ 68/120 mwN).

Denkbar ist zwar, dass die beklagte Partei den Nebenintervenienten mit der - gewiss höchst eigenwilligen - Vertragskonstruktion als Generalunternehmer betrauen wollte, doch hätte der Nebenintervenient dann freilich den gesamten Auftrag (so wie er diesen auch in der Tat vergeben hat) an Subunternehmer zur Ausführung weitergeben müssen, weil er als Architekt mangels entsprechenden eigenen Unternehmens bzw der erforderlichen Befugnisse den Auftrag auch nicht bloß teilweise hätte selbst ausführen können. Das aber wäre im Widerspruch zu Punkt 2.3.3 der Ö-NORM A 2050 (in der damals maßgeblichen Fassung) gestanden, nach dem im Vertrag die Weitergabe des gesamten Auftrags an Subunternehmer zu untersagen ist. Selbst wenn im Vertrag zwischen beklagter Partei und Nebenintervenient eine Bezugnahme auf diese Ö-NORM unterblieben ist, finden deren Grundsätze mittelbar auf die Vergabe an den Nebenintervenienten dennoch Anwendung, weil der vorvertragliche Pflichtenkatalog sowie überhaupt der Gleichheitssatz gerade durch diese Ö-NORM näher konkretisiert wird (vgl ecolex 1999, 87; Heid in ecolex 1996, 7). Hatte der Nebenintervenient die einzelnen Gewerke - wie festgestellt - in enger Bindung an den Willen des Bauherrn zu vergeben, so ist der beklagten Partei zu unterstellen, dass der Nebenintervenient die Ausschreibung der Arbeiten zwar für sie vornehmen sollte, dass sie jedoch dafür den Umweg wählte, das gleiche wirtschaftliche Ergebnis durch die festgestellte Vertragskonstruktion zu erreichen. Dann aber sind jene Rechtsnormen anzuwenden, die bei unmittelbarer Vergabe der Aufträge durch die beklagte Partei als öffentliche Auftraggeberin - wenn auch durch einen Stellvertreter - maßgeblich sind. Das hat zur Folge, dass die beklagte Partei so zu behandeln ist, als wenn der Nebenintervenient die Ausschreibung für die beklagte Partei vorgenommen und die Aufträge für sie vergeben hätte. Die Tatsache, dass der Nebenintervenient in Missachtung des Gleichbehandlungsgebots und Diskriminierungsverbots sowie der als deren nähere Ausformung für die beklagte Partei maßgeblichen Vergaberegeln den Auftrag nicht an die Gemeinschuldnerin als Bestbieterin, sondern an die Zweitbieterin, mit der sie "nachverhandelt" hatte, vergab, muss sie deshalb unmittelbar gegen sich gelten lassen, sodass die Vorinstanzen deren Verpflichtung zum Ersatz des der Gemeinschuldnerin daraus erwachsenen Schadens zu Recht dem Grunde nach mit Zwischenurteil aussprachen.

Der Oberste Gerichtshof hat - wie erwähnt - bereits ausgesprochen (SZ 67/182), dass das Gleichbehandlungsgebot und der dieses konkretisierende vorvertragliche Pflichtenkatalog auch dann zwingend einzuhalten sind, wenn der öffentliche Auftraggeber die Ausschreibung von einem direkten Stellvertreter vornehmen lässt. Da dieser die dem öffentlichen Auftraggeber aufgegebene Pflicht, die eingelangten Angebote sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen und die Bieter fair, also vor allem als untereinander gleich zu behandeln, missachtet hat, indem er mit der Gemeinschuldnerin als Bestbieterin durch die Aufforderung, einen Preisnachlass zu gewähren, in "Nachverhandlungen" einzutreten versuchte und nach deren Ablehnung den Auftrag der Zweitbieterin nicht ohne diese zu einem Preisnachlass zu bewegen (anders wäre es nicht verständlich, dass mit dieser trotz eines um rund 400.000 S höheren Angebotspreises schließlich zu einem das Angebot der Gemeinschuldnerin um 43.257,60 S unterschreitenden Werklohn kontrahiert wurde) zuschlug.

Überträgt deshalb ein Rechtsträger (wie die beklagte Partei), der für sich öffentlicher Auftraggeber ist, die Durchführung eines Bauvorhabens, mit welchem eine im allgemeinen Interesse wahrzunehmende Aufgabe nicht gewerblicher Art erfüllt werden soll, einem Dritten in welcher vertraglichen Gestaltung immer, so gilt dieser Rechtsträger selbst, mag auch das BVergG (etwa weil der Schwellenwert nicht erreicht ist) nicht anzuwenden sein, als der (öffentliche) Auftraggeber. Er haftet in solchen Fällen, selbst wenn die Ausschreibung von einem Dritten vorgenommen wird, den übergangenen, jedoch nach den den Rechtsträger bindenden Vergaberegeln (vor allem dem Gleichbehandlungsgebot und dem Diskriminierungsverbot) als Bestbieter zu beurteilenden Bieter auf das Erfüllungsinteresse, sofern bei der Vergabe diese Selbstbindungsnormen missachtet wurden.

Im Übrigen wäre die in Anspruch genommene Haftung der beklagten Partei im Ergebnis nicht anders zu beurteilen, wenn man das Vorliegen eines Umweggeschäfts verneinen wollte: Da die Vergaberegeln der öffentlichen Hand als nähere Konkretisierung des der Grundrechtsordnung zuzurechnenden Gleichheitssatzes aufzufassen sind und sich die öffentliche Hand ihrer verfassungsrechtlichen Bindungen nicht einfach dadurch entledigen kann, dass sie die Besorgung öffentlicher Aufgaben einem Dritten überantwortet, hat sie diesem bei der Gestaltung der rechtlichen Beziehungen jedenfalls die Pflicht zu überbinden, dass er die dem öffentlichen Auftraggeber aufgegebenen Verpflichtungen erfülle (vgl Aicher in Korinek/Rill, Zur Reform des Vergaberechts [1985], 217 ff zur Übertragung solcher rechtlicher Aufgaben an ausgegliederte Rechtsträger). Da im vorliegenden Fall festgestelltermaßen eine solche Überbindung nicht vorgenommen wurde, hat der beklagte Rechtsträger für deren Folgen - den gleichbehandlungswidrigen Zuschlag des Auftrags an einen anderen als den Bestbieter - nach den Grundsätzen des Schadenersatzrechts einzustehen; auch dann haftete sie diesem auf das Erfüllungsinteresse, weil die Gemeinschuldnerin bei Beachtung der Vergaberegeln für die öffentliche Hand durch den Nebenintervenienten als Bestbieterin berücksichtigt worden wäre.

Die Frage, ob die beklagte Partei jene Voraussetzungen geschaffen hatte, nach welchen ein Dritter - wie die Gemeinschuldnerin - eine dem Nebenintervenienten erteilte Anscheinsvollmacht der beklagten Partei unterstellen durfte, kann somit auf sich beruhen.

d) Die Schlussfolgerung der Vorinstanzen, dass die Gemeinschuldnerin, wäre die der beklagten Partei zuzurechnende Pflichtverletzung unterblieben, als Bestbieterin zu berücksichtigen gewesen wäre, wird im Rechtsmittel nicht mehr in Frage gestellt. Gegen den Zuspruch des Erfüllungsinteresses bestehen daher keine rechtlichen Hindernisse. Über die Höhe des (berechtigten) Klagebegehrens wird erst im weiteren Verfahren abzusprechen sein.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Der Kostenvorbehalt fußt auf § 393 Abs 4 iVm § 52 Abs 2 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte