Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dergestalt abgeändert, dass bei der Anmerkung des Eintragungsgesuches der Antragstellerin der Beisatz "im Rang 2608/1998" unter gleichzeitiger Abweisung des diesbezüglichen Mehrbegehrens zu entfallen hat.
Hievon werden verständigt:
1. R*****, zu Handen Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Oppolzergasse 6;
2. "R*****" ***** Gesellschaft m.b.H., zu Handen der Rechtsanwälte Kommanditpartnerschaft Kosch & Partner, 2700 Wr. Neustadt, Hauptplatz 31;
3. E***** Aktiengesellschaft*****.
Der Vollzug der erforderlichen Grundbuchseintragung sowie die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung
Unter Vorlage einer beglaubigten Kopie des Kaufvertrages, den die Antragstellerin am 29. September 1998 mit der Rechtsmittelwerberin abgeschlossen hat, sowie einer ebenfalls beglaubigten Kopie des zu TZ 2608/1998 ergangenen, bis 24. September 1999 befristeten Rangordnungsbeschlusses für die beabsichtigte Veräußerung und weiterer hier nicht interessierender Urkunden begehrte die Antragstellerin am 9. August 1999 die "Anmerkung des Gesuches um Einverleibung ihres Eigentumsrechts in der Einlage EZ *****" bis zum Einlangen der Originalurkunden, wobei für die Beibringung dieser Urkunden eine Frist von 3 Jahren gesetzt werden sollte. Sie begründete ihr Eintragungsgesuch damit, dass der von beiden Vertragsparteien bestellte Treuhänder, der sich im Besitz der Kaufvertragsurkunde und des Rangordnungsbeschlusses befand, den Kaufpreis veruntreut habe, dass sich die Parteien nicht einig geworden seien, wer den Schaden zu tragen habe und dass deshalb der Masseverwalter des Treuhänders die beiden Urkunden gemäß § 1425 ABGB bei Gericht (dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien) hinterlegt habe. Die Frist von 3 Jahren zur Vorlage der Originalurkunden benötige sie, um den gegen die Liegenschaftsverkäuferin bereits anhängigen Herausgabeprozess durchzufechten.
Das Erstgericht, das das Begehren der Antragstellerin richtig als Einverleibungsgesuch mit der Anregung eines Vorgehens nach § 88 Abs 3 GBG verstand, nahm die Anmerkung wie beantragt im Rang 2608/1998 vor und setzte die Frist für die Vorlage der Originalurkunden mit 3 Jahren fest.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:
Gemäß § 87 Abs 1 GBG seien Urkunden, auf Grund deren eine Eintragung erfolgen soll, im Original beizulegen. Befindet sich das Original bei einer anderen Behörde, so sei dies im Gesuch anzugeben und eine beglaubigte Abschrift beizulegen (§ 88 Abs 1 GBG). Könnte bei Vorlage des Originals dem Gesuch stattgegeben werden, so sei dieses zur Wahrung der Rangordnung des Rechtes sogleich mit dem Beisatz "bis zum Einlangen des Originales" im Grundbuch anzumerken (§ 88 Abs 3 GBG). Durch diese Vorgangsweise bleibe dem Antragsteller der durch sein Gesuch begründete Rang des Rechtes trotz der erst späteren Vorlage der Originalurkunden gewahrt. Da nach dem Gesetz die Rangordnung "des Rechtes" (nicht "des Gesuches") gewahrt werde, müsse dies auch für eine mit dem Gesuch ausgenützte, bereits angemerkte Rangordnung gelten und zwar auch dann, wenn die Urkunde fristgerecht (§ 88 Abs 4 GBG), aber nach Ablauf der Rangordnung beigebracht wird (RPflSlg G 1364).
Die Liegenschaftseigentümerin stütze sich in ihrem Rechtsmittel ebenfalls auf diese Entscheidung und meine daraus ableiten zu können, die Antragstellerin hätte das Original des Rangordnungsbeschlusses ihrem Gesuch beizulegen gehabt; eine beglaubigte Kopie reiche nicht aus.
Nun sei es richtig, dass in dem der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Fall das Original des Rangordnungsbeschlusses vorgelegt wurde. Das Rekursgericht hätte sich damals nicht mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, wie der Sachverhalt zu beurteilen wäre, würde - wie im gegenständlichen Fall - bloß eine beglaubigte Kopie vorliegen.
Dem § 88 GBG sei eine Einschränkung auf bestimmte Urkunden bzw ein Ausschluss von Urkunden in seinem Anwendungsbereich nicht zu entnehmen. Auch der Rangordnungsbeschluss könne dieser Gesetzesstelle unterstellt werden. Eine Verletzung der Bestimmungen des § 55 GBG sei nicht zu erkennen: Die Wirksamkeit des Rangordnungsbeschlusses TZ 2608/1998 endete am 24. September 1999. Das Grundbuchsgesuch sei am 9. August 1999, also vor Ablauf der Frist eingebracht worden. Eine Verbücherung im Range des Rangordnungsbeschlusses könne letztendlich nur dann erfolgen, wenn die Antragstellerin innerhalb der gesetzten Frist von drei Jahren die Originale sämtlicher Urkunden, also auch des Rangordnungsbeschlusses vorlegt. Dies finde Deckung in § 88 Abs 4
GBG.
Die gesetzte Frist sei angemessen, da davon auszugehen sei, dass die Parteien den Instanzenzug ausschöpfen.
Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle nämlich höchstgerichtliche Judikatur zur Frage der Nichtvorlage des Originales des Rangordnungsbeschlusses bei einem Antrag gemäß § 88 GBG.
Mit dem jetzt vorliegenden Revisionsrekurs strebt die Liegenschaftseigentümerin primär die Abänderung der vorinstanzlichen Beschlüsse durch deren ersatzlose Aufhebung bzw die Zurück- oder Abweisung des Eintragungsbegehrens an; hilfsweise soll der Antragstellerin für die Beibringung der Originalurkunden keine oder nur eine Frist von 6 Monaten gewährt werden. Sie begründet dieses Begehren im Wesentlichen damit, dass § 88 GBG für die Vorlage einer Kopie des nur einmal auszufertigenden Rangordnungsbeschlusses gar nicht gelte, dass die Setzung einer Frist für die Vorlage des Originals - noch dazu wenn sie wie hier 3 Jahre beträgt - zu einer unzulässigen Verlängerung der Rangordnungsanmerkung führen würde und dass die gerichtliche Verwahrung von Originalurkunden nach § 1425 ABGB (die im gegenständlichen Fall mangels gerichtlicher Kompetenz sogar einem Notar aufgetragen worden sei) gar nicht den Tatbestand des § 88 Abs 1 GBG erfülle, dass das Original "nicht sogleich" beigebracht werden könne, weil es sich bei einer "anderen Behörde" befinde.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist teilweise auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerberin wendet zu Recht ein, dass sich die durch § 88 GBG eröffnete Möglichkeit, ein Eintragungsgesuch rangwahrend bis zum Einlangen der Originalurkunden anzumerken, nicht auf den Beschluss über die Anmerkung der Rangordnung nach § 53 GBG bezieht. Gemäß § 54 GBG darf von einem solchen Beschluss nur eine einzige Ausfertigung erteilt werden; diese ist, was § 56 Abs 1 GBG nochmals wiederholt und deshalb ausdrücklich die Vorlage der (einzigen) Beschlussausfertigung verlangt, mit der Bestätigung der vollzogenen Anmerkung zu versehen. Damit sollte sichergestellt werden, dass nur derjenige den angemerkten Rang ausnützen kann, der sich im körperlichen Besitz der Beschlussausfertigung befindet (vgl Hofmeister in der Anm zu NZ 1992, 277/281), sich also damit dem Grundbuchsgericht gegenüber ausweisen kann. Dieser Legitimationseffekt ginge verloren, ließe man die Verwendung von Kopien zu. Die Ausnützung der Rangordnung könnte nicht auf dem Original vermerkt werden, sodass der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 54 GBG verfolgte Zweck, jede missbräuchliche Mehrfachverwendung eines Rangordnungsbeschlusses auszuschließen, vereitelt wäre.
Damit kann der vom Erstgericht bewilligten Anmerkung nicht der zu TZ 2608/1999 angemerkte Rang zukommen. Anderseits besteht, da bei Eintragung des Originalkaufvertrages die Einverleibung des Eigentums der Antragstellerin zu bewilligen wäre (insoweit macht auch die Rechtsmittelwerberin kein Eintragungshindernis geltend), kein Einwand, die Anmerkung nach § 88 Abs 3 GBG im laufenden Rang vorzunehmen (SZ 65/128 ua). Dagegen hatte die Liegenschaftseigentümerin in ihrem Rekurs an die zweite Instanz auch gar nichts vorgebracht. Ihr Rekursantrag ging dahin, für die Vorlage der Originalurkunden keine oder lediglich eine Frist von 6 Monaten zu gewähren; aus den Rechtsmittelausführungen selbst ergibt sich, dass sie sich nur gegen die Ausnützung des angemerkten Rangs beschwerte. Aus diesem Grund kann dahingestellt bleiben, ob ein Gericht, bei dem das Original einer Eintragungsurkunde gemäß § 1425 ABGB hinterlegt wurde, überhaupt als Behörde iSd § 88 Abs 1 GBG anzusehen ist.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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