OGH 10Ob192/98b

OGH10Ob192/98b13.10.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr, Dr. Steinbauer, Dr. Danzl und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian R*****, Kaufmann, *****, vertreten durch Dr. Walter Lenfeld und Dr. Wilfried Leys, Rechtsanwälte in Landeck, wider die beklagte Partei Helga M*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Hausberger, Moritz und Schmidt, Rechtsanwälte in Wörgl, wegen S 2,763.348,90 sA (Revisionsinteresse S 2,575.000,-- sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. März 1998, GZ 2 R 29/98a-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Oktober 1997, GZ 17 Cg 11/97b-12, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die von der beklagten Partei in ihrer außerordentlichen Revision vorgetragenen Gründe, warum - entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes - nach § 502 Abs 1 ZPO die Revision für zulässig zu erachten sei (§ 506 Abs 1 Z 5 ZPO), sind nicht stichhaltig. Wiewohl die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner Begründung bedarf, sei ihren Ausführungen in Kürze folgendes entgegengehalten:

Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, daß der Mangel des baurechtlichen Konsenses den mit Klage geltend gemachten Wandlungsanspruch des Klägers begründen kann. Zweiffellos ist der Mangel wesentlich, wenn er einen bedeutenden Teil des Gebäudes betrifft und dessen geplante Erweiterung verhindert. Ob dies zutrifft, hängt aber von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Der geltend gemachte Mangel stellt auch einen unbehebbaren Rechtsmangel des öffentlichen Rechtes dar, weil die fehlende behördliche Bewilligung nicht nachgetragen werden könnte (JBl 1987, 383 mwN, ebenfalls die Tiroler Bauordnung betreffend). Zu Unrecht wird gegen diese Auffassung ins Treffen geführt, daß die klagende Partei nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes die Sanierung des Rechtsmangels durch bauliche Maßnahmen hinnehmen müsse. Die Entscheidungen, wonach ein Mangel auch dann unbehebbar ist, wenn er nur auf Grund einer vollständigen Umkonstruktion zu beheben wäre (RIS-Justiz RS0018740; SZ 28/237; zuletzt SZ 68/42), betreffen - wie in der außerordentlichen Revision selbst eingeräumt wird - Sachmängel beweglicher Sachen, deren Behebung an sich technisch möglich wäre, jedoch nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand bewerkstelligt werden könnte (RIS-Justiz RS0041462; zuletzt 4 Ob 2341/96k; MietSlg 35.104 ua), nicht aber öffentlich-rechtliche Rechtsmängel von Liegenschaften wie das Fehlen einer Baubewilligung (vgl SZ 67/231; 7 Ob 611/95) und sind deshalb für den vorliegenden Sachverhalt nicht einschlägig. Der Hinweis der Beklagten auf das Tiroler "Schwarzbausanierungsgesetz" - gemeint offenbar das Gesetz vom 25. 11. 1993 über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, Tiroler LGBl 1994/11, geht ebenfalls fehl, weil der gegenständliche Rechtsmangel auch nach diesem Gesetz nicht behoben werden kann und dies auch gar nicht behauptet wird, zumal § 3 dieses Gesetzes über die nachträgliche Erteilung der Baubewilligung vom Verfassungsgerichtshof (Slg 14.681) als verfassungswidrig aufgehoben wurde (Kundmachung Tiroler LGBl 1997/5).

Schließlich versagt auch der Einwand der Beklagten, der Mangel sei augenfällig gewesen oder gar dem Kläger bekannt gewesen. Dem Kläger als juristischen Laien kann nicht Unkenntnis der einschlägigen baurechtlichen Bestimmungen vorgeworfen werden, weshalb ein konsensloser oder konsenswidriger Zustand eines Bauwerks nicht als offenkundiger Rechtsmangel zu bewerten ist (Schwimann/Binder, ABGB2 V, § 928 Rz 2; JBl 1987, 383). Den Feststellungen der Tatsacheninstanzen ist auch nicht zu entnehmen, daß dem Kläger der Rechtsmangel bekannt war. Die dies in Frage stellenden Revisionsausführungen gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus:

Es wurde zwar festgestellt, daß die Beklagte den Kläger auf den geringen (nicht "zu geringen", wie in der Revision aktenwidrig zitiert wird) Grenzabstand im Süden und die Notwendigkeit des "Hereinrückens bei einem Aufbau" hinwies (Seite 9 des Ersturteils), doch ist dies kein Hinweis, daß das Bauwerk konsenswidrig errichtet wurde und deshalb ein Abbruchauftrag drohen könnte. Auch der Umstand, daß der Unterschied zwischen dem "mit Bescheid genehmigten Gebäude und dem eingezeichneten Altbestand im Plan zum Bauansuchen vom 12. 10. 1970" vom Erstgericht als "augenfällig" bezeichnet wurde (Seite 8 des Ersturteils), ändert nichts daran, daß der öffentlich-rechtliche Mangel nicht offenkundig war.

Insgesamt wird in der Revision keine erhebliche Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts aufgezeigt. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

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