OGH 4Ob2341/96k

OGH4Ob2341/96k28.1.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl U*****, vertreten durch Dr.Alfred Hawel, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien

1. Heinz L*****, 2. Maria Theresia L*****, beide vertreten durch Dr.Fritz Vierthaler, Rechtsanwalt in Gmunden, wegen Vertragsaufhebung und Zahlung von S 3,000.000, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 25.September 1996, GZ 1 R 181/96k-83, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das "Zwischenurteil" des Landesgerichtes Wels vom 11.April 1996, GZ 8 Cg 212/92h-71, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben; die Sache wird zur neuerlichen Entscheidung und allfälligen Verhandlung an das Gericht zweiter Instanz zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens.

Text

Begründung

Am 30.Oktober 1989 schloß der Kläger mit den Beklagten einen "Kaufvorvertrag" über "das Wohnhaus betitelt Sonnenhaus in K***** (Gemeinde und KG) Par.Nr. *****". Der Kaufpreis betrug S 2,050.000. Nach dem Vertragswortlaut wurden die Fertigstellungsarbeiten genau abgesprochen und bezogen sich auf die im einzelnen aufgezählten Leistungen. Die Anzahlung von S 1,500.000 sollte bis spätestens 20. November 1989 und der Restbetrag von S 550.000 bis 15.Dezember 1989 geleistet werden; die Fertigstellung sollte bis 30.Jänner 1990 erfolgen (Beilage./1).

Am 22.Dezember 1989 errichtete der Notar Dr.Josef Z***** einen verbücherungsfähigen Kaufvertrag zwischen dem Kläger und seiner damaligen Gattin Brigitte U***** als Käufern und den Beklagten als Verkäufern. Darin wurde der Kaufpreis mit S 1,600.000 angesetzt und ausgeführt, daß die Übergabe und Übernahme des Kaufobjektes in den tatsächlichen Besitz und Genuß der Käufer mit "heutigem Tag" erfolge. In einem gleichzeitig von den Vertragsteilen unterfertigten Werkvertrag wurden die von den Beklagten noch zu erbringenden Fertigstellungsarbeiten am Haus vereinbart. Insgesamt hätten die Beklagten S 2,050.000 zu zahlen gehabt.

Aufgrund des Kaufvertrages vom 22.Dezember 1989 (Beilage ./2) wurde das Eigentumsrecht des Klägers und seiner damaligen Gattin je zur Hälfte auf der neu eröffneten EZ 274 KG K***** einverleibt.

Im Zuge der Ausführung der Fertigstellungsarbeiten behaupteten die Käufer Mängel der Ausführung und Terminüberschreitung. Da sie fällige Leistungen nicht mehr erbrachten, stellten die Beklagten die Arbeiten ein.

Am 24.April 1990 beantragten der Kläger und Brigitte U***** die Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens, damit der gegenwärtige Zustand des von ihnen gekauften Einfamilienhauses in K*****, insbesondere die vorhandenen Mängel, festgehalten würden. Da sie ihre bisherige Ehewohnung räumen müßten, seien sie nämlich gezwungen, durch andere Unternehmen den Bau fertigstellen zu lassen (*****). Der im Beweissicherungsverfahren gerichtlich bestellte Bausachverständige Ing.Friedrich K***** nahm am 15.Mai 1990 den Befund auf, fertigte Lichtbilder an und erstattete ein Gutachten. Im Befund beschrieb er verschiedene Mängel, beanstandete insbesondere den Einbau gebrauchter Bauteile, nämlich Holz aus einem Stadelabbruch, worunter sich auch Hölzer mit Fäulnisschäden befanden, und von vier gebrauchten Holzfenstern; die Feuchtigkeitsisolierung sei vom Unterbau her nicht vollflächig aufgebracht und unterbrochen; die Holzsteher seien einbetoniert und nicht mit Pappe ummantelt. Der Beton fühle sich dünn und feucht an; ein Holzsteher sei in den Unterbeton einbetoniert; das Holz sei feucht; beim Fußbodenaufbau im Erdgeschoß sei durch mangelnde Feuchtigkeitsisolierung die Wärmedämmung stark durchfeuchtet. Eine Strebe sei sichtbar, die auf einem Deckentram lagere. Im mittleren Bereich sei ein Rundholz mit Rigips verkleidet und dieses lagere auf einem 4,5 m langen Balken mit einem reduzierten Querschnitt von B/D22/15 cm, wobei das gegenüberliegende Ende - auch eine Strebe - über der Türe abgesägt worden sei und auf vernagelten Brettern aufliege.

In dem Gutachten führte der Sachverständige aus: Die Holzkonstruktionen seien statisch nicht nachgewiesen. Der geschwächte Deckentram 22/15 cm habe eine Dachfläche von rund 10,5 m2 zu tragen, was umgerechnet auf die Schrägfläche von 45 Grad inklusive Schneedruckbelastung eine Dachlast von 1,35 kN/m2 ohne Berücksichtigung des Winddruckes ergebe, sodaß der Rundholzsteher unter Berücksichtigung der anteiligen Deckenlast eine Zugspannung im Holz von 188 kp/cm2 und somit eine Spannungsüberschreitung von 88 % aufweise. Es bestehe daher eine latente Einsturzgefahr, zumal noch zusätzliche Lastumlagerungen auftreten könnten. Auch bei der abgesägten Holzstrebe könnte es bei extremer Schneelast zu einem Bruch kommen. Die Sicherheiten lägen bei dem verwendeten alten Holz im Grenzbereich.

Durch fehlende Isolierungen im Fundamentbereich komme es zu Faulschäden und somit - langfristig gesehen - zu Setzungen und Senkungen des Bauwerkes. die Fundamente seien nicht feuchtigkeitsabweisend hergestellt. Die Feuchtigkeitsisolierungen entsprächen nicht den fachlichen Erfordernissen.

All diese Mängel seien wesentlich und nicht oder doch nur sehr schwer behebbar.

Das Gebäude hätte ein Objekt der alternativen Welle werden sollen, widerspreche jedoch tatsächlich nahezu zur Gänze den Regeln der Technik und den oberösterreichischen Bauvorschriften sowie den gültigen ÖNORMEN.

Mit Scheidungsvergleich vom 19.Juni 1991, ***** übertrug Brigitte U***** ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 274 KG K***** an den Kläger.

Am 30.Oktober 1991 bewilligte das Bezirksgericht G***** auf Antrag der betreibenden Sparkasse der Stadt G***** gegen den Kläger und Brigitte U***** als Verpflichtete zur Hereinbringung einer Forderung von S 2,565.442 sA die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 274 KG K*****. Am 9.Juli 1992 wurde die Liegenschaft versteigert; am 31. August 1992 erfolgte der Zuschlag an die B*****gesellschaft mbH in V***** zum Meistbot von S 780.000.

Mit seiner am 22.Dezember 1992 überreichten Klage begehrt der Kläger,

1. den zwischen ihm und Brigitte U***** einerseits und den Beklagten andererseits am 30.Oktober 1989 abgeschlossenen Vertrag "betreffend die Errichtung eines Wohnhauses auf Parzelle ***** aufzuheben;

2. die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, "den klagenden Parteien" S 3,000.000 zu zahlen.

Im Zuge der Baufertigstellung hätten die Käufer im März/April 1990 feststellen müssen, daß die Beklagten die Arbeiten unfachgemäß und unter Zuziehung nicht ausgebildeter Hilfskräfte ausführten. Sie hätten erkennen müssen, daß der Erstbeklagte entgegen seiner Behauptung offenbar nicht das bekundete Fachwissen besaß oder aber die Arbeiten äußerst oberfächlich und durch seine Hilfskräfte ausführen ließ. Aus dem Gutachten im Beweissicherungsverfahren ergebe sich, daß der Kaufgegenstand wesentliche, unbehebbare Mängel aufweise, die die körperliche Sicherheit der Käufer gefährdeten und sie daher zur Aufhebung des Vertrages berechtigten. Dem Erstbeklagten sei überdies vorzuwerfen, daß er die Mängel nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich verursacht habe, da er als Bau- und Zimmermeister das notwendige Fachwissen haben müßte, und im Rahmen der Befundaufnahme wahrheitswidrige Angaben gemacht habe. Infolge des mit Brigitte U***** geschlossenen Scheidungsvergleiches sei der Kläger in sämtliche Rechte und Pflichten in Ansehung des Kauf- und Werkvertrages mit den Beklagten eingetreten, sodaß er zur Klageführung im eigenen Namen legitimiert sei. Er sei berechtigt, wegen eines wesentlichen, von den Beklagten veranlaßten Irrtums in der Sache wie auch in der fachlichen Qualifikation des Erstbeklagten "bzw wegen Arglist" wie aber auch aus dem Titel der Gewährleistung wegen Bestehens eines wesentlichen und unbehebbaren Mangels und wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes den mit den Beklagten geschlossenen Kauf- und Werkvertrag vom 30.Oktober 1989 aufzuheben und die Rückabwicklung dieses Vertrages zu begehren. Aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes stehe ihm der Ersatz seiner Aufwendungen zu, welche er pauschal mit S 3,000.000 geltend mache. Die Konkretisierung und Aufschlüsselung behalte er sich vorerst vor.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Bei dem dem Kläger verkauften Haus handle es sich um einen sogenannten Alternativbau; den Kern des Hauses habe eine aus gehacktem Lärchenholz bestehende Scheunenkonstruktion gebildet. Dies sei dem Kläger nicht nur bekannt, sondern geradezu ausschlaggebend für seinen Kaufentschluß gewesen. Das Objekt sei mängelfrei. Im Kaufvertrag sei festgehalten worden, daß der Kläger und seine damalige Ehefrau das Haus eingehend besichtigt hätten. In Punkt IV des Kaufvertrages sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die Verkäufer keinerlei Gewähr für das Ausmaß oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufobjektes leisteten; das komme praktisch einem Gewährleistungsausschluß gleich. Da der Kläger infolge der Versteigerung der Liegenschaft nicht mehr Eigentümer sei, komme eine Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht mehr in Frage. Die Anfechtung des Kaufvertrages wegen Irrtums, Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes und Wandlung sei demnach unzulässig bzw nicht mehr möglich, da der Kläger selbst die Unmöglichkeit verschuldet habe. Überdies sei die Anfechtung des Vertrages vom 30.Oktoberr 1989 bereits verfristet bzw verjährt. Der "Kaufvorvertrag" sei schon der eigentliche Kaufvertrag gewesen; dem Kaufvertrag vom 22.Dezember 1989 sei nur deklarative Wirkung zum Zwecke der grundbücherlichen Durchführung zugekommen.

Mit "Zwischenurteil" (richtig: Teilurteil) gab das Erstgericht dem Aufhebungsbegehren (Punkt 1 des Urteilsbegehrens) statt. Es stellte noch fest:

Beim Bau wurden zum überwiegenden Teil Hölzer aus einem alten Stadelabbruch verwendet und auch solche mit Fäulnisschäden eingebaut. Der Erstbeklagte erzählte dem Sachverständigen Dipl.Ing.A*****, daß das verwendetee Holz über 100 Jahre alt sei. Das sei tatsächlich anzunehmen, weil es sich um handgehacktes Holz mit Vermorschungsschäden handle.

Auch ein nach der sogenannten Alternativbauweise errichtetes Haus unterliegt den Vorschriften der Bauordnung.

Für Dachstuhl und Deckenkonstruktion besteht Einsturzgefahr. Das ergibt sich aus dem Verlauf der sichtbaren Dachstuhlhölzer und daraus, daß der Deckentram bei der Stiege zur Hälfte eingeschnitten ist. Er trägt die halbe Stiege und Dachlasten, sodaß dieser Deckentram statisch überlastet ist; eine Sicherheit ist kaum mehr vorhanden. Dazu kommt noch, daß in der Mitte des Langtrames eine Säule von oben herunterkommt, welche die Dachlast übernimmt, und zu dem noch das schräge dunkle Holz (Lichtbild 22 des Beweissicherungsaktes) abgeschnitten wurde, wodurch jedenfalls eine Schwächung der Statik eingetreten ist. Auch der Einriß des Holzes im Wechsel wirkt sich statisch negativ aus. Diese Mängel sind zwar wesentlich, aber doch behebbar.

Anders ist die Sachlage im Fundamentbereich. Die Fußbodenkonstruktion im Bereich der Fundamente weist nicht die entsprechende Betongüte auf. Der verwendete Beton der Güte B 225 ist kein gegen Feuchtigkeit wirkender Sperrbeton; dieser beginnt erst bei Betongüte B 300. Es hätte unbedingt ein wasserdichter Beton verwendet werden müssen, es wurde aber nur Magerbeton verwendet. Dieser Mangel ist nicht nur wesentlich, sondern auch unbehebbar.

Die Feuchtigkeitsisolierung erfolgte mit 350er Pappe. Diese Horizontalisolierung ist nicht vollflächig aufgebracht und unterbrochen, sodaß schon jetzt Feuchtigkeit durch die Isolierebene dringt. Bei den einbetonierten Holzstehern dürfte der Vermorschungsprozeß im Gang sein. Auch hiebei handelt es sich um einen wesentlichen und unbehebbaren Mangel, der die Nutzungsdauer wesentlichen verringert, weil infolge Vermorschung der Holzsteher von unten eine Gebäudesenkung eintritt.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die eine Einsturzgefahr herbeiführenden Mängel an Dachstuhl und Decke behebbar seien, sodaß sie den Wandlungsanspruch nicht rechtfertigen könnten. Hingegen läge in dem geltend gemachten Mangel der Gebäudesenkung infolge mangelnder Horizontalisolierung gegen die aufsteigende Feuchtigkeit ein wesentlicher und unbehebbarer Mangel, welcher allein schon das Klagebegehren zu Punkt 1 rechtfertige. Auf die weiteren geltend gemachten Vertragsanfechtungsgründe wegen Irrtums und Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes brauche deshalb nicht eingegangen zu werden. Mit Rücksicht auf die vorhandenen unbehebbaren Mängel sei es weder notwendig noch zweckmäßig, weitere Feststellungen zur Frage zu treffen, ob und in welchem Umfang auch bei den Fenstern derartige Mängel bestehen. Obwohl der Kläger nicht mehr Eigentümer der Liegenschaft ist, sei eine Rückabwicklung möglich und zulässig, weil das Wandlungsrecht nicht durch die Unmöglichkeit der Rückstellung erlösche. Aus der Tatsache der Zwangsversteigerung auf Antrag eines betreibenden Gläubigers könne nicht abgeleitet werden, daß der Kläger in schuldhafter Weise die Rückstellung der Sache unmöglich gemacht habe. Die Klagelegitimation sei durch den Scheidungsvergleich nachgewiesen.

Das Berufungsgericht wies das Aufhebungsbegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zunächst sei auf die Rechtsrüge einzugehen. Wenngleich bei der rechtlichen Beurteilung vom festgestellten Sachverhalt auszugehen sei, sei nur so viel gesagt, daß die Ausführungen des Sachverständigen Dipl.Ing.Wilhelm A***** mit dem heutigen Stand der Technik wohl nicht in Einklang zu bringen seien. Die allenfalls fehlende Feuchtigkeitsisolierung und eine damit allenfalls verbundene Gefahr der Vermorschung der in den Boden einbetonierten Holzsteher als unbehebbare Mängel zu beurteilen, sei als offenkundig unrichtig (§ 269 ZPO) nicht haltbar. Beim heutigen Stand der Technik sei es wohl das geringste Problem, einen Holzsteher auszutauschen. Unbehebbar sei ein Sachmangel nur dann, wenn dessen Beseitigung unmöglich sei. Daß die Sanierung einer allenfalls fehlenden Feuchtigkeitsisolierung oder das Austauschen eines Holzstehers einen unverhältnismäßigen Aufwand bedingen würde, sei nicht behauptet worden.

Im Hinblick auf die Verpflichtung zur allseitigen rechtlichen Beurteilung sei auf den von den Beklagten geltend gemachten Gewährleistungsverzicht des Klägers einzugehen. Das vom Kläger hiezu erstattete Vorbringen sei von den Beklagten nur unsubstantiiert bestritten worden. Die vom Kläger angeführten Vertragspunkte (im Kaufvorvertrag sowie Punkt IV des notariellen Kaufvertrages) seien als Gewährleistungsverzicht zu beurteilen, sodaß auch unter diesem Gesichtspunkt die Wandlung nach § 932 ABGB ausscheide.

Soweit der Kläger sein Aufhebungsbegehren auf Irrtum und Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes stütze, sei der Verjährungseinwand der Beklagten nach § 1487 ABGB berechtigt. Der Kläger selbst habe nicht in Zweifel gezogen, daß der Kaufvorvertrag vom 30.Oktober 1989 in Wahrheit kein bloßer Vorvertrag sei.

Der Kläger habe sich zwar auch auf Arglist der Beklagten berufen, dazu aber kein schlüssiges, konkretes Vorbringen erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Teilurteil erhobene außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Infolge einer gesetzmäßigen Rechtsrüge ist zwar die rechtliche Beurteilung allseitig zu überprüfen (SZ 52/192; SZ 53/75; SZ 54/133 uva); bezieht sich aber die Rechtsrüge nur noch auf eine von mehreren selbständigen Forderungen oder Gegenforderungen, wird ein Anspruch aus mehreren selbständigen rechtserzeugenden Tatsachen abgeleitet oder bestritten, dann sind die anderen Ansprüche oder Einwendungen außer Betracht zu lassen, ist doch das Rechtsmittelgericht an eine Beschränkung der Klagegründe (und Einwendungen) durch den Rechtsmittelwerber gebunden (EvBl 1985/154; MR 1987, 221; ÖBl 1992, 21; RZ 1995/93; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 9 zu § 471 und Rz 5 zu § 503). Zutreffend rügt daher der Kläger, daß das Berufungsgericht aufgrund der vorgelegten Vertragsurkunden ergänzende Feststellungen getroffen und daraus rechtlich auf einen vertraglichen Gewährleistungsverzicht geschlossen hat, obwohl die Beklagten in der Berufung auf diesen Einwand nicht mehr zurückgekommen seien. Tatsächlich haben die Beklagten in der Berufung ihren Einwand, der Kläger (und seine Gattin) hätten vertraglich auf Gewährleistung verzichtet, nicht mehr aufrechterhalten. Dort vertraten sie nur die Meinung, daß im lange Zuwarten des Klägers mit der Klageerhebung ein stillschweigender Verzicht auf das Wandlungsrecht zu erblicken sei. Das Berufungsgericht war daher nicht berechtigt, von Amts wegen einen vertraglichen Gewährleistungsverzicht aufzugreifen. Daß aber im bloßen Zuwarten mit der Geltendmachung eines (gesetzlich befristeten) Anspruches kein stillschweigender Verzicht liegt, entspricht der ständigen Rechtsprechung, wonach das österreeichische Recht eine Verwirkung von Rechten nicht kennt (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 24 zu § 863 mwN aus der Rechtsprechung) und daher bloße Nichtgeltendmachung durch längere Zeit nicht zu einem Rechtsverlust führt (SZ 59/34 = ÖBl 1986, 59).

Ist sohin im Rechtsmittelverfahren ein allfälliger Gewährleistungsverzicht nicht mehr zu berücksichtigen, braucht auf die in der Revision behandelten Fragen, ob die festgestellten Vertragspunkte gegen § 879 ABGB oder § 9 KSchG verstoßen und unwirksam sind, nicht eingegangen zu werden.

Da der Kläger - ausdrücklich - darauf verzichtet, auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach seine Ansprüche aus der Irrtumsanfechtung gemäß § 871 ABGB und wegen Verkürzung über die Hälfte (§ 934 ABGB) verjährt seien, einzugehen, hat er diese Anspruchsgrundlagen fallen gelassen; sie sind also nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Zutreffend weist aber der Kläger darauf hin, daß das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben ist:

Das Erstgericht hat verschiedene Mängel des von den Beklagten verkauften Rohbaues festgestellt und diese Mängel als wesentlich und unbehebbar bezeichnet. Ob ein Mangel behoben werden kann oder nicht, ist zwar eine Rechtsfrage, kann aber nur auf einer entsprechenden Tatsachengrundlage beantwortet werden. Unbehebbar ist ein Sachmangel nicht nur dann, wenn er technisch nicht behebbar ist, sondern auch, wenn seine Behebbarkeit zwar technisch möglich ist, dies jedoch nur mit unverhältnismäßigem Aufwand bewerkstelligt werden kann (JBl 1972, 531; SZ 68/42 ua). Das Erstgericht, dem der Rechtsbegriff des unbehebbaren Mangels selbstverständlich bekannt ist, hat mit seiner Feststellung offenbar zum Ausdruck bringen wollen, daß die näher geschilderten Mängel, wenn überhaupt, so nur unter unverhältnismäßigem wirtschaftlichen Aufwand behoben werden können. Diese Feststellung haben die Beklagten in der Berufung mit Mängel- und Beweisrüge bekämpft. Das Berufungsgericht war nicht berechtigt, von den ausdrücklichen und stillschweigend (durch Verwendung des Rechtsbegriffes) unterstellten Tatsachenannahmen ohne Beweiswiederholung abzugehen (Kodek aaO Rz 1 zu § 488 und Rz 1 zu § 498; SZ 57/142; EFSlg 49.384 ua). Freilich kann das Berufungsgericht seiner Entscheidung auch ohne Beweisaufnahme offenkundige Tatsachen ergänzend zugrunde legen, muß aber ein solches Vorgehen mit den Parteien erörtern, wenn der Gegenbeweis der Unrichtigkeit offenkundiger Tatsachen nicht geradezu aussichtslos erscheint (SZ 55/116 mwN aus Lehre und Rechtsprechung). Das Berufungsgericht kann auch in Fällen, in welchen der Gegenstand zu seiner Beurteilung fachmännische Kenntnisse erfordert, dann ohne Zuziehung von Sachverständigen entscheiden, wenn die eigene Fachkunde oder das eigene Wissen der Richter dieese Zuziehung überflüssig macht und die Parteien zustimmen (§ 364 ZPO). Daraus folgt, daß der Richter vor Anwendung der eigenen Fachkunde oder des eigenen Wissens mit den Parteien erörtern muß, warum er glaubt, auf einen Sachverständigen verzichten zu können (Rechberger in Rechberger aaO Rz 2 zu § 364).

Das Berufungsgericht hat weder im angefochtenen Urteil dargelegt, woher es sein Fachwissen über die Behebbarkeit einer mangelnden Feuchtigkeitsisolierung und die Beseitigung vermorschter Holzsteher bezieht noch hat es diese Frage mit den Parteien erörtert. Soweit es erkennbar von der bloßen Behebbarkeit im technischen Sinne ausgegangen ist und die Meinung vertreten hat, es wäre Sache des Klägers gewesen zu behaupten, daß die Sanierung der festgestellten Mängel einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, kann ihm im vorliegenden Fall nicht zugestimmt werden. Der Kläger hat nämlich ausdrücklich geltend gemacht, daß (auch) diese Mängel unbehebbar seien. Wollte man bezweifeln, daß dem anwaltlich vertretenen Kläger dabei bewußt gewesen sei, welchen Sinngehalt der Begriff des unbehebbaren Mangels rechtlich hat, dann wäre diese Frage zu erörtern gewesen (§ 182 ZPO). Der Erstrichter hat dies aber unterlassen, weil er diesen Begriff offenbar für selbstverständlich gehalten hat. Das Berufungsgericht hätte daher aufgrund seiner Rechtsansicht in einer Berufungsverhandlung auch diese Frage erörtern müssen.

Da somit das Berufungsgericht ohne entsprechend geänderte Tatsachengrundlage die Unbehebbarkeit der festgestellten Mängel verneint hat, kann seine Entscheidung keinen Bestand haben.

Das angefochtene Urteil ist nämlich auch im Ergebnis nicht zu bestätigen, weil der Einwand der Beklagten, der Kläger habe das Recht auf Wandlung dadurch verloren, daß die Liegenschaft mittlerweile versteigert wurde, nicht berechtigt ist. Wie schon die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, entfällt der Wandlungsanspruch nach § 932 ABGB nur dann, wenn der Käufer in schuldbarer Weise die Rückstellung der Sache unmöglich gemacht hat (SZ 42/180). Liegt kein Verschulden des Käufers (oder Bestellers) vor, dann schließt auch die Unmöglichkeit der Rückversetzung in den vorigen Stand die Wandlung nicht aus (HS 4318/64; 7334 ua; JBl 1976, 98; WBl 1987, 121 ua). Im vorliegenden Fall hat der Kläger die Liegenschaft nicht verkauft; vielmehr wurde sie im Wege einer Zwangsversteigerung veräußert. Darin kann kein Verschulden des Klägers erblickt werden, das ihm den Wandlungsanspruch nehmen könnte.

Der Kläger hat seine Klagebefugnis damit begründet, daß er in sämtliche Rechte und Pflichten seiner früheren Gattin in Ansehung des Kauf- und Werkvertrages mit den Beklagten eingetreten sei. Er hat damit eine Abtretung (auch) der Gestaltungsrechte seiner Gattin, insbesondere also auch des Wandlungsanspruches, geltend gemacht. Eine solche Abtretung ist - jedenfalls zusammen mit dem Hauptanspruch aus dem Vertrag - rechtlich möglich (Ertl in Rummel aaO Rz 5 zu § 1393 mwN), ist doch sogar die selbständige Abtretung eines Wandlungsanspruches unter gewissen Voraussetzungen möglich (SZ 61/238; SZ 68/42 je mwN). Da sich die Beklagten weder in erster Instanz noch in den Rechtsmittelschriften gegen die Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick darauf gewendet haben, daß auch seine Gattin Partnerin des Vertrages vom 22.Dezember 1989 war, ist auf diese Frage nicht näher einzugehen.

Das Berufungsgericht wird im fortgesetzten Verfahren die Mängel- und Beweisrüge zu erledigen haben. Sollte es zum Ergebnis kommen, daß tatsächlich wesentliche und unbehebbare Mängel vorliegen, dann wird es das Ersturteil zu bestätigen haben. Andernfalls wird es sich noch mit dem weiteren Vorbringen des Klägers, daß die Beklagten arglistig gehandelt haben, auseinanderzusetzen haben:

Dem Kläger ist nämlich darin zuzustimmen, daß das Berufungsgericht in diesem Belang an das Parteivorbringen einen zu strengen Maßstab angelegt hat. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Aufhebung des Kaufvertrages vom 30.Oktober 1989 nicht nur ausdrücklich auch auf "Arglist" gestützt (S. 5), sondern immerhin auch vorgebracht, daß der Erstbeklagte die aufgezeigten Mängel nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich verursacht habe (S. 4). Damit hat der Kläger immerhin erkennbar die Behauptung aufgestellt, (zumindest) der Erstbeklagte habe ihn bewußt durch unrichtige Vorspiegelungen zum Vertragsabschluß gebracht. Soweit das Vorbringen des Klägers insoweit nicht vollständig ist, kann sein Anspruch erst dann verneint werden, wenn er auch nach Erörterung (§ 182 ZPO) kein schlüssiges und eindeutiges Vorbringen zu erstatten imstande ist. Der Einwand der Arglist könnte auch dann den Aufhebungsanspruch rechtfertigen, wenn keine wesentlichen und unbehebbaren Mängel vorliegen, weil auch eine bewußte Irreführung über behebbare Mängel zur Vertragsanfechtung nach § 870 ABGB berechtigt, sofern nur der Irrtum des Klägers für den Vertragsschluß kausal war (Rummel aaO Rz 3 zu § 870 mwN).

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung der Revision das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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