OGH 8NA2/98

OGH8NA2/981.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer als weitere Richter der zu ***** des Landesgerichtes S***** als Arbeits- und Sozialgericht anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Renate L*****, vertreten durch Zamponi, Weixelbaum & Partner, Rechtsanwälte OEG in Linz, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1011 Wien, Singerstraße 17-19, wegen S 69.209,65 brutto sA und Feststellung, über den Ablehnungsantrag der klagenden Partei hinsichtlich aller Richter des Oberlandesgerichtes Wien den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit ihrer beim Landesgericht S***** als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage begehrte die Klägerin, die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 69.209,65 brutto s.A. schuldig zu erkennen und festzustellen, daß das am 11. 11. 1991 zwischen ihr und der Beklagten eingegangene Dienstverhältnis in ein unbefristetes übergegangen und daß dieses Dienstverhältnis aufrecht sei. Sie sei mit der Beklagten ein befristetes Dienstverhältnis als Vertragsbedienstete des Bezirksgerichtes H***** eingegangen, welches in der Folge mehrfach abgeändert und verlängert worden sei. Infolge Fristüberschreitung sei das Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 4 VBG in ein unbefristetes übergegangen. Die trotzdem erfolgte abermals befristete "Neuaufnahme" stelle eine unzulässige Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen dar und sei unwirksam. Die Klägerin habe daher ein Interesse an der Feststellung, daß ihr unbefristetes Dienstverhältnis fortbestehe und begehre die sich gegenüber einem unbefristeten Dienstverhältnis ergebende Bezugsdifferenz.

Gleichzeitig stellte die Klägerin den Antrag, gemäß § 30 JN zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache ein anderes Gericht zu bestimmen. Die Klägerin leite ihren Anspruch aus einer Verletzung der Bestimmung des § 4 Abs 4 VBG durch die im Rahmen der Justizverwaltung zuständigen Richter des Landesgerichtes St. P***** sowie des übergeordneten Oberlandesgerichtes ab, sohin jener Gerichte, die auch über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden haben. Gemäß § 19 JN lehne sie daher die Richter des Landesgerichtes St. P***** und des übergeordneten Oberlandesgerichtes in Analogie zu § 9 Abs 4 AHG ab.

Rechtliche Beurteilung

Der in Ansehung der Richter des übergeordneten Oberlandesgerichts erhobene Ablehnungsantrag ist unzulässig.

Gemäß § 23 JN entscheidet über die Ablehnung, falls der abgelehnte Richter einem Gerichtshof angehört und dieser durch das Ausscheiden des abgelehnten Richters beschlußunfähig werden sollte, der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Das Oberlandesgericht wurde durch die Ablehnung sämtlicher Richter dieses Gerichtshofs beschlußunfähig. Daran vermag auch der Umstand, daß die Ablehnung pauschal erfolgte, nichts zu ändern. Zur Entscheidung ist daher der Oberste Gerichtshof berufen (vgl. 2 Ob 560/93; 1 Ob 299/97w), welcher gemäß § 11 Abs 4 ASGG in einem aus drei Richtern zusammengesetzten Senat Beschluß zu fassen hat.

Nach gesicherter Lehre und Rechtsprechung ist die Ablehnung eines ganzen Gerichts nur durch die Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter konkreter Ablehnungsgründe gegen jeden dieser Richter möglich (Fasching, LB2 Rz 165; SZ 33/122; EvBl 1989/18; 4 Ob 553/94; 1 Ob 299/97w u. v. a.). Die Antragstellerin verweist lediglich auf die im Rahmen der Justizverwaltung gegebene Zuständigkeit des Oberlandesgerichts für Personalangelegenheiten, welcher Umstand nur auf wenige - von der Antragstellerin nicht näher bezeichnete - Richter des Oberlandesgerichts zutreffen kann. Ein den Entscheidungen Arb 10.760, 6 Ob 2014/96m und 3 Ob 2228/96k vergleichbarer Sachverhalt - dort wurden jeden einzelnen Richter des betreffenden Gerichtes in gleicher Weise treffende Befangenheitsgründe geltend gemacht - liegt hier nicht vor. Inwieweit die befürchtete Befangenheit hinsichtlich jedes einzelnen Richters des Oberlandesgerichts vorliegen könnte, führt die Antragstellerin nicht aus, sodaß ihr Antrag einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich ist.

Eine analoge Anwendung des § 9 Abs 4 AHG ist nur für jene Verfahren geboten, die einem Amtshaftungsprozeß unmittelbar vorausgehen (etwa:

pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Amtshaftungsklage: EvBl 1963/211) oder die die Voraussetzung (etwa: Bewilligung der Verfahrenshilfe) für die Einbringung einer Amtshaftungsklage bilden (Schragel, AHG2, Rz 1; Ob 2194/96w; 1 Ob 41/97d; 3 N 1/98; 3 N 2/98). Ein derartiger Fall liegt hier nicht vor, weil der für einen Analogieschluß maßgebliche Zweck des § 9 Abs 4 AHG nur ist, alle von einem Amtshaftungsanspruch betroffenen Gerichte von jeder Entscheidung über diesen Anspruch auszuschließen (1 Nd 1/84; 1 Nd 19/93; 1 Ob 41/97d u. a.).

Allein aus der Erklärung der Klägerin, alle Richter der zur Entscheidung berufenen Gerichte abzulehnen, läßt sich die Voraussetzung für die amtswegige Delegation nicht ableiten (8 Nd 3/88). Sie ist nur zulässig, wenn tatsächlich so viele Richter ausgeschlossen oder befangen sind, daß eine vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichtes nicht mehr möglich ist (RZ 1973/128; EvBl 1977/87; RZ 1982/35).

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