OGH 6Ob387/97y

OGH6Ob387/97y16.7.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Herbert H*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs der N***** AG, vertreten durch Dr.Andreas Grassl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei J.W***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Neudorfer, Griensteidl, Hahnkamper & Stapf, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen 738.062,60 S sA und Feststellung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 28.August 1997, GZ 40 R 402/97g-65, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hietzing vom 12. Dezember 1996, GZ 8 C 3733/91z-54, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 22.131,00 S (darin 3.688,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist Eigentümerin der Betriebsliegenschaft 1140 Wien, M*****gasse *****. Sie hatte seit dem Beginn der 60er-Jahre an diesem Standort eine Anlage zur Entfettung von Scheinwerferreflektoren betrieben. Die mittlerweile im Konkurs befindliche N***** AG, vormals F***** Aktiengesellschaft (im folgenden Klägerin genannt) war vom 1.10.1987 bis 31.12.1990 Mieterin dieser Betriebsliegenschaft und führte den Betrieb unter Verwendung derselben Anlage fort. Das Mietverhältnis wurde zum 31.12.1990 aufgrund der Verlegung des Produktionsbetriebes in eine neue Betriebsstätte einvernehmlich beendet und das Bestandobjekt Ende des Jahres 1990 zurückgestellt.

Während in der Dampfentfettungsanlage, dem Kernstück des Betriebes, zunächst Tetrachlorethylen (PER) als Lösungsmittel eingesetzt war, wurde dieses Anfang der 70er-Jahre durch Trichlorethylen (TRI) ersetzt. Die Betriebsanlage und deren ordnungsgemäß angezeigten Änderungen mit fortschreitender Technik wurden jeweils mit Bescheid des zuständigen magistratischen Bezirksamtes nach Überprüfungen genehmigt; die dabei erteilten Auflagen wurden von den Betreibern erfüllt. Im Zusammenhang mit der Anzeige der Stillegung der Betriebsstätte führte die MA 36 eine Überprüfung der Entfettungsanlage durch. Da der Techniker eine Bodenverunreinigung durch Trichlorethylen vermutete und um eine Untersuchung durch die MA 45 ersuchte, führte diese in der Betriebsanlage am 3.4.1990 eine Boden-Luft-Untersuchung unter Aufbohrung des Betonbodens durch. Die gemessene TRI-Konzentration lag hochsignifikant über dem in § 9 Abs 1 der CKW-Anlagen-Verordnung BGBl 1990/27 vorgesehenen Grenzwert.

Mit Bescheid des MBA 13/14 vom 5.7.1990 wurden der Klägerin im Sinne des § 3 Abs 4 der CKW-Anlagen-Verordnung die Aufträge erteilt, über das Ausmaß der Verunreinigung des Bodens mit chlorierten organischen Lösungsmitteln ein Schadensbild zu erstellen und aufgrund dieses Schadensbildes ein Sanierungsprojekt über die Reinigung des Bodens von diesen Lösungsmitteln auszuarbeiten. Im Bescheid wird auch ausgeführt, daß nach Ansicht des Sachverständigen der MA 45 vom kontaminierten Boden eine Verschmutzung des örtlichen Grundwassers ausgehen könne.

Die Firma Ch*****, die zuvor die Beklagte und in der Folge die Klägerin mit dem Lösungsmittel TRI beliefert hatte, erstellte am 9.8.1990 das angeforderte Schadensbild und führte in weiterer Folge auch die noch nicht abgeschlossenen Sanierungsarbeiten durch. Das Schadensbild ergab eine Verunreinigung durch leicht flüchtige chlorierte organische Lösungsmittel bis zu einer bestimmten Tiefe, in der sich eine Sperrschicht befindet. Von einem Durchstoßen auch dieser Sperrschicht wurde (vorläufig) Abstand genommen, um keine unnötige zusätzliche Gefährdung des Grundwassers herbeizuführen. Nach dem Bericht wurde der Schwellenwert der CKW-Anlagen-Verordnung an fast allen untersuchten Aufbohrungspunkten wesentlich überschritten, so daß eine Sanierung als erforderlich anzusehen war. Als Hauptkomponente der Kontaminierung wurde Trichlorethylen eruiert. Diese Kontaminierung des Erdreiches ist nur in einem marginalen Teil über den Luftpfad erfolgt, sie ist vielmehr im wesentlichen darauf zurückzuführen, daß die schweren TRI-Dämpfe im Bereich der Entfettungsanlage dampfförmig durch den Bodenbeton diffundierten, was auch durch die vorhandene Abluftreinigungsanlage nicht verhindert werden konnte. Beim Betrieb der Anlage durch die Beklagte kam es niemals zu einer Beanstandung oder zu einem Unfall. Auch während der Betriebszeit durch die Klägerin gab es keine Schadensfälle. Das mit der Bedienung der Anlage befaßte Personal ließ das Reinigungsmittel nicht in das Erdreich fließen. Berechnet nach den durchschnittlichen Jahresliefermengen an TRI beträgt der auf die Betriebszeit der Beklagten entfallende Anteil an der TRI-Kontamination 79 %, während der Betriebszeit durch die Klägerin ein Anteil von 21 % zuzuordnen ist.

Mit Schreiben vom 17.9.1990 legte die Klägerin der Behörde in Entsprechung des Bescheides vom 6.7.1990 die Schadensfeststellung samt erstelltem Sanierungsvorschlag vor. Nachdem die Klägerin die ihr erteilte Gewerbeberechtigung bereits am 8.6.1990 zurückgelegt hatte, erteilte der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 24.9.1990 gemäß § 83 GewO hinsichtlich der Betriebsanlage im Zuge deren Auflösung im Sinne des § 3 Abs 4 CKW-Anlagen-VO eine Reihe von genau definierten Sanierungsaufträgen. In der Begründung des Bescheides wurde darauf hingewiesen, daß vom kontaminierten Boden eine Verschmutzung des örtlichen Grundwassers ausgehen kann. Die erlassenen Bescheide erwuchsen in Rechtskraft. Mit den Sanierungsmaßnahmen wurde am 9.12.1990 begonnen. Anfang 1991 stellte die Firma Ch***** ihre Leistungen für die Erstellung des Schadensbildes, Bodengasanalyse und die Installierung der zur aufgetragenen Sanierung erforderlichen Anlage samt Arbeitszeit in Rechnung. Die Sanierungsarbeiten zogen sich über Jahre hin. Ende 1992 wurde bei einer Augenscheinsverhandlung festgestellt, daß der CKW-Gehalt dadurch teilweise auf Null herabgesunken war. Überprüfungen der Sanierungsarbeiten fanden 1993 bis 1995 jährlich statt. Bis Juli 1995 wurden weite Bereiche saniert, die Messungen ergaben bei einzelnen Pegeln Werte knapp über dem Grenzwert. Im November 1995 ergaben Probebohrungen unterhalb des Betriebsgeländes, daß auch das Grundwasser durch die chlorierten Kohlenwasserstoffe kontaminiert ist. Die zuständige MA 45 wird der Klägerin die Sanierung des Grundwassers vorschreiben, die Vorlage eines entsprechenden Sanierungsplanes wurde bereits aufgetragen, die dafür notwendigen Kosten können noch nicht abgeschätzt werden. Die Behörde und das damit befaßte Unternehmen gehen von Gesamtkosten von weit über 1,000.000 S aus. Die Klägerin hat an Sanierungskosten bisher 918.819,26 S aufgewendet.

Die Klägerin begehrte zuletzt die Zahlung von 738.062,60 S an Kosten für die Sanierung der Altlasten im Erdreich der Liegenschaft der Beklagten. Der Klägerin sei gemäß § 83 GewO als letzter Betriebsstätteninhaberin die Sanierung aufgetragen worden. Sie habe während des Betriebes kein Gesetz übertreten und das zufällige Einbringen von CKW in das Erdreich nicht verschuldet. Die zivilrechtliche Haftung für die von der Behörde verlangte Sanierung treffe daher die Eigentümerin der Liegenschaft. Darüber hinaus gehe der überwiegende Teil der Kontamination des Erdreiches auf die Beklagte zurück, die fast 40 Jahre mit zum Teil noch veralteten Entfettungsanlagen produziert habe. Der Nutzen der Sanierungsaufwendungen komme allein der Beklagten, die sich diese Aufwendungen erspart habe, zugute. Die Klägerin begehre nach einem Gutachten des Sachverständigen, der eine Zuordnung des Schadens vorgenommen habe, 80 % ihrer Aufwendungen und die Feststellung der Haftung der Beklagten in diesem Verhältnis auch für künftig noch erforderliche Sanierungsmaßnahmen.

Die Beklagte wandte ein, der letzte Betreiber einer Betriebsanlage sei im Zuge der Auflassung nach der Gewerbeordnung in Verbindung mit BGBl 1990/27 verpflichtet, ein Schadensbild über das Ausmaß von Bodenverunreinigungen und ein Sanierungsprojekt zu erstellen. Diese Verpflichtung stehe in keinem rechtlichen Zusammenhang mit dem zwischen den Streitteilen bestandenen Mietverhältnis. Durch den behördlichen Auftrag sei die Beklagte gehindert worden, die betroffene Liegenschaft anderweitig zu verwenden. Sie habe daher einen Mietzinsausfall von 696.000 S erlitten, der kompensando gegen die Klageforderung eingewendet werde.

Das Erstgericht wies sowohl das Leistungs- als auch das Feststellungsbegehren ab. Die Forderung der Mieterin auf Ersatz des bereits getätigten bzw noch zu erbringenden Sanierungsaufwandes ergebe sich entweder daraus, daß sie einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand oder einen nützlichen Aufwand im Sinne der §§ 1036 f iVm § 1097 ABGB getätigt habe, oder aber wegen überwiegender Verursachung der Kontaminierung durch die Bestandgeberin, soferne sie ein Verschulden treffe, aus schadenersatzrechtlichen Erwägungen. Der festgestellte Sachverhalt biete nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß die Beklagte oder ihre Mitarbeiter während der Betriebszeit der Entfettungsanlage sorgfaltswidrig gehandelt hätten. Die Anlagen seien aufgrund einer gültigen Betriebsanlagengenehmigung konsensgemäß betrieben worden. Die Klägerin habe gegen die Beklagte mangels rechtswidrigen Verhaltens daher ebensowenig einen Schadenersatzanspruch wie umgekehrt die Beklagte gegen die Klägerin wegen des Mietzinsentganges. Seien Ausbesserungen nötig, die dem Bestandgeber obliegen, sei der Bestandnehmer nach § 1097 ABGB bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Bestandgeber ohne Verzug Anzeige zu machen. Der Ersatz von Aufwendungen sei längstens binnen sechs Monaten nach Zustellung des Bestandstückes gerichtlich zu fordern, sonst sei die Klage erloschen. Diese Ausschlußfrist sei von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Bestandobjekt sei Ende 1990 zurückgestellt worden. Die Mieterin habe aufgrund der beiden Bescheide des Magistrates der Stadt Wien vom 5.7.1990 und 24.9.1990 Kenntnis davon gehabt, daß sie als letzte Betriebsstätteninhaberin für die Kosten der Sanierung des kontaminierten Erdreiches werde aufkommen müssen; es sei auch nicht unvorhersehbar gewesen, daß auch Kosten der Grundwassersanierung auflaufen könnten. Die Klägerin hätte daher innerhalb der gesetzlichen Frist von sechs Monaten nach Rückstellung des Bestandobjektes auf Feststellung klagen müssen. Ebenso sei die Gegenforderung der Beklagten verfristet. Wegen der abschließenden Regelung des § 1097 ABGB scheide ein Verwendungsanspruch oder ein Versionsanspruch nach den §§ 1041, 1042 ABGB aus.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Masseverwalters teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es das Klagebegehren mit 725.867,22 S zu Recht bestehend, die kompensando eingewendete Gegenforderung von 696.000 S als nicht zu Recht bestehend erkannte, die Beklagte zur Zahlung von 725.867,22 S samt 5 % gestaffelten Zinsen verpflichtete und das Mehrbegehren von 12.195,38 S sA abwies. Weiters stellte es fest, daß die beklagte Partei der klagenden Partei noch künftig auflaufende Kosten der Sanierung von Boden- und Grundwasserverunreinigungen der Liegenschaft 1140 Wien, M*****gasse *****, zu 79 % zu ersetzen habe, und wies das Mehrbegehren auf Feststellung einer Ersatzpflicht um einen weiteren Prozentpunkt ab.

Mangels Verschuldens der Betreiber der Anlage müßten allfällige Schadenersatzansprüche ausscheiden. Der gesamte klagegegenständliche Aufwand der Mieterin sei erst nach Zurückstellung der Bestandsache getätigt worden. Solche Aufwendungen fielen nicht unter die Ausschlußfrist des § 1097 ABGB; es sei daher zu prüfen, welche andere Haftungsgrundlage in Betracht komme.

Nach § 31 WRG sei jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen könnte, verhalten, mit der im Sinne des § 1297 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden werde, die den Bestimmungen des § 30 WRG zuwiderlaufe und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt sei. Trete dennoch eine Gefahr einer Gewässerverunreinigung ein, habe der nach Abs 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Verpflichtung zur TRI-Dekontaminierung treffe daher keineswegs die Mieterin als letzte Betreiberin der Anlage allein, sondern in ebensolchem Maße die Beklagte als frühere Betreiberin. Subsidiär wäre sie im übrigen nach § 31 Abs 4 WRG als Liegenschaftseigentümerin, die der Anlage, von der die Gefahr ausgehe, zugestimmt und diese freiwillig geduldet habe, haftbar. Daß die Behörde der Mieterin als der letzten Betriebsinhaberin gemäß § 83 GewO den Auftrag zur Sanierung erteilt habe, vermöge die Beklagte von ihrer Verpflichtung als frühere Anlagenbetreiberin nach § 31 WRG nicht zu entbinden. Diese sei unabhängig davon, ob die Gefahr verschuldet oder unverschuldet, vorhersehbar oder nicht vorhersehbar eingetreten sei. Die Rettungspflicht treffe jeden, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen könnten, auch den pflichtgemäß handelnden Betreiber einer Anlage. Mehrere Verpflichtete könnten gleichzeitig zur Kostentragung verhalten werden, wobei die Heranziehung dieser Personen durchaus auf verschiedenen Rechtsgründen beruhen könne. Es stehe unbekämpft fest, daß die TRI-Kontamination zu 79 % während der Betriebszeit der Anlage durch die Beklagte und nur zu 21 % während der Betriebszeit der Mieterin verursacht worden sei. Die Mieterin, die die Kosten getragen habe, habe im Innenverhältnis nach § 896 ABGB einen Regreßanspruch im Ausmaß der auf die Beklagte entfallenden Verursachung.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil zu Fragen des zivilen Ausgleiches zwischen den Verursachern von Bodenkontaminierung noch keine breite Judikatur bestehe.

Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, daß die Ansprüche der Klägerin nicht nach § 1097 ABGB verfristet sind. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, daß § 1097 ABGB nur den Ersatz solcher Aufwendungen erfaßt, die der Mieter während der Dauer des Mietverhältnisses gemacht hat und zu deren Vornahme der Vermieter verpflichtet gewesen wäre oder die einen nützlichen Aufwand (§ 1037 ABGB) darstellen (für viele andere SZ 62/9). Für Ansprüche, die erst nach Beendigung des Mietverhältnisses entstehen und die überdies nicht in dem typischen Privatrechtsverhältnis zwischen Vermieter und Mieter, sondern im öffentlichen Recht wurzeln, gilt die Verfristungsregelung des § 1097 ABGB nicht. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Regreßansprüche geltend. Erst die tatsächliche Zahlung und nicht schon die Entstehung der Zahlungspflicht läßt einen Regreßanspruch entstehen und setzt allfällige Fristen zu seiner Geltendmachung in Lauf (SZ 56/185; SZ 58/122 ua). Zur Erhebung einer Feststellungsklage nach Erhalt des Bescheides, ein Schadensbild über die Verunreinigung des Bodens zu erstellen und nach dessen Ergebnissen ein Sanierungsprojekt vorzulegen, war die Klägerin daher noch vor Entstehen eines dem Grunde und der Höhe nach noch gar nicht abzusehenden Regreßanspruches nicht gehalten. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, daß ein vor der Tätigung eines konkreten Aufwandes geführter Rechtsstreit darüber, wer und zu welchem Anteil einen allfälligen Aufwand allenfalls zu tragen haben werde, nicht sinnvoll wäre und - wie ausgeführt - der Rechtsprechung widerspricht.

Der Bescheid des Magistrates der Stadt vom 24.9.1990, der zu dem (anteilig) geltend gemachten Aufwand der Klägerin führte, erging gemäß § 83 der Gewerbeordnung in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, der bei Auflassung von Anlagen im Sinne des § 74 Abs 2 oder Teilen solcher Anlagen den Inhaber der Anlage verpflichtet, die zur Vermeidung einer von der aufgelassenen Anlage oder den aufgelassenen Teilen der Anlage ausgehende Gefährdung, Belastung, Beeinträchtigung oder nachteiligen Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Er hat die Auflassung und seine Vorkehrungen anläßlich der Auflassung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der Inhaber der Anlage anläßlich der Auflösung die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat ihm die zur Genehmigung der Anlage zuständige Behörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der gänzlich oder teilweise aufgelassenen Anlage wird die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt.

Die konkret vorgeschriebenen Maßnahmen im Sinne der erst 1990 erlassenen CKW-Anlagen-VO richten sich nach dem Gesetz, unabhängig von einem Verschulden, ja selbst unabhängig von der tatsächlichen Verursachung gegen den Inhaber der Anlage, der deren Auflösung angezeigt hat. Über zivilrechtliche Haftungs-, Ausgleichs- oder Regreßansprüche enthält die öffentlich-rechtliche Norm der Gewerbeordnung nichts.

Für den Bereich des Zivilrechtes wurden die Grundgedanken der Gefährdungshaftung entwickelt, die darin bestehen, daß derjenige die Risken bei nicht hinreichend beherrschbaren Gefahren tragen solle, der die Gefahrenquelle beherrscht und nutzt. Zurechnungsgrund ist also der Umstand, daß jemand ein spezifisches Risiko der Gefährdung anderer geschaffen hat, in dem unter seiner Kontrolle und Leitung eine bestimmte Anlage betrieben, eine bestimmte Sache genutzt oder eine bestimmte Tätigkeit entfaltet wird (Kötz 134; Deutsch, Haftungsrecht 8 spricht in diesem Zusammenhang von der "Antwort des Gesetzgebers auf das technische Zeitalter"). Eine allgemeine Gefährdungshaftung ist im österreichischen Recht nicht vorgesehen (Harrer in Schwimann ABGB2 Rz 7 vor § 1293 ff). Einzelne Fallgruppen, wie zB das RHPflG, LuftFG, EKHG ua sind bereits überwiegend aus dem allgemeinen Deliktsrecht ausgegliedert. Wo eine Gefährdungshaftung anzunehmen ist, sind aber auch die §§ 896, 1302 u. 1304 ABGB entsprechend anzuwenden. Noch weiter gehen öffentlich-rechtliche Vorschriften, durch die eine Gefährdung für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt hintangehalten, oder, soweit eine solche bereits eingetreten ist, beseitigt werden sollen, wie etwa das Altlastensanierungsgesetz BGBl 1989/299, das Wasserrechtsgesetz oder auch die hier maßgebliche Bestimmung des § 83 der GewO, die die Heranziehung jener, die die Gefahrenquelle nutzen oder beherrschen oder zuletzt genutzt und beherrscht haben, oder auch den betroffenen Liegenschaftseigentümer oder die an deren Liegenschaft dinglich oder obligatorisch Berechtigten unabhängig von jedem Verschulden, lediglich aufgrund der Verursachung oder auch nur aufgrund der bloßen Möglichkeit, die Gefährdung hintanzuhalten oder zu beseitigen, normieren. Der zivilrechtliche Ausgleich unter mehreren Verursachern ist im Gesetz nicht geregelt. Wird aber aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften nur einer von mehreren Schadensverursachern, denen in gleicher Weise kein Verschulden, aber eine Mitverursachung anzulasten ist, zur Haftung herangezogen, dann muß mangels einer gesetzlichen Regelung für den Ausgleich untereinander § 896 ABGB herangezogen werden, denn diese Bestimmung ergänzt in Schadenersatz- und Haftpflichtrecht unvollständige Sonderregelungen. Als in § 896 ABGB genanntes "besonderes Verhältnis" zwischen mehreren Mitschuldnern ist bei Schadenersatzansprüchen das Ausmaß der Beteiligung der Mitschuldigen, nach EKHG der Anteil am Rechtswidrigkeits- und Verursachungszusammenhang anzusehen. Haben mehrere einen Schaden nicht in einverständlichem Handeln verursacht, sondern unabhängig voneinander eine Bedingung für dessen Eintritt gesetzt, dann ist der Schaden auf mehrere Verantwortliche - bei Verursachungshaftung aber analog auf mehrere Verursacher - verhältnismäßig aufzuteilen (Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 896 mwN). Die Lösung des Berufungsgerichtes, die Verursacher der Kontaminierung nach Anteilen ihrer Verursachung zum Ersatz heranzuziehen, erweist sich daher als zutreffend (vgl 1 Ob 72/97).

Seit der in JBl 1998, 385 veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, die in Abkehr von der früheren Rechtsprechung die Möglichkeit des in erster Instanz siegreichen Berufungsgegners, die erstmalige Beweisrüge in der ordentlichen Revision nachzutragen, verneinte, hat der Oberste Gerichtshof diese Ansicht zu der - hier anzuwendenden - Rechtslage vor der erweiterten WGN 1997 mehrfach bekräftigt (1 Ob 2234/96s, 10 Ob 156/97g, 1 Ob 384/97w, 1 Ob 357/97z). Auf die erstmals in der Revision als unrichtig gerügten, in die Feststellungen aufgenommenen Verursachungsanteile, wie sie der Sachverständige in seinem Gutachten errechnet hat (das in erster Instanz nicht nur ergänzt, sondern auch, ohne entsprechende Vorhalte der Beklagten mündlich erörtert wurde), ist daher nicht mehr einzugehen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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