OGH 4Ob71/98i

OGH4Ob71/98i17.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Aufteilungssache der Antragstellerin Renate S*****, vertreten durch Dr. Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider den Antragsgegner Franz S*****, vertreten durch Mag. Carl A. Pototschnig, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß §§ 81ff EheG, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 3. Februar 1998, GZ 1 R 38/98k-50, mit dem der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 29. Dezember 1997, GZ 11 F 7/96s-46, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag des Antragsgegners, im Aufteilungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Verfahrens 5 C 1355/96f des Bezirksgerichtes Voitsberg innezuhalten, abgewiesen wird.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 28.4.1995, GZ 1 C 51/93g, aus dem alleinigen Verschulden des Antragsgegners rechtskräftig geschieden. Der Ehe entstammen zwei Kinder, die mj. Nadja S*****, geboren am *****, und die mj. Katrin S*****, geboren am *****. Die Kinder befinden sich in Obsorge der Antragstellerin.

Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W*****; die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** K*****. Auf der Liegenschaft in K***** W***** befand sich die letzte Ehewohnung; das Haus wird derzeit vom Antragsgegner bewohnt. Im Scheidungsverfahren war ihm aufgetragen worden, die Ehewohnung sofort zu verlassen und nicht mehr zu betreten; er hat die gemäß § 382 Abs 1 Z 8b EO (idF vor dem Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie, BGBl 1996/759) erlassene einstweilige Verfügung nicht befolgt, so daß schließlich die Antragstellerin mit den Kindern ausgezogen ist.

Die Antragstellerin begehrt, das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse wie folgt aufzuteilen:

a) Dem Antragsgegner stehen keine Ansprüche auf die Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** zu; die Antragstellerin trägt die Belastungen dieser Liegenschaft allein;

b) der Antragsgegner trägt die Belastungen gegenüber der A***** und der V***** allein;

c) das Eigentumsrecht an der EZ ***** KG ***** K***** wird gegen eine Ausgleichszahlung von S 600.000,-- dem Antragsgegner übertragen.

Die Antragstellerin habe die Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** von ihren Eltern geschenkt erhalten; im Zeitpunkt der Eheschließung sei der Keller schon errichtet gewesen. Die Antragstellerin habe den Hausbau zur Gänze allein finanziert; die Arbeitsleistungen des Antragsgegners hätten einen Wert von S 50.000,-- bis S 60.000,--. Die Kredite der A***** und der V***** seien für das Unternehmen des Antragsgegners aufgenommen worden.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse zurückzuweisen. Bei Einbringung des Antrages sei über sein Vermögen das Konkursverfahren anhängig gewesen; der Zwangsausgleich sei erst am 22.3.1996 rechtskräftig bestätigt worden. Eine Aufteilung könne nur in der Form erfolgen, daß die Antragstellerin ihren Anteil an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** ohne Gegenleistung dem Antragsgegner übertrage und dem Antragsgegner für die Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** S 800.000,-- zahle. Als Alternative biete der Antragsgegner an, auch die Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** zu übernehmen. Der Antragsgegner habe seine gesamten Ersparnisse von S 600.000,-- in den Hausbau investiert; der im Zeitpunkt der Eheschließung vorhanden gewesene Keller sei höchstens S 50.000,-- wert gewesen. Den Großteil der auf der Liegenschaft sichergestellten Kredite habe die Antragstellerin aufgenommen, um die Aufteilungsmasse zu verringern.

Mit Schriftsatz vom 30.10.1996 beantragte der Antragsgegner zur Sicherung seines Aufteilungsanspruches, bei der Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** ein Belastungs- und Veräußerungsverbot anzumerken; er stellte auch mehrere Eventualanträge. Am selben Tag brachte der Antragsgegner zu 5 C 1355/96f des Bezirksgerichtes Voitsberg gegen die Antragstellerin als erstbeklagte Partei und gegen die betreibende Gläubigerin, die S***** AG, als zweitbeklagte Partei eine Exzsindierungsklage ein. Er begehrte, die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** für unzulässig zu erklären.

Die Antragstellerin beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen. Der Antragsgegner habe den Sicherungsantrag mutwillig und in der Absicht gestellt, ihr Schaden zuzufügen.

Das Erstgericht gab dem Sicherungshauptantrag statt. Die Antragsgegnerin habe dem Antrag, ein Belastungs- und Veräußerungsverbot anzumerken, "schlußendlich" keine Einwendungen entgegengesetzt.

Mit Schriftsatz vom 21.5.1997 beantragte der Antragsgegner, das Aufteilungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 5 C 1355/96f des Bezirksgerichtes Voitsberg "aufzuschieben". Das genannte Verfahren sei präjudiziell für das Aufteilungsverfahren.

Die Antragstellerin sprach sich dagegen aus. Der Antragsgegner habe sein Wohnrecht verwirkt.

Das Erstgericht sprach aus, daß das Aufteilungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens 5 C 1355/96f des Bezirksgerichtes Voitsberg innegehalten wird. Das Verfahren sei für das Aufteilungsverfahren präjudiziell.

Das Rekursgericht wies den Rekurs und die Rekursbeantwortung mangels Beschwer zurück. Im Verfahren 5 C 1355/96f sei das Klagebegehren in erster Instanz abgewiesen worden. Der Wiedereinsetzungsantrag des Antragsgegners sei erfolglos geblieben; das Urteil sei rechtskräftig.

In der Tagsatzung vom 19.12.1997 beantragte der Antragsgegner erneut, mit dem Aufteilungsverfahren innezuhalten. Seinem Rekurs gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages sei Folge gegeben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Antrag aufgetragen worden.

Die Antragstellerin sprach sich dagegen aus.

Das Erstgericht beschloß, mit dem Aufteilungsverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens 5 C 1355/96f des Bezirksgerichtes Voitsberg innezuhalten. Das Verfahren sei noch nicht rechtskräftig abgeschlossen; es sei für das Aufteilungsverfahren präjudiziell.

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Vom Ausgang des streitigen Verfahrens hänge ab, ob die Liegenschaft im Aufteilungsverfahren noch einer der Parteien zugeteilt werden könne oder ob ein allfälliger Erlös zwischen den Parteien aufzuteilen sei.

Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig und berechtigt. Das Revisionsrekursverfahren ist einseitig; im Aufteilungsverfahren sind nur die Rekurse und Revisionsrekurse gegen die Sachentscheidung zweiseitig (§ 231 Abs 2 AußStrG; SZ 53/150 = JBl 1981, 483; EFSlg 64.864/7; s auch Fucik, AußStrG 158f).

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, daß der Antragsgegner sein Recht, die (ehemalige) Ehewohnung zu benützen, verwirkt habe; er sei auf die Wohnung auch nicht angewiesen. Die Antragstellerin habe den Hausbau allein finanziert. Eheliche Ersparnisse seien dafür nicht verwendet worden. Die Liegenschaft unterliege nicht dem Aufteilungsverfahren. Dem Antragsgegner seien bestenfalls die von ihm erbrachten Arbeitsleistungen abzugelten.

Bevor auf die Einwendungen der Antragstellerin einzugehen ist, ist zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen in einem Aufteilungsverfahren inngehalten werden kann:

Weder in den allgemeinen Bestimmungen des Außerstreitverfahrens noch in den Bestimmungen über das Aufteilungsverfahren ist eine Unterbrechung des Verfahrens vorgesehen. Nach § 230 Abs 2 AußStrG sind (nur) die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Protokolle, die Beweise und den Vergleich anzuwenden. Dennoch muß der Außerstreitrichter nicht jede Vorfrage selbst lösen; er kann im Verfahren innehalten, um den Ausgang eines über eine Vorfrage anhängigen Verfahrens abzuwarten (SZ 53/150 = JBl 1981, 483; MietSlg 34.807; RIS-Justiz RS0008491; vgl ecolex 1997, 436, wonach § 190 ZPO in einem zweiseitigen Außerstreitverfahren nach dem GmbHG analog anwendbar ist). Er kann auch, wenn die Voraussetzungen des § 127 Abs 1 AußStrG für ein Innehalten nicht gegeben sind, den Ausgang eines bereits anhängigen präjudiziellen Rechtsstreites ohne förmliche Unterbrechung (Innehalten) im wohlverstandenen Interesse der Parteien abwarten (SZ 55/26 = EvBl 1982/105 = RZ 1983/40; SZ 55/34 = JBl 1982, 495 = MietSlg XXXIV/9).

Voraussetzung ist aber immer, daß die Entscheidung im anhängigen Verfahren für die Entscheidung im Aufteilungsverfahren präjudiziell ist. Präjudizialität ist gegeben, wenn die Entscheidung im Aufteilungsverfahren ganz oder teilweise von dem Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses abhängt, welches Gegenstand des anhängigen Verfahrens ist (§ 190 ZPO; Fasching, Lehrbuch**2 Rz 93; Fucik in Rechberger, ZPO § 190 Rz 2).

Gegenstand des Verfahrens 5 C 1355/96f des Bezirksgerichtes Voitsberg ist die Frage, ob die von der S***** AG betriebene Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ ***** KG ***** K***** W***** in Rechte des Antragsgegners eingreift und daher unzulässig ist. Wegen dieses Verfahrens könnte im Aufteilungsverfahren nur innegehalten werden, wenn seine Entscheidung ein Rechtsverhältnis beträfe, von dem die Entscheidung im Aufteilungsverfahren abhängt:

Im Aufteilungsverfahren ist zu entscheiden, ob die Liegenschaft im Alleineigentum der Antragstellerin verbleibt und ob dem Antragsgegner eine Ausgleichszahlung zusteht. Bei der nach Billigkeit vorzunehmenden Aufteilung ist besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrags jedes Ehegatten sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen; weiter auf Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen (§ 83 Abs 1 EheG). Ausschlaggebend ist daher in erster Linie, in welchem Ausmaß jede der beiden Parteien zum Hausbau beigetragen hat. Keine Rolle spielt hingegen, ob die von einem Dritten geführte Exekution in die Liegenschaft zulässig ist. Diese Frage berührte die im Aufteilungsverfahren zu entscheidenden Fragen auch dann nicht, wenn die Behauptungen des Antragsgegners im Exszindierungsstreit zuträfen. Selbst wenn die Antragstellerin im arglistigen Zusammenwirken mit der betreibenden Gläubigerin versuchte, den Antragsgegner durch die Zwangsversteigerung der Liegenschaft um sein Wohnrecht zu bringen, könnte dies die Entscheidung, wie die Beiträge der beiden Ehegatten zu bewerten und wie Vermögen und Schulden daher aufzuteilen sind, nicht beeinflussen.

Die Entscheidung im Exszindierungsstreit betrifft zwar den Gegenstand des Aufteilungsverfahrens, nicht aber ein Rechtsverhältnis, von dem die Entscheidung im Aufteilungsverfahren abhinge. Sie wirkt sich nur auf der Tatsachenebene auf die Entscheidung im Aufteilungsverfahren aus.

Da ein Exszindierungsstreit von vornherein kein Rechtsverhältnis betrifft, von dem die Entscheidung im Aufteilungsverfahren abhängt, kommt es nicht darauf an, ob und welche Ansprüche dem Antragsgegner auf die Liegenschaft zustehen. Auf die Ausführungen der Antragstellerin im Revisionsrekurs ist nicht weiter einzugehen.

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren dahin abzuändern, daß der Antrag, im Aufteilungsverfahren innezuhalten, abgewiesen wird.

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