Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht setzte mit Beschluß vom 23.Oktober 1996 die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters ab 1.Oktober 1996 bis auf weiteres mit monatlich 2.400 S fest und paßte mit Beschluß vom 4.Februar 1997 die Vorschüsse ab 1.Oktober 1996 der neuen Titelhöhe an. Aus der vom Magistrat der Stadt Wien in Entsprechung dessen Mitteilungspflicht nach § 21 UVG vorgelegten Bescheidkopie geht hervor, daß der Vater ab 2.Juni 1997 seinen Zivildienst ableistet und das Magistratische Bezirksamt für den 18.Bezirk mit Bescheid vom 3.Juli 1997 „den Anspruch auf Familienunterhalt für das mj. Kind ... diesem ... ab 2.Juni 1997 für die Dauer des verfügten Zivildienstes zuerkannt“ hat. Die Höhe wurde gemäß § 32 Abs 1 Z 3 HGG 1992, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 11.202,24 S, mit 2.240,45 S monatlich festgesetzt und die direkte Auszahlung an den Magistrat der Stadt Wien als Vertreter des Kindes verfügt.
Das Erstgericht stellte daraufhin die dem Kind gewährten Unterhaltsvorschüsse nach den §§ 3, 4 Z 1 UVG in der Titelhöhe von 2.400 S monatlich zum 30.Juni 1997 ein, weil dem Kind ab 2.Juni 1997 für die Dauer des Zivildiensts des Vaters ein Familienunterhalt nach dem Heeresgebührengesetz 1992 (HGG) von 2.240,45 S monatlich zuerkannt worden sei und die Unterhaltspflicht des Vaters während des Zivildiensts ruhe.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil es nicht der höchstgerichtlichen Entscheidung 5 Ob 523/94 folgte, sondern die in den Entscheidungen 7 Ob 572/91 und 8 Ob 610/91 vertretene Rechtsansicht für zutreffend hielt. Daß der Vater während der Ableistung des Zivildienstes neben den Ansprüchen nach den §§ 25 ff ZDG noch irgendein weiteres Einkommen beziehen werde, sei weder behauptet noch festgestellt worden. Daher ruhe die Unterhaltspflicht des Vaters während der Zeit seines Zivildiensts, weshalb begründete Bedenken gemäß § 7 Abs 1 Z 1 UVG gegen seine weitere Leistungsfähigkeit vorlägen. Nach Beendigung des Zivildiensts stehe „die Möglichkeit einer neuen Antragstellung auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen offen“.
Mit dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs beantragt das durch seinen Unterhaltssachwalter vertretene Kind, den angefochtenen Beschluß ersatzlos zu beheben und in eventu, ihn dahin abzuändern, daß die Unterhaltsvorschüsse ab 1.Juli 1997 nur auf die Höhe des zuerkannten Familienunterhalts herabgesetzt werden, weil ein Versagungsgrund iSd § 7 Abs 1 Z 1 UVG nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Der Vater des Kindes leistet seit 2.Juni 1997 Zivildienst. Gemäß § 25 Abs 1 Z 4 iVm § 34 Abs 1 Z 1 des Zivildienstgesetzes BGBl 1986/679 idgF (ZDG) hat ein Zivildienstleistender ua Anspruch auf Familienunterhalt, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 26 HGG 1992 zusteht. Nach § 34 Abs 2 ZDG sind auf den Familienunterhalt die Bestimmungen des V.Hauptstücks des HGG 1992 sowie dessen §§ 48, 49 Abs 1 bis 3 und § 50 nach Maßgabe des Abs 3 sinngemäß anzuwenden. Die durch § 34 Abs 2 ZDG rezipierten Bestimmungen des HGG 1992 betreffen im wesentlichen, soweit hier relevant, den Anspruch auf Familienunterhalt (§ 28 HGG 1992), die Dauer des Anspruchs (§ 26 HGG 1992), das Ausmaß des Familienunterhalts (§ 32 HGG 1992) sowie die Zuständigkeit und das Verfahren zur Erlangung des Familienunterhalts (§§ 35 ff HGG 1992 idFd Art I der Novelle BGBl 1995/259). Durch das HGG 1992 wurden ua der Anspruch auf Familienunterhalt auf alle Wehrpflichtigen mit Unterhaltsverpflichtungen erweitert, die Höchstbemessungsgrundlage für den Familienunterhalt angehoben sowie die Bemessung des Familienunterhalts verbessert (RV, 472 BlgNR.18.GP, 24). Die Beibehaltung einer Höchstgrenze für die Heranziehung des tatsächlichen Einkommens sei aus im einzelnen genannten Gründen sachlich gerechtfertigt (RV aaO, 37). Entsprechend der bisherigen Regelung (§ 29 HGG 1985) sollte das Ausmaß des Familienunterhalts unverändert bleiben, jedoch zur Beseitigung aufgetretenen Vollziehungsprobleme klargestellt werden, daß der für jede der in § 32 Abs 1 Z 3 HGG 1992 genannte Person anfallende Familienunterhalt 20vH der Bemessungsgrundlage nicht übersteigen dürfe (RV aaO, 38). Nach § 28 Abs 1 Z 3 HGG 1992 besteht der Anspruch des Wehrpflichtigen auf Familienunterhalt für andere Personen, sofern er ihnen kraft Gesetzes Unterhalt leistet oder zu leisten hätte, wobei § 32 die Bemessung regelt.
Die Regelungen des HGG 1992 über die Auszahlung von Familienunterhalt entsprechen der Rechtslage nach dem HGG 1985 (RV aaO, 39). Die dazu ergangene Rechtsprechung, während des Grundwehrdienstes - gleiches muß dann auch für den Zivildienst gelten - hätten die unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht nur Anspruch auf Familienunterhalt, sondern seien zufolge § 32 Abs 1 HGG (1985) auch im eigenen Namen antragsberechtigt, weil eine wie immer geartete Bindung des Antragsrechts des Unterhaltsberechtigten an ein Vorgehen des Unterhaltsverpflichteten dem Gesetz nicht zu entnehmen sei, die Unterhaltsberechtigten hätten somit einen direkten öffentlich-rechtlichen Anspruch gegen den Bund auf Zahlung des Familienunterhalts, womit das HGG (1985) dem Kind ein eigenes Einkommen aus einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, vergleichbar etwa einem eigenen Pensionseinkommen, verschaffe (EvBl 1991/199; 8 Ob 610/91; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 224 E 8), ist auch für den Geltungsbereich des HGG 1992 beizutreten. Nach den Materialien (RV aaO, 36) soll der Anspruch für Kinder ohne inhaltliche Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage an einen Anspruch auf Familienbeihilfe nach den §§ 2 und 3 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 angeknüpft werden. Entgegen dem im Rechtsmittel vertretenen Standpunkt steht somit bei entsprechender Antragstellung der Anspruch auf Familienunterhalt jedenfalls im Fall des § 28 Abs 1 Z 3 HGG 1992 jener „anderen Person“ zu, denen der Wehrpflichtige kraft Gesetzes Unterhalt leistet oder zu leisten hätte. Auch nach der Formulierung des vorliegenden Bescheids wurde der Anspruch auf Familienunterhalt nicht dem Vater, sondern direkt dem durch seinen Unterhaltssachwalter vertretenen Kind zuerkannt und der Unterhaltssachwalter nicht bloß als Auszahlungsstelle bestimmt.
Nach § 7 Abs 1 Z 1 UVG sind die Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit in den Fällen der §§ 3, 4 Z 1 und 4 UVG begründete Bedenken bestehen, daß die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder, der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend, zu hoch festgesetzt ist. Dazu gehört die materielle Unrichtigkeit der titelmäßigen Unterhaltsfestsetzung zufolge einer zwischenzeitigen Änderung der Verhältnisse. In der Entscheidung 7 Ob 572/91 = EvBl 1991/199 (ebenso, aber ohne eigene Begründung 8 Ob 610/91 und 6 Ob 1536/95; RIS-Justiz RS0063462) wurde die Auffassung vertreten, während der Ableistung des Grundwehrdiensts eines, abgesehen vom Taggeldbezug, einkommens- und vermögenslosen Unterhaltspflichtigen ruhe dessen Unterhaltspflicht; der Unterhaltsanspruch bleibe jedoch in Form der Berechtigung auf Zuspruch von Familienunterhalt gegen den Bund nach den §§ 25 ff HGG (1985), über welchen die Bezirksverwaltungsbehörde ohne Bindung an einen allenfalls bestehenden zivilrechtlichen Unterhaltstitel entscheide (§ 33 HGG [1985]), aufrecht. Es komme daher zu Einstellung der Vorschüsse. Dagegen sprach die Entscheidung 5 Ob 523/94 = EFSlg 78.935 = ÖA 1995, 163 UV 83 (dort unrichtig zitiert als 3 Ob 523/95) aus, die Absolvierung des Präsenzdiensts durch den unterhaltspflichtigen Vater und die Gewährung von Familienunterhalt nach den Bestimmungen des HGG bildeten keinen Grund für die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse, sondern die Unterhaltspflicht vermindere sich nur auf die Höhe des gewährten Familienunterhalts; dieser Fall sei mit Unterhaltsleistungen durch einen sonstigen Dritten vergleichbar. Die Aufzählung der Einstellungsgründe von Unterhaltsvorschüssen nach § 20 Abs 1 Z 1 bis 4 UVG sei taxativ und auch durch (zulässige) Analogie nicht zu schließen. Die Tatsache, daß nun der dem unterhaltspflichtigen Vater gegenüber leistungspflichtige Dritte den Unterhalt direkt an den gesetzlichen Vertreter des unterhaltsberechtigten Kindes nach § 38 Abs 1 Z 2 lit b HGG auszahle, sei nicht anders zu beurteilen, als wenn der Unterhaltspflichtige selbst ab einem gewissen Zeitpunkt die seiner materiellen Unterhaltspflicht entsprechenden Leistungen erbrächte: Dadurch allein wäre keines der Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs 1 Z 2 UVG erfüllt. Dies sei daher auch nicht der Fall, wenn von einem Dritten statt an den Unterhaltspflichtigen direkt an die Unterhaltsberechtigten geleistet werde. Neumayr (in Schwimann 2, § 20 UVG Rz 7) vertritt dazu die Auffassung, die unmittelbare Überweisung von öffentlich-rechtlichen Leistungen durch einen Dritten, etwa des Familienunterhalts nach dem HGG für die Zeit des ordentlichen Präsenzdienstes (ÖA 1995, 163/UV 83), bilde nach der überwiegenden Rspr (des LG ZRS Wien: EFSlg 43.893 = ÖA 1983, 105 zum Familienzuschlag, EFSlg 46.507 zum Familienzuschlag zur Notstandsunterstützung, EFSlg 60.584 zum Familienunterhalt nach dem ZDG) jedenfalls keinen Grund für die Vorschußeinstellung.
Sowohl nach der Entscheidung 1991/199 als auch nach der Entscheidung ÖA 1995, 163 ist der dem Kind von dritter Seite (Bund) gewährte Familienunterhalt dessen eigenes Einkommen. Während eigene Einkünfte des Kindes im Versagungsgrund des § 7 Abs 1 Z 2 UVG für die Fälle der Vorschußgewährung nach § 4 Z 2 und 3 (Richtsatzvorschüsse) erwähnt sind, fehlt es an einer gesetzlichen Regelung, welchen Einfluß eigene Einkünfte des Kindes bei Titelvorschüssen haben. Der erkennende Senat als verstärkter Senat gelangte in der Entscheidung SZ 65/114 zur Auffassung, daß der Unterhaltsberechtigte auch dann, wenn ihm aus anderen Quellen, etwa aus Vermögen oder aus eigenem Erwerb (dort: Lehrlingsentschädigung), Mittel zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs in Höhe des Richtsatzes (§ 6 Abs 1 UVG) zur Verfügung stehen, einen aus dem verbliebenen Unterhaltsanspruch resultierenden Anspruch auf Vorschüsse habe. Im Fall des § 7 Abs 1 Z 1 UVG ist es also nicht maßgeblich, ob das Eigeneinkommen den Richtsatz erreicht, und das Eigeneinkommen ist auch nicht von der Titelhöhe abzuziehen. Vielmehr ist zu prüfen, ob und bejahendenfalls, in welcher Höhe die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltsverpflichtung unter Berücksichtigung des Eigeneinkommens noch fortbesteht, weil die Eigeneinkünfte zu einer Verringerung des konkreten Bedarfs führen (EvBl 1991/199; SZ 65/114 ua; vgl auch Pichler in Rummel 2, § 140 ABGB Rz 11 mwN). Ist die Unterhaltsverpflichtung unter Bedachtnahme auf die geänderten Verhältnisse herabzusetzen, so sind die Vorschüsse teilweise zu versagen bzw iSd § 19 Abs 1 UVG herabzusetzen (Neumayr aaO § 7 UVG Rz 10). Auch nach der Rechtsansicht des 5.Senats wären die Vorschüsse jedenfalls nach § 19 UVG betragsmäßig auf die Höhe des Familienunterhalts herabzusetzen. Daß eine Doppelalimentierung des Kindes (Unterhaltsvorschuß in Höhe des Familienunterhalts und Familienunterhalt) durch die öffentliche Hand nicht in Betracht kommt, bedarf keiner weiteren Überlegung und wird auch in der Entscheidung des 5.Senats nicht in Zweifel gezogen. Zu klären bleibt indessen die Frage, ob die Vorschüsse dann, wenn sie den gewährten Familienunterhalt übersteigen, gemäß § 20 UVG einzustellen oder nach § 19 UVG auf die Höhe des Familienunterhalts herabzusetzen sind, sodaß der Unterhaltsberechtigte bzw sein Unterhaltssachwalter die betragsmäßig beschränkten Vorschüsse als Doppelzahlung durch die öffentliche Hand wieder an den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien zurückzuerstatten hat. Der Gesetzgeber hat diesen Fall offensichtlich nicht bedacht. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die analoge Anwendung des § 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG (Wegfall eine der Voraussetzungen der Gewährung der Vorschüsse, ausgenommen die des § 3 Z 2) geboten. Dieser Einstellungsgrund wurde im vergleichbaren Fall des Ruhens der Unterhaltspflicht während einer Haft des Unterhaltsschuldners angenommen (EvBl 1992/15; Neumayr aaO § 20 UVG Rz 12 mwN). Die Zahlung durch die öffentliche Hand ist keine Zahlung des Unterhaltspflichtigen.
Zutreffend erkannte das Rekursgericht, Ergebnis einer sinnvollen und zweckorientierten (teleologischen) Gesetzesinterpretation könne es nicht sein, den Unterhalt eines Kindes aus öffentlichen Mitteln zu bevorschussen und gleichzeitig andere öffentliche Mittel nach dem HGG 1992 zur Rückzahlung der gewährten Unterhaltsvorschüsse zu verwenden und auf diese Weise nur als „sinnloses Nullsummenspiel zwischen mehreren öffentlichen Kassen“ einen vermeidbaren Behördenaufwand zu erzeugen. Aus der Sicht des unterhaltsberechtigten Kindes mache es keinen Unterschied, ob der ihm als Unterhalt zur Verfügung gestellte Betrag von 2.240,45 S monatlich aus Unterhaltsvorschüssen nach dem UVG oder aus Familienunterhaltszahlungen nach dem HGG, hier iVm dem ZDG, stammt. Dem ist beizutreten; berücksichtigungswürdige Interessen des Kindes werden durch die Einstellung der Vorschüsse für die Zeit der Gewährung von Familienunterhalt nach dem HGG 1992 nicht berührt.
Aus diesen Erwägungen kann dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)