Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der Vater der im Kopf dieser Entscheidung genannten Kinder war zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 2.000 je Kind verpflichtet (Exekutionstitel ON 1 und 20 P 20/92-5). Beiden Kindern wurden aufgrund dieser Exekutionstitel gemäß § 4 Z 1 und § 6 Abs 1 UVG Unterhaltsvorschüsse vom 1.1.1992 bis 31.12.1994 (mj.Sabrina Adolfine Geier) bzw vom 1.7.1992 bis 30.6.1995 (mj.Daniel Geier) gewährt (ON 2 und 10).
Ab 1.10.1993 leistet der unterhaltspflichtige Vater den ordentlichen Präsenzdienst ab. Der Familienunterhalt für die beiden Kinder von monatlich je S 1.796,60 ab 1.10.1993, festgesetzt gemäß § 32 HGG mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 5.11.1993, wird auf das Konto des Unterhaltssachwalters, Stadtjugendamt Salzburg, überwiesen (ON 28 und 31a). Davon wurde das Erstgericht am 24.11.1993 verständigt (ON 28).
Das Erstgericht stellte daraufhin die mit den Beschlüssen ON 2 und 10 gewährten Unterhaltsvorschüsse mit Wirkung vom 30.11.1993 ein, weil infolge direkter Überweisung des vom unterhaltspflichtigen Vater für die beiden Kinder bezogenen Familienunterhaltes an das Stadtjugendamt Salzburg eine weitere Unterhaltsbevorschussung nicht mehr gerechtfertigt erscheine.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz, der in seinem Rechtsmittel die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse schon rückwirkend mit Ablauf des 30.9.1993 begehrt hatte, nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Das Rekursgericht führte rechtlich im wesentlichen folgendes aus:
Im vorliegenden Fall sei infolge Ableistung des Präsenzdienstes durch den Unterhaltsschuldner dessen Leistungsfähigkeit nur noch im Umfang der nach dem HGG gewährten Familienunterhaltes gegeben, so daß die Gewährung des Familienunterhaltes durch direkte Überweisung an das Stadtjugendamt grundsätzlich einen Grund für die gänzliche Einstellung der Unterhaltsvorschüsse bilde, obwohl der gewährte Familienunterhalt nicht die Höhe der titulierten Unterhaltsleistungen des Kindesvaters erreicht.
Die direkte Überweisung des Familienunterhaltes an das Stadtjugendamt stelle einen Einstellungsgrund im Sinne des § 20 UVG dar, wobei vom Zweck des UVG auszugehen sei, jegliche Unterhaltsgefährdung für das Kind auszuschließen Zwar enthalte der die Einstellung von Unterhaltsvorschüssen regelnde § 20 UVG, in dem die Einstellungsgründe taxativ aufgezählt seien, dem Wortlaut nach keine Bestimmung, unter die der vorliegende Sachverhalt von vornherein subsumiert werden könnte, denn § 20 Abs 1 Z 2 UVG lasse in Übereinstimmung mit den §§ 13 Abs 1 Z 4, 26 Abs 2 und 27 UVG die Unterhaltszahlung an den Einhebungskurator nicht als Einstellungsgrund gelten, auch wenn sie rechtzeitig erfolge, sondern verlange darüber hinaus, daß der Unterhalt für die kommenden zwei Monate entweder gleichfalls bezahlt oder zugunsten des Kindes nach § 1425 ABGB erlegt werde. Soweit § 20 Abs 1 Z 2 UVG die Zahlung alleine nicht genügen lasse, sondern den Unterhaltsbeitrag für die kommenden zwei Monate bzw dessen Erlag verlange, geschehe dies, um dem Minderjährigen Sicherheit zu gewähren und eine Gefährdung hintanzuhalten. Dieser Tendenz des Gesetzes werde jedoch durch die bescheidmäßig verfügte Unterhaltszahlung in einem unvergleichlich höherem Maße Rechnung getragen als durch den Erlag zweier, erst in Zukunft fälliger Unterhaltsraten. Dazu komme, daß bei einem anderen Ergebnis der gesetzlich geschuldete Unterhaltsvorschuß vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz ausbezahlt werde, obwohl eine andere Behörde (Magistrat der Stadt Wien) den Unterhalt direkt an das Stadtjugendamt Salzburg überweise. Das Stadtjugendamt hätte diesen Betrag wiederum gemäß § 27 UVG an den Präsidenten des OLG Linz rückzuerstatten. Dieses aufwendige Verfahren könnte nur gerechtfertigt werden, wenn es den Interessen des Kindes diene, was jedoch aufgrund der bereits angeführten Erwägungen nicht der Fall sei. Daher sei von der Zulässigkeit der Einstellung der Unterhaltsvorschüsse nach § 20 UVG im vorliegenden Fall auszugehen (vgl EFSlg 51.971).
§ 20 Abs 2 UVG ordne ausdrücklich eine rückwirkende Einstellung an, die nicht erst mit Beschlußfassung, sondern mit Eintritt des Einstellungsgrundes wirksam werden solle.
§ 20 Abs 2 UVG ordne an, daß eine rückwirkende Einstellung der Unterhaltsvorschüsse mit dem Ablauf des Monats, in den der Einstellungsgrund fällt, vorzunehmen ist. Nach § 8 UVG seien die Vorschüsse vom Beginn des Monates an zu gewähren, in dem sie beantragt wurden. Diese beiden Gesetzesstellen ließen erkennen, daß für die Gewährung und Einstellung der Vorschüsse dem Tag, an dem sich der maßgebende Sachverhalt ereignete, die Bedeutung einer Zäsur nicht zukomme, sondern entscheidend nur der Monat sei, in den das Ereignis falle. In beiden Fällen werde in Kauf genommen, daß für Teile eines Monates Vorschüsse gewährt werden, für die der Vorschußgrund nicht mehr zutreffe.
Tatsächlich sei die erste Zahlung des Familienunterhaltes im November 1993 (rückwirkend auch für Oktober) erfolgt. Die besonderen Voraussetzungen des § 20 UVG sollten in erster Linie bezwecken, dem Minderjährigen Sicherheit zu gewähren und Gefährdungen seines Unterhaltes hintanzuhalten. Diese erforderliche Sicherstellung der weiteren Unterhaltszahlungen liege allerdings erst mit dem Zeitpunkt der bescheidmäßigen Zuerkennung des Familienunterhaltes vor, sodaß der Unterhaltsvorschuß gemäß § 20 Abs 2 UVG erst mit 30.11.1993 rückwirkend einzustellen wäre.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu der hier entscheidungswesentlichen Frage, wann bei rückwirkender Gewährung von dem Unterhaltsvorschuß kongruenten Leistungen der Einstellungsgrund eintrete, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz mit dem Antrag, die Unterhaltsvorschüsse bereits mit Ablauf des 30.9.1993 einzustellen und gleichzeitig das Kind, seinen gesetzlichen Vertreter oder die Pflegeperson gemäß § 22 UVG zum Rückersatz der zu Unrecht gezahlten Vorschüsse zu verpflichten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Sowohl die Herabsetzung als auch die Einstellung der Unterhaltsvorschüsse kann zwar gegebenenfalls auch rückwirkend angeordnet werden, jedoch in beiden Fällen - bei unterschiedlicher, aber gleichbedeutender Diktion - erst mit Ablauf des Monats, in dem der Einstellungsgrund eingetreten ist (§ 19 Abs 1 UVG und § 20 Abs 2 UVG). In der hier zu beurteilenden Sache trat der unterhaltspflichtige Vater den Präsenzdienst am 1.10.1993 an, so daß schon ab Beginn, und nicht erst während dieses Tages, also schon mit Ablauf des 30.9.1993 die Minderung seiner Unterhaltspflicht auf den nach dem Heeresgebührengesetz für die Kinder gebührenden Familienunterhalt eintrat. Daraus folgt, daß eine Einstellung (oder Herabsetzung) der Unterhaltsvorschüsse bei Vorliegen der hiefür sonst vom Gesetz verlangten Voraussetzungen unter dem Gesichtspunkt der Minderung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Vaters auf den ihm nach dem Heeresgebührengesetz zukommenden Familienunterhalt für die Kinder schon ab 1.10.1993 erfolgen könnte.
Unterhaltsvorschüsse sind aus den in § 20 Abs 1 Z 1 bis 4 genannten Gründen einzustellen. Diese Aufzählung ist taxativ, das heißt, die Einstellung hat aus den dort genannten Gründen, darf aber auch nur aus diesen Gründen erfolgen, wenngleich Analogie für den Fall einer Gesetzeslücke nicht ausgeschlossen ist (EFSlg 63.788).
Subsumiert man den hier gegebenen Sachverhalt - Minderung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen auf einen ihm für seine unterhaltspflichtigen Kinder (§ 28 Abs 1 Z 2 HGG) kraft öffentlich-rechtlicher Vorschriften von einem Dritten (hier: von der öffentlichen Hand) zu zahlenden Betrag - unter die Einzelfälle des § 20 Abs 1 Z 1 bis 4 UVG, so ist leicht zu erkennen, daß keiner der dort geregelten Einzeltatbestände erfüllt ist.
Zur Frage der Analogie ist folgendes zu sagen:
Gegeben ist ein Fall amtswegiger Einstellung der Unterhaltsvorschüsse, die (nur) zu erfolgen hat, wenn
a) eine der Voraussetzungen der Gewährung der Vorschüsse, ausgenommen die des § 3 Z 2 UVG (= erfolglose Exekutionsführung), wegfällt (§ 20 Abs 1 Z 4 lit a UVG) oder
b) nach § 7 Abs 1 UVG die Vorschüsse ganz zu versagen sind (§ 20 Abs 1 Z 4 lit b UVG).
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß dann, wenn der Gesetzgeber Rechtsfolgen an aus mehreren Merkmalen bestehende Tatbestände knüpft, das Fehlen eines Tatbestandsmerkmales grundsätzlich mit dem Nichteintritt dieser Rechtsfolgen verbunden ist, es sei denn, daß das fehlende Merkmal durch ebenso wichtige zusätzliche Sachverhaltselemente ersetzt wird.
Keine der in § 20 Abs 1 Z 4 UVG enthaltenen Regelungen für die Einstellung von Unterhaltsvorschüssen weist mit ihrer ratio über den Wortlaut so hinaus, daß damit auch der hier gegebene Fall als ähnlicher getroffen würde (vgl zur Terminologie Bydlinski in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 7 mwN): Die geregelten Fälle amtswegiger Einstellung von Unterhaltsvorschüssen sind vielmehr ganz anders geartet als der hier gegebene, der am ehesten gewisse Ähnlichkeiten mit dem in § 20 Abs 1 Z 2 UVG normierten Fall aufweist, wenn man schon davon absieht, daß dort Voraussetzung ein Antrag des Unterhaltsschuldners ist und wenn man zunächst einmal ein in seinem Interesse gelegenes amtswegiges Vorgehen als zulässig ansehen sollte. Nach Meinung des erkennenden Senates ist eine analoge Anwendung des dort geregelten Tatbestandes auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt aus folgenden Gründen ausgeschlossen:
Die Tatsache, daß nun der dem unterhaltspflichtigen Vater gegenüber leistungspflichtige Dritte den Unterhalt direkt an den gesetzlichen Vertreter der unterhaltsberechtigten Kinder nach der Vorschrift des § 38 Abs 1 Z 2 lit b HGG auszahlt, ist nicht anders zu beurteilen, als wenn der Unterhaltspflichtige selbst ab einem gewissen Zeitpunkt die seiner materiellen Unterhaltspflicht entsprechenden Leistungen erbrächte: Dadurch allein wäre nämlich keines der Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs 1 Z 2 UVG erfüllt. Dies ist daher auch nicht der Fall, wenn von einem Dritten statt an den Unterhaltspflichtigen direkt an die Unterhaltsberechtigten geleistet wird. Es ist nicht einzusehen, warum der hier zu beurteilende Fall anders behandelt werden sollte, als wenn sonst ein Drittschuldner direkt an die Unterhaltsberechtigten zu leisten hat.
Der erkennende Senat erachtet es daher nicht als gerechtfertigt, die in der (rekursgerichtlichen) Entscheidung EFSlg 51.971/10 angestellten Erwägungen über die Sicherung des Kindesunterhaltes durch direkte Leistung bescheidmäßig festgelegter Unterhaltsbeträge (dort: Familienzuschläge zur Notstandshilfe) und die dadurch angeblich gerechtfertigte Einstellung der Unterhaltsvorschüsse sogar auf einen Zeitraum anzuwenden, in dem noch nicht einmal der Bescheid erlassen war.
Ob und inwieweit eine rückwirkende Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse für die Monate Oktober und November 1993 gemäß § 19 Abs 1 UVG iVm § 7 Abs 1 Z 1 UVG unter gleichzeitiger Entscheidung über die Einbehaltung zu Unrecht empfangener Beträge (EFSlg 66.703) zu erfolgen hat, ist ebensowenig Gegenstand dieses Verfahrens wie die gesetzesgemäße Verfügung des Unterhaltssachwalters über die bei ihm eingehenden Beträge entsprechend den Vorschriften des UVG. Werden diese beachtet, so ist auch eine "Doppelalimentierung" und damit ungerechtfertigte Bereicherung der Kinder ausgeschlossen.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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