Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die betreibende Partei hat die Kosten des Rekurses selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die betreibenden Parteien bezeichneten in dem am 28.12.1993 beim Bezirksgericht Josefstadt eingebrachten und von diesem mit Beschluß vom 17.1.1994 dem Landesgericht für ZRS Wien gemäß § 44 JN überwiesenen Exekutionsantrag die verpflichtete Partei mit "E*****-Bank Ltd H***** Street (POBox *****), Kingston, St.Vincent" und führten als deren Vertreter "Rechtsanwalt Dr.Günter Maier, Franz Josef Straße 5, D-8040 München, als amtlicher Liquidator" an. Aufgrund des vollstreckbaren Urteils des Bezirksgerichtes Sargans vom 9.3.1993 beantragten die betreibenden Parteien zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderungen der erstbetreibenden Partei von SFR
306.210 sA und der zweitbetreibenden Partei von SFR 124.650 sA die Exekution durch Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruchs der verpflichteten Partei gegen das Landesgericht für Strafsachen Wien auf die mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien zu 26 b Vr 4985/90 (4 d Hv 3308/92) zu II/HMB/700/91, II/HMB/121/91, II/HMB/586/91 und II/HMB/350/91 bei der "Verwahrstelle des Oberlandesgerichtes Wien" erlegten beweglichen Sachen aller Art sowie der im § 296 EO angeführten Wertpapiere und Einlagebücher sowie durch Verwahrung und Verkauf dieser Vermögenswerte; dem Drittschuldner werde verboten, die gepfändete Forderung ganz oder teilweise an die verpflichtete Partei auszubezahlen; der verpflichteten Partei werde jede Verfügung über die gepfändete Forderung, insbesondere ihre gänzliche oder teilweise Einziehung, untersagt; mit Zustellung des Verbots an den Drittschuldner werde am Herausgabeanspruch ein Pfandrecht erworben; dem Drittschuldner werde aufgetragen, diese Gegenstände nach Fälligkeit des Anspruchs dem sich meldenden Gerichtsvollzieher des Bezirksgerichtes Josefstadt herauszugeben; die Gegenstände seien gemäß § 327 Abs 1 EO in gerichtliche Verwahrung zu nehmen; der Vollzug der Herausgabeexekution habe unter Beteiligung der betreibenden Partei stattzufinden; Transportmittel (sofern erforderlich) würden von dieser beigestellt; als Exekutionsgericht habe das Bezirksgericht Josefstadt einzuschreiten.
Das Landesgericht für ZRS Wien bewilligte mit Beschluß vom 2.2.1994, 9 Nc 3/94g, die beantragte Exekution.
Entsprechend der Verfügung des Bezirksgerichtes Josefstadt als Vollzugsgericht wurde die Exekutionsbewilligung an Rechtsanwalt Günter Maier als Liquidator der verpflichteten Partei zugestellt, und zwar am 23.3.1994 (mit internationalem Rückschein), weiters am 27.6.1994 im Rechtshilfeweg durch das Amtsgericht München.
Weiters wurde die Exekutionsbewilligung am 26.5.1994 dem Landesgericht für Strafsachen Wien zu 26 b Vr 4985/90, 4 d Hv 3308/92, zugestellt.
Die betreibenden Parteien führten in dem Schriftsatz vom 4.8.1994 (ON 5) zur verpflichteten Partei weiters an, sie sei "zu 25 Ic 1978, des Gesellschaftsregisters von St.Vincent/Companies Register" registriert; sie beantragten die Überweisung ihrer - hiemit bekanntgegebenen - betriebenen Forderungen auf das Konto ihres Vertreters.
Das Erstgericht wies diesen Verwertungsantrag der betreibenden Gläubiger betreffend das am 26.5.1994 erworbene Anspruchspfandrecht mit der Begründung ab, es sei zwar richtig, daß sich ein Anspruchspfandrecht durch Herausgabe zugunsten des Exekutionsgerichtes - die zu 2 Nc 203/94s durch Erlag der zu 26 b Vr 4985/90 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erliegenden Sparbücher und Wertpapiere gemäß § 1425 ABGB zugunsten des Bezirksgerichtes Josefstadt erfolgt sei - in ein verwertbares Sachpfandrecht umwandle; ein wirksames Pfandrecht könne aber nur erworben werden, wenn der verpflichteten Partei gegenüber dem Drittschuldner die Forderung auch tatsächlich zustehe. Aus der Drittschuldneräußerung zu 10 E 5377/93 und 10 E 2731/93 ergebe sich, daß die von "P***** als vorläufige Schadensgutmachung deponierten Beträge" nicht der E***** Bank Ltd zustehen und das Landesgericht für Strafsachen Wien daher "nicht Drittschuldner ist". Auch der zu 2 Nc 203/94s getätigte Erlag gemäß § 1425 ABGB betreffe die Strafsache Dkfm.Walter P*****. Eine Verwertung der bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Wien zugunsten "Dkfm.Walter P*****" erliegenden Hinterlegungsmassen aufgrund erworbener Anspruchspfandrechte sei somit unzulässig, weil ein solches nicht (oder nur formell) erworben worden sei. Im übrigen sei der Erlag vom "Drittschuldner" gemäß § 1425 ABGB und nicht gemäß § 307 EO getätigt worden. Die Ausfolgung von Beträgen aus den Hinterlegungsmassen sei daher von den im Annahmebeschluß 2 Nc 203/94s genannten Voraussetzungen abhängig.
Das Rekursgericht stellte den Akt mit Beschluß vom 30.3.1995 dem Erstgericht gegen allfällige neuerliche Vorlage zurück. Da nach der gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden Bestimmung des § 37 ZPO das Gericht den Mangel der Vollmacht in jeder Lage des Rechtsstreites von Amts wegen zu berücksichtigen habe und nach Ansicht des Rekursgerichtes aus der Aktenlage nicht klar erkennbar sei, daß die verpflichtete Partei tatsächlich durch Günter Maier als Liquidator vertreten wird, werde das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren - allenfalls unter Zuhilfenahme der betreibenden Parteien - die Vertretungsqualifikation des angeblichen Liquidators zu überprüfen und erst dann den Akt allenfalls wieder dem Rekursgericht vorzulegen haben.
Das Erstgericht stellte diesen Beschluß dem Betreibendenvertreter und Rechtsanwalt Günter Maier als Liquidator der verpflichteten Partei zu.
Die betreibenden Parteien legten hierauf mit Schriftsatz ON 13 folgende Urkunden vor: Brief des Liquidators Rechtsanwalt Günter Maier vom 26.9.1990, mit dem er anzeigt, daß er mit Beschluß vom 23.4.1990 zum Liquidator der verpflichteten Partei bestellt wurde; Brief der Anwälte Sylvester & Williams vom 26.4.1990 mit Antrag auf Liquidation der verpflichteten Partei; Handelsregisterauszug 25 Ic 1978 der verpflichteten Partei über Eintragung des Rechtsanwalts Günter Maier als Liquidator; Brief des Liquidators Rechtsanwalt Günter Maier vom 27.4.1995, wonach er als Liquidator die verpflichtete Partei vertrete.
Das Erstgericht legte den Rekurs der betreibenden Parteien am 18.5.1995 dem Rekursgericht mit dem Bericht vor, der Liquidator Rechtsanwalt Günter Maier habe seine Vertretungsbefugnis nunmehr nachgewiesen.
Das Rekursgericht gab hierauf mit dem angefochtenen Beschluß dem Rekurs der betreibenden Gläubiger Folge, hob den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Verwertungsantrag nach Rechtskraft der Exekutionsbewilligung auf. Das Rekursgericht sprach aus, daß "der Revisionsrekurs" gegen diese Entscheidung zulässig sei, weil keine einheitliche Rechtsprechung zur Vertretung der hier verpflichteten Partei vorliege. Im Hinblick auf die große Anzahl der bereits anhängigen und in Zukunft noch zu erwartenden Verfahren stelle dies eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar.
In der Begründung führte das Rekursgericht aus, "aus Anlaß des Rekurses" sei der angefochtene Beschluß aus folgenden Erwägungen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Zustellung der Exekutionsbewilligung an die durch die Regierung des Fürstentums Liechtenstein bestellte Liquidatorin der verpflichteten Partei Coopers & Lybrand AG, Stampfenbachstraße 73, CH-8035 Zürich, und Eintritt der Rechtskraft der Exekutionsbewilligung aufzutragen:
Verwertungshandlungen wie die von der betreibenden Partei beantragten, welche die gepfändeten Werte endgültig dem Vermögen der verpflichteten Partei entziehen, seien erst nach Eintritt der Rechtskraft der Exekutionsbewilligung zulässig (vgl § 169 Abs 3, § 266 Abs 1 EO). Mängel der gesetzlichen Vertretung seien bei Überprüfung der gehörigen Zustellung der Exekutionsbewilligung jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 78 EO, § 6 Abs 1 ZPO). Aus den aus Anlaß des Rekurses eingesehenen Akten 2 Nc 203/94s des Erstgerichtes (Erlagsakt), 4 d Vr 4985/90, Hv 3308/92 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien (Strafakt gegen Dkfm.Walter P*****) sowie 16 Cg 426/93 des Handelsgerichtes Wien ergebe sich zur Frage der gehörigen Vertretung folgender Sachverhalt:
"In der Entscheidung vom 14.Juli 1993, 8 Ob 634/92, welche im Zuge der Einschränkung des Verfahrens 16 Cg 426/93h des Handelsgerichtes Wien auf die Frage, ob die hier verpflichtete und dort erstbeklagte Partei E***** Bank Ltd. i.L. durch die amtlich bestellte Liquidatorin Coopers & Lybrand AG oder durch den von den Aktionären bestellten Liquidator Günter Maier, Rechtsanwalt in München, vertreten sei, sprach der Oberste Gerichtshof aus, daß in dem Fall, daß sich der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung der E***** Bank Ltd. in Österreich befinden sollte, die E***** Bank durch ihren gesellschaftsrechtlich unstrittig rite bestellten und in der Folge - soweit aktenkundig - auch nicht wieder abberufenen oder sonst wie ersetzten Liquidator Günter Maier vertreten werde. Sei der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung jedoch in Liechtenstein, so sei die vom Fürstentum Liechtenstein amtlich bestellte Liquidatorin Coopers & Lybrand AG auch hinsichtlich aller im Ausland befindlichen Vermögenswerte ausschließlich vertretungsbefugt, soferne diese nur in der Bilanz der E***** Bank als Aktivum ausgewiesen seien. Hingegen sei der in Liechtenstein bestellte Konkursverwalter hinsichtlich des in Österreich liegenden Vermögens nicht vertretungsbefugt, und die in Liechtenstein erfolgte Konkurseröffnung habe mangels Konkursabkommens zwischen Österreich und Liechtenstein auf ein Verfahren über in Österreich gelegenes Vermögen keine Auswirkungen.
Die verpflichtete Partei wurde am 22.6.1978 in das Handelsregister des Staates St.Vincent and the Grenadines eingetragen. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 23.4.1990 wurde die freiwillige Liquidation beschlossen und Günter Maier zum Liquidator bestellt. Mit Entscheidung der Regierung des Fürstentums Liechtenstein vom 30.1.1990 wurde die Liquidierung der exekutionsrechtlich betrachtet im Fürstentum Liechtenstein liegenden Vermögenswerte der verpflichteten Partei verfügt und die Coopers & Lybrand AG zur Liquidatorin der Zweigniederlassung in Liechtenstein bestellt. Mit Beschluß vom 25.10.1990, S 404/90, eröffnete das fürstlich-liechtensteinische Landesgericht das Konkursverfahren über das Vermögen der hier verpflichteten Partei und bestellte Rechtsanwalt Dr.Gabriel Marxer, 9492 Eschen, zum Masseverwalter (Edikt bei ON 379 des Erlagsaktes).
Zur Frage des faktischen Sitzes der Hauptverwaltung der verpflichteten Partei:
Alleinaktionärin der verpflichteten Partei war bis 16.10.1984 die C***** AG. Sodann übernahm Dkfm.Walter P***** allmählich sämtliche Aktien (16 Cg 14/91-27, Beilage ./27, eidesstattliche Erklärung von Rechtsanwalt Dr.Peter W***** vom 9.2.1990). Zeichnungsberechtigte Vorstandsmitglieder waren bis 12.3.1990 Ingrid M***** und Yvonne M*****, welche ihre Tätigkeit im Fürstentum Liechtenstein entfalteten; von 12.3.1990 bis 22.4.1990 sodann Dkfm.Walter P*****, und ab 23.4.1990 der Liquidator Günter Maier. Die jährlichen ordentlichen Generalversammlungen der E***** Bank fanden in den Räumlichkeiten ihres Anwaltes Dr.Peter W***** in Vaduz statt. Tatsächlicher Entscheidungsträger war jedoch bis zur Liquidation Dkfm.Walter P*****, der als Generalbevollmächtigter von Wien aus agierte (Strafurteil 4 d Vr 4985/90, insbesondere Seiten 91 ff; Registerauszüge zu 16 Cg 14/91). Die Vertretungshandlungen der registermäßig vertretungsbefugten Organe wurden im Fürstentum Liechtenstein gesetzt (Strafurteil Seite 71 f). Die Tätigkeit der E***** Bank bestand hauptsächlich in der Vergabe von Kleinkrediten, der Hereinnahme von Festgeldanlagen und dem Ankauf von notleidenden titulierten Forderungen. Der umfangreiche Postverkehr wurde ausschließlich über die C***** AG in Schaan abgewickelt (16 Cg 14/91-27, Beilage ./7). Die Buchhaltung wurde in Wien geführt (Strafurteil Seite 102 ff). Das Büro von Dkfm.Walter P***** befand sich gleichfalls in Wien. Im geschäftlichen Verkehr wurde als Sitz nur Kingstown, St.Vincent, Postfach 881, angegeben. Rechtsverbindliche Erklärungen der E***** Bank wurden als in Kingstown abgegeben deklariert, obwohl sie von Dkfm.P***** in Wien unterzeichnet wurden (Strafurteil Seite 105). Auf dem Geschäftspapier wurden als mögliche Adressen zur Kontaktaufnahme mit der verpflichteten Partei in Europa angeführt: "Name und Anschrift unserer Hauptaktionärin: C***** AG, Fl.-9494 Schaan, S*****-Gasse 2, Postfach 455, Telefon Nr.075/28120 (Fürstentum Liechtenstein)" sowie teilweise "DK-1209 Kopenhagen, B*****straede 18". Bei allfälligen Fragen waren die Angestellten des Dkfm.P***** angewiesen, vorzugeben, daß Telefongespräche aus Liechtenstein geführt würden. Für persönliche Vorsprachen wurden Kunden in das Büro der "Hauptaktionärin" C***** AG in Schaan verwiesen (Strafurteil Seite 95)".
Aus diesen Feststellungen ergebe sich, daß der tatsächliche Sitz der Hauptverwaltung als jener Ort, an dem üblicherweise die leitenden Entscheidungen des ständigen Geschäftsbetriebes und der laufenden Verwaltung gefaßt wurden, in Liechtenstein gewesen sei. Dkfm.Walter P***** habe zwar von Wien aus agiert, sei jedoch als maßgeblicher Entscheidungsträger nach außen hin nicht in Erscheinung getreten. Für den außenstehenden Dritten habe die E***** Bank im Fürstentum Liechtenstein am Sitz ihrer Hauptaktionärin, der C***** AG, agiert.
Gegenstand dieses Exekutionsverfahrens sei nach dem Vorbringen der betreibenden Parteien ein in Österreich befindlicher Vermögenswert der verpflichteten Partei, der in der Bilanz als Aktivum aufgeschienen sein muß (sonst wäre die Exekution ja ins Leere gegangen). Aufgrund der Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofes (8 Ob 634/92) sei daher davon auszugehen, daß die verpflichtete Partei in diesem Verfahren nur von der amtlich bestellten Liquidatorin Coopers & Lybrand AG vertreten werden kann, nicht aber durch Rechtsanwalt Günter Maier.
Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht daher nach Rechtskraft dieses Beschlusses die Exekutionsbewilligung der Coopers & Lybrand AG, Stampfenbachstraße 73, CH-8035 Zürich, zuzustellen und erst nach Rechtskraft der Exekutionsbewilligung über den Verwertungsantrag neuerlich zu entscheiden haben.
Bei seinen weiteren Ausführungen zum Verwertungsantrag ging das Rekursgericht von folgender Verfahrenssituation aus:
Die im Exekutionsantrag angeführten Massen wurden im Zuge des Strafverfahrens 26 b Vr 4985/90 (4 d Hv 3308/92) des Landesgerichtes für Strafsachen Wien wie folgt erlegt:
II/HMB/350/91: von Rechtsanwalt Dr.Herbert Eichenseder am 12.3.1991 mit der Widmung "zwecks Wahrung der Rechte gemäß den Bestimmungen der §§ 34/15 und 167 StGB von allen Beteiligten beauftragt" (Band X, ON 276 des Strafaktes); es handelt sich um Gelder und Wertpapiere in einem Gesamtwert von rund Schilling 150 Mio. (Band X, ON 277 und 278).
Masse II/HMB/121/91 erlegt von Rechtsanwalt Dr.Franz Klemens Obendorfer als Vertreter des Dkfm.Walter P***** am 13.1.1991; es handelt sich um einen Bargeldbetrag von S 119.700 (Band VI, ON 161).
II/HMB/700/91 erlegt von Dr.Eichenseder im Vollmachtsnamen von Elisabeth T*****, der ehemaligen Lebensgefährtin von Dkfm.P*****, am 28.6.1990; es handelt sich um einen Bargeldbetrag von DM 667.000.
II/HMB/586/91:
erlegt von Dr.Eichenseder am 7.9.1990; Sparbuch mit einem Einlagestand von S 500.000 (Verwahrungsauftrag vom 23.9.1991, ON 387, Bd 12).
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21.12.1992, 4 d Vr 4985/90, Hv 3308/92, wurde Dkfm.Walter P*****, der sich seit 21.6.1990 in Untersuchungshaft befand, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs zum Nachteil von Anlegern der E***** Bank mit einer Schadenssumme von rund Schilling 390 Mio. zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Beschluß vom 25.7.1994 erlegte das Landesgericht für Strafsachen Wien die bei ihm getätigten Erläge aufgrund der Bestimmung des § 2 des Bundesgesetzes über die Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse vom 26.11.1993, BGBl Nr.281/63, gemäß § 1425 ABGB beim Bezirksgericht Josefstadt. Als Erlagsgegner wurden neben den Erlegern Dr.Eichenseder bzw Dr.Obendorfer jene 189 Privatbeteiligten, zugunsten welcher im Strafverfahren ein Privatbeteiligtenzuspruch erfolgte, sowie jene rund 360 Privatbeteiligten, welche mit ihren Forderungen auf den Rechtsweg verwiesen wurden, angeführt (ON 1 des Erlagsaktes 2 Nc 203/94s). Der Erlag wurde vom Bezirksgericht Josefstadt mit Beschluß vom 25.August 1994, 2 Nc 203/94s-12, gemäß § 1425 ABGB angenommen. Die Erlagsmassen tragen nunmehr die Bezeichnung II/HMB/844 bis 846/94. In dem Beschluß werden 590 Erlagsgegner angeführt, und es wird ausgesprochen, daß die Ausfolgung der Verwahrnisse nur über einverständlichen Antrag aller Erlagsgegner oder aufgrund einer rechtskräftigen und vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung, aus welcher die Ausfolgung der Erlagsgegenstände hervorgehe, erfolgen werde. Dieser Beschluß wurde von zahlreichen Erlagsgegnern angefochten, wobei die Rekursbegehren teilweise darauf abzielen, daß die Annahme nach § 309 EO zu erfolgen habe, teilweise aber auch auf gänzliche Abweisung des Erlagsbegehrens gerichtet sind. Mit Beschluß des LG für ZRS Wien vom 16.12.1994, 43 R 899/94, wurde der Akt vorläufig unerledigt dem Erstgericht zum Anschluß der Zustellnachweise hinsichtlich zahlreicher Erlagsgegner sowie zum Anschluß der Nachweise des Rechtsübergangs hinsichtlich der im Akt als Rechtsnachfolger angeführten Personen zurückgestellt. Der Akt wurde dem Rechtsmittelgericht noch nicht neuerlich vorgelegt.
Zur Berechtigung des Verwertungsantrags der betreibenden Gläubiger führte das Rekursgericht aus, eine der Voraussetzungen der Entscheidung über die Verwertungsanträge sei, daß das BG Josefstadt überhaupt berechtigt ist, über die Erträge zu verfügen. Dies sei mangels Rechtskraft des den Erlag annehmenden Beschlusses noch nicht der Fall.
Weiters erfolge die Pfändung und Überweisung von Rechten immer nur unbeschadet der Rechte Dritter; die betreibende Partei könne einen Herausgabeanspruch nur insoweit geltend machen, als dieser auch der verpflichteten Partei zustehe. Die verpflichtete Partei (vertreten durch die amtlich bestellte Liquidatorin Coopers & Lybrand AG, diese vertreten durch Dr.Michael Winischhofer) habe zwar tatsächlich zu 23 Cg 229/94d des Landesgerichtes für ZRS Wien gegen die Republik Österreich einen Herausgabeanspruch geltend gemacht; über diesen Anspruch sei jedoch noch nicht entschieden worden. Aufgrund der Aktenlage sei davon auszugehen, daß es sich bei den gepfändeten Erlägen nicht um solche handle, die zugunsten der verpflichteten Partei getätigt wurden; der Herausgabeanspruch der verpflichteten Partei sei auch nicht aus einem anderen Grund offensichtlich; vielmehr seien die Erläge offenbar zur teilweisen Schadensgutmachung zugunsten der geschädigten Anleger erfolgt. Eine Ausnahme hievon stelle offenbar die Erlagsmasse II/HMB/586/91 (nunmehr II/HMB/846/94) dar, hinsichtlich welcher der Erlag beim Bezirksgericht Josefstadt mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16.2.1995, ON 489 des Strafaktes, mit der Begründung widerrufen wurde, daß es sich hiebei um eine Haftkaution für Elisabeth T***** handle. Die Erläge erreichten rund 1/3 der Höhe der Schadenssumme, sodaß nach der Aktenlage nicht davon ausgegangen werden könne, daß nach widmungsgemäßer Verwendung der Gelder zur anteiligen Schadensgutmachung aller Geschädigter noch ein Superfluum für die verpflichtete Partei verbleiben werde. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Zuweisung der gepfändeten Werte an die betreibenden Parteien im Exekutionsverfahren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der betreibenden Parteien an den Obersten Gerichtshof ist nicht berechtigt.
Das Rekursgericht geht zutreffend davon aus, daß die beantragte Verwertung erst nach Rechtskraft der Exekutionsbewilligung zulässig ist (§ 266 Abs 1, § 327 Abs 2 EO); es hat daher von Amts wegen bei Prüfung der ordnungsgemäßen Zustellung der Exekutionsbewilligung an die verpflichtete Partei die Frage der Vertretung der verpflichteten Partei releviert. Auf Grundlage der vom Rekursgericht hiezu nach Verfahrensergänzung unter Beteiligung der Parteien getroffenen Feststellungen ist hiezu folgendes zu erwägen:
Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der - ebenfalls die nunmehr verpflichtete Partei betreffenden - Entscheidung 8 Ob 634/92 (JBl 1994, 416 = ecolex 1993, 751 = GesRZ 1993, 238 = ÖBA 1994, 165 = ZfRV 1994, 79 [Hoyer]) zur Frage der Befugnis der Vertretung der nunmehr verpflichteten Partei im dortigen Rechtsstreit ausführte, unterstellt § 12 IPRG die Rechts- und Handlungsfähigkeit einer juristischen Person ihrem Personalstatut, das ist nach § 10 IPRG das Recht des Staates, in dem das Gebilde den tatsächlichen Sitz seiner Hauptverwaltung hat (vgl BGHZ 97, 269, 271; Heldrich in Palandt56 2212). Österreich folgt damit der in Kontinentaleuropa vorherrschenden Sitztheorie. Maßgebend ist somit der Ort der Tätigkeit der Geschäftsführung und der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden Entscheidungen zur Unternehmensleitung effektiv in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt werden (Schwimann in Rummel2 Rz 2 zu § 10 IPRG mwN; vgl BGHZ 97, 269, 272; Heldrich aaO 2213; Assmann in GroßkommAktG4 Einl Rz 552; Großfeld in Staudinger13, Internationales Gesellschaftsrecht Rz 219 ff; ähnlich Ebenroth in MünchKomm2 Rz 179 nach Art 10 EGBGB). Unerheblich ist der Ort, den eine Briefkastenfirma als ihren Sitz angibt (Heldrich aaO). Nach dem Personalstatut entscheidet sich insbesondere, ob das Gebilde rechtsfähig ist und rechtsfähig wurde (BGHZ 128, 41, 44; Heldrich aaO; Assmann aaO Rz 558 mwN in FN 106). Eine Folge der Sitztheorie ist es dann aber, daß juristische Personen, die in Staaten, in denen die Gründungstheorie gilt, registriert sind, zwar dort, aber nicht in dem Staat, in dem sich ihr Hauptsitz befindet, Träger von Rechten und Pflichten sein können (vgl Wengler in BGB-RGRK12 VI/1 734f mit dem Beispiel eines Gefälligkeitsstatutes [Seychellen] in VI/2 1095 FN 8a). Nach dem vorliegenden Sachverhalt hatte die verpflichtete Partei bis zur Bestellung eines Liquidators nicht in St.Vincent and the Grenadines den Hauptsitz ihrer Verwaltung. Die Verweisung des IPRG auf das Personalstatut einer juristischen Person oder sonstigen Verbindung ist grundsätzlich eine Gesamtverweisung; sie schließt daher die Beachtlichkeit von Rück- und Weiterverweisungen ein (Schwimann aaO Rz 3). Daraus folgt, daß für den österreichischen Rechtsbereich die Rechtspersönlichkeit grundsätzlich (mangels Gründung und Errichtung einer AG oder einer GmbH) dann zu verneinen ist, wenn sie weder im Gründungsstaat noch in einem Staat, der der Gründungstheorie folgt, sondern in einem Staat, für den die Sitztheorie gilt, ihren Hauptsitz hat, sie dort recte nicht errichtet wurde, sodaß ihr dort Rechtsfähigkeit nicht zukommt, es sei denn, dieser Staat verwiese auf das Recht eines anderen Staates, der der Gründungstheorie folgt (vgl Assmann aaO Rz 555 f). Der vorliegende Fall ist aber nun dadurch gekennzeichnet, daß die betreibenden Parteien gegen die verpflichtete Partei in der Schweiz einen Exekutionstitel erwirkt haben. Die Schweiz hat sich neuerdings (Art 154 des Schweizerischen Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht) der Gründungstheorie angeschlossen (vgl Großfeld, Internationales und Europäisches Unternehmensrecht2 40, 44; Vischer in IPRG Komm Rz 8-10 zu Art 154). Ob die Ansicht Wenglers aaO VI/1 734 zutrifft, daß im Gründungsstaat belegte sachenrechtliche Ansprüche von der dort existenten juristischen Person in einem Staat, der der Sitztheorie folgt, und in dem der juristischen Person keine Rechtsfähigkeit zukommt, geltend gemacht werden können, braucht nicht untersucht zu werden, weil eine solche Konstellation hier nicht vorliegt; hier handelt es sich um einen in Österreich angenommenen Gerichtserlag von Bargeld, für dessen Ausfolgung ausschließlich österreichische Normen maßgebend sind.
Das Rekursgericht stellte nunmehr für die Frage des anzuwendenden Rechtes auf einen Zeitpunkt vor der Bestellung des Liquidators durch den Gründungsstaat (23.IV.1990) ab. Ganz abgesehen davon, daß auf Grund der von ihm getroffenen Feststellungen nur der Schluß gezogen werden könnte, der Sitz der Hauptverwaltung wäre vor diesem Zeitpunkt in Österreich gewesen, war doch tatsächlicher Entscheidungsträger bis zur Liquidation Dkfm.Walter P*****, der von Wien aus agierte, wo auch die Buchhaltung geführt wurde. Die leitenden Entscheidungen des laufenden Geschäfts- und Verwaltungsbetriebes wurden somit in Wien gefaßt, wo Dkfm.Walter P***** als alleiniger Entscheidungsträger sein Büro hatte. Demgegenüber ist der Umstand, daß die jährlichen ordentlichen Generalversammlungen in Liechtenstein stattfanden, wo auch die Vertretungshandlungen der registermäßig vertretungsbefugten Organe gesetzt wurden, nicht von Bedeutung, da hiebei nicht die tatsächlich maßgeblichen Entscheidungen getroffen wurden, kommt es für das vorliegende Exekutionsverfahren ausschließlich darauf an, welchem Personalstatut die verpflichtete Partei ab dem Tag der Exekutionsbewilligung (2.2.1994) unterstand. Für eine abschließende Beurteilung mangelt es hiefür an einer tatsächlichen Entscheidungsgrundlage, konnte doch in der Zeit zwischen 22.4.1990 und 2.2.1994 der Sitz der Verwaltung in einen Staat verlegt worden sein, der der Gründungstheorie folgt oder auf den das Recht des Sitzstaates weiterverweist.
Eine abschließende Beurteilung, ob der verpflichteten Partei überhaupt Parteifähigkeit zukommt, ist hier jedoch, wie bereits ausgeführt wurde, nicht möglich. Falls der faktische Sitz der Hauptverwaltung auch nach dem 23.4.1990 noch in Wien lag, bleibt es ungeachtet der Bestellung des Liquidators Günter Maier durch den Gründungsstaat bei dem Mangel der Parteifähigkeit der verpflichteten Partei. Der erkennende 3.Senat kann der nicht näher begründeten Rechtsansicht des 8.Senats in der Entscheidung 8 Ob 634/92 (JBl 1994, 416 = ecolex 1993, 751 = GesRZ 1993, 238 = ÖBA 1994, 165 = ZfRV 1994, 79 [Hoyer]), in einem solchen Fall wäre diese Liquidatorbestellung rite zustandegekommen (und damit das Gebilde rechtsfähig geworden), für das Exekutionsverfahren nicht folgen. Bisher kann nämlich nur davon ausgegangen werden, daß dies offenbar nach dem Recht von St.Vincent and the Grenadines der Fall wäre. Nur bei einer - bisher nicht festgestellten - maßgeblichen Sitzverlegung wäre demzufolge das Recht von St.Vincent and the Grenadines anzuwenden und diese Liquidatorenbestellung allenfalls gültig und für dieses Exekutionsverfahren zu beachten (vgl Hoyer in Glosse ZfRV 1994, 82 ff [83]).
Das Rekursgericht hat somit aufgrund einer nicht gebilligten Rechtsansicht dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen; tatsächlich ist vor einer derartigen Entscheidung vom Erstgericht in geeigneter Weise - sinnvollerweise nach Anhörung der bisher eingeschrittenen Parteienvertreter - zu klären, ob der verpflichteten Partei überhaupt Parteifähigkeit zukommt; dann erst kann beurteilt werden, wer vertretungsbefugt ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO, §§ 40, 50 ZPO.
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