OGH 1Ob2183/96b

OGH1Ob2183/96b3.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria G*****, vertreten durch Dr.Gerald Haas, Dr.Anton Frank und Mag.Ursula Schilchegger-Silber, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Marktgemeinde G*****, vertreten durch Dr.Josef Kaiblinger und Mag.Franz Eschlböck, Rechtsanwälte in Gunskirchen, wegen S 117.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgerichts vom 16.November 1995, GZ 6 R 113/95-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 24.Februar 1995, GZ 1 Cg 70/94-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die erstgerichtliche Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

„Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 115.520 samt 4 % Zinsen seit 10.3.1993 und die mit S 80.741,40 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin S 8.291,90 Umsatzsteuer und S 30.990 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Das Mehrbegehren von S 1.480 samt 4 % Zinsen seit 10.März 1993 wird abgewiesen.“

Text

Entscheidungsgründe:

Am 4.September 1991 ereignete sich im Ortsgebiet der beklagten Partei auf einem Geh- und Radweg ein Verkehrsunfall, an dem die Klägerin als Radfahrerin und eine Fußgängerin beteiligt waren.

Die Klägerin begehrte von der beklagten Partei, gestützt auf die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes und auf § 1319a ABGB, den Ersatz ihres mit S 117.000,-- bezifferten Schadens. Sie brachte vor, sie sei mit ihrem Fahrrad auf dem entsprechend den Bodenmarkierungen angelegten Radweg gefahren. Als sie auf gleicher Höhe mit einer Fußgängerin, die den niveaugleichen Gehweg benützt habe, gefahren sei, habe diese plötzlich nach rechts gehend den Radweg betreten, wodurch es zur Kollision gekommen sei. Die benützte Verkehrsfläche sei durch Verordnung der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zum Geh- und Radweg erklärt worden, weshalb die Anbringung des Gebotszeichens nach § 52 lit b Z 17a lit a StVO verfügt worden sei. Bei Betrachtung dieses Verkehrszeichens ergebe sich der Eindruck eines für Fußgänger und Radfahrer gemeinsam zu benützenden Geh- und Radwegs. Es seien aber auch Bodenmarkierungen angebracht worden, die weder mit der Verordnung noch mit dem in diesem Zusammenhang verfügten Gebotszeichen im Einklang stünden. Der Geh- und Radweg sei nämlich durch eine in der Längsrichtung aufgebrachte weiße Linie geteilt und die dadurch entstehenden zwei Fahrstreifen seien mit Bodenmarkierungen versehen worden, nach welchen der Fußgänger- und der Radfahrverkehr getrennt zu führen seien, wie es einem Geh- und Radweg nach § 52 lit b Z 17a lit b StVO entspreche. Auf dem von der Klägerin benützten Teil des Geh- und Radwegs sei das Gebotszeichen „Radweg“ im Sinne des § 52 lit b Z 16 StVO abgebildet gewesen. Die von der Klägerin benützte Fahrbahnfläche habe sich nach der Bodenmarkierung als Radweg gemäß § 52 lit b Z 16 bzw Z 17a lit b StVO dargestellt, wogegen die von der Klägerin befahrene und von der Fußgängerin begangene Fläche nach der Verordnungslage und dem Verkehrszeichen „Radweg Ende“ einen Geh- und Radweg im Sinne des § 52 lit b Z 17a lit a StVO dargestellt habe. Die Bodenmarkierungen seien im Auftrag und nach Anweisung von Organen der beklagten Marktgemeinde angebracht worden. Die Anbringung dieser Markierungen sei nicht durch § 98 Abs 3 StVO gedeckt gewesen, weil hiefür gemäß § 43 Abs 1 lit b Z 2 StVO eine Verordnung erforderlich gewesen wäre. Überdies hätten die Wege gar nicht die erforderlichen Mindestbreiten aufgewiesen. Die Klägerin habe ihr Fahrrad im Vertrauen auf die Richtigkeit der Bodenmarkierungen an der Fußgängerin vorbeigelenkt und auch darauf vertraut, daß der nach der Markierung den Radfahrern vorbehaltene Teil frei bleiben werde. Demgegenüber habe die Fußgängerin - durch die Verordnung und das angebrachte Verkehrszeichen gedeckt - unmittelbar vor der Klägerin die Fahrbahnteile gewechselt, weshalb ein Zusammenstoß nicht vermeidbar gewesen sei. Es wäre ohne die irreführenden Bodenmarkierungen nicht zur Kollision gekommen. Der der Klägerin entstandene Schaden sei durch eine Rechtsverletzung eines Organs der beklagten Partei verursacht worden, die auch für die mangelhafte Beschaffenheit des Wegs verantwortlich sei. Die Mängel der Bodenmarkierungen seien auf grobes Verschulden der beklagten Partei zurückzuführen. Die Klägerin sei schwer verletzt worden. Ihr gebühre ein Schmerzengeld von S 90.000; außerdem verlange sie den Ersatz der Kosten einer Haushaltshilfe (S 25.000), der Fahrradreparatur (S 1.000) und „unfallskausaler Spesen“ (S 1.000).

Die beklagte Partei wendete ein, der mit Verordnung der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vom 15.Oktober 1986 verordnete Geh- und Radweg sei ordnungsgemäß mit dem Gebotszeichen „Geh- und Radweg“ gemäß § 52 lit b Z 17a StVO kundgemacht worden. Es sei der beklagten Partei überlassen worden, zusätzliche Bodenmarkierungen anzubringen. Die in Längsrichtung aufgebrachte weiße Linie stelle eine verkehrsleitende Maßnahme dar, die allen Benützern - und auch der Klägerin - bekannt gewesen sei. Sie habe nicht darauf vertrauen dürfen, daß die Fußgängerin nicht in ihre Fahrlinie treten werde. Eine verordnungswidrige Kundmachung liege nicht vor. Die Klägerin habe jedenfalls ein Mitverschulden zu verantworten, weil sie nicht auf Sicht gefahren sei. Auch eine allenfalls vorhandene Bodenmarkierung gemäß § 52 lit b Z 16 StVO habe nur eine Verkehrsleitungsfunktion erfüllt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es meinte rechtlich, die Bezirksverwaltungsbehörde habe für die Verkehrsfläche des Geh- und Radwegs das Gebotszeichen „Geh- und Radweg“ nach § 52 lit b Z 17a StVO verordnet. Entsprechend dieser Verordnung habe die beklagte Partei das Gebotszeichen „am 10.September 1986“ (richtig wohl an einem Tag nach dem 15.Oktober 1986) angebracht, die Verordnung also ordnungsgemäß kundgemacht. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß diese später - noch vor 1989 - Bodenmarkierungen habe aufbringen lassen, die durch keine Verordnung gedeckt seien. Dies sei nicht in Vollziehung einer hoheitlichen Anordnung, sondern im Wege der Straßenerhaltung geschehen. Solche Akte der Privatwirtschaftsverwaltung könnten Amtshaftungsansprüche der Klägerin nicht begründen. Als Wegehalterin hafte die beklagte Partei gemäß § 1319a ABGB für die Verkehrssicherheit des Wegs ganz allgemein, doch könne ihr keine grobe Fahrlässigkeit im Zusammenhang mit der Anbringung der Bodenmarkierungen vorgeworfen werden.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Die vorschriftswidrige Anbringung der Bodenmarkierungen durch die beklagte Gemeinde gehöre nicht zur Privatwirtschaftsverwaltung. Demnach hafte die beklagte Partei allenfalls nach § 1 AHG, was ihre Haftung gemäß § 1319a ABGB ausschließe. Der Klägerin obliege indes die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der beklagten Partei und dem eingetretenen Schaden. Daß ein solcher Zusammenhang vorliege, habe die Klägerin jedoch weder behauptet noch bewiesen. Es sei nicht aufgezeigt worden und auch nicht nachvollziehbar, inwieweit die irreführenden Bodenmarkierungen zur Kollision geführt hätten.

Die Revision der Klägerin ist berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Auffassung des Gerichts zweiter Instanz, die Klägerin habe einen Kausalzusammenhang zwischen der Anbringung der Bodenmarkierungen durch die beklagte Partei und ihren Schäden weder behauptet noch bewiesen, steht mit der Aktenlage nicht in Einklang: Die Klägerin brachte vor, zum Zusammenstoß mit der Fußgängerin sei es deshalb gekommen, weil sie darauf vertraut habe, daß der entsprechend der Bodenmarkierung den Radfahrern vorbehaltene Teil der Verkehrsfläche frei bleiben werde, die Fußgängerin aber unmittelbar vor der Klägerin in einem derart kurzen Tiefenabstand einen Wechsel der Gehrichtung vorgenommen habe, daß die Kollision nicht mehr zu verhindern gewesen sei; ohne die irreführende Bodenmarkierung wäre es nicht zur Kollision gekommen. Den Beweis für diese Behauptung, die nicht der Verordnungslage entsprechenden Bodenmarkierungen seien für den Unfall kausal gewesen, mußte aber nicht die Klägerin antreten: Die Normen der Straßenverkehrsordnung sind ganz allgemein Schutzvorschriften im Sinne des § 1311 ABGB. Das trifft namentlich auch auf die Vorschriften des § 43 Abs 1 lit b und des § 98 Abs 3 StVO zu. Soweit die Behörde gesetzliche Schutzpflichten treffen, haftet für deren Verletzung deren Rechtsträger nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes. Der Beweis dafür, daß die Aufbringung der durch eine entsprechende straßenaufsichtsbehördliche Verordnung nicht gedeckten Bodenmarkierungen auf das Schadensereignis ohne Auswirkungen geblieben sei bzw der beklagten Marktgemeinde daran jedenfalls kein Verschulden zur Last falle, wäre demnach dieser oblegen (1 Ob 24/94; ZVR 1986/106; SZ 54/12 ua). Diesen Beweis konnte die beklagte Partei nicht erbringen, liegt doch eine Feststellung der Vorinstanzen vor, es könne nicht festgestellt werden, daß sich der Unfall ohne die Bodenmarkierungen in der gleichen Art und Weise ereignete hätte.

Entgegen der Ansicht der beklagten Partei haftet sie der Klägerin aus dem Rechtsgrund des § 1 Abs 1 AHG, weil sie Bodenmarkierungen anbringen ließ, die nicht bloß durch keine entsprechende Verordnung gedeckt waren, sondern sogar einer von der zuständigen Behörde erlassenen Verordnung widersprachen:

Die Bezirksverwaltungsbehörde erließ am 15.Oktober 1986 eine Verordnung, mit der die hier zu beurteilende Verkehrsfläche zum Geh- und Radweg erklärt und die Aufstellung des Gebotszeichens „Geh- und Radweg“ (§ 52 lit b Z 17a StVO) angeordnet wurde. Die der beklagten Partei übertragene Kundmachung dieser Verordnung fällt in den Kompetenzbereich des Landes, das gemäß Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG der für die Straßenpolizei zuständige Rechtsträger ist (1 Ob 24/94 ua). Diese dem hoheitlichen Bereich zuzuordnende Kundmachung der Verordnung (1 Ob 29/95; EvBl 1986/119) bildet den Abschluß der an sich dem Land zuzurechnenden hoheitlichen Tätigkeit und ist daher integrierender Bestandteil der Hoheitsverwaltung; die beklagte Partei war als für die Vollziehung dieses Hoheitsakts in die Pflicht genommen anzusehen (SZ 59/4 ua; Schragel, AHG2 Erg Rz 340). Für Fehler bei der Aufstellung des Gebotszeichens gemäß § 52 lit b Z 17a StVO hätte deshalb das Land gemäß § 1 Abs 1 AHG einstehen müssen. Bei der Aufstellung dieses Verkehrszeichens ist der beklagten Partei indes kein Fehler unterlaufen, wurde doch das angeordnete Gebotszeichen „Geh- und Radweg“ nach § 52 lit b Z 17a StVO ordnungsgemäß angebracht und die Bezirksverwaltungsbehörde davon verständigt. Damit war die hoheitliche Tätigkeit des Landes, soweit sie die Verordnung vom 15.Oktober 1986 betraf, abgeschlossen. Erst nach deren Abschluß informierte die beklagte Partei die Bezirksverwaltungsbehörde von „Schwierigkeiten“ bei der Benützung des Geh- und Radwegs und ersuchte um Prüfung von Verbesserungsmaßnahmen. Die Behörde führte daraufhin am 5.Mai 1987 einen Ortsaugenschein durch, gab danach jedoch bekannt, daß straßenpolizeiliche Verbesserungsmaßnahmen nicht getroffen werden würden; mit Schreiben vom 15.September 1987 wies die beklagte Partei darauf hin, daß die Verordnung vom 15.Oktober 1986 (Erklärung zum „Geh- und Radweg“) nach wie vor aufrecht bleibe Soweit die beklagte Partei nach vorschriftsmäßiger Kundmachung der Verordnung „in weiterer Folge“ bzw „vor dem Jahre 1989“ dennoch Bodenmarkierungen in Auftrag gab und die von der Klägerin beanstandeten Markierungen auch in der Tat aufbringen ließ, kann darin keine hoheitliche Tätigkeit, die noch dem Land zuzurechnen wäre, erblickt werden; die Gemeinde ist dabei vielmehr nicht für das Land, sondern im eigenen Wirkungsbereich tätig geworden. Das Land hat (durch die Bezirksverwaltungsbehörde) sogar ausdrücklich jedwede Änderung der Verordnung vom 15.Oktober 1986 abgelehnt, so daß die weiteren eigenmächtigen Vorkehrungen der beklagten Marktgemeinde in bezug auf den Geh- und Radweg nicht dem Land zugerechnet werden können. Scheidet daher dessen Haftung aus, kommt auch die Haftung der beklagten Partei aus dem Grunde des § 1 Abs 3 AHG nicht in Betracht. Damit ist aber für diese nichts gewonnen:

Soweit die beklagte Partei die Anbringung der Bodenmarkierungen anordnete, war sie nicht privatwirtschaftlich als Straßenerhalterin tätig, sondern entfaltete dabei eine hoheitliche Tätigkeit. Seit Inkrafttreten der 19.StVO-Novelle darf der Straßenerhalter, ohne das Einvernehmen mit der Behörde herzustellen, lediglich solche Bodenmarkierungen anbringen, die kein Verkehrsverbot oder -gebot zum Ausdruck bringen, also Bodenmarkierungen mit reiner Verkehrsleitfunktion, wie etwa Rand-, Leit-, Ordnungs- oder Begrenzungslinien (Messiner, StVO9 § 98 Anm 5). Die gemäß § 52 lit b Z 16 StVO ausgeführte Bodenmarkierung „Radweg“ ist ein Gebotszeichen, dessen Anordnung dem Land (dessen Straßenaufsichtsbehörden) vorbehalten ist. Soweit die beklagte Partei in eigener Machtvollkommenheit, also ohne durch eine Verordnung der zuständigen Behörde gedeckt zu sein, ja selbst gegen deren ausdrücklichen Erklärung, Bodenmarkierungen im Sinne eines solchen Gebotszeichens anbringen ließ, erweckte sie damit den äußeren Anschein einer Amtshandlung, zumal die Organe des Straßenerhalters gemäß § 44 b StVO unter ganz bestimmten Voraussetzungen eine der in § 43 Abs 1 lit b Z 1 und 2 StVO bezeichneten Maßnahmen durch Anbringung von Bodenmarkierungen treffen dürfen. In allerdings sehr eingeschränktem Umfang kommt somit auch der beklagten Partei als Straßenerhalterin die Zuständigkeit zur Anbringung von Bodenmarkierungen zu; für den unbefangenen Straßenbenützer ist es jedoch keineswegs ersichtlich, ob der Straßenerhalter die Anbringung von Bodenmarkierungen, die ein Verkehrsgebot zum Ausdruck bringen, als unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 44b StVO betrachtete oder ob er damit lediglich eine Erleichterung bei der Benützung der Verkehrsfläche schaffen wollte. Entscheidend ist stets der äußere Anschein der vorgenommenen (Amts-)Handlung (1 Ob 4/95 = ecolex 1996, 168; 1 Ob 25/94, vgl auch 1 Ob 5/90; SZ 54/80). Der beklagte Rechtsträger muß sich im vorliegenden Fall diesen äußeren Tatbestand zurechnen lassen, weil der Klägerin unter dem Anschein hoheitlichen Handelns dadurch ein Schaden zugefügt wurde (1 Ob 25/94).

Die Klägerin nimmt die beklagte Partei auch als Wegehalterin nach § 1319a ABGB in Anspruch. Wenngleich die Haftung des Wegehalters gemäß § 1319a ABGB und die Amtshaftung des Rechtsträgers etwa für das schuldhaft rechtswidrige Verhalten eines ihm zuzurechnenden Organs der Straßenaufsicht gemäß § 1 AHG nebeneinander bestehen können (1 Ob 29/95; 1 Ob 5/90 je mwN), schließt doch die Bejahung der Haftung nach § 1 Abs 1 AHG aus einem bestimmten Verhalten die Haftung der beklagten Partei aus diesem Verhalten gemäß § 1319a ABGB (als Straßenerhalter) aus; die Frage, ob die beklagte Partei für den Fall der Verneinung einer Haftung nach § 1 Abs 1 AHG aus einem anderen Rechtsgrund haftete, muß nicht geprüft werden. Unerheblich ist es auch, ob der beklagten Gemeinde grobes Verschulden anzulasten wäre, weil die Haftung des Rechtsträgers nicht auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist (EvBl 1986/119 uva), den Organen der beklagten Partei leichte Fahrlässigkeit bei der Aufbringung irreführender Bodenmarkierungen aber jedenfalls anzulasten ist.

Hat der beklagte Rechtsträger für das Verhalten seiner Organe im Zusammenhang mit der eigenmächtigen Aufbringung von Bodenmarkierungen, die noch dazu mit der rechtmäßig erlassenen Verordnung der zuständigen Straßenaufsichtsbehörde im Widerspruch standen, einzustehen, erweist sich der Rechtsstreit bereits als spruchreif, weil die Schadenshöhe und die Frage eines allfälligen Mitverschuldens der Klägerin am Unfall von den Vorinstanzen bereits abschließend geklärt wurde:

Die Höhe des Schmerzengelds (S 90.000,- -) sowie die Kosten der erforderlichen Fahrradreparatur, die Höhe der „unfallkausalen Spesen“ (je S 1.000,- -) sowie der Beginn des Zinsenlaufs sind außer Streit gestellt Auch die Höhe des Schadens, der der Klägerin dadurch entstand, daß sie Hilfeleistungen ihrer Verwandten in Anspruch nehmen mußte, kann den Feststellungen des Erstgerichts entnommen werden, das - in der Folge unbekämpft - einen Zeitaufwand von 336 Stunden S 70,- -, insgesamt daher einen Aufwand von S 23.520,- -, als dafür erforderlich gewesen feststellte. Das geringfügige Mehrbegehren aus dem Titel der „erforderlichen Hilfeleistungen“ ist demnach abzuweisen.

Ein Mitverschulden kann der Klägerin nicht angelastet werden; die Vorinstanzen stellten fest, der Klägerin wäre eine unfallsverhindernde oder die Unfallsfolgen mildernde frühere Reaktion nicht möglich gewesen, und es könne auch nicht festgestellt werden, daß sie auf die drohende Kollision verspätet reagiert oder eine sonstige Unfallsverhinderungsmöglichkeit gehabt habe; diese Feststellungen blieben in der Folge unbekämpft.

In Stattgebung der Revision ist dem Klagebegehren bis auf das Mehrbegehren von S 1.480 zu entsprechen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen beruht auf § 43 Abs 2 und § 50 ZPO.

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