OGH 6Ob2/96

OGH6Ob2/9623.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Ehmayr, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 13.März 1980 verstorbenen Georg G*****, wegen Bestellung eines Anerben, infolge Protokollar-Revisionsrekurses des erblasserischen Sohnes Manfred G*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 16.November 1995, GZ 4 R 495/95-44, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wolfsberg vom 12. September 1995, GZ A 121/80-34, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Verlassenschaft nach dem am 13.März 1980 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorbenen Georg G***** wurde mit Einantwortungsurkunde vom 20.August 1980 seiner Witwe zu einem Drittel sowie seinen sieben Kindern: Marianne B*****, Rosa K*****, Gertrude G***** (jetzt verehelichte L*****), Manfred G*****, Franz G*****, Silvia G*****, und Karl-Jürgen G***** (im folgenden nur mit dem Vornamen bezeichnet) zu je 2/21 eingeantwortet. Bei der vom Verstorbenen hinterlassenen, rund 10 Hektar großen Liegenschaft in W*****, handelt es sich um einen Kärntner Erbhof.

Am 3.Oktober 1980 trafen die Erben - die minderjährigen vertreten durch einen Widerstreitsachwalter - ein Erbübereinkommen mit folgenden hier relevanten Bestimmungen:

"ERSTENS: Vorweg wird festgestellt, daß grundsätzlich nach den Bestimmungen des Kä. Erbhöferechtes (§ 7 des Gesetzes vom 16.9 1903 in der derzeit geltenden Fassung) der erbl. Sohn mj.Manfred ... zum Anerben berufen ist. Da heute noch nicht feststeht und auch nicht abgeklärt werden kann, wer tatsächlich im Sinne gerade des zitierten Gesetzes den Besitz übernehmen wird, wird die Erbteilung einvernehmlich aufgeschoben.

Die Erbteilung hat über Antrag eines Erben spätestens dann zu erfolgen, wenn der erbl. Sohn Karl-Jürgen ... , geboren am 20.3.1976, das 15.Lebensjahr vollendet hat oder im Falle des Vorablebens vollenden würde.

ZWEITENS: Die seinerzeitige Erbteilung hat nach den Grundsätzen des im Zeitpunkt der Erbteilung geltenden Erbhöferechtes zu erfolgen.

Der Hofübernehmer muß im Zeitpunkt der Erbteilung die Eigenschaft eines Anerben im Sinne des Anerbenrechtes besitzen. ..."

Im Hinblick auf diese Regelung erfolgte die Einantwortung des Nachlasses mit der auch im Grundbuch eingetragenen Beschränkung des Eigentumsrechts durch die hinausgeschobene Erbteilung iSd Erbübereinkommens vom 3.Oktober 1980.

Im fortgesetzten Verlaßverfahren erschienen zu der vom Gerichtskommissär am 17.Juli 1995 abgehaltenen Tagsatzung mit Ausnahme der gleichfalls geladenen erblasserischen Tochter Marianne, die "aus persönlichen Gründen" nicht teilnahm, alle Verlaßbeteiligten, nämlich die Witwe und die übrigen sechs Kinder des Verstorbenen. Mit Eingabe vom 10.Juli 1995 an den Gerichtskommissär erklärte die erblasserische Tochter Marianne, eine Erbteilung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht für sinnvoll zu halten, insbesondere deswegen, weil ihre zwei jüngsten Geschwister unter Druck und Einfluß ihrer Mutter sowie ihres Bruders Manfred stünden, sodaß ihnen eine freie Entscheidung nicht möglich wäre. In der Tagsatzung brachte die erblasserische Tochter Rosa vor, die Ansicht ihrer Schwester Marianne zu teilen. Auch ihrer Ansicht nach sei es verfrüht, den Anerben und Hofübernehmer festzusetzen und den Erbhof in dessen Alleineigentum zu übertragen. Schließlich bestünden auch hinsichtlich des Übernahmspreises unterschiedliche Auffassungen.

Der erblasserische Sohn Manfred beantragte, die Erbteilung durchzuführen und ihm den Erbhof unter Festsetzung des Übernahmspreises und der Zahlungsmodalitäten zuzuweisen. Darüber kam unter den Verlaßbeteiligten keine Einigung zustande.

Nachdem das Erstgericht von der Marktgemeinde L***** die fernmündliche Mitteilung erhalten hatte, daß der erblasserische Sohn Manfred auf der Liegenschaft in Weißenberg aufgewachsen sei und immer in der Landwirtschaft gearbeitet habe, bestimmte es diesen zum Anerben. Für einen weiteren Aufschub der Erbteilung bestehe kein Raum. Bereits im Erbübereinkommen sei die Berufung des erblasserischen Sohns Manfred zum Anerben festgestellt worden. Er wolle den Hof auch übernehmen. Ausschlußgründe lägen nicht vor, während die älteren Schwestern schon durch Beruf und Entfernung ihres Wohnsitzes für den Erbhof als Anerben nicht in Frage kämen. Der erblasserische Sohn Manfred sei daher sowohl nach dem Kärntner ErbhöfeG aF als auch nach dem neuen Kärntner ErbhöfeG 1990 zum Anerben berufen.

Das Rekursgericht hob über Rekurs der erblasserischen Kinder Marianne, Sekretärin in München, Karl-Jürgen, Schlosser in W*****, Silvia, Sekretärin in W*****, und Rosa, Hausfrau in H*****, Vorarlberg, diese Entscheidung auf. Zufolge Anwendung der Rechtslage vor Inkrafttreten des Kärntner ErbhöfeG 1990 und demnach des § 11 der JMV vom 14.Jänner 1904, JMVBl 2, sei spätestens ab erlangter Eigenberechtigung des berufenen Anerben mit der Erbteilung vorzugehen. Da seit März 1995 alle Kinder des Verstorbenen volljährig und damit eigenberechtigt seien, bestehe für einen weiteren, von den Rekurswerbern angestrebten Aufschub der Erbteilung kein Raum.

Der Anerbe sei nach § 7 Kärntner ErbhöfeG aF vom Gericht zu bestimmen, weil der Erblasser ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstorben sei und sich die Erben nicht über die Person des Anerben hätten einigen können. Es gebühre den männlichen Erben der Vorzug vor den weiblichen und unter mehreren Erben desselben Geschlechts dem älteren vor dem jüngeren. Dementsprechend hätte das Erstgericht richtig entschieden, zumal die Eignung eines nicht ausgeschlossenen Anerben nicht zu prüfen sei. Allerdings werde hier, wenn auch erst im Rekurs, dem vom Erstgericht bestimmten Anerben inhaltlich zumindest tendenziell der Ausschlußgrund des auffallenden Hangs zur Verschwendung (§ 7 Z 4 lit c Kärntner ErbhöfeG aF) vorgeworfen, werde doch ausgeführt, der erblasserische Sohn Manfred sowie dessen Lebensgefährtin, aber auch der erblasserische Sohn Franz befänden sich in großen finanziellen Schwierigkeiten. Es seien über 1,5 Mio S als von Banken kreditierte Gelder im Zuge einer aus der Zeitung bekannten Spekulationsaffäre "in den Sand gesetzt" worden. Der erblasserische Sohn Manfred würde für die Schulden haften und habe mit seinem Bruder Franz weitere dubiose, hochspekulative Geschäfte getätigt; es bestehe der "Eindruck eines finanziellen Desasters".

Zwar habe nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs in der - nicht veröffentlichten - Entscheidung 6 Ob 29/94 die an sich amtswegige Erhebungspflicht des Abhandlungsgerichts insofern Grenzen, als nach Tatumständen, die einen Ausschließungsgrund erfüllen könnten, der aber weder von einem Beteiligten geltend gemacht worden noch nach dem Akteninhalt verdachtweise zu vermuten sei, nicht zu forschen sei. Denn die Geltendmachung von Ausschließungsgründen sei in die Verfügungsmacht der Beteiligten gelegt. Dies setze aber jedenfalls die Kenntnis der Beteiligten über die Rechtslage voraus, hier im besonderen darüber, daß ein weiterer Aufschub der Erbteilung unmöglich sei. Hier machten die Rekurswerber einen Ausschlußgrund in Ansehung des erblasserischen Sohns Manfred bisher allenfalls deshalb nicht geltend, weil sie mit einem weiteren Aufschub gerechnet und gemeint hätten, sich weiteres Vorbringen für später aufsparen und abwarten zu können, ob sich der mögliche Anerbe "finanziell erfange". Es wäre das Erfordernis der gerade im außerstreitigen Verfahren gegenüber nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten besonders ausgeprägten Belehrungs- und Anleitungspflicht des Erstgerichts gewesen, alle Beteiligten auf die Unzulässigkeit eine weiteren Aufschubs hinzuweisen und zu erforschen, warum man sich nicht auf den Anerben einigen könne. Zumindest hätte aber allen Beteiligten einschließlich der ausgebliebenen erblasserischen Tochter Marianne die Möglichkeit zur Stellungnahme zum Antrag des erblasserischen Sohns Manfred, ihn zum Anerben zu bestimmen, eingeräumt werden müssen. Erst wenn auch dann keine Ausschlußgründe geltend gemacht oder aufgeworfen worden wären, wäre der amtswegigen Erhebungspflicht Genüge getan gewesen. Da dies nach der Aktenlage nicht geschehen sei, müsse dem Erstgericht die Verfahrensergänzung und neuerliche Entscheidung aufgetragen werden. Nach § 7 Kärntner ErbhöfeG aF habe ua über das Vorhandensein von Ausschlußgründen nach dieser Gesetzesstelle der Gerichtshof erster Instanz zu entscheiden, dem das Bezirksgericht die Abhandlungsakten mit seinem Gutachten vorzulegen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz zugelassene Revisionsrekurs des erblasserischen Sohns Manfred ist zulässig, im Ergebnis aber nicht berechtigt.

a) Vorerst ist die Frage des anzuwendenden Rechts zu klären: Nach § 24 Abs 1 Kärntner ErbhöfeG 1990 BGBl 1989/658, ist dieses mit 1. Jänner 1990 in Kraft getreten. Gemäß Abs 2 leg cit ist das neue Gesetz mit Ausnahme der hier nicht relevanten Bestimmungen über die Nachtragserbteilung nach §§ 21 und 22 nur dann anzuwenden, wenn der Erblasser nach seinem Inkrafttreten stirbt. Nach § 25 Abs 1 leg cit treten mit dem Inkrafttreten das Gesetz vom 16.September 1903 LGBl für Kärnten Nr 33 betreffend die Einführung besonderer Erbteilungsvorschriften für landwirtschaftliche Besitzungen mittlerer Größe (Erbhöfe) idF des Bundesgesetzes vom 11.Juli 1930, BGBl 1930/235 (im folgenden Kärntner ErbhöfeG 1903) sowie die Verordnung des Justizministeriums vom 14.Jänner 1904 zum Vollzuge des Kärntner Landesgesetzes ... JMVBl 2/04 (im folgenden Vollzugsverordnung 1904) außer Kraft. Da der Erblasser vor dem 1.Jänner 1990 verstorben ist und die Übergangsbestimmungen eindeutig klarstellen, daß zur Zeit des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängige Abhandlungen nach dem alten Recht zu Ende zu führen sind, sind an sich das Kärntner ErbhöfeG 1903 und die Vollzugsverordnung 1904 die maßgeblichen Rechtsvorschriften. Der Gesetzgeber wollte erkennbar während des Verfahrens auf jeden Fall einen Wechsel in verfahrensrechtlichen Bestimmungen vermeiden, wie auch die inhaltlich gleichlautenden Übergangsbestimmungen zu den Änderungen des AnerbenG (Art III des BGBl 1989/659) und des Tiroler HöfeG (Art II des BGBl 1989/657) zeigen.

Nun haben hier die Erben im Erbübereinkommen vom 3.Oktober 1980 vereinbart, daß "die seinerzeitige Erbteilung nach den Grundsätzen des im Zeitpunkt der Erbteilung geltenden Erbhofrechts zu erfolgen" habe. Obwohl das neue Kärntner ErbhöfeG 1990 in einem Fall wie diesem beim Tod des Erblassers vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes auf das - mit § 5 des Bundesgesetzes vom 21.März 1947, BGBl 1947/85, wieder in Kraft gesetzte - Kärntner ErbhöfeG 1903 verweist, muß dieses noch nicht in materieller Hinsicht das hier maßgebliche und anzuwendende Recht sein. Zwingendes Recht (ius cogens) ist solches, das durch Parteienvereinbarung nicht abgeändert werden kann. Mit einer solchen unbedingten Anordnung will der Gesetzgeber verhindern, daß wichtige Regelungszwecke durch den Parteiwillen vereitelt werden. Das öffentliche Recht ist überwiegend zwingender Natur, weil das Interesse der Allgemeinheit, um das es dort geht, der Parteiendisposition entzogen werden muß (Koziol-Welser, Grundriß10 I 36 f). Damit ist klar, daß die Verfahrensnormen des Kärntner ErbhöfeG der Abänderung durch Parteiendisposition entzogen sind. Durch Punkt Zweitens des Erbübereinkommens ist nur vorgesehen, daß die mit dem Erbübereinkommen vom 3.Oktober 1980 vereinbarte aufgeschobene Erbteilung "nach den Grundsätzen des im Zeitpunkt der Erbteilung geltenden Höferechtes zu erfolgen" habe. Insoweit besteht kein Hindernis dagegen, daß die Erben bei den Ausschließungsgründen von Anerben - nur dies ist derzeit Verfahrensgegenstand - die im Zeitpunkt der Erbteilung geltende Regelung angewendet wissen wollen, hält sich doch eine solche Vereinbarung auf jeden Fall im Rahmen der §§ 879, 1295 Abs 2 ABGB. Insoweit handelt es sich beim Kärntner ErbhöfeG um nachgiebiges Sachrecht. Die privatautonome Regelung über die Rechtsanwendung in einem gewissen Punkt ist im vorliegenden Fall nicht nur sachgerecht, weil die Erbteilung nach der jeweils den gesellschaftlichen Anschauungen am ehesten entsprechenden Rechtslage vorgenommen wird, sondern entspricht auch dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der bei der Erbteilung nach dem Kärntner ErbhöfeG der Parteieneinigung den grundsätzlichen Vorrang vor der gerichtlicher Entscheidung gibt (§ 11 Abs 1 Kärntner ErbhöfeG 1990; Kathrein, Anerbenrecht § 11 Kärntner ErbhöfeG Anm 1).

b) Die Zuweisung des Erbhofes ist im Rahmen der Erbteilung wie die Erbteilung selbst in der Regel vor der Einantwortung vorzunehmen (§ 8 Kärntner ErbhöfeG 1903, § 11 der Vollzugsverordnung 1904; 6 Ob 12/83; JBl 1954, 257), hat doch jeder Beteiligte einen materiell- und verfahrensrechtlichen Anspruch darauf, daß die Erbteilung noch im Zuge der Abhandlung vorgenommen werde (6 Ob 2, 3/87). Die Aufschiebung der Erbteilung im Jahre 1980 entsprach angesichts der Minderjährigkeit des durch das Erbübereinkommen berufenen erblasserischen Sohns Manfred zum Anerben dem Gesetz (§ 11 Abs 2 und 3 der Vollzugsverordnung 1904).

c) Der Einwand im Revisionsrekurs, die Zuständigkeit des Gerichtshofs erster Instanz nach § 7 Z 4 Kärntner ErbhöfeG 1903, auf die das Rekursgericht verweist, sei durch die Neufassung des § 109 JN mit der ZVN 1983 beseitigt worden, ist nicht berechtigt. Die neue Rechtslage kann in dieser verfahrensrechtlichen Frage deshalb nicht zum Tragen kommen, weil eine entsprechende Parteienvereinbarung gar nicht getroffen wurde und eine solche in verfahrensrechtlichen Angelegenheiten auch unwirksam wäre. Zwar sind Verfahrensgesetze immer nach dem letzten Stand anzuwenden, doch gilt dies gerade dann nicht, wenn der Gesetzgeber ausdrücklich eine andere Anordnung trifft (5 Ob 62/95 = NZ 1996, 44; EvBl 1991/154; SZ 55/17 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 130). Dies ist hier der Fall, sollen doch nach ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung noch anhängige Verlaßverfahren ungeachtet des Inkrafttretens der neuen Regelungen des Kärtntner ErbhöfeG 1990 noch nach den alten verfahrensrechtlichen Bestimmungen abgeschlossen werden.

Nach § 7 Z 4 letzter Absatz Kärntner ErbhöfeG 1903 ist ua die Entscheidung über das Vorhandensein von Ausschließungsgründen nach § 7 Z 4 lit b bis e leg.cit. dem Gerichtshof I.Instanz vorbehalten, dem das Bezirksgericht in solchen Fällen die Abhandlungsakten mit seinem Gutachten vorzulegen hat (§ 109 JN). Die Formulierung, daß "die Entscheidung ... dem Gerichtshofe erster Instanz vorbehalten" sei, stellt nach dem natürlichen Wortsinn unmißverständlich klar, daß eine von der Entscheidungsbefugnis des Abhandlungsgerichts ausgenommene Entscheidung des Gerichtshofs I.Instanz statuiert ist. Die Mitwirkung des Abhandlungsgerichts bleibt auf rein technische (Aktenvorlage) und vorbereitende (gutächterlicher Entscheidungsvorschlag) Tätigkeiten beschränkt (SZ 52/128; 1 Ob 69/73), wogegen die Bestimmung nicht ausgeschlossener Personen dem Verlassenschaftsgericht zusteht (SZ 22/107 = JBl 1950, 36; Fasching I 530). Nach § 109 Abs 2 JN aF war die Entscheidung über die Beschlüsse der Bezirksgerichte, womit die Genehmigung der Veräußerung unbeweglicher Sachen der Minderjährigen oder Pflegebefohlenen erteilt oder verweigert werden soll, dem Kreis- oder Landesgerichte vorbehalten, in dessen Sprengel das zuständige Bezirksgericht gelegen ist. Das Bezirksgericht hatte in diesem Falle dem Gerichtshofe erster Instanz noch vor Ausfertigung des bezirksgerichtlichen Beschlusses die Akten über die gepflogene Verhandlung zu übersenden. § 109 Abs 2 JN wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1978 aufgehoben (Art VIII Z 5 des Bundesgesetzes vom 30.Juni 1977 über die Neuordnung des Kindschaftsrechts, BGBl 1977/403). Diese Aufhebung ließ aber die Zuständigkeitsbestimmung des § 7 Kärtner ErbhöfeG 1903 selbst unberührt und machte nur die Verweisung (Klammerzitat) gegenstandslos (SZ 52/128). Durch die ZVN 1983, BGBl 1983/135, wurde § 109 Abs 2 JN neuerlich geändert, doch ist weder im Text noch in den Materialien (RV 669 BlgNR XV.GP 40 f) auf die Regelung des § 7 Z 4 Kärntner ErbhöfeG 1903 Bezug genommen. Wohl aber ist in den Materialien zu § 8 Kärntner ErbhöfeG 1990 (RV, 462 BlgNR XVII.GP, 12) ausgeführt, diese Bestimmung regle das Vorgehen des Verlassenschaftsgerichts bei den sogenannten "Ausschließungsgründen" (§ 7 Z 4 und 6 Kärntner ErbhöfeG). Künftig - somit im hier noch nicht gegebenen Geltungsbereich des Kärntner ErbhöfeG 1990 - solle das Bezirksgericht selbst über die Ausschließung entscheiden, die Zuständigkeit des Gerichtshofs in erster Instanz werde auch hier beseitigt. Damit ist zweifelsfrei klargestellt, daß der Gesetzgeber erst durch das Kärntner ErbhöfeG 1990 und nicht schon durch das Bundesgesetz vom 30.Juni 1977 BGBl 1977/403 oder die ZVN 1983 die bis dahin gegebene, an § 109 JN angelehnte Zuständigkeit des Gerichtshofs in erster Instanz nach § 7 Z 4 Kärntner ErbhöfeG 1903 beseitigen wollte. Die Bestimmung ist hier noch anzuwenden.

d) Nach der alten Regelung des § 7 Z 4 lit c Kärntner ErbhöfeG 1903

waren von der Übernahme des Hofes in der Regel diejenigen

ausgeschlossen, die einen "auffallenden Hang zur Verschwendung

betätigen". Nach dieser Regelung mußte sich der Hang zur

Verschwendung bereits betätigt haben, brauchte aber noch keine

Folgen, wie die Gefahr künftigen Notstands heraufbeschworen haben

(Webhofer, Tiroler Höfegesetz 84 zur inhaltlich gleichlautenden

Bestimmung des § 17 Z 4 lit c Tiroler HöfeG aF; Kralik, Erbrecht3 383

mwN in FN 21). Nach der aus den obgenannten Gründen hier entgegen

der Auffassung des Rekursgerichts anzuwendenden neuen Rechtslage nach

§ 8 Abs 1 Z 2 Kärntner ErbhöfeG 1990 - § 5 Abs 1 Z 2 AnerbenG 1990

und § 18 Abs 1 Z 2 Tiroler HöfeG idF BGBl 1989/657 enthalten idente

Regelungen - blieb Verschwendung ein Ausschließungsgrund als Anerbe,

nun freilich mit der Formulierung "infolge seiner auffallenden und

anhaltenden Neigung zur Verschwendung ... befürchten läßt, daß er den

Erbhof abwirtschaftet". Die neue Bestimmung drückt die Befürchtung

aus, daß eine als Anerbe in Betracht kommende Person durch ihre

auffallende und anhaltende Neigung zur Verschwendung ... den Erbhof

abwirtschaften könnte (RV 462 BlgNR XVII.GP 13). Ein Verschwender ist derjenige, von dem offenbar wird, daß er sein Vermögen auf unbesonnene Art durchbringt. Der Ausschließungsgrund der Verschwendung beruht auf einer Eigenschaft der Person des auszuschließenden Anerben (Meyer, Anerbenrecht 32), auf einem Charaktermangel, der eine Gefahr für den Bestand des Erbhofs darstellt (Kathrein, Anerbenrecht [1990], 27, 65). Diese Gesichtspunkte werden im folgenden Verfahren zu berücksichtigen sein.

Ob in Ansehung des durch das Erbübereinkommen bestimmten Anerben und nunmehrigen Rechtsmittelwerbers der Ausschließungsgrund nach § 8 Abs 1 Z 2 Kärntner ErbhöfeG 1990 tatsächlich vorliegt, kann derzeit noch nicht beurteilt werden. Der Umstand, daß hinsichtlich eines zur Übernahme des Erbhofs Berufenen ein Ausschließungsgrund obwaltet, besagt jedenfalls noch nicht, daß dieser Berufene endgültig ausgeschlossen wäre, den Erbhof zu übernehmen, falls nämlich in Ansehung aller Berufenen ebenfalls ein Ausschließungsgrund vorliegt (RZ 1968, 113).

Daß das Rekursgericht dem Abhandlungsgericht die entsprechende Anleitung der Erben als nicht vertretenen Verfahrensbeteiligten im Außerstreitverfahren gerade angesichts der sich hier darstellenden Sach- und Rechtslage auftrug, ist nicht zu beanstanden. Auch im Verfahren außer Streitsachen besteht nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Pflicht zur Anleitung der Parteien (EFSlg 39.528 ua).

Aus diesen Erwägungen kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte