OGH 5Ob62/95

OGH5Ob62/9516.5.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache betreffend die amtswegige Löschung einer Eintragung in der EZ *****, infolge der Revisionsrekurse der R*****, vertreten durch Dr.Johann Pfeifer, öffentlicher Notar in Liezen, sowie des Edgar E*****, und der Anneliese E*****, beide vertreten durch Dr.Harald Gerl, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben vom 28.Februar 1995, GZ R 1171/94-9, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Liezen vom 16.September 1994, GZ 5 Nc 169/94d-1, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der R***** wird Folge gegeben; die Beschlüsse der Vorinstanzen werden ersatzlos aufgehoben.

Die Revisionsrekurswerber Edgar und Anneliese E***** werden mit ihrem Rechtsmittel auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Begründung

Die Liegenschaft EZ *****, bestehend aus den Grundstücken 806/2 KG L***** und 460/3 KG W***** bei Liezen wurde im Zwangsversteigerungsverfahren E 5020/88 des BG Liezen am 15.12.1988 der R***** zugeschlagen. Die Grundverkehrsbezirkskommission bei der BH Liezen stellte dazu mit rechtskräftigem Bescheid vom 14.7.1992 fest, daß der Zuschlag keiner grundverkehrsbehördlichen Zustimmung bedürfe, weil die Liegenschaft nicht land- oder forstwirtschaftlich genutzt werde.

Bereits zuvor, mit Vertrag vom 12./16.3.1990, hatte die R***** die Liegenschaft an die deutschen Staatsbürger Anneliese und Edgar E***** verkauft. Diesem Kaufvertrag wurde mit Bescheid der steiermärkischen Grundverkehrslandeskommission vom 28.9.1990 die Zustimmung versagt. Für Rechtserwerber, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sah nämlich das stmk GVG 1983 keine Ausnahme von der Genehmigungspflicht kraft Widmung vor (§ 1 Abs 3 leg cit).

Dennoch erwirkten Anneliese und Edgar E***** auf Grund des Kaufvertrages vom 12./16.3.1990 (sowie des Nachweises der Erfüllung der Versteigerungsbedingungen durch den seinerzeitigen Ersteher) beim BG Liezen als Exekutionsgericht die Bewilligung der Vormerkung ihres Eigentumsrechtes (Beschluß vom 31.8.1992, E 5020/88-78) und in weiterer Folge auch noch die Bewilligung der Anmerkung der Rechtfertigung dieser Eintragung (Beschluß vom 12.8.1993, E 5020/88-79). Offensichtlich war das Exekutionsgericht der Meinung, die ihm vorgelegte Bestätigung der Grundverkehrsbezirkskommission, daß der Zuschlag an die R***** keiner Genehmigung bedürfe (ON 77 des Exekutionsaktes), decke auch den Rechtserwerb der Ehegatten E*****. Die Grundbuchseintragungen wurden am 7.9.1992 bzw am 16.8.1993 vollzogen.

Am 16.9.1994 faßte das Erstgericht von Amts wegen den Beschluß, die Rechtfertigung der Vormerkung des Eigentumsrechtes für Edgar und Anneliese E***** zu löschen und den früheren Grundbuchsstand wiederherzustellen. Es meinte dazu gemäß § 24 Abs 2 des stmk GVG 1983 iVm der Übergangsbestimmung in § 58 Abs 2 des neuen stmk GVG 1993 (LGBl 1993/134) berechtigt und verpflichtet zu sein, weil dem verbücherten Kaufvertrag mit Bescheid der steiermärkischen Grundverkehrslandeskommission vom 28.9.1990 die Genehmigung rechtskräftig versagt worden sei. Auf die Ausnahmeregelung des § 2 Z 2 stmkGVG 1983 könnten sich die Erwerber nicht berufen, weil nur eines der betroffenen Grundstücke in der KG Liezen liege und die amtsbekannte Beschaffenheit der ganzen Liegenschaft - das darauf errichtete Haus erstrecke sich über beide Grundstücke - nur eine einheitliche Beurteilung erlaube.

Das sowohl von der R***** als auch den Ehegatten E***** angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß. Es führte - soweit dies für das Revisionsrekursverfahren relevant ist - aus:

Auf Rechtsgeschäfte, die vor dem 1.1.1994 abgeschlossen wurden, sei gemäß § 58 Abs 3 (richtig: Abs 2) stmkGVG 1993 nach wie vor das stmk GVG 1983 anzuwenden.

Daß der Erwerb der R***** nicht von einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhängig sei, besage für die Ehegatten E***** nichts. Für ihren Eigentumserwerb sei, sofern die Liegenschaft dem Grundverkehrsgesetz unterliege, jedenfalls die Zustimmung der Grundverkehrslandeskommission erforderlich (§ 1 Abs 3 stmkGVG 1983).

Eine andere Frage sei, ob die Bestimmungen des stmk GVG 1983 iSd § 2 Z 2 leg cit auf die gegenständliche Liegenschaft überhaupt anwendbar sind. Entscheidend sei dabei, daß eines der beiden - unteilbaren - Grundstücke, nämlich das kleinere, in der KG L***** liege (und damit von der Anwendbarkeit des stmk GVG 1983 ausgenommen sei), das andere hingegen in der KG W*****, für welche die Ausnahmeregelung des § 2 Z 2 stmkGVG 1983 nicht gelte.

Da der Liegenschaftserwerb als einheitlicher Rechtsvorgang anzusehen sei, träfen die Erwägungen des Erstgerichtes über die Genehmigungsbedürftigkeit des Kaufvertrages vom 12./16.3.1990 zu. Für das in der KG W***** gelegene Grundstück sei jedenfalls die Zustimmung der Grundverkehrslandeskommission hinsichtlich der gesamten Vertragsliegenschaft erforderlich. Dieser Tatsache könnten sich die Käufer nicht dadurch entziehen, daß sie mit diesem Grundstück noch ein anderes erwerben, für das - wäre es alleiniger Gegenstand des Kaufvertrages - keine Zustimmung notwendig wäre. Mit diesem Ergebnis stimme überein, daß § 2 Z 2 GVG als Ausnahmebestimmung im Zweifel eng auszulegen sei.

Damit sei die Rechtfertigung des für die Ehegatten E***** vorgemerkten Eigentums erfolgt, ohne daß die nach dem stmk GVG 1983 erforderliche Zustimmung vorgelegen wäre; das Grundbuchsgericht sei gemäß § 24 Abs 2 stmkGVG 1983 zu Recht mit einer amtswegigen Löschung der Eintragung vorgegangen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes (schon im Hinblick auf den Einheitswert der betroffenen Liegenschaft) S 50.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Anwendbarkeit des § 2 stmkGVG 1983 auf Überlandgrundstücke fehle.

In den nunmehr vorliegenden Revisionsrekursen wird - mit zum Teil unterschiedlicher Argumentation - die Genehmigungsbedürftigkeit des Kaufvertrages vom 12./16.3.1990 verneint. Gerade die Einheitlichkeit des Rechtserwerbs erfordere es (im Zusammenhang mit Erwägungen zur Eigentumsfreiheit, auf die vor allem die R***** verweist), die für das Grundstück 806/2 KG L***** geltenden Ausnahmeregelung des § 2 Z 2 stmkGVG 1983 auf das damit untrennbar verbundene Grundstück 460/3 KG W***** auszudehnen. Damit haben beide Rechtsmittelwerber den Antrag verbunden, den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig aufzuheben und - so die R***** - die Wiederherstellung des früheren Grundbuchsstandes anzuordnen. Als zusätzliche Begründung für dieses Begehren hat die R***** (ua) noch vorgebracht, daß § 24 stmkGVG 1983 auf das gegenständliche Löschungsverfahren gar nicht anwendbar sei. Die von den Vorinstanzen herangezogene Übergangsbestimmung des § 58 Abs 2 stmkGVG 1993 decke nämlich nur die (materiellrechtliche) Behandlung von Rechtsgeschäften nach altem Recht, nicht jedoch die weitere Anwendung der rein verfahrensrechtlichen Bestimmung des § 24 stmkGVG 1983. Anzuwenden sei, wenn es um die Löschung unwirksamer Grundbuchseintragungen gehe, seit 1.1.1994 vielmehr die Bestimmung des § 31 stmkGVG 1993, der ein verwaltungsrechtliches Verfahren zur Feststellung der Unwirksamkeit und einen Löschungsantrag der Grundverkehrsbehörde voraussetze.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs der R*****:

Er ist zulässig und im Sinne seines Aufhebungsbegehrens (das die Aufhebung auch wegen solcher Verfahrensmängel deckt, die nicht mit Nichtigkeitssanktion bedroht sind) berechtigt.

Zutreffend weist die Rechtsmittelwerberin darauf hin, daß die im § 58 des neuen, am 1.1.1994 in Kraft getretenen steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes 1993 normierten Übergangsbestimmungen eine Weitergeltung des stmkGVG 1983 nur ausnahmsweise vorsehen. Die hier in Betracht kommende Bestimmung des § 58 Abs 2 stmkGVG 1993, wonach Rechtsgeschäfte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind, nach den bisher geltenden Vorschriften "behandelt" werden müssen, kann nur bedeuten, daß sich die Genehmigungsbedürftigkeit solcher Rechtsgeschäfte nach altem Recht zu richten hat, ordnet aber (mit den in § 58 Abs 1 und 3 leg cit normierten, hier nicht relevanten Ausnahmen) keineswegs die Weitergeltung der alten Verfahrensvorschriften an. Zu bedenken ist dabei, daß der zeitliche Geltungsbereich verfahrensrechtlicher Bestimmungen einerseits und materiellrechtlicher Bestimmungen andererseits stets gesondert beurteilt werden muß. Nur wenn der Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet war, daß eine materiellrechtliche Übergangsbestimmung auch die Weitergeltung verfahrensrechtlicher Bestimmungen nach sich ziehen soll oder wenn beide Bestimmungen in einem derart engen Zusammenhang stehen, daß die Weitergeltung der einen ohne die Weitergeltung der anderen kaum denkbar ist, kann davon ausgegangen werden, daß ohne eine ausdrückliche Verlängerung der Geltung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen die Verlängerung der Geltungsdauer der materiellrechtlichen Bestimmgen dazu führt, daß Ansprüche nach den bisherigen Verfahrensbestimmungen weiterbehandelt werden müssen (vgl 7 Ob 551/88). Ansonsten gilt, daß Verfahrensgesetze immer nach dem letzten Stand anzuwenden sind, wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich eine gegenteilige Anordnung trifft (vgl MietSlg 28.505; MietSlg 29.529; SZ 55/17; EvBl 1991/154 ua; Fasching, Zivilprozeßrecht2, Rz 130).

Die Bestimmung des § 24 (insbesondere Abs 2) stmkGVG 1983, auf die der Erstrichter seine amtswegige Löschungsanordnung stützte, gehört - wie sich schon aus ihrer Einordnung in den Abschnitt "Verfahrensbestimmungen" ergibt - dem Verfahrensrecht an und wurde daher mit dem Inkrafttreten des neuen stmk GVG 1993 am 1.1.1994 durch die denselben Regelungsbereich normierende Bestimmung des § 31 stmkGVG 1993 ersetzt (§ 59 Abs 2 und 6 leg cit). Die Bestimmung des § 31 Abs 4 stmkGVG 1993, die also der Erstrichter nach der dargelegten Rechtslage bereits anzuwenden hatte, sieht die Löschung von Grundbuchseintragungen, die die Verbücherung eines Rechtsgeschäftes zum Gegenstand hatten, dem die grundverkehrsbehördliche Genehmigung rechtskräftig versagt wurde, nicht mehr von Amts wegen (wie in § 24 Abs 2 stmkGVG 1983), sondern nur mehr auf Antrag der Grundverkehrsbehörde vor. Das amtswegige Vorgehen des Erstgerichtes, das vom Rekursgericht wegen Verkennung der geltenden Rechtslage gebilligt wurde (sodaß die Geltendmachung des darauf zurückzuführenden Verfahrensmangels auch noch in dritter Instanz möglich war: SZ 53/12 mwN), widersprach daher dem in § 76 GBG festgelegten Antragsprinzip (vgl Klang in Klang II2, 350), was die Entscheidung des Erstrichters zwar nicht nichtig, aber doch wegen der unterlaufenen Verletzung von Verfahrensvorschriften anfechtbar machte.

In Stattgebung des Revisionsrekurses der R***** waren daher die Beschlüsse der Vorinstanzen ersatzlos aufzuheben. Einer Stellungnahme zu weiteren Argumenten der Rechtsmittelwerberin bedarf es nicht, weil der in § 95 Abs 3 GBG geregelte Fall der Abweisung des Gesuches, die stets eine umfassende Begründungspflicht des Gerichtes auslöst, nicht vorliegt.

2.) Zum Revisionsrekurs der Ehegatten E*****:

Sie waren mit ihrem Rechtsmittel auf die zu 1.) ergangene Entscheidung zu verweisen, da sie damit ihr Rechtsschutzziel bereits erreicht haben.

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