OGH 6Ob29/94

OGH6Ob29/9427.10.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Abhandlung des Nachlasses nach dem am 21.November 1990 gestorbenen Thomas S*****, über die einander widerstreitenden Anträge a) des Thomas S*****Plescherken, vertreten durch Mag.Dr.Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, b) des Friedrich S*****, vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Gerhard Kucher, Rechtsanwälte in Klagenfurt, und c) der Ursula S*****, vertreten durch Dr.Friedrich Pettauer, öffentlicher Notar in Klagenfurt, auf Bestimmung des Hofübernehmers gemäß §§ 5 ff KrntEHG 1990, infolge des Revisionsrekurses des Übernahmswerbers Friedrich S*****, gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7. Dezember 1993, GZ 24 A 5084/92-77, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 19.August 1994, AZ 1 R 8/94(ON 91), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung

Der Erblasser ist am 21.November 1990 im 85.Lebensjahr gestorben. Er war Alleineigentümer eines ihm seinerzeit von seiner Verwandtenseite zugefallenen Kärntner landwirtschaftlichen Betriebes mit einem Gutsbestand im Gesamtausmaß von rund 25 2/3 ha. Die Erhofeigenschaft dieses Betriebes im Sinne des § 2 KrntEHG 1990 ist unter sämtlichen Beteiligten unbestritten.

Eine letztwillige Anordnung des Erblassers ist nicht bekannt. Nach der gesetzlichen Erbfolgeordnung sind seine Witwe (zu 1/3), sein gleichnamiger ältester, zur Zeit des Erbfalles 56 Jahre alt gewesener Sohn, die Witwe des 1971 nachverstorbenen Sohnes Anton als dessen Alleinerbin, der Sohn Friedrich und die Tochter des Erblassers ( zu je 2/15) sowie die beiden von einem vorverstorbenen Sohn stammenden Enkelkinder (zu je 1/15) zur Erbschaft berufen.

Bisher haben nur drei Kinder des Erblassers Thomas, Friedrich und Ursula, Erbserklärungen abgegeben. Alle drei streben auch die Hofübernahme als Anerbe an.

Infolge Abganges einer letztwilligen Anordnung des Erblassers sowie mangels Einigung der Miterben über die Person des Hofübernehmers ist eine abhandlungsgerichtliche Auswahlentscheidung erforderlich.

Im Verfahren zur Anerbenbestimmung machten die beiden Mitbewerber des ältesten Sohnes geltend, sie wären im Gegensatz zu ihrem ältesten Bruder auf dem Erbhof aufgewachsen, so daß ihnen gegenüber diesem gemäß § 6 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990 der Vorrang zukäme; andererseits forderten sie die Ausschließung ihres ältesten Bruders im Sinne des § 8 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990; das Vorliegen eines sonstigen Ausschließungsgrundes wurde weder behauptet, noch ergaben sich diesbezügliche Hinweise.

Nachdem das Verlassenschaftsgericht zunächst im ersten Rechtsgang zugrundegelegt hatte, daß der älteste Sohn im Gegensatz zu seinen beiden Mitbewerbern um die Hofübernahme nicht auf dem Erbhof aufgewachsen sei und deshalb seinen jüngeren Geschwistern im Sinne des § 6 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990 in der Rangordnung der zur Hofübernahme berufenen Miterben nachstünde und den Sohn des Erblassers Friedrich als Anerben bestimmt hatte (ON 46), hatte das Rekursgericht zwar die erstrichterliche Beurteilung über den Vorrang der beiden jüngeren Hofübernahmswerber gegenüber ihrem ältesten Bruder ausdrücklich gebilligt, das Verfahren zur Bestimmung des Anerben aber zur Klärung der andeutungsweise behaupteten Ausschließungsgründe als ergänzungsbedürftig erachtet und mit seinem Aufhebungsbeschluß (ON 52) dem Abhandlungsgericht eine neuerliche Auswahlentscheidung aufgetragen.

Im erneuerten erstinstanzlichen Verfahren erstattete der Hofübernahmswerber Friedrich in Ansehung seines ältesten Bruders lediglich ein Vorbringen zum Ausschließungsgrund nach § 8 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990. Das Vorbringen des ältesten Übernahmswerbers zu dem nach § 6 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990 erheblichen Umstand seines Aufwachsens auf dem Erbhof führte auch zu einer neuerlichen Erörterung dieses Umstandes im zweiten Rechtsgang und zu umfangreichen ergänzenden Sachverhaltserhebungen in dieser Richtung. Hierauf bestimmte das Abhandlungsgericht aufgrund seiner erweiterten Sachverhaltsfeststellungen im zweiten Rechtsgang den ältesten Sohn zum Anerben (ON 77). Den einzigen bis dahin in Ansehung des ältesten Hofübernahmswerbers geltend gemachten Ausschließungsgrund nach § 8 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990 sah das Abhandlungsgericht dabei nicht als erfüllt an.

Die beiden Mitbewerber um die Hofübernahme erhoben gegen die Bestimmung ihres ältesten Bruders zum Anerben Rekurs. Dabei unterließen sie jede Ausführung zu der vom Abhandlungsgericht verneinten Ausschließung des ältesten Hofübernahmswerbers nach § 8 Abs 1 Z 4 KrntEHG 1990 oder zu einem etwa sonst vorliegenden Ausschließungsgrund.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Sohnes Friedrich statt und bestimmte diesen zum Anerben.

In Stattgebung des vom ältesten Sohn erhobenen Revisionsrekurses faßte der Oberste Gerichtshof einen Aufhebungsbeschluß (ON 90) und sprach darin die Rechtsansicht aus, daß unter Zugrundelegung der im zweiten Rechtsgang getroffenen und voll zu berücksichtigenden erstinstanzlichen Feststellungen die Bestimmung des ältesten Sohnes wieder herzustellen wäre, das Rekursgericht sich aber der Erledigung der von ihm aus materiellrechtlichen Erwägungen unterlassenen Erledigung der Beweisrügen zu unterziehen habe.

Nunmehr bestätigte das Rekursgericht die im zweiten Rechtsgang getroffene erstinstanzliche Auswahlentscheidung zugunsten des ältesten Sohnes. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteigt. Weiters sprach das Rekursgericht aus, daß eine Rechtsmittelzulässigkeitsvoraussetzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vorliege. Das Rekursgericht teilte die gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung vorgetragenen Bedenken der Rekurswerber nicht und bestimmte daher in Bindung an die vom Obersten Gerichtshof in dessen Aufhebungsbeschluß dargelegten Rechtsansichten den ältesten Sohn zum Anerben.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist stellte der Sohn des Erblassers und Mitbewerber um die Hofübernahme Friedrich einerseits den Antrag, seinen ältesten Bruder wegen eines Krebsleidens, das diesen körperlich und geistig praktisch unbeweglich und reaktionslos gemacht habe, im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 KrntEHG 1990 von der Hofübernahme auszuschließen (ON 92), weiters stellte er den Antrag, das Verfahren zur Bestimmung des Hofübernehmers (ohne den Begriff zu verwenden, aber der Sache nach unverkennbar) wiederaufzunehmen und den Wiederaufnahmswerber zum Anerben zu bestimmen (ON 93), letztlich aber erhob dieser Hofübernahmsmitbewerber gegen die bestätigende Rekursentscheidung einen außerordentlichen Revisionsrekurs mit einem Aufhebungsantrag und einem hilfsweise gestellten, auf Bestimmung des Revisionsrekurswerbers zum Anerben zielenden Abänderungsantrag.

Der Revisionsrekurswerber erblickt darin eine nach § 14 Abs 1 AußStrG qualifizierte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens im zweiten Rechtsgang, daß das Abhandlungsgericht nicht von Amts wegen das Vorliegen des nun behaupteten Ausschließungsgrundes nach § 8 Abs 1 Z 1 KrntEHG 1990 untersucht habe und das Rekursgericht die in diesem Sinne mangelhafte Sachverhaltsgrundlage unverändert übernommen habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist wegen der für die Grenzen der amtswegigen Erhebungspflicht zu bestimmenden Eigenart einer abhandlungsgerichtlichen Entscheidung über die Bestimmung des Hoferben zulässig, aber nicht berechtigt.

Das rechtspolitische Anliegen des Anerbengesetzgebers, land- und forstwirtschaftliche Betriebe mittlerer Größe im Erbfall ihres Eigentümers bei Abgang einer diesbezüglichen letztwilligen Anordnung ungeteilt auf einen Erben übergehen zu lassen, dem Erbfallverbindlichkeiten nur in dem Ausmaß auferlegt werden sollten, als deren Befriedigung nach der objektiven Leitungsfähigkeit des Betriebes zumutbar erscheine, wird durch das anerbenrechtliche Institut der beschlußmäßigen Zuweisung des Erbhofes an den Hofübernehmer vollzogen, durch welche der Erbhof aus der Verlassenschaft ausscheidet und diese Gläubigerin einer am billigen Übernahmswert ausgerichteten Geldforderung gegen den Hofübernehmer wird. Mit der Rechtskraft eines solchen Zuweisungsbeschlusses geht die Rechtszuständigkeit in Ansehung der abzuhandelnden Rechte des Erblassers am Erbhof auf den Anerben über.

Eine solche anerbenrechtliche Zuweisung setzt voraus, daß einerseits die Person des Hofübernehmers und andererseits die Höhe des Übernahmswertes feststehen. Zu jedem dieser beiden Punkte ist zunächst eine etwa bestehende letztwillige Anordnung des Erblassers bestimmend, mangels einer solchen die Einigung der Miterben und erst bei Abgang auch einer solchen die vom Abhandlungsgericht zu treffende Entscheidung.

Die abhandlungsgerichtliche Entscheidung über die Person des Hofübernehmers ist als ein zulässiger Teilabspruch über eine Voraussetzung der Zuweisung im Rahmen der anerbenrechtlichen Erbteilung zu begreifen. Sie löst den Widerstreit unter mehreren Hofübernahmswerbern. Sie entscheidet damit über die widerstreitenden Interessen der zur Erbteilung einzubeziehenden Personen. Die Interessen anderer als der zur Erbteilung beizuziehenden Personen sind für die Auswahlentscheidung unerheblich. Die Geltendmachung von Ausschließungsgründen ist in die Verfügungsmacht aller Beteiligten gelegt, können sie doch durch eine Einigung die Grundlage für die gerichtliche Entscheidung über die Bestimmung des Anerben entziehen.

Daraus ergeben sich auch die Grenzen für die amtswegige Erhebungspflicht des Abhandlungsgerichtes: Nach Tatumständen, die einen Ausschließungsgrund erfüllen könnten, der aber weder von einem der Beteiligten geltend gemacht wurde noch für den nach dem Akteninhalt der Verdacht des Vorliegens gegeben ist, hat das Gericht trotz Amtswegigkeit seiner Sachverhaltserhebungen nicht zu forschen.

Es begründete daher nicht den vom Revisionsrekurswerber behaupteten Mangel des erstinstanzlichen und in der Folge des zweitinstanzlichen Verfahrens, daß die im außerordentlichen Revisionsrekurs erstmals behauptete körperliche und geistige krankheitsbedingte Behinderung des ältesten Hofübernahmswerbers nicht untersucht und gewürdigt wurde.

Über das Wiederaufnahmsbegehren, das der Revisionsrekurswerber der Sache nach gestellt hat, und über den neuerlichen Ausschließungsantrag (gegenüber einem mit rechtskräftigen Beschluß zum Anerben bestimmten Hofübernahmswerber) wird zunächst das Abhandlungsgericht zu entscheiden haben.

Dem Revisionsrekurs war aus den dargelegten Gründen ein Erfolg zu versagen.

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