Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß und Sachbeschluß des Rekursgerichtes werden aufgehoben.
Dem Rekursgericht wird eine neue Entscheidung in der Sache selbst unter Abstandnahme von dem gebrauchten Nichtigkeitsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Der Erstantragsteller begehrte bei der Schlichtungsstelle die Feststellung, die Antragsgegner hätten seit 1.7.1991 (letzte Verhandlung vor der Schlichtungsstelle: 25.5.1993) das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um monatlich je S 245,99 (Liftbetriebskosten) überschritten.
Die Zweitantragstellerin - Mitmieterin der auch vom
Erstantragsteller gemieteten Wohnung - trat erst im Verfahren vor
dem Gericht als Antragstellerin auf. Sie begehrte und brachte vor wie der Erstantragsteller (ON 3).
Die Antragsgegner wendeten ein, zunächst seien Liftbetriebskosten nur denjenigen Mietern vorgeschrieben worden, denen ein Schlüssel ausgehändigt worden wäre. In der Folge hätte jedoch die Hausverwaltung den Lift für alle Mieter freigegeben und dafür von sämtlichen Mietern Liftbetriebskosten eingehoben. Der Erstantragsteller habe mit Schreiben vom 2.7.1991 zugestimmt, in Hinkunft diese Liftkosten zu entrichten.
Das gemäß § 40 Abs 1 MRG angerufene Erstgericht wies den Antrag der Antragsteller, die Antragsgegner hätten ihnen gegenüber durch Vorschreibung von Liftbetriebskosten von S 245,99 pro Monat im Zeitraum vom 1.7.1991 bis 28.2.1992 das gesetzliche Zinsausmaß überschritten, ab.
Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Antragsteller sind seit 1.3.1979 Hauptmieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung in einem Haus der Antragsgegner. Sie gelangten durch ein Zeitungsinserat zu dieser Wohnung. In dem Inserat war die Frage einer Liftbenützung und der damit verbundenen Kostentragungspflicht nicht enthalten. Erste Gesprächspartner der Antragsteller auf Vermieterseite waren zwei Verwandte der damaligen Hauseigentümer. Diese teilten den Antragstellern von Beginn an mit, den Antragstellern würde als Mieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung kein Recht auf Liftbenützung zustehen, daher wären auch keine Liftkosten zu bezahlen. Nicht festgestellt werden kann, inwieweit diese Gesprächspartner bevollmächtigt waren, Erklärungen im Namen der Hauseigentümer abzugeben. Zu diesem Zeitpunkt existierte im Haus bereits ein funktionierender Lift. Dieser war jedoch durch ein Schloß bzw. eine Münzkassa gesichert und konnte lediglich unter Verwendung eines Liftschlüssels bzw. durch Einwurf einer Schillingmünze in Betrieb gesetzt werden. Der Lift hatte und hat Einstiegstellen in jeder Etage, auch im Erdgeschoß. Die verfahrensgegenständliche Wohnung liegt im Mezzanin.
Am 20.2.1979 schlossen die Antragsteller und die "Hausinhabung", vertreten durch die Hausverwaltung, den Hauptmietvertrag. Dabei wurde ein damals handelsübliches Mietvertragsformular verwendet. § 3 (Mietzins) des Mietvertrages lautet:
"1. Der vereinbarte Mietzins besteht aus
a) dem Hauptmietzins (Grundzins, Instandhaltungszins) und
b) dem Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben, welcher 4,5 % beträgt,
c) der Umsatzsteuer.
2. Der vereinbarte Hauptmietzins (Mietzins) beträgt zur Zeit des Vertragsabschlusses monatlich S 650,- + Betriebskosten und Mehrwertsteuer.
3. .........
4. ..........
5. ...........
6. Für die Benützung des Aufzuges - der Zentralheizung entrichtet
der Mieter den auf den Mietgegenstand entfallenden Anteil an den
Kosten der Erhaltung und des Betriebes, der gegenwärtig %
beträgt. Ein Verzicht auf die Benützung befreit den Mieter nur dann von der Entrichtung des Kostenanteiles, wenn der Vermieter zustimmt.
7. ........
8. Der Mieter erklärt sich damit einverstanden, daß für die
Betriebskosten, öffentlichen Abgaben sowie Zuschläge für Aufzug,
Zentralheizung, monatliche Pauschalbeträge in gleichbleibender Höhe
gegen einmalige jährliche Verrechnung entrichtet werden.
.........."
In der Folge wurde den Antragstellern kein Liftschlüssel ausgefolgt; es wurden ihnen auch zunächst keine Liftbetriebskosten vorgeschrieben.
Ende Juni 1991 übermittelte die Hausverwaltung den Antragstellern ein Schreiben, in welchem sinngemäß mitgeteilt wurde, das Liftsystem werde umgestellt, die Kasse und das Schloß würden entfernt, sodaß nunmehr sämtliche Mieter die Möglichkeit der Liftbenützung hätten. Zugleich wurde den Antragstellern mitgeteilt, sie hätten ab 1.7.1991 Liftbetriebskosten zu bezahlen. Der Erstantragsteller hatte zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der monatlichen Mietzinszahlungen seinem Bankinstitut einen Einziehungsauftrag zugunsten der Hausverwaltung erteilt. Da er beabsichtigte, Anfang Juli auf Urlaub zu fahren, richtete er am 2.7.1991 das nachstehende Schreiben an die Hausverwaltung, welches am 5.7.1991 dort einlangte:
"Zu Ihrer Benachrichtigung vom 28.6.1991 bezüglich Mietenerhöhung (Liftkostenverrechnung) ab 1.7.1991 teile ich mit:
Ich bin mit der Abbuchung des geforderten Betrages vorbehaltlich der Richtigkeit einverstanden.
Mit freundlichen Grüßen"
Mit Schreiben vom 9.8.1991 bedankte sich die Hausverwaltung beim Erstantragsteller unter Bezugnahme auf dessen Schreiben vom 2.7.1991 für die "positive Reaktion".
Ebenfalls am 9.8.1991 richtete der Erstantragsteller an die Hausverwaltung nachstehendes Schreiben:
"Seit 1.7.1991 werden mir Liftkosten verrechnet. Ich vertrete die Auffassung, daß ich zu einer solchen Bezahlung von Liftkosten nicht verpflichtet bin. Ich habe als Bewohner des Hauses noch nie Liftkosten bezahlt, d.h. seit Beginn des Mietverhältnisses am 1.3.1979. In diesem Zeitraum bin ich auch keiner Übereinkunft bezüglich der Liftfinanzierung beigetreten.
Daher ersuche ich um Rücküberweisung der inzwischen abgebuchten Liftkostenbeträge auf mein Konto. ......"
Den Antragstellern wurden im Zeitraum 7/91 bis 2/92 monatlich S 245,99 an Liftbetriebskosten vorgeschrieben und von den Antragstellern auch jeweils bezahlt.
Rechtlich führte das Erstgericht aus:
Im ursprünglichen Mietvertrag sei keine Vereinbarung im Sinne des § 24 MRG enthalten. Das Schreiben der Hausverwaltung vom 28.6.1991 sei hingegen als Vermieteranbot zu einer solchen Vereinbarung zu qualifizieren. Das Antwortschreiben des Erstantragstellers sei als Zustimmungserklärung - gemessen am Empfängerhorizont - zu qualifizieren, wobei sich der Vorbehalt ("vorbehaltlich der Richtigkeit") nur auf die Höhe des geforderten Betrages, nicht jedoch auf den Grund des Anspruches beziehe. Die Vereinbarung sei daher spätestens mit Zugang der Erklärung vom 2.7.1991, nämlich am 5.7.1991, zustande gekommen. Nachfolgenden einseitigen Erklärungen der Antragsteller komme keine Bedeutung mehr zu. Die Antragsgegner hätten daher den Antragstellern zutreffend seit Juli 1991 Liftbetriebskosten vorgeschrieben.
Das Rekursgericht hat
1.) aus Anlaß des Rekurses den Sachbeschluß des Erstgerichtes und das ihm vorausgegangene Verfahren vor Gericht, soweit es die Zweitantragstellerin betrifft, als nichtig aufgehoben und insoweit ausgesprochen, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-
nicht übersteigt und daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei;
2.) mittels Sachbeschlusses dem Rekurs des (Erst-)Antragstellers nicht Folge gegeben und ausgesprochen, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Das Rekursgericht begründete seine Entscheidungen im wesentlichen wie folgt:
Da die Zweitantragstellerin dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle, das über Antrag nur des Erstantragstellers eingeleitet worden sei, nie beigetreten sei, sei in Wahrheit nur der Erstantragsteller überhaupt als Antragsteller anzusehen. Das hinsichtlich der "Zweitantragstellerin" vom Gericht durchgeführte Verfahren sei mangels vorausgehender Beteiligung der Zweitantragstellerin am Verfahren vor der Schlichtungsstelle als nichtig aufzuheben. Da ein Sachantrag mit diesem Beschluß nicht zurückgewiesen würde, sei mit Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes kein weiterer Rechtszug zulässig.
Nach den unangefochtenen Feststellungen des Erstgerichtes sei der Erstantragsteller nicht alleiniger Hauptmieter der Wohnung, sondern zusammen mit der Zweitantragstellerin bloß Mitmieter. Als solcher sei er aber zur Antragstellung allein nicht legitimiert, weil Mitmieter notwendige Streitgenossen im Sinne des § 14 ZPO seien. Der Sachantrag müßte daher notwendigerweise auch von der Mitmieterin getragen werden. Da dies nicht der Fall sei, sei der Antrag des Erstantragstellers vom Erstgericht ebenfalls zutreffend abgewiesen worden. Damit erübrige es sich aber, auf die Rechtsrüge des Antragstellers einzugehen, in der die vom Erstgericht vorgenommene Auslegung der Annahmeerklärung eines Mitmieters bekämpft werde.
Der ordentliche Revisionsrekurs gegen diesen Sachbeschluß sei nicht zulässig, weil das Rekursgericht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt sei.
Gegen den Beschluß und den Sachbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß dem Antrag der Antragsteller stattgegeben werde; hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.
Eine Revisionsrekursbeantwortung wurde nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
a) Zur Zulässigkeit:
Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung steht gegen einen Beschluß des
Rekursgerichtes, mit dem dieses einen Sachbeschluß aufhebt und den
dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachantrag aus formellen
Gründen zurückweist, in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO
der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu (WoBl 1992, 150/108 ua;
5 Ob 31/93 und 5 Ob 34/93), und zwar unabhängig vom Wert des
Entscheidungsgegenstandes und unabhängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage.
Wird hingegen bloß das Verfahren als nichtig aufgehoben - etwa weil
gar kein Antrag vorliegt -, so würden gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG
die Rechtsmittelbeschränkungen des § 528 Abs 2 Z 1 ZPO gelten (5
Ob 106, 1110/94).
In der hier zu beurteilenden Rechtssache hat das Rekursgericht spruchgemäß zwar bloß ein Verfahren als nichtig aufgehoben und keinen Antrag zurückgewiesen. Die Zurückweisung eines Antrages unterblieb aber bloß deswegen, weil das Rekursgericht unzutreffend davon ausging, daß ein Antrag der Zweitantragstellerin gar nicht vorliege.
In Wahrheit liegt aber ein solcher Antrag der Zweitantragstellerin
jedenfalls im gerichtlichen Verfahren vor, sodaß der Beschluß des
Rekursgerichtes - betrachtet man Spruch und Begründung als eine
Einheit - im Ergebnis auf eine Verweigerung des Rechtsschutzes im
gleichen Sinn hinausläuft, wie wenn der Antrag ausdrücklich
spruchgemäß zurückgewiesen worden wäre. Dies hat die Zulässigkeit des
Revisionsrekurses in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO
gegen den verfahrensrechtlichen Beschluß des Rekursgerichtes zur Folge.
Da das Ergebnis der Entscheidung über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den verfahrensrechtlichen Beschluß des Rekursgerichtes unmittelbare Auswirkungen auf dessen Sachbeschluß hat, wie sich aus der folgenden Begründung ergeben wird, ist auch der Revisionsrekurs gegen den Sachbeschluß zulässig.
b) Zur meritorischen Erledigung des Revisionsrekurses:
Richtig ist - wovon auch das Rekursgericht ausging -, daß der
Antrag auf Feststellung der Überschreitung des gesetzlich zulässigen
Zinsausmaßes (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) im Falle zweier oder mehrerer
Mitmieter, die ja hinsichtlich ein und desselben Mietobjektes in
Rechtsgemeinschaft im Sinne des § 825 ABGB stehen, schon zur
Vermeidung unlösbarer Verwicklungen bei Ergehen einer nur einen
Mitmieter betreffenden Entscheidung von allen Mitmietern getragen
sein muß (MietSlg 35.425/24 = SZ 56/132). Dies muß aus den nämlichen
Gründen auch für den Fall eines Antrages betreffend Angelegenheiten
über den Anteil von Mitmietern an besonderen Aufwendungen (hier: für
einen Personenaufzug; § 24 MRG) gelten.
Allerdings ist auch jeder Gemeinschafter, daher auch jeder Mitmieter
befugt, rechtswidrige Eingriffe Dritter in das gemeinschaftliche
Recht (hier: unberechtigte Forderungen aus dem gemeinschaftlichen
Schuldverhältnis) abzuwehren und sich zu diesem Zweck der zur Wahrung
des Gesamtrechtes erforderlichen Rechtsbehelfe zu bedienen, wenn er
sich dadurch nicht in Widerspruch zu seinen Mitgemeinschaftern setzt
(MietSlg 36.497). Ob der zunächst nur vom Erstantragsteller bei der
Schlichtungsstelle gestellte Antrag auch von der Zweitantragstellern
als Mitmieterin getragen ist, kann daher - nach Außerkrafttreten
der Entscheidung der Schlichtungsstelle - auch noch im
gerichtlichen Verfahren geprüft werden. Trägt sie diesen Antrag mit,
so besteht kein Hindernis, daß dies in der ausdrücklichen Form des
Beitrittes als weitere Antragstellerin geschieht. Derartiges hat der
Oberste Gerichtshof bereits im umgekehrten Fall für zulässig
erachtet, als sich ein weiterer Miteigentümer - neben dem bei der
Schlichtungsstelle aufgetretenen Mehrheitseigentümer - erst im
gerichtlichen Verfahren als Antragsgegner beteiligte (MietSlg 38.538).
Das Rekursgericht hätte daher den Antrag hinsichtlich der
Zweitantragstellerin nicht zurückweisen dürfen. Das Rekursgericht
hätte vielmehr dem zunächst nur vom Erstantragsteller gestellten
Antrag als von beiden Mitmietern getragenen Antrag seiner
Entscheidung über den Rekurs beider Antragsteller zugrunde legen
müssen. Es wäre demgemäß verhalten gewesen, den Rekurs der
Antragsteller gegen den abweisenden Sachbeschluß des Erstgerichtes in
allen seinen Punkten (unrichtige Beweiswürdigung, unrichtige Tatsachenfeststellung und Aktenwidrigkeit sowie unrichtige rechtliche Beurteilung) zu erledigen und hätten den erstgerichtlichen Sachbeschluß nicht allein schon deswegen bestätigen dürfen, weil der Erstantragsteller allein zur Geltendmachung der bekämpften Vorschreibung von Liftbetriebskosten nicht legitimiert wäre.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
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