Spruch:
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, den angefochtenen Beschluß durch einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes sowie - im Falle eines Wertes des Entscheidungsgegenstandes über S 50.000,- - durch einen Ausspruch über die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses zu ergänzen.
Text
Begründung
In den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren über Anträge der Antragstellerin nach § 26 WEG (6 Msch 27/89 und 6 Msch 21/90 des Erstgerichtes) bestellte das Erstgericht mit Beschluß vom 17.7.1992 (ON 51) Herrn Dipl.Ing.Dr.techn.Edwin K***** zum Sachverständigen mit dem Auftrag, Befund und Gutachten darüber zu erstatten, welche Erhaltungsarbeiten im Haus der Parteien in absehbarer Zeit mit welchem Kostenaufwand erforderlich sein werden. Dabei möge auch zu den gutachterlichen Stellungnahmen der Magistratsabteilung 25 und der Äußerung der Erstantragsgegnerin (ON 13) Stellung genommen werden. Gleichzeitig teilte das Erstgericht den Parteien mit, daß allfällige Ablehnungsgründe gegen die Person des Sachverständigen binnen 3 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses beim Erstgericht geltend zu machen seien.
Die Antragstellerin lehnte daraufhin diesen Sachverständigen mit der Begründung ab, er sei kein freiberuflicher Ziviltechniker, sondern Beamter der Gemeinde Wien. Es sei daher wenig zielführend, daß nun ein anderer Beamter des Magistrates der Stadt Wien den Auftrag erhalte, Befund und Gutachten zu erstellen, wenn doch das erste Gutachten von der Magistratsabteilung 25 erstattet worden sei. Es möge daher ein Sachverständiger aus dem Kreis der selbständig tätigen Ziviltechniker bestellt werden (ON 54).
Das Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin auf Bestellung eines anderen Sachverständigen ab. Es erachtete eine Befangenheit des bestellten Sachverständigen für nicht gegeben.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin als unzulässig zurück.
Gemäß § 26 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 6, 8 und 21 sowie Abs 4 MRG würden für die Beweisaufnahme die Bestimmungen der ZPO gelten. § 366 ZPO sehe für die im Zuge der Bestellung und Tätigkeit eines Sachverständigen ergehenden Beschlüsse eine Anfechtungsbeschränkung dergestalt vor, daß die in diesem Zusammenhang ergehenden Beschlüsse entweder überhaupt unanfechtbar oder nicht mit selbständigem Rechtsmittel anfechtbar seien. Dies müsse auch für einen Beschluß wie den des Erstgerichtes gelten. Dieser könne erst mit der nächsten selbständig anfechtbaren Entscheidung verbunden bekämpft werden.
Ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes und die Zulässigkeit des weiteren Rechtszuges erübrige sich wegen der gebotenen Analogie zu § 519 Abs 1 Z 1 ZPO.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dieser Rechtsmeinung des Rekursgerichtes hätte dieses jedoch richtigerweise aus folgenden Gründen in den Spruch seiner Entscheidung einen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstandes und, falls dieser S 50.000,- übersteigt, einen Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses aufnehmen müssen:
Entscheidungen im besonderen außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG erfolgen durch Sachbeschluß, wenn es sich um die Entscheidung in der Sache selbst handelt (§ 37 Abs 3 Z 15 MRG), sonst - also in verfahrensrechtlichen Fragen - durch Beschluß, wie es der Entscheidungsform im Verfahren außer Streitsachen allgemein entspricht. Das Begriffspaar Beschluß - Sachbeschluß entspricht also den Begriffen Beschluß - Urteil im Zivilprozeß (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 Rz 37 zu § 37 MRG). Dementsprechend wurde das Rechtsmittelverfahren betreffend Sachbeschlüsse und diesen nach § 37 Abs 3 Z 18 MRG gleichgestellte Beschlüsse (= nach § 527 Abs 2 ZPO anfechtbare Beschlüsse des Rekursgerichtes, mit denen ein Sachbeschluß aufgehoben wurde) dem Berufungsverfahren angeglichen. Dies ist die Konsequenz davon, daß es sich bei den in § 37 Abs 1 MRG aufgezählten, in das Verfahren außer Streitsachen verwiesenen Angelegenheiten vielfach um echte Streitsachen handelt, die aus (ganz anderen) rechtspolitischen Erwägungen aus dem klassischen Zivilprozeß ausgegliedert wurden (Bajons in ÖJZ 1993, 145 [154]).
§ 37 Abs 3 Z 16 MRG bestimmt, daß vorbehaltlich der (für Sachbeschlüsse und diesen gleichgestellte Beschlüsse geltenden Bestimmungen der) Z 17 und 18 für Rekurse der Dritte Abschnitt des Vierten Teiles der Zivilprozeßordnung (mit einer hier nicht entscheidungswesentlichen Ausnahme) gilt. § 37 Abs 3 Z 16 MRG verweist also nicht nur auf die die Anfechtung von (hier: verfahrensrechtlichen) Beschlüssen regelnde Vorschrift des § 528 ZPO, sondern auch auf § 519 ZPO. So hat die Rechtsprechung dann, wenn das Rekursgericht funktionell als Berufungsgericht tätig war (= Aufhebung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses und des diesem vorangegangenen Verfahrens als nichtig anläßlich eines Rekurses gegen den Sachbeschluß), die Anfechtung des Beschlusses des Rekursgerichtes gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG) ohne Rücksicht auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes und unabängig vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage für zulässig angesehen (WoBl 1991, 238/145).
Aus der vom Gesetzgeber gewollten Angleichung der Bestimmungen über den Rekurs im Außerstreitverfahren nach § 37 MRG, soweit es sich um Sachbeschlüsse handelt, sowie aus dem bereits dargelegten Naheverhältnis dieses Verfahrens zum Zivilprozeß kann ganz allgemein geschlossen werden, daß die Bestimmungen des zunächst nur für das Berufungsverfahren geltenden § 519 ZPO gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG dann anzuwenden sind, wenn das Rekursgericht funktionell als Berufungsgericht entschieden hat, also dann, wenn im streitigen Verfahren - würde in dieser Angelegenheit dort zu entscheiden sein - das Rechtsmittelgericht als Berufungsgericht entschieden hätte. In denjenigen Fällen hingegen, in denen auch im streitigen Verfahren das Rechtsmittelgericht als Rekursgericht tätig geworden wäre, kommt auch im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG keine Anwendung des § 519 ZPO bei Beurteilung der Zulässigkeit eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof in Betracht.
In der hier zu beurteilenden Angelegenheit entschied das Rekursgericht nicht funktionell als Berufungsgericht, weil auch im Streitverfahren der oben wiedergegebene Beschluß des Erstgerichtes, der keine Entscheidung in der Sache selbst darstellt, nur mit Rekurs hätte angefochten werden können und weil demgemäß das Rechtsmittelgericht als Rekursgericht entschieden hätte.
Die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsmittels ist daher nach § 528 ZPO zu beurteilen. Der in dieser Bestimmung gebrauchte Ausdruck "Revisionsrekurs" umfaßt jeden Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen die Entscheidung eines Rekursgerichtes (Petrasch in ÖJZ 1989, 743, 751; EFSlg 64.175), im Verfahren nach § 37 MRG also jeden Rekurs gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz, wenn dieses funktionell als Rekursgericht tätig war, also auch den Rekurs gegen einen Beschluß, mit dem das Rekursgericht einen an dieses selbst gerichteten Rekurs zurückwies. Der erkennende Senat sieht sich trotz der Kritik von Bajons (aaO) nicht veranlaßt, davon abzugehen.
Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses hängt daher in diesem Fall sowohl vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (§ 528 Abs 1 ZPO) als auch davon ab, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,- übersteigt (§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO).
Dem Rekursgericht waren daher die im Spruch angeführten Aussprüche gemäß § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 526 Abs 3 ZPO und § 500 Abs 2 ZPO aufzutragen.
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