Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Thomas S***** (senior) ist am 21.11.1990 ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung gestorben. Er war Eigentümer der EZ 37 KG P***** im Ausmaß von 25,6 ha, deren Eigenschaft als Erbhof unstrittig ist. Er hinterließ seine Witwe sowie sechs Kinder und zwei Enkelkinder eines vorverstorbenen Sohnes. Ein weiterer Sohn, dessen Alleinerbin seine Witwe ist, ist im Jahr 1991 nachverstorben. Um die Bestimmung zum Anerben des Erbhofes bewarben sich drei Kinder des Erblassers Thomas, Friedrich und Ursula S*****.
Mit Beschluß vom 7.12.1993 bestimmte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang den Sohn Thomas zum Hofübernehmer. Die von den Mitbewerbern um die Hofübernahme Friedrich und Ursula dagegen erhobenen Rekurse blieben erfolglos, wobei auch das Vorliegen eines Ausschließungsgrundes im Sinne des § 8 Kärntner Erbhöfegesetz 1990 in der Person des Thomas verneint wurde. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs des Mitbewerbers Friedrich gab der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 27.10.1994, 6 Ob 29/94, keine Folge.
Gleichzeitig mit der Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses stellte der Übernahmswerber Friedrich am 14.9.1994 die Anträge, 1. den Bewerber Thomas als Anerben auszuschließen, 2. eine neuerliche Anerbenbestimmung vorzunehmen und schließlich 3. das Verfahren über die Anerbenbestellung wieder aufzunehmen. Alle Anträge zielen darauf ab, daß er anstelle von Thomas zum Anerben bestellt werde. Er machte als Ausschließungsgrund nach § 8 Abs 1 Z 1 Kärntner Erbhöfegesetz geltend, daß der Anerbe Thomas an einem Prostatakarzinom erkrankt sei und ein Blasenleiden habe, das dazu führe, daß sich Thomas kaum mehr bewegen und nicht mehr reagieren könne. Er sei zur dauernden Bewirtschaftung des Erbhofes aus diesem Grund nicht fähig. Mittelfristig sei mit einer Besserung dieses Zustandes nicht zu rechnen. Von diesen Umständen habe der Antragsteller erstmals am 26.8.1994 Kenntnis erlangt. Der Wiederaufnahmsantrag wurde mit demselben Vorbringen auf den analog anzuwendenden § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gestützt.
Der bestimmte Anerbe Thomas äußerte sich zu den Anträgen dahin, daß er den Erbhof und sein Bauunternehmen ohne jede Einschränkung führe und körperlich nicht behindert sei. Sein Prostataleiden sei ausgeheilt. Gleichzeitig legte er eine ärztliche Bescheinigung vor, aus der hervorgeht, daß er am 26.1.1994 an der Prostata operiert wurde, wobei es sich um eine gutartige Prostatahyperplasie ohne Anhaltspunkte für Bösartigkeit handle.
Das Erstgericht wies mit den Beschlüssen vom 14.12.1994 und 13.1.1995 alle drei Anträge des Bewerbers Friedrich mit der Begründung zurück, der Anerbe Thomas sei rechtskräftig bestimmt, die Wiederaufnahme eines rechtskräftig beendeten Verlassenschaftsverfahrens (gemeint: Verfahren zur Bestimmung des Hofübernehmers) sei abgeschlossen.
Das Rekursgericht gab den dagegen erhobenen Rekursen des Antragstellers keine Folge. Es stellte den Inhalt der vorgelegten ärztlichen Bestätigung und im Zusammenhang mit dem eigenen Vorbringen des Antragstellers fest, daß das Leiden, das zur Operation geführt hatte, schon vor der Anerbenbestimmung durch das Erstgericht am 7.12.1993 vorgelegen sei.
Rechtlich führte es aus, der Hinweis des Rekurswerbers auf den Wortlaut des § 8 Kärntner Erbhöfegesetz, wonach ein nach § 6 berufener Anerbe von der Übernahme des Erbhofes durch das Verlassenschaftsgericht unter den dort näher bezeichneten Umständen auszuschließen sei, sei zwar grundsätzlich richtig, daraus könne aber nicht gefolgert werden, daß zunächst die Auswahl des Hofübernehmers nach den §§ 6 und 7 Kärntner Erbhöfegesetz vorzunehmen und erst danach eine Überprüfung der Ausschlußgründe zu erfolgen habe. Über behauptete Ausschließungsgründe sei vielmehr vorab, spätestens aber mit der Entscheidung über die Bestimmung des Anerben abzusprechen, sodaß der bereits rechtskräftig oder gleichzeitig mit der Anerbenbestimmung ausgeschlossene Übernahmswerber aus dem Kreis der (hofübernahmsberechtigten) Miterben ausscheide und der Anerbe aus der Zahl der verbliebenen Prätendenten nach der Rangordnung des § 6 Kärntner Erbehöfegesetz zu ermitteln sei. Im vorliegenden Verfahren habe das Rekursgericht, weil Ausschließungsgründe vor der Bestimmung des Anerben in der Person des Friedrich geltend gemacht worden seien, einen Aufhebungsbeschluß zur Prüfung solcher Ausschließungsgründe gefaßt. Der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 3. Juni 1994, 6 Ob 16/94, im Zusammenhang mit der Bestimmung des Anerben dargelegt, daß in Ansehung des Thomas ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 8 Kärntner Erbhöfegesetz 1990 nicht vorliege. Nach rechtskräftiger Bestimmung des Hofübernehmers erstmals vorgebrachte Ausschließungsgründe seien daher grundsätzlich nicht beachtlich. Zu den Ausführungen des Rekurswerbers, wie zu entscheiden sei, wenn nach rechtskräftiger Bestimmung des Anerben nachträglich neue Umstände einträten, die einen Ausschließungsgrund im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 Kärntner Erbhöfegesetz darstellten, sei nicht Stellung zu nehmen, weil im vorliegenden Fall feststehe, daß der vom Rekurswerber geltend gemachte Ausschließungsgrund zeitlich bereits vor der abhandlungsgerichtlichen Bestimmung des Anerben vorgelegen sei. Nach dem Vorbringen des Antragstellers, er habe erst am 26.August 1994 vom Ausschließungsgrund Kenntnis erlangt, folge, daß der Sache nach ein Wiederaufnahmsantrag vorliege, in welchem nova reperta behauptet würden. Das Rekursgericht schließe sich der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes an, nach welcher die Wiederaufnahme eines außerstreitigen Verfahrens ausgeschlossen sei. Die erstgerichtlichen Beschlüsse seien daher zu bestätigen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Auslegung des § 8 Abs 1 Kärntner Erbhöfegesetz 1990 und dazu, wie im Falle der Geltendmachung von Ausschließungsgründen im Zusammenhang mit der Bestimmung des Anerben vorzugehen sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, daß die Prüfung, ob ein Ausschließungsgrund im Sinne des § 8 Kärntner Erbhöfegesetz des nach den Kriterien der §§ 6 und 7 Kärntner Erbhöfegesetz zu ermittelnden Anerben vorliegt, vor dessen Bestimmung durch Teilabspruch, welcher der Rechtskraft fähig ist, zu erfolgen hat und daß deshalb auch in der Regierungsvorlage zum neuen Kärntner Erbhöfegesetz 1990 (462 BlgNR 17.GP 9 und 12) von Ausschließungsgründen in der Person oder in den Verhältnissen des in Betracht kommenden Anerben, die diesen an der Übernahme des Erbhofes hindern und nicht von dem bereits durch abhandlungsgerichtlichen Beschluß bestimmten Anerben gesprochen wird. Deshalb hat der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 30.6.1994, 6 Ob 16/94, in welcher dargelegt wurde, daß (vorbehaltlich der Übernahme der Feststellungen des Erstgerichtes) entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes nach § 6 Kärntner Erbhöfegesetz Thomas vor seinem Bruder Friedrich zu bestellen wäre, ausdrücklich darauf hingewiesen, daß nach den Darlegungen des Erstgerichtes in Ansehung des ältesten Sohnes Thomas kein Ausschließungsgrund im Sinn des § 8 Kärntner Erbhöfegesetz vorliege und die beiden Mitbewerber diese auch nicht zu widerlegen versucht hätten, Ausschließungsgründe also vor beschlußmäßiger Bestellung des Anerben zu klären sind.
Im hier anhängigen Verfahren hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 27.10.1994, 6 Ob 29/94, ausgeführt, daß das rechtspolitische Anliegen des Anerbengesetzgebers, land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Erbfall ihres Eigentümers bei Abgang einer diesbezüglichen letztwilligen Anordnung ungeteilt auf einen Erben übergehen zu lassen und auf die objektive Leistungsfähigkeit des Betriebes Bedacht zu nehmen, durch das anerbenrechtliche Institut der beschlußmäßigen Zuweisung des Erbhofes an den Hofübernehmer vollzogen wird, durch welche der Erbhof aus der Verlassenschaft ausscheidet und diese Gläubigerin einer am billigen Übernahmswert ausgerichteten Geldforderung gegen den Hofübernehmer wird. Das anerbenrechtliche Verfahren umfaßt daher die Auswahl und Bestimmung des Anerben sowie die Festlegung des Übernahmspreises. Erst wenn auch letzterer bestimmt und der Zuweisungsbeschluß gefaßt ist, ist dieses Verfahren beendet, der Erbhof geht auf den Anerben über und scheidet aus der Verlassenschaft aus. Daß bis zu diesem Zeitpunkt das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, hindert aber nicht, daß über die Person des Hofübernehmers - schon aus verfahrensökonomischen Gründen - ein zulässiger Teilabspruch über eine Voraussetzung der Zuweisung im Rahmen der anerbenrechtlichen Erbteilung erfolgt, der gesondert bekämpft werden kann und der der Rechtskraft fähig ist. Ausschließungsgründe, die schon vor der Bestimmung des Anerben in erster Instanz oder, soweit im Außerstreitverfahren Neuerungen beachtlich und zulässig sind, in zweiter Instanz vorgelegen sind, können danach nicht mehr geltend gemacht werden. Anders verhält es sich mit Änderungen, die erst nach der Bestimmung des Anerben, aber vor der Bestimmung des Übernahmspreises und der Zuweisung des Erbhofes eingetreten sind und die bewirken, daß der bestimmte Anerbe nicht Hofübernehmer sein kann. Erst nachträglich eingetretene Änderungen, sei dies nun ein neu aufgetretener Ausschließungsgrund im Sinne des § 8 Abs 1 Z 1 Kärntner Erbhöfegesetz oder der Tod des bestimmten Anerben, können bis zum Ausscheiden des Erbhofes aus der Verlassenschaft geltend gemacht werden und sind zu berücksichtigen. Da der vom Rechtsmittelwerber behauptete Ausschließungsgrund nach seinen eigenen Ausführungen auch noch im Revisionsrekurs vor der Bestimmung des Anerben eingetreten sein soll, kommt (abgesehen davon, daß er nach der ärztlichen Bestätigung gar nicht gegeben sein dürfte) eine Berücksichtigung im derzeitigen Verfahrensstadium nicht mehr in Betracht.
Der erkennende Senat hält an der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fest (vgl JBl 1989/186, jüngst: 7 Ob 641/94), daß die Wiederaufnahme eines außerstreitigen Verfahrens in analoger Anwendung der Bestimmungen der §§ 530 f ZPO ausgeschlossen ist. Die Übernahme so weitgehender Bestimmungen des streitigen Zivilverfahrens in das gesamte Außerstreitverfahren im Wege der Analogie stellte, da die Diskussion hierüber schon seit längerer Zeit geführt wird und sich der Gesetzgeber trotzdem bisher nicht zu einer Angleichung veranlaßt sah, einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Gesetzgebungsbefugnis und die bestehenden unterschiedlichen Verfahrenssysteme dar. Abhilfe könnte hier nur durch den Gesetzgeber geschaffen werden.
Die Vorinstanzen haben daher zu Recht alle Anträge des Rechtsmittelwerbers zurückgewiesen. Der Revisionsrekurs mußte erfolglos bleiben.
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