OGH 10ObS179/94

OGH10ObS179/9428.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Martin Duhan und Dr. Michael Manhard (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Brigitte G*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Hans Pritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, wegen Witwenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. April 1994, GZ 31 Rs 34/94-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 16. November 1993, GZ 2 Cgs 66/93x-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die am 2.3.1936 geborene Klägerin und der am 11.4.1928 geborene Ing. J***** G***** schlossen am 28.12.1965 die Ehe, der eine 1966 geborene Tochter entstammt. Mit Beschluß des Kreisgerichtes Krems an der Donau vom 13.8.1985 wurde über das Vermögen des Ehemannes, eines Weinhändlers, der Konkurs eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in Zusammenhang mit dem sogenannten Weinskandal bereits in Untersuchungshaft. In der Folge wurde er zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Während der Verbüßung dieser Strafe und während des anhängigen Konkursverfahrens unterfertigte er eine - undatiert gebliebene - "Unterhaltvereinbarung" mit folgendem Wortlaut:

"I. Die vorgenannten Vertragsparteien leben zur Zeit in aufrechter Ehe. Über das Vermögen des Herrn J***** G***** wurde das Konkursverfahren eröffnet, welches bisher noch nicht beendet wurde.

II. Herr J***** G***** verpflichtet sich unter Berücksichtigung der Bestimmung des Punkt V., Frau B***** G***** sowohl während der Zeit der aufrechten Ehe als auch für den Fall einer allfälligen Ehescheidung aus welchen Gründen immer 60 % seines jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens, sohin mindestens 60 % seines jeweiligen Pensions- nettoeinkommens zu bezahlen. Die monatlichen Unterhaltszahlungen sind jeweils am Ersten jeden Monates im vorhinein zur Zahlung fällig. Die Vertragsparteien verzichten ausdrücklich darauf, eine Änderung der Unterhaltsregelung für den Fall geänderter Verhältnisse, geänderter Rechtslage und unverschuldeter Not zu begehren. Hievon ausgenommen sind jene Veränderungen der Art einer Änderung des monatlichen Einkommens des Herrn J***** G*****, die auf die vorstehende Bruchteilsvereinbarung zurückzuführen sind.

III. Zur Sicherstellung seiner vertrags- gegenständlichen Unterhaltsverpflichtung zediert Herr J***** G***** 60 % seiner Forderungen gegenüber der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft auf Pensionszahlungen welcher Art immer ....

IV. Insoweit die gegenständliche Vereinbarung zur Zeit wegen des über das Vermögen des Herrn J*****G***** eröffnete Konkursverfahren und der Bestimmungen der Konkursordnung rechtsunwirksam ist, wird vereinbart, daß diese Wirksamkeit dennoch einzutreten hat, sobald der Konkurs aufgehoben worden ist ....".

Weiters unterfertigte er eine Erklärung folgenden Wortlautes: "Ich habe zur Kenntnis genommen, daß meine Unterhaltsverpflichtung über das meiner Ehegattin auf Grund des Gesetzes allenfalls zustehende Ausmaß hinausgeht. Insbesondere habe ich zur Kenntnis genommen, daß meine Ehegattin zwischenzeitig einen Pensionsanspruch von ca. S 9.000,-- netto monatlich erworben hat und daß auch dieser Umstand an der heute von mir übernommenen Verpflichtung nichts ändert. Ich erkläre vielmehr ausdrücklich, daß ich mich aus freien Stücken zu dieser Vorgangsweise entschlossen habe und zwar auch für den Fall, daß meine Ehe, aus welchen Gründen immer, beendet werden sollte."

Die Ehe der Klägerin wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Kirchberg am Wagram vom 3.5.1990 aus dem Verschulden des dort beklagten Ehemannes geschieden. Die Klägerin hatte die Scheidung der Ehe deshalb beantragt, weil ihr Ehemann während der Ehe Handlungen gesetzt habe, die zu einer strafgerichtlichen Verurteilung wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges mit einer achtjährigen Freiheitsstrafe geführt haben; durch dieses Verhalten habe er nicht nur seine sondern auch die wirtschaftliche Existenz der Klägerin und der gemeinsamen Tochter vernichtet. Der Ehemann war dem Scheidungsbegehren nicht entgegengetreten, hatte keinen Mitschuldantrag gestellt und das Vorbringen der Klägerin als richtig zugegeben.

Der geschiedene Ehemann der Klägerin verstarb am 7.6.1992. Das Konkursverfahren wurde nach Verteilung des Massevermögens mit Beschluß vom 16.7.1993, also mehr als ein Jahr nach dem Tod des Gemeinschuldners aufgehoben. Seit dem Jahr 1985 bis zum Todeszeitpunkt des Mannes hatte die Klägerin aus der Konkursmasse einen monatlichen Unterhalt von S 4.000,-- 12 x jährlich erhalten.

Mit Bescheid der beklagten Sozialver- sicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 15.2.1993, expediert am 17.2.1993, wurde der Antrag der Klägerin vom 4.12.1992 auf Zuerkennung einer Witwenpension gemäß § 136 Abs 4 GSVG abgelehnt, weil der Versicherte zum Zeitpunkt des Todes nicht zu einer Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen sei.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin die Gewährung einer Witwenpension im gesetzlichen Ausmaß ab 1.7.1992. Noch während aufrechter Ehe habe sie mit ihrem Ehegatten eine mündliche Vereinbarung getroffen, wonach er sich verpflichtet habe, ihr eine monatliche Unterhaltszahlung zu gewähren. In der Folge habe sie laufend, und zwar auch nach der Scheidung, monatliche Unterhaltszahlungen bekommen. Infolge Konkurses seien diese Zahlungen von der Konkursmasse geleistet worden. Die letzte Zahlung sei im Juni 1992 erfolgt. Im Verlauf des Verfahrens berief sie sich auch auf die genannte schriftliche Unterhaltsvereinbarung mit der Behauptung, diese sei am 11.4.1988 geschlossen worden.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Zahlungen aus der Konkursmasse seien nicht auf Grund einer anläßlich der Ehescheidung eingegangenen vertraglichen Unterhaltsverpflichtung des Ehegatten erfolgt. Die Klägerin habe vielmehr nach eigenen Angaben beabsichtigt, gegen den geschiedenen Gatten noch vor Beendigung des Konkurses eine Unterhaltsklage einzubringen. Die Voraussetzungen nach § 136 Abs 4 GSVG lägen daher nicht vor.

Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin eine Witwenpension in der Höhe von 60 % der Pension des verstorbenen Versicherten, maximal jedoch S 3.428,60 ab 1.7.1992 zu gewähren. Es beurteilte den eingangs dargestellten Sachverhalt rechtlich dahin, daß eine vor Auflösung der Ehe eingegangene vertragliche Verpflichtung in Form der dargestellten Unterhaltsvereinbarung existiere. Die Notwendigkeit zur Klagsführung gegen den geschiedenen Ehemann sei für die Klägerin nicht gegeben gewesen, da das Konkursverfahren noch nicht abgeschlossen gewesen sei und sie tatsächlich S 4.000,-- aus der Konkursmasse an Unterhalt erhalten habe. Die Klägerin erfülle daher die Voraussetzungen für die Witwenpension einer geschiedenen Ehegattin. Allerdings sei diese auf das Ausmaß des tatsächlich erhaltenen Unterhaltes (S 4.000,-- 12 x jährlich) zu beschränken.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, hingegen gab es der Berufung der Beklagten Folge und änderte das Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens ab.

Dazu führte es in rechtlicher Hinsicht aus:

Mit der Konkurseröffnung falle zufolge § 1 Abs 1 KO das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder daß er während des Konkurses erlangt, in die Konkursmasse, wobei darunter regelmäßig die Sollmasse zu verstehen sei. § 5 Abs 1 KO ordne an, dem Gemeinschuldner sei das zum Unterhalt für diesen und dessen Familie Erforderliche zu überlassen. Diese Anordnung setze voraus, daß sämtliches Einkommen des Gemeinschuldners in die Masse falle, wovon ihm die entsprechenden Beträge wieder zu "erlassen" seien. Er habe keinen Anspruch auf Unterhalt aus der Masse, auch seine Familie habe keinen solchen Anspruch. Soweit dem Gemeinschuldner nichts zu überlassen sei, habe der Masseverwalter gemäß § 5 Abs 2 KO mit Zustimmung des Gläubigerausschusses ihm und seiner Familie das zu gewähren, was zu einer bescheidenen Lebensführung unerläßlich sei. Sterbe der Gemeinschuldner während des Konkurses, so könne der Unterhalt an die Familie weiter bewilligt werden. Diese Unterhaltsgewährung direkt an die Ehegattin sei hier vorgelegen, zumal sich der Gemeinschuldner vorerst in Untersuchungs- und sodann in Strafhaft befunden habe. Gemäß § 3 Abs 1 KO seien Rechtshandlungen des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung, welche die Konkursmasse betreffen, den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam. Dem Gemeinschuldner sei die Dispositionsfähigkeit über die Masse entzogen, so daß die vorliegende schriftliche Unterhaltsvereinbarung, wie auch im Punkt IV. vorgesehen, durch das Konkursverfahren rechtsunwirksam gewesen sei und erst nach Aufhebung des Konkurses Wirkungen zeitigen sollte, zu deren Eintritt es niemals gekommen sei, da der Gemeinschuldner vor Konkursaufhebung verstorben sei. Es ermangle sohin der Voraussetzung einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zur Unterhaltsleistung durch den geschiedenen Ehegatten. Auch ein gerichtliches Urteil oder ein gerichtlicher Vergleich sei nicht vorhanden. Die faktischen monatlichen Unterhaltsleistungen aus der Konkursmasse könnten eine vertragliche Verpflichtung zur Unterhaltsleistung nicht ersetzen. Daher habe die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenpension. Deshalb erübrige es sich, auf die Frage der betragsmäßigen Beschränkung des Unterhaltes näher einzugehen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitige Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache. Sie beantragte die Abänderung im Sinne einer vollen Klagsstattgebung, hilfsweise Aufhebung und Zurückverweisung.

Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß die schriftliche Unterhaltsvereinbarung ausdrücklich auch für die Zeit nach der Ehescheidung Gültigkeit haben sollte, so daß sie durch die nachfolgende Ehescheidung nicht unwirksam geworden sei. An ihrer Gültigkeit ändere auch der Umstand nichts, daß zur Zeit des Abschlusses der Vereinbarung über das Vermögen des Ehegatten der Konkurs eröffnet war. Nach § 3 Abs 1 KO sei nämlich eine vom Gemeinschuldner getroffene Vereinbarung nur gegenüber den Konkursgläubigern, nicht jedoch gegenüber dem anderen Vertragspartner unwirksam. Die Unterhaltsvereinbarung vom April 1988 stelle daher der Klägerin gegenüber eine wirksame Verpflichtung des Ehegatten dar. Der Gemeinschuldner könne sich auch während des Konkurses rechtsgeschäftlich verpflichten, lediglich die daraus abgeleiteten Forderungen könnten bis Konkursende nicht zum Nachteil der Konkursgläubiger geltend gemacht werden. Die Klägerin habe einen titelmäßigen Unterhaltsanspruch auf 60 % des jeweiligen Nettoeinkommens ihres Gatten, der nach Aufhebung des Konkurses auch durchsetzbar gewesen wäre. Daraus ergebe sich auch die Höhe der Witwenpension gemäß § 145 Abs 2 GSVG mit 60 % des Nettoeinkommens des Gatten, also im vollen Ausmaß des § 145 Abs 1 GSVG.

Diese Ausführungen sind insoweit zutreffend, als sie die Auffassung des Berufungsgerichtes bekämpfen, § 3 Abs 1 KO stehe von vornherein der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Gemeinschuldner entgegen. Nach § 1 Abs 3 KO können aus dem Gesetz gebührende Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung im Konkurs nur geltend gemacht werden, soweit der Gemeinschuldner als Erbe des Unterhaltspflichtigen haftet; das ist hier nicht der Fall. Sonst ist nach § 1 Abs 1 und 3 KO bei gesetzlichen Unterhaltsansprüchen zu unterscheiden, ob Rückstände für die Zeit vor der Konkurseröffnung oder laufender Unterhalt für die Zeit während des Konkurses verlangt werden (Bartsch-Pollak3 I 33); erstere sind Konkursforderungen und nach Maßgabe der KO zu behandeln, wogegen gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach der Konkurseröffnung keine Konkursforderungen sind und daher auch während des Konkursverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und fortgesetzt werden können (EFSlg. 65.021, 55.956, 42.768, 37.593, JBl. 1977, 272; EvBl. 1991/64 = RZ 1992/4; Petschek-Reimer-Schiemer, System 102 ff; Bartsch-Pollak aaO 72; Heil, Insolvenzrecht Rz 30). Das gilt nicht nur für erstmals gegen den Gemeinschuldner erhobene Unterhaltsforderungen, sondern auch für das Begehren auf Erhöhung des bisherigen gesetzlichen Unterhaltes (EFSlg. 50.423). In jenen Bereichen, die das zur Konkursmasse gehörende Vermögen nicht betreffen (wie im Fall des § 5 KO), ist nicht der Masseverwalter, sondern ausschließlich der Gemeinschuldner selbst verfügungsberechtigt und zum Einschreiten legitimiert (SZ 52/30; SZ 46/52; Petschek-Reimer-Schiemer aaO 229).

Nach § 5 Abs 1 KO hat der Gemeinschuldner keinen Anspruch auf Unterhalt aus der Masse; er wird vielmehr darauf verwiesen, diesen selbst zu erwerben. Aus den Einkünften aus eigener Tätigkeit oder aus unentgeltlichen Zuwendungen an den Gemeinschuldner während des Konkurses hat ihm der Masseverwalter soviel zu überlassen, als zu einer bescheidenen Lebensführung für ihn und seine gesetzlich Unterhaltsberechtigten unerläßlich ist. Fehlen solche Einkommensquellen, dann hat der Masseverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses dem Gemeinschuldner und seiner Familie aus der Masse den Unterhalt im gleichen Ausmaß zu gewähren, wie er dem Gemeinschuldner aus eigenem Erwerb zu überlassen wäre (§ 5 Abs 2 KO). Dieser überlassene Teil scheidet erst dadurch, daß er dem Gemeinschuldner vom Masseverwalter zur Deckung seines und seiner gesetzlichen Unterhaltsberechtigten Unterhalt überlassen wird (SZ 50/140; SZ 39/38; SZ 28/86; Bartsch-Pollak aaO 63), aus der Masse aus und wird konkursfreies Vermögen, über das der Gemeinschuldner weiterhin verfügungsberechtigt bleibt (EvBl 1991/64 = RZ 1992/4). Der gegenüber dem Gemeinschuldner Unterhaltsberechtigte hat jedenfalls keinen eigenen Anspruch auf Gewährung des Unterhaltes aus der Masse (WBl. 1987, 315). Aus dem Gesetze gebührende Unterhaltsansprüche (§ 1 Abs 3 KO) sind somit keine Konkursforderungen, die Anspruchsberechtigten nicht Konkursgläubiger (Bartsch-Pollak aaO 34;

ebenso die Auffassung in der BRD: Kuhn/Uhlenbruck KO10 § 3 Rz 42;

Hess/Kropshofer KO4 § 3 Rz 53).

Mit diesen Überlegungen ist jedoch im Ergebnis für die Klägerin nichts gewonnen, selbst wenn man davon ausgeht, daß der Anspruch nicht den Charakter eines gesetzlichen Unterhaltes verliert, wenn er durch Vertrag oder Richterspruch festgestellt wird, und selbst wenn man davon absieht, daß im bisherigen Verfahren nicht geprüft wurde, ob angesichts der Vermögens- und Einkommensverhältnisse beider Ehegatten der vereinbarte Unterhalt von 60 % des Nettoeinkommens des Mannes noch einem gesetzlichen Unterhalt gleichgehalten werden kann. Auszugehen ist nämlich vom Text des § 136 Abs 4 GSVG (der dem § 258 Abs 4 ASVG entspricht), wonach die Witwenpension unter anderen Voraussetzungen dann gebührt, wenn der Versicherte der Frau zur Zeit seines Todes Unterhalt auf Grund einer vor Auflösung der Ehe eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zu leisten hatte bzw Unterhalt geleistet hat (Fassung der 19. Novelle, die nach § 259 Abs 1 Z 4 GSVG erst mit 1. Juli 1993 in Kraft getreten ist, allerdings nach § 259 Abs 3 GSVG auch auf Leistungen ab 1. Juli 1993 anzuwenden ist). Nach dem dargestellten Gesetzeswortlaut reicht der bloße Unterhaltsvertrag nicht aus, sondern es wird vorausgesetzt, daß der Versicherte zur Zeit seines Todes diesen Unterhalt auch zu leisten hatte bzw. tatsächlich geleistet hat. Da im vorliegenden Fall eine tatsächliche Unterhaltsgewährung des geschiedenen Gatten an die Klägerin nicht vorlag (sie erhielt ja lediglich Zahlungen aus der Masse gemäß § 5 Abs 2 KO), ist nur zu prüfen, ob er zur Zeit seines Todes vertraglichen Unterhalt zu leisten hatte. Dies ist nach den oben festgestellten Umständen, insbesondere nach der Art der Gestaltung der Unterhaltsvereinbarung, zu verneinen. Von Bedeutung ist zunächst, daß der Ehemann der Klägerin zur Zeit der Unterhaltsvereinbarung eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßte, weshalb sein eigener Pensionsanspruch nach § 58 Abs 1 GSVG ruhte. Überdies war über sein Vermögen der Konkurs eröffnet worden, so daß wirtschaftlich gesehen von seiner Vermögens- und Einkommenslosigkeit auszugehen ist. Die Klägerin selbst bezog hingegen bereits zum damaligen Zeitpunkt eine Eigenpension von etwa S 9.000,-- netto (nach den Behauptungen der Beklagten sogar von S 11.556,30 netto, im Todeszeitpunkt von S 15.635,10 netto). Nach diesen besonderen Umständen führt die Auslegung der Unterhaltsvereinbarung zu dem Ergebnis, daß sie für die Dauer des Konkursverfahrens nicht gelten sollte, also bis zur Aufhebung des Konkurses aufschiebend bedingt war. Wie die Revisionswerberin selbst einräumen muß, wäre die Durchsetzung ihres Unterhaltsanspruches auf Grund des Konkurses und der Strafhaft ihres geschiedenen Gatten von vornherein aussichtslos und auch nicht zumutbar gewesen. Die Klägerin geht also selbst davon aus, daß ihr Unterhaltsanspruch faktisch bis zur Aufhebung des Konkurses aufschiebend bedingt sein sollte. Dieses Verständnis der Vereinbarung ergibt sich auch aus dem Text der Urkunde selbst, in deren Punkt IV. es heißt, daß die Wirksamkeit dieser Vereinbarung, soweit sie zur Zeit wegen des Konkursverfahrens rechtsunwirksam sei, dennoch einzutreten habe, sobald der Konkurs aufgehoben worden sei. Die Revisionswerberin meint zwar, aus dem Wort "insoweit" ergebe sich keineswegs eine generelle aufschiebende Bedingung der Unterhaltsvereinbarung, sondern dadurch habe lediglich sichergestellt werden sollen, daß trotz eventuell dieser Vereinbarung entgegenstehender gesetzlicher Bestimmungen die Wirksamkeit mit Beendigung des Konkursverfahrens eintreten solle und sich der Ehegatte später nicht auf eine Nichtigkeit berufen könne. Ein solcher Standpunkt entspricht jedoch nicht den Grundsätzen der redlichen Vertragsauslegung. War wie hier beiden Vertragsteilen völlig klar, daß die Durchsetzung eines Unterhaltsanspruches nicht nur auf Grund des Konkursverfahrens, sondern auch auf Grund der Strafhaft von vornherein völlig aussichtslos ist, dann ist auch zu unterstellen, daß die dennoch getroffene Unterhaltsvereinbarung erst dann in Wirksamkeit treten sollte, wenn die faktischen und rechtlichen Hindernisse für eine Unterhaltsgewährung weggefallen sind. In diesem Sinne ist auch der Punkt IV. der schriftlichen Vereinbarung zu verstehen.

Der vorliegende Sachverhalt zeigt daher deutliche Parallelen zu den Fällen des Ruhens von Unterhalt (SSV-NF 4/28) oder der Hemmung von Unterhaltsansprüchen (SSV-NF 6/43): Im Todeszeitpunkt bestand auch hier keine wirksame Verpflichtung des Ehemannes, auf Grund einer Vereinbarung Unterhalt zu leisten. Ob die in Rede stehende Unterhaltsvereinbarung lediglich der Chance wegen getroffen wurde, den Pensionsversicherungsträger als am Vertrag nicht beteiligten Dritten zu belasten, und daher gemäß § 879 ABGB unbeachtlich wäre (vgl SZ 61/249 mwN), kann hier auf sich beruhen.

Da die aus der Konkursmasse geleistete Zahlung von S 4.000,-- an die Klägerin sich auf die Bestimmung des § 5 Abs 2 KO gründet und mit einer vertraglichen Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt nichts zu tun hat, ist auch diese Zahlung nicht als Unterhaltsleistung des geschiedenen Ehemannes anzusehen. Daraus folgt, daß die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenpension nach § 136 Abs 4 GSVG hat.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte