Spruch:
Dem Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Peter R***** wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird dem Revisionsrekurs der im Kopf dieser Entscheidung unter 2.) bis 8.) angeführten Rechtsmittelwerber Folge gegeben.
Der abändernde Teil des angefochtenen Beschlusses wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Beschluß wieder hergestellt wird.
Text
Begründung
Mit eigenhändig geschriebenem Testament vom 30.1.1979, das nicht unterschrieben, jedoch in einem mit einem Zusatz samt Unterschrift der Erblasserin versehenen Umschlag aufbewahrt wurde, setzte die Erblasserin ihren Sohn Peter R***** als Alleinerben ein. Dieses Testament wurde am 11.9.1992 kundgemacht.
Als Erben aufgrund des Gesetzes kommen 12 eheliche und zwei außereheliche Kinder der Erblasserin in Betracht. Bei der am 16.12.1992 vom Gerichtskommissär abgehaltenen Tagsatzung gab Peter R***** unter Hinweis auf die zu seinen Gunsten erfolgte Erbsentschlagung von fünfen seiner Geschwister die unbedingte Erbserklärung aufgrund des Gesetzes zu 6/13 des Nachlasses ab, wogegen die unter 2.) bis 8.) des Kopfes dieser Entscheidung angeführten Kinder der Erblasserin aufgrund des Gesetzes zu je 1/13 des Nachlasses die bedingte Erbserklärung abgaben (ON 29). Das vierzehnte Kind der Erblasserin beteiligte sich trotz Belehrung iSd § 120 Abs 1 AußStrG nicht am Verfahren (ON 8 und 13).
Wegen der von einzelnen Erben erhobenen Diebstahlsvorwürfe zu Lasten der Verlassenschaft (ON 13 und 29) legte der Gerichtskommissär die Akten dem Erstgericht zur Veranlassung des Erforderlichen vor.
Nach Rücklangen des Verlassenschaftsaktes von der Staatsanwaltschaft Innsbruck, an die der Akt zwecks strafrechtlicher Beurteilung dieser Vorwürfe übermittelt worden war, ordnete das Erstgericht mit Verfügung vom 8.Jänner 1993 die Übermittlung des Aktes an den Gerichtskommissär zur Fortsetzung des Abhandlungsverfahren an (ON 32).
Mit dem am 9.März 1993 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz gab Peter R***** sowohl aufgrund des Gesetzes als auch aufgrund des bereits genannten Testamentes zum gesamten Nachlaß die bedingte Erbserklärung ab (ON 37).
Das Erstgericht wies diese Erbserklärung mit der Begründung zurück, daß gemäß § 806 ABGB der Erbe weder seine gerichtliche Erbserklärung widerrufen noch auch die unbedingte abändern und sich die Rechtswohltat des Inventariums vorbehalten könne.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß insoweit die mit Schriftsatz ON 37 aufgrund des Gesetzes zum ganzen Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung zurückgewiesen wurde, änderte ihn jedoch darüber hinaus dahin ab, daß die aufgrund des Testamentes zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung ON 37 zu Gericht angenommen werde, und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtlich begründete das Rekursgericht seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
Die Unwiderruflichkeit einer Erbserklärung trete ein, sobald das Verlassenschaftsgericht die Erbserklärung, wenn auch ohne förmliche Beschlußfassung, zur Kenntnis genommen, das heißt von ihr Kenntnis erlangt und sie zur Grundlage des weiteren Abhandlungsverfahrens gemacht habe. Dabei stehe der Notar als Gerichtskommissär dem Abhandlungsgericht gleich (SZ 54/98 = EvBl 1981/229).
Da Peter R***** am 16.Dezember 1992 vor dem öffentlichen Notar als Gerichtskommissär, sohin vor dem Abhandlungsgericht, aus dem Titel der gesetzlichen Erbfolge zu 6/13 die unbedingte Erbserklärung angegeben habe, sei es ihm nicht mehr möglich, diese in eine bedingte Erbserklärung abzuändern. Es sei nämlich nicht möglich, aufgrund desselben Erbsrechtstitels eine zum Teil bedingte, zum Teil unbedingte Erbserklärung (hier: zu 6/13 unbedingt, zu 7/13 bedingt) abzugeben, zumal im Falle einer daraufhin erteilten Einantwortung der Erbe den Gläubigern des Erblassers nicht einerseits beschränkt bis zu einer gewissen Quote der Aktiva und andererseits unbeschränkt mit seinem ganzen Vermögen haften könne. Insoweit sei die Zurückweisung der am 9.März 1993 aufgrund des Gesetzes abgegebenen bedingten Erbserklärung zutreffend erfolgt.
Soweit jedoch in diesem Schriftsatz eine bedingte Erbserklärung aufgrund des Testamentes abgegeben worden sei, liege darin eine Ergänzung der ürsprünglichen Erbserklärung durch Berufung auf einen zweiten Erbsrechtstitel. Es sei aber nicht unzulässig, eine Erbserklärung zuerst aufgrund des Gesetzes und später aufgrund eines Testamentes abzugeben, weil § 806 ABGB nur den Widerruf einer Erbserklärung oder die Umwandlung einer unbedingten in eine bedingte verbiete, nicht aber die Umwandlung des Erbsrechtstitels (EvBl 1973/36 = NZ 1974, 13; EvBl 1955/144; JBl 1947, 154). So könne auch ein testamentarisch eingesetzter gesetzlicher Erbe, der mit angeblicher Ungültigkeit des Testamentes sich zuerst auf das Gesetz berufen habe, nachträglich eine auf das Testament gestützte Erbserklärung abgeben (SZ 23/148).
Da jede Erbserklärung neben einem bestimmten Berufungsgrund auch die Angabe enthalten müsse, ob sie unbedingt oder mit Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventariums abgegeben werde, sei zulässig, daß eine neuerliche, auf einen anderen Erbrechtstitel gestützte Erbserklärung unter dem Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventariums selbst dann abgegeben werde könne, wenn vorher eine andere Erbserklärung unbedingt abgegeben worden sei. Dabei erscheine es durchaus verständlich, wenn der Erbansprecher bei einer Berufung auf die testamentarische Erbfolge sich nicht die Rechtswohltat des Inventariums vorbehalte, zumal er gegebenenfalls als Alleinerbe eingesetzt sei und daher bei einer unbedingten Erbserklärung im Gegensatz zur gesetzlichen Erbfolge allein und mit seinem gesamten Vermögen für sämtliche Verbindlichkeiten der Verlassenschaften zu haften hätte. Daraus folge, daß die mit Schriftsatz ON 37 abgegebene bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß aus dem Titel des Testamentes gemäß § 122 AußStrG zum Gericht anzunehmen sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur entscheidungswesentlichen Rechtsfrage, ob trotz früher abgegebener unbedingter Erbserklärung im Falle der Berufung auf einen neuen Erbrechtstitel bei der späteren Erbserklärung die Rechtswohltat des Inventariums vorbehalten werden könne, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht bekannt sei.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richten sich die Rekurse sämtlicher erbserklärter Erben mit den Anträgen
a) des Peter R*****: auch die von ihm aufgrund des Gesetzes zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung ON 37 zu Gericht anzunehmen, allenfalls, die Erbserklärung aus dem Titel des Gesetzes zu 6/13 unbedingt und zu 7/13 bedingt anzunehmen; hilfsweise stellte er einen Aufhebungsantrag;
b) der anderen erbserklärten Erben, die von Peter R***** aufgrund des Testamentes zum gesamten Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung zurückzuweisen.
Der Revisionsrekurs des erbserklärten Erben Peter R***** ist nicht berechtigt, wohl aber der Revisionsrekurs der anderen erbserklärten Erben.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 806 ABGB ist die gerichtliche bzw die - wie das Rekursgericht zutreffend erkannte - dieser gleichgestellte, vor dem Gerichtskommissär abgegebene Erbserklärung unwiderruflich. Die Unwiderruflichkeit tritt nach herrschender Lehre (Welser in Rummel, ABGB2 , Rz 19 zu den §§ 799 und 800 ABGB; Eccher in Schwimann, ABGB III , Rz 2 zu § 806; aM jedoch Kralik, Erbrecht 324) und Rechtsprechung (SZ 54/98 mwN) zu dem Zeitpunkt ein, zu dem das Abhandlungsgericht die Erklärung - wenn auch ohne förmliche Beschlußfassung - zur Kenntnis genommen, das heißt von der Erklärung Kenntnis erlangt und sie zur Grundlage des weiteren Abhandlungsverfahrens gemacht hat. Dies ist in der hier zu beurteilenden Rechtssache jedenfalls durch die - in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebene - Verfügung ON 32 geschehen. Daraus folgt die Bindung des Peter R***** an seine zu Protokoll ON 29 abgegebene unbedingte Erbserklärung. Es bedarf daher hier keiner weiteren Erörterung darüber, ob die Erbserklärung nicht schon durch Unterfertigung des vom Gerichtskommissär darüber aufgenommen Protokolls (SZ 54/98) oder überhaupt ohne Rücksicht auf die Annahme durch das Gericht wirksam und damit unwiderruflich werden konnte (NZ 1969, 120 unter Hinweis auf SZ 18/10).
Gemäß § 806 ABGB kann daher Peter R***** seine (unwiderrufliche) unbedingte Erbserklärung nicht mehr in eine bedingte (unter Vorbehalt der Rechtswohltat des Inventars) abändern. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß er sich trotz seiner früheren Erbserklärung noch auf einen anderen Erbrechtstitel (Welser, aaO, RZ 10 zu den §§ 799, 800 mwN; Eccher, aaO, RZ 26 zu § 799; JBl 1947, 154; EvBl 1955/144; EvBl 1973/36 ua) oder eine andere Erbquote berufen kann. Die unbedingte Erbserklärung bewirkte nämlich unabhängig von der Quote, zu der sie abgegeben wurde oder mit welcher der Erbe zum Zug kommt, gemäß § 820 ABGB die unbeschränkte Haftung des Erben gegenüber allen Erbschaftsgläubigern. Entgegen der Meinung des erbserklärten Erben Peter R***** gibt es nämlich weder eine unbeschränkte anteilsmäßige Haftung (hier: zu 6/13 des Nachlasses) noch eine beschränkte Haftung der Miterben zur ungeteilten Hand (Weiß in Klang2, III 1055). Es ist zwar richtig, daß gemäß § 807 ABGB die Errichtung eines Inventars aus welchem Grunde immer (hier: wegen derzeit bedingten Erbserklärungen anderer gesetzlicher Erben) hinsichtlich der Haftungsbeschränkung auch den unbeschränkt erbserklärten Erben zugute kommt. Da jedoch diese bedingten Erbserklärungen noch vor Inventarserrichtung in eine unbedingte umgewandelt werden können, darf der für diesen Fall bereits unbeschränkt haftende unbedingt erbserklärte Erbe seine Rechtsstellung nicht auch für den Fall einer solchen, von seinem Verhalten unabhängigen Umwandlung verbessern. Die Zulassung einer bedingten Erbserklärung desselben Erben, wenn auch aufgrund eines anderen Titels, auch nur neben einer schon abgegebenen unbedingten Erbserklärung würde nämlich zur Beseitigung seiner schon gegebenen unbeschränkten Haftung führen. Dies käme im Ergebnis der von § 806 ABGB verbotenen Abänderung einer unbedingten in eine bedingte Erbserklärung gleich.
Die Unzulässigkeit einer solchen späteren bedingten Erbserklärung führt zu deren Zurückweisung, wie sie vom Erstgericht vorgenommen wurde. Eine Annahme dieser späteren Erbserklärung als bloße Abänderung des Erbrechtstitels bzw Erweiterung der Erbquote scheidet wegen der nach dem eindeutigen Wortlaut untrennbaren Verbindung dieser Erklärungen (zusätzliche Geltendmachung eines Testamentes als Erbrechtstitel, Vergrößerung der Erbquote) mit der Inanspruchnahme des Erbrechtes nunmehr bloß unter der Rechtswohltat des Inventars aus, weil diesfalls durch den Annahmebeschluß etwas anderes als das Begehrte bewilligt würde und nicht ein bloßes Minus.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)