OGH 7Ob620/93

OGH7Ob620/9321.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. I. Huber als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Christoph S*****, ***** infolge Revisionsrekurses des Vaters Anton S*****, ***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 6. Oktober 1993, GZ 47 R 444/93-152, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 6. Mai 1993, GZ 3 P 124/87-149, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern des Minderjährigen ist geschieden. Der Minderjährige lebt - mit seinem bereits großjährigen Bruder Thomas - bei der Mutter. Mit Beschluß vom 7.Mai 1991 (ON 105) wurde der Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von S 3.850 verpflichtet. Dieser Unterhaltsbetrag entspricht einer Bemessungsgrundlage von rund S 22.000, wenn auch die Erhebung des Durchschnittseinkommens des Vaters damals unterblieben ist. Der Vater ist neuerlich verheiratet. Bei ihm im Haushalt leben drei minderjährige Kinder seiner nunmehrigen Ehefrau.

Der Vater war bis einschließlich März 1992 bei der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten beschäftigt. Seit 1. April 1992 bezieht er die Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG und eine weitere Pension nach der Dienstordnung seines ehemaligen Dienstgebers. Vom 1.Jänner 1992 bis 21.März 1992 betrug das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters rund S 23.000,--. Die Pensionsbezüge betrugen im Zeitraum von Oktober 1992 bis Dezember 1992 S 25.200 monatlich durchschnittlich; seit 1.Jänner 1993 beträgt die monatliche Durchschnittspension S 25.600. Für die drei in seinem Haushalt lebenden Stiefkinder bezieht der Vater im Rahmen der ASVG-Pension einen Kinderzuschuß, im Rahmen der DO-Pension eine Kinderzulage, beides in nicht näher festgestellter Höhe.

Nach Beendigung seines Dienstverhältnisses erhielt der Vater eine nach 6 Monatsgehältern berechnete Abfertigung in der Gesamthöhe von S 220.024.

Die Mutter beantragte ursprünglich (ON 113), den monatlichen Unterhaltsbetrag für den mj. Christoph ab 1.April 1992 mit monatlich S 4.500, wegen der Änderung der Einkommensverhältnisse des Vaters jedoch letztlich (ON 139) im Zeitraum vom 1.Jänner 1992 bis 31. Dezember 1992 mit S 7.900 und ab 1.Jänner 1993 mit S 5.100 festzusetzen. Auf Grund einer Teileinigung der Eltern wurde die Unterhaltsverpflichtung des Vaters mit Beschluß vom 30.Juni 1992 (ON 123) für den Zeitraum vom 1.April 1992 bis 30. September 1992 auf S

4.500 monatlich erhöht.

Das Erstgericht erhöhte den Unterhalt für den Zeitraum vom 1.Jänner 1992 bis 31.März 1992 sowie vom 1.Oktober 1992 bis 31.Dezember 1992 um S 4.050 auf S 7.900 monatlich, für die Zeit vom 1.April 1992 bis 30. September 1992 zusätzlich zu dem mit Beschluß ON 123 erhöhten Betrag um S 3.400 auf ebenfalls S 7.900 monatlich und für die Zeit ab 1. Jänner 1993 um den Betrag von S 1.250 auf S 5.100 monatlich. Der ab 1. Jänner 1993 festgelegte Unterhaltsbetrag ergebe sich - unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten des Vaters für den bereits großjährigen ehelichen Sohn Thomas und unter Zugrundelegung der Prozentmethode aus 20 % des anrechenbaren Durchschnittseinkommens. Im Jahr 1992 habe der Vater wegen der Abfertigung im Vergleich zu seinen bisherigen Einkünften unverhältnismäßig hohe Einkünfte bezogen. Diese Abfertigung sei auf das ganze Kalenderjahr aufzuteilen. Die vom Vater bezogenen Kinderzuschüsse für die in seinem Haushalt lebenden Stiefkinder seien in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, weil sie nach der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz wie sonstiges Einkommen des Unterhaltspflichtigen zu beurteilen seien.

Das Rekursgericht verpflichtete den Vater für die Zeit ab 1.Oktober 1992 zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 5.100; den Antrag des Minderjährigen, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters auf monatlich S 7.900 zu erhöhen, wies es für die Zeit vom 1.Jänner 1992 bis 31.März 1992 zur Gänze, für die Zeit ab 1.Oktober 1992 (bis 31. Dezember 1992) jedoch hinsichtlich des S 5.100 übersteigenden Betrages ab. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Im übrigen, also hinsichtlich des Zeitraumes vom 1.April 1992 bis 30.September 1992, hob das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes auf und trug diesem eine nach Verfahrensergänzung zu fällende neuerliche Entscheidung auf. Für den Zeitraum vom 1.Jänner 1992 bis 31.März 1992 ergebe sich kein Anspruch auf Unterhaltserhöhung, weil der Vater in diesem Zeitraum nicht wesentlich mehr verdient habe als im Zeitpunkt der letzten Unterhaltsfestsetzung. Der Zeitraum vom 1.April 1992 bis 30.September 1992 sei durch die Auszahlung der Abfertigung gekennzeichnet. Abfertigungsbeträge seien in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzurechnen und regelmäßig - ausgenommen exorbitant hohe Abfertigungsbeträge - auf so viele Monate aufzuteilen, als die Abfertigung Monatsbezügen entspreche. Im vorliegenden Fall sei die Abfertigung mangels eines Ausnahmecharakters auf die 6 Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Vaters aufzuteilen. Als berücksichtigungswürdiger, die Bemessungsgrundlage schmälernder Aufwand seien jedoch jene Beträge zu ermitteln, die der Vater davon für den Nachkauf von Pensionszeiten verwendet habe. Insoweit sei das Verfahren noch ergänzungsbedürftig. Die über diesen Zeitraum bereits ergangene Teilentscheidung stehe einer Erhöhung des Unterhaltsbetrages nicht entgegen, weil dem Unterhaltsberechtigten zum Zeitpunkt seiner Antragstellung die geänderten Einkommensverhältnisse des Unterhaltspflichtigen nicht zur Gänze bekannt gewesen seien. Auch ab 1.Oktober 1992 habe der Vater jedenfalls mehr verdient als im Zeitpunkt der letzten Unterhaltsfestsetzung. Im Hinblick auf die weiteren Sorgepflichten des Vaters sei daher der Unterhalt des Minderjährigen mit rund 20 % der für diesen Zeitraum ermittelten Bemessungsgrundlage zu bemessen gewesen. Die Kinderzuschüsse, die der Vater im Rahmen seiner beiden Pensionen (auch) für seine Stiefkinder beziehe, seien nach der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz als Gehaltsbestandteile in die Bemessungsgrundlage aufzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Vater erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurs wendet sich gegen die Einbeziehung von Kinderzuschüssen zur ASVG-Pension und von Kinderzulagen zur DO-Pension, welche der Vater (auch) für die drei in seinem Haushalt lebenden Stiefkinder bezieht, in die Bemessungsgrundlage. Diese Beträge würden ausschließlich für die Stiefkinder verwendet. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Gemäß § 262 Abs 1 ASVG gebührt zu den Leistungen aus den Versicherungsfällen des Alters und zur Invaliditätspension für jedes Kind (§ 252 ASVG) ein Kinderzuschuß. Als Kinder gelten bis zum vollendeten 18. Lebensjahr u.a. die Stiefkinder, wenn sie mit dem Versicherten ständig in Hausgemeinschaft leben (§ 252 Abs 1 Z 4 ASVG). Der Kinderzuschuß gebührt in den Fällen, in denen ein Anspruch bereits am 30.Juni 1993 bestanden hat, im Ausmaß von 5 vH der Bemessungsgrundlage, mindestens in der Höhe von S 135 und höchstens in der Höhe von S 650 monatlich; ab 1.Juli 1993 beträgt er einheitlich S 300 monatlich. Dieser Kinderzuschuß gebührt ohne Rücksicht darauf, ob vor der Inanspruchnahme dieser sozialversicherungsrechtlichen Leistung ein lohnrechtlicher Anspruch auf einen Kinderzuschuß gegenüber dem Dienstgeber bestanden hat; damit erhält der Pensionist eine zusätzliche Leistung, auf die in der Regel zur Zeit seiner Berufstätigkeit kein Anspruch bestanden hat (GK ASVG 1034 FN 4 zu § 207). Er ist zwar kein Pensionsbestandteil im engeren Sinn wie der Steigerungsbetrag, hat aber den Bestand eines Pensionsanspruchs zur Voraussetzung (Teschner in Tomandl, System des österreichischen Sozialversicherungsrechts 411). Beziehen beide Elternteile des Kindes eine Pension, dann gebührt der Kinderzuschuß zu jeder Pension (Teschner aaO 412). Bildet das Einkommen des Unterhaltspflichtigen den Maßstab für seine nach § 140 Abs 1 ABGB als Bemessungskomponente zu berücksichtigenden Lebensverhältnisse, dann ist die Summe aller dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel allenfalls unter Berücksichtigung unterhaltsrechtlich beachtlicher Abzüge und Aufwendungen heranzuziehen. Dazu gehören auch öffentlich-rechtliche Leistungen; die in der Leistung liegende Zweckbestimmung allein rechtfertigt noch nicht zum Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage (ÖA 1993, 108; 7 Ob 531/93). So wurden bereits die Ausgleichszulage und die Notstandshilfe trotz ihres öffentlich-rechtlichen Charakters als Einkommen beurteilt (5 Ob 505/91; 7 Ob 531/93). Die Familienbeihilfe hingegen, welche zwar regelmäßig dem Unterhaltspflichtigen ausbezahlt wird, aber ausschließlich für den Unterhaltsberechtigten zu verwenden ist, wird mangels freier Verfügbarkeit nicht zu den Einkünften des Unterhaltspflichtigen gerechnet (RZ 1992/69). Dient eine öffentlich-rechtliche Zuwendung der Abgeltung eines bestimmten Sonderbedarfs, ist sie ebenfalls nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. In diesem Sinn wurden der Hilflosenzuschuß gemäß § 105 a Abs 1 ASVG (RZ 1992/25) und das Pflegegeld nach dem BPGG (6 Ob 635/93) behandelt. Fällt demnach eine Zuwendung öffentlich-rechtlichen Charakters in die freie Verfügbarkeit des Beziehers und dient sie nicht der Abgeltung eines bestimmten Sonderbedarfs, so ist sie als Einkommen der Bemessungsgrundlage zugrundezulegen.

Der vorliegende Kinderzuschuß für die drei Stiefkinder des Unterhaltspflichtigen ist dadurch gekennzeichnet, daß er vom Gesetz gewährt wird, ohne daß den anspruchsberechtigten Unterhaltsschuldner für die Stiefkinder Sorgepflichten treffen. Unter diesen Umständen jedenfalls kann eine Verfügungsbeschränkung des Vaters nicht angenommen werden. Da der Zuschuß auch nicht einen Sonderbedarf des Unterhaltspflichtigen abdecken soll, muß er der Bemessungsgrundlage zugerechnet werden. Der erkennende Senat hat zwar in seiner Entscheidung 7 Ob 531/93 ausgesprochen, daß der Kinderzuschuß zur Invaliditätspension eines Unterhaltsberechtigten nicht dessen eigenen, gemäß § 94 Abs 2 ABGB nur angemessen zu berücksichtigenden Einkünften zuzurechnen ist. Dieser Gedanke kann aber nicht ohne weiteres auf die Beurteilung der Leistungspflicht eines Unterhaltspflichtigen im Sinne des § 140 ABGB übertragen werden.

Die gleichen Erwägungen gelten auch für die Kinderzulage (derzeit S 260 pro Stiefkind), die der Vater im Rahmen seiner Pension nach der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (§§ 41, 88 DO.A) bezieht. Auch diese Zulage für Stiefkinder, die dem Haushalt des Angestellten angehören, ist als Bestandteil der Pension zu beurteilen und damit bei der Ermittlung des Unterhaltsbetrages für andere Kinder der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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