OGH 7Ob537/93

OGH7Ob537/9331.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton Sch*****, vertreten durch Dr.Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Erich Sch*****, vertreten durch Dr.Anton Waltl und Dr.Peter Krempl, Rechtsanwälte in Zell am See, wegen Abrechnung (Streitwert S 50.000,--), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 24.Juli 1992, GZ 3a R 159/92-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 12. Dezember 1991, GZ 4 C 895/91x-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung des Rekursgerichtes mit der Maßgabe bestätigt, sodaß sie zu lauten hat:

"Die Klagsänderung des Inhalts, der Beklagte ist schuldig, dem Kläger hinsichtlich des von ihm nach eingetretener Volljährigkeit verwalteten Vermögens eine ordnungsgemäße Abrechnung durch Vorlage einer mit Belegen bestätigten entsprechenden Aufstellung binnen 4 Wochen vorzunehmen, wird zugelassen".

Die Revisionsrekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der am 9.2.1966 geborene Kläger wurde am 11.9.1980 zufolge Fremdverschuldens bei einem Unfall schwer verletzt. Sein Vater, der Beklagte, hat als sein gesetzlicher Vertreter für ihn zu 10 Cg 48/92 des Landesgerichtes Innsbruck ein Verfahren wegen Schadenersatz und Feststellung gegen die Schädiger geführt, das mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 25.4.1985, zugestellt im Juni 1985, im klagsstattgebenden Sinn beendet wurde. Der vom Beklagten beauftragte Rechtsanwalt ***** überwies an diesen am 26.7.1985 einen ersiegten Betrag von S 507.423,65 und am 26.7.1985 einen Betrag von S 6.650,-- an den Kläger, weiters am 10.2.1986 einen Betrag von S 120.000,-- an den Kläger und den Beklagten (gemeint ist wohl zu Handen des Beklagten?).

Der Kläger begehrte mit seiner am 20.6.1991 eingebrachten Klage vom Beklagten ursprünglich die Rechnungslegung über "das während der Minderjährigkeit erworbene Vermögen" mit der Behauptung, er wisse nicht, wieviel sich der Beklagte von den ersiegten Beträgen für eigene Aufwendungen in Abzug bringen dürfe. Es fehle ein Nachweis, was mit den dem Beklagten überwiesenen Beträgen geschehen sei. Der Beklagte habe die Unvollständigkeit seiner Abrechnung zugestanden und die Überweisung von S 100.000,-- an den Kläger angekündigt, aber nicht vorgenommen.

Der Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete ein, alle bei ihm eingelangten Beträge korrekt verwaltet und abgerechnet zu haben. Erst in der folgenden Verhandlung wendete er die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens und sinngemäß auch die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein, weil ein Abrechnungsbegehren über die Zeit der Minderjährigkeit des Klägers im streitigen Verfahren nicht möglich sei. Das angesprochene Vermögen des Klägers sei dem Beklagten erst nach Eintritt der Volljährigkeit des Klägers zugekommen.

Daraufhin stellte der Klagevertreter das Klagebegehren unter Hinweis, daß sich das Begehren nur auf die während der Zeit der Volljährigkeit eingelangten Beträge beziehe, dahin "richtig", "daß sich das Abrechnungsbegehren auf das vom Beklagten verwaltete Vermögen des Klägers während dessen Minderjährigkeit und Volljährigkeit......"

beziehe (vgl. AS 21).

Der Beklagte sprach sich gegen diese Klagsänderung aus.

Das Erstgericht ließ die Klagsänderung nicht zu und wies das ursprünglich erhobene Klagebegehren ab. Die Änderung des Begehrens auf Rechnungslegung hinsichtlich des während der Volljährigkeit erworbenen Vermögens sei nicht geeignet, das Verfahren gegenüber einem allfälligen künftigen Prozeß abzukürzen.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs des Klägers diese Entscheidung dahin ab, daß es "die von der klagenden Partei in der Verhandlung vom 5.11.1991 vorgenommene Klagsänderung" zuließ. Im übrigen hob es das Ersturteil zwecks Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht auf. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand hinsichtlich des Beschlusses als mit S 50.000,-- übersteigend und erklärte den Revisionsrekurs für unzulässig. Klagsänderungen seien tunlichst zuzulassen. Weder die Aussichtslosigkeit des ersten Begehrens noch die Notwendigkeit einer Erstreckung der Tagsatzung zu weiteren Beweisaufnahmen sprächen gegen die Zulassung der vorgenommenen Klagsänderung. Die Frage, ob eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung des Verfahrens zu befürchten sei, sei nach dem Zeitpunkt der Klagsänderung zu beurteilen. Im vorliegenden Fall sei bis zur Klagsänderung lediglich ein Beweisbeschluß gefaßt, es seien Urkunden und der Unfallsakt verlesen, aber noch keine Zeugen einvernommen, sohin kein besonderer Prozeßaufwand entfaltet worden. Dazu komme, daß aufgrund der Klagsbehauptungen insbesondere deren Ergänzung in der Verhandlung vom 5.11.1991 auch dem Beklagten (von vornherein) klar gewesen sei, über welche (wann eingelangten) Beträge der Kläger eine Abrechnung verlange.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.

Ist die begehrte Leistung aus den Klagsbehauptungen unzweifelhaft ableitbar, wird mit der Änderung auf das dem Sachvorbringen entsprechende Begehren dem Kläger nicht etwas anderes zugesprochen, als er bereits erkennbar begehrt hat (vgl. SZ 54/156). Eine Änderung des Klagsgrundes liegt dann nicht vor, wenn aus den gleichen Tatsachen andere rechtliche Gesichtspunkte abgeleitet werden (vgl. MGA ZPO14 § 235/59 ff). Nach der in diesem Punkt unbestrittenen Klagserzählung steht fest, daß das während seiner Minderjährigkeit beanspruchte Vermögen des Klägers erst nach seiner Volljährigkeit vom Beklagten realisiert worden ist und daß erst ab diesem Zeitpunkt ein Abrechnungsbegehren möglich war. Richtig ist aber, daß das ursprüngliche Urteilsbegehren dazu unvereinbar im Widerspruch steht und daß für dieses Begehren der streitige Rechtsweg nicht offensteht (vgl. Pichler in Rummel, ABGB2 §§ 149, 150 Rz 7). Das Erstgericht hätte den Kläger auf diesen Umstand bereits in der ersten Verhandlung nach § 182 ZPO hinweisen müssen; erst nach Weigerung, das Urteilsbegehren auf den Zeitraum ab Volljährigkeit umzustellen, hätte es für das Begehren auf Rechnungslegung für die Zeit der Minderjährigkeit des Klägers die Unzulässigkeit des Rechtsweges nach § 40a JN aussprechen müssen. Mit der "Richtigstellung" des Klagebegehrens auf Rechnungslegung hinsichtlich des "während der Minderjährigkeit und Volljährigkeit" vom Beklagten verwalteten Vermögens des Klägers hält dieser im ersten Teil das ursprüngliche Begehren aufrecht, während er im zweiten Teil das dem Klagsvorbringen entsprechende und auch auf den streitigen Weg zu verweisende zulässige Begehren erhebt. Dieser letztere Teil stellt zwar eine Klagsänderung dar, dies aber, weil von allem Anfang an klar war, daß der Vermögenszufluß erst nach Volljährigkeit des Klägers stattgefunden hat und vorher keine Rechnungslegung erforderlich war und kein Zweifel darüber bestand, daß der größte Teil dieses Vermögens dem Beklagten zugeflossen ist, und bis zur "Richtigstellung" kein besonderer Verfahrensaufwand stattgefunden hat, zuzulassen war (vgl. MGA ZPO14 § 235/40). Dadurch kann das Ziel der endgültigen Bereinigung des zwischen den Parteien strittigen Verhältnisses erreicht werden. Die Aussichtslosigkeit des zuerst gestellten Begehrens ist kein Grund, eine Klagsänderung nicht zuzulassen (vgl. MGA ZPO14 § 235/148 und 152).

Wenn man aber davon ausgeht, daß die Richtigstellung eine Klagsänderung in sich birgt, so bezieht sich diese Änderung nur auf das Abrechnungsbegehren über den Zeitraum nach Erreichung der Volljährigkeit des Klägers; mit dem ersten Teil seines "geänderten" Begehrens hält nämlich der Kläger nur sein ursprüngliches Klagebegehren aufrecht. Darüber war aber bei Entscheidung über die Klagsänderung gar nicht abzusprechen. Der angefochtene Beschluß war daher mit der im Spruch ersichtlichen Maßgabe zu bestätigen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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