OGH Okt9/91

OGHOkt9/9125.5.1992

bergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den stellvertretenden Vorsitzenden Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch seine weiteren Mitglieder KommR Dr. Bauer, Dr. Placek, Dr. Rauter, Dr. Reindl, Dr. Schwarz und Dr. Zeilinger in der Kartellrechtssache der Antragstellerin REPUBLIK ÖSTERREICH, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die Antragsgegnerin F***** KG, Salzburg, Fürbergstraße 51, vertreten durch Dr. Eugen Salpius, Rechtsanwalt in Salzburg, und andere Antragsgegner wegen Aufforderung zur Anzeige eines Kartells infolge von Rekursen der Antragsgegnerin F***** KG und des Kartellbevollmächtigten Dr. Bernhard K*****, gegen den Beschluß des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien vom 20. September 1991, 4 Kt 650/90-20, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die Anträge der Antragsgegnerin F***** KG und des Kartellbevollmächtigten, den Antrag der Antragstellerin abzuweisen und der Antragstellerin die Kosten des Kartellverfahrens aufzuerlegen, nicht ab-, sondern zurückgewiesen werden.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 27.3.1991 forderte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts auf Antrag der namens des Bunds eingeschrittenen Finanzprokuratur die Erstantragsgegnerin als Generalimporteur sowie 283 Vertragshändler als weitere Antragsgegner gemäß § 57 KartG auf, als Mitglieder eines Wirkungskartells gemäß § 10 Abs.1 KartG binnen einem Monat ab Zustellung des Beschlusses beim Kartellgericht die Genehmigung des Kartells zu beantragen.

Die Antragsgegnerin F***** KG ließ diesen Beschluß ebenso wie die übrigen Antragsgegner, ohne ihn anzufechten, in Rechtskraft erwachsen, brachte jedoch in der Folge mittels Schriftsatzes vor, ihre Verträge mit den Vertragshändlern enthielten keine kartellrechtlich relevanten Wettbewerbsbeschränkungen, und beantragte, nach Beischaffung des Aktes Kt 1057/89, in dem sie ein Muster des von ihr verwendeten Händlervertrags vorgelegt habe, den Antrag der Republik Österreich (sc. die Antragsgegner zur Stellung eines Antrags auf Genehmigung eines Wirkungskartells aufzufordern) abzuweisen und die Antragstellerin zum Ersatz der Verfahrenskosten zu verhalten.

Der Rechtsanwalt Dr. Bernhard K***** brachte in einem Schriftsatz vor, die Mehrheit der im Beschluß vom 27.3.1991 angeführten Antragsgegner hätten ihm gemäß § 54 Abs.1 KartG Vollmacht erteilt, sodaß er als Kartellbevollmächtigter legitimiert sei; er schloß sich der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin F***** KG an, daß ein Kartell nicht vorliege, und beantragte gleichfalls die Abweisung des Antrags der Republik Österreich.

Das Erstgericht wies diese Anträge ab und führte zur Begründung seines Beschlusses aus, auf Antrag der Republik Österreich sei die Aufforderung zum Genehmigungsantrag nach § 57 KartG bereits erlassen worden. Damit sei dieses Verfahren beendet; die von den Antragsgegnern nun begehrten Erhebungen wären im Verfahren nach § 57 KartG übrigens gar nicht vorgesehen, weil die Aufforderung nach § 57 Abs.2 erster Satz KartG ohne Prüfung der tatsächlichen Voraussetzungen zu erlassen sei. Für das Kartellgericht bestehe auch - abgesehen von der Prüfung eines Antrags auf Genehmigung eines Kartells - keine Möglichkeit, die gewünschte Überprüfung des Vorliegens eines Kartells vorzunehmen.

Die von der Antragsgegnerin F***** KG und vom Kartellbevollmächtigten erhobenen Rekurse mit gleichlautendem Inhalt sind nicht berechtigt.

Unter dem Anfechtungsgrund der Nichtigkeit des (erstinstanzlichen) Verfahrens führen die Rechtsmittelwerber ausschließlich verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zusammensetzung des Kartellgerichts bzw. des Kartellobergerichts unter dem Gesichtspunkt des Art.91 Abs.1 B-VG ins Treffen, die ganz offensichtlich weitgehend auf Rebhahn, Sind die Kartellgerichte verfassungskonform organisiert? in WBl.1991, 369 ff, zurückgehen. Sie führen im wesentlichen aus, einerseits seien die nach dem Kartellgesetz als Beisitzer berufenen Laienrichter keine Mitwirkenden aus dem Volk, andererseits führe die zahlenmäßig starke Stellung von Vertretern der Sozialpartner beim Kartellobergericht zu deren Dominanz, sodaß der Berufsrichter zu einem Ausführungsorgan reduziert werde.

Dem demgemäß gestellten Antrag, das Verfahren zu unterbrechen und gemäß Art.140 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung der §§ 88 ff KartG zu stellen, der aber nur als Anregung zu diesem Schritt aufgefaßt werden kann (ZVR 1983/18 uva), ist aus nachstehenden Erwägungen nicht zu entsprechen:

Die Frage, ob das Kartellgericht und das Kartellobergericht - wie übrigens auch andere Zivilgerichte mit Laienrichterbeteiligung - verfassungskonform zusammengesetzt sind, wird im Schrifttum kontroversiell beantwortet. Ausgangspunkt jeder Lösung dieser Frage muß Art.91 Abs.1 B-VG sein, nach dem das Volk an der Rechtsprechung mitzuwirken hat. Während die Abs.2 und 3 des Art.91 B-VG die Mitwirkung des Volks am strafgerichtlichen Verfahren - in Form der Beteiligung von Geschworenen und Schöffen - verhältnismäßig genau regeln, enthält Abs.1 nur eine grundsätzliche Anordnung, deren Inhalt jedoch strittig ist (Walter-Mayer, Grundriß des Bundesverfassungsrechts6 Rz 776). Übereinstimmung herrscht bloß insoweit, als die allfällige weitere Ausgestaltung der Mitwirkung des Volks an der (Zivil-)-Gerichtsbarkeit der einfachen Gesetzgebung überlassen ist.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken, die von einem beträchtlichen Teil des Schrifttums gegen die einfachgesetzlichen Regelungen über die Berufung von Laienrichtern in Zivilgerichte und deren Zusammensetzung geäußert wurden, gehen auf Robert Walter (Verfassung und Gerichtsbarkeit, 35 ff und 160 ff) zurück, nach dessen in der Folge noch vertieften (vgl. die Nachweise bei Schoibl, Aspekte der Laiengerichtsbarkeit, in ZÖR 1987, 338 FN 13) Auffassung die fachmännischen Laienrichter der Bestimmung des Art.91 Abs.1 B-VG nicht unterstellt werden können. Die Gerichtsbarkeit dürfe nach dem Bundes-Verfassungsgesetz nur durch Richter (iSd Art.86 ff B-VG) sowie durch Mitwirkende aus dem Volk ausgeübt werden, die Laienrichter seien jedoch weder (Berufs-)Richter noch Repräsentanten des Volks, weil sie nicht dem Gesamtvolk, sondern bestimmten Berufszweigen entnommen würden. Art.91 Abs.1 B-VG sei kein bloßer Programmsatz, sondern enthalte eine - sonst nicht gegebene - Ermächtigung der einfachen Gesetzgebung, die Mitwirkung des Volks über die Fälle der Abs.2 und 3 hinaus vorzusehen, doch müsse die Beiziehung solcher Personen zur Gerichtsbarkeit so geschehen, daß diese auch als Mitwirkende aus dem Volk angesehen werden könnten. Die Entwicklung auf der Stufe der einfachen Gesetzgebung gehe indessen verfassungswidrigerweise in eine andere Richtung, weil nicht Mitwirkende aus dem Volk, sondern Interessenvertreter der Gerichtsbarkeit herangezogen würden; das gelte insbesondere auch für die Kartellgerichte (Walter-Mayer aaO Rz 783). Dem Bestellungsmodus (Auswahl und Form der Berufung) lägen in Wahrheit nicht, wie vom Bundes-Verfassungsgesetz gefordert, demokratische, sondern berufsständische Erwägungen zugrunde (Walter in Verfassung und Gerichtsbarkeit, 162, und Die Gerichtsbarkeit, 456). Von ähnlichen Überlegungen sind auch die Bedenken von Kuderna (DRdA 1963, 223 ff und DRdA 1966, 149 ff), E. Loebenstein (ÖJZ 1968, 3 ff) und anderen Autoren (vgl. die Nachweise bei Schoibl aaO 339 FN 16), die sich vor allem mit der Beteiligung von Laienrichtern an den Arbeitsgerichten und den Schiedsgerichten der Sozialversicherung befaßten, getragen.

Zum gleichen Ergebnis gelangt auch Rebhahn (aaO), für den die Berufung von Laienrichtern in zivilgerichtliche Senate - nach eingehender Erörterung deren verfassungsrechtlicher Einordnung - auf der Grundlage des Art.91 Abs.1 B-VG auf zwei Elementen - dem des Volks und jenem der Mitwirkung - beruhen muß. Er führt dann fort, für eine teleologische Interpretation der genannten Bestimmung müßte daneben aber auch noch der Gegenstand der richterlichen Entscheidung insofern bedeutsam sein, als von einer bloßen Mitwirkung nicht-berufsrichterlicher Organvwalter umso eher dann gesprochen werden könne, je eher diese aufgrund ihrer Bestellung typischerweise divergente oder gar antagonistische Interessenpositionen vertreten, weil sich ihr Einfluß dann wohl ausgleichen werde. Deshalb sei - abgesehen davon, daß die Interessenpositionen der Sozialpartner in Kartellrechtssachen durchaus nicht so divergent seien wie bei arbeitsrechtlichen Konflikten - namentlich die Besetzung des Kartellobergerichts angesichts des Zahlenverhältnisses zwischen Berufs- und Laienrichtern - 1 : 6 - eindeutig verfassungswidrig, weil die Entscheidung "eindeutig" von den nicht-berufsrichterlichen Organwaltern beherrscht werde. Überwögen die Berufsrichter bei den Arbeits- und Sozialgerichten der Zahl nach wenigstens in den Rechtsmittelinstanzen, so verschärfe sich das der Bedeutung einer Mitwirkung widersprechende umgekehrte Zahlenverhältnis bei der Kartellgerichtsbarkeit gerade in der Rechtsmittelinstanz.

Die gegenteilige Position geht - soweit ersichtlich - auf Korinek (Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 148) zurück. Er meint im Gegensatz zu Walter, Art.91 Abs.1 B-VG regle die Form, in der die Repräsentanten des Volkes an der Gerichtsbarkeit mitwirken, nicht näher. Nach der Verfassung läge es deshalb im Ermessen der einfachen Gesetzgebung zu bestimmen, wie die Laienrichter in concreto ausgewählt werden. Sie könne sich somit jeder sachgerechten Methode bedienen, soweit damit die in der Verfassung, namentlich vom Gleichheitssatz und vom Willkürverbot, gezogenen Grenzen nicht überschritten würden. Auch Obendorfer (Die Verfassungsmäßigkeit der Arbeitsgerichte, in DRdA 1979, 183 ff), der zwar einräumt, daß die Mitwirkung des Volks in demokratischem Geist am ehesten durch gewählte Repräsentanten oder durch Herausziehung nicht ausgesuchter Angehöriger des Volks erreicht werde, hält fest, daß das Bundes-Verfassungsgesetz eine abschließende Regelung einer Mitwirkung des Volks nicht trifft. Ballon (Der Einfluß der Verfassung auf das Zivilprozeßrecht, in ZZP 96 (1983), 433 f) verweist gleichfalls darauf, daß das Bundes-Verfassungsgesetz die Form der Mitwirkung des Volks an der Rechtsprechung nicht regelt. Aus Art.83 Abs.1 B-VG folge lediglich, daß die Gerichtsbesetzung durch Bundesgesetz zu regeln sei. Entscheidend sei somit, daß das wie immer bestellte oder gewählte richterliche Organ seine Tätigkeit als Organ des Bundes ausübe, und nicht, wie es in concreto in die Organstellung berufen wurde. Es dürfe auch nicht übersehen werden, daß die Gerichtsbarkeit an sich keine demokratische oder zumindest nur eine mittelbar demokratische Institution sei, weil auch die Berufsrichter nicht gewählt, sondern ernannt würden. Auch nach Schoibl (aaO 339) ist es der einfachen Gesetzgebung überlassen, Zahl und Zusammensetzung der jeweiligen Senate durch Bundesgesetz zu regeln, sofern nur die richterlichen Organe ihre Tätigkeit - die Rechtsprechung - mit den verfassungsrechtlichen Garantien als Organe des Bundes ausüben.

Der Sache nach aus der gleichen Erwägung hat auch das Kartellobergericht in seinem Beschluß vom 20.9.1989, Okt 2/89 (= WBl.1989, 369 = RdW 1989, 391) verfassungsrechtliche Bedenken gegen ihm unterstellte verfassungswidrige Organisationsstrukturen verneint. Bei den von diesem Gericht zu beurteilenden Fragen handle es sich um schwierige wirtschaftliche Fragen, die die Zusammensetzung der Senate derart, daß die nicht-berufsrichterlichen Mitglieder zu den wirtschaftlichen Fragen aus allen denkbaren Blickwinkeln Stellung nehmen könnten, rechtfertigten. Daß dem Senat deshalb nur ein Berufsrichter als Vorsitzender angehöre, beruhe demnach auf sachlichen Erwägungen.

Rechtliche Beurteilung

Bei diesem Stand von Lehre und Rechtsprechung gelangt das Kartellobergericht zur Ansicht, daß die vom Kartellgesetz mit der Ausübung der Kartellgerichtsbarkeit betrauten Organe nicht bloß (Sonder-)Gerichte des Privatrechts (vgl. hiezu Fasching, LB2 Rz 107), sondern auch in verfassungskonformer Weise zusammengesetzt sind. Es schließt sich deshalb der Auffassung jenes Teils des Schrifttums an, der die Ansicht vertritt, Art.91 Abs.1 B-VG regle die Form, in welcher das Volk an der Rechtsprechung mitzuwirken hat, nicht näher. Mangels - jedenfalls abschließender - Regelung der Mitwirkung des Volks ist deshalb davon auszugehen, daß die einfache Gesetzgebung auch noch andere Formen der Mitwirkung vorsehen kann. Auch wenn die fachmännischen Laienrichter deshalb nicht als Mitwirkende des Volks im Sinne des Art.91 Abs.1 B-VG angesehen werden können, ist deren Heranziehung zur Gerichtsbarkeit nicht zuletzt auch aus historischen Gründen zu bejahen (Adamovich-Funk, Verfassungsrecht3 315). Der historische Verfassungsgesetzgeber hatte jedenfalls die Nominierung von Laienrichtern durch die zuständige Interessenvertretung zur Mitwirkung an der Handelsgerichtsbarkeit (§ 7 Ab.2 JN) vorgefunden und hat sie übernommen (§ 28 VÜG 1920), sodaß jedenfalls die Beiziehung solcher Laienrichter zur Kausalgerichtsbarkeit nicht verfassungswidrig sein kann.

Die Beisitzer des Kartellgerichts und des Kartellobergerichts werden auf Vorschlag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten ernannt (§ 90 KartG); ihr Amt dauert bis zum Ende des Jahres, in dem sie das 65.Lebensjahr vollenden (§ 99 Abs.1 KartG). In Ausübung ihres Amtes haben sie die Rechte und Pflichten eines Richters, es kommt ihnen also vor allem die richterliche Unabhängigkeit nach Art.87 Abs.1 B-VG zu, vor Ablauf ihrer Amtsdauer können sie gegen ihren Willen nicht versetzt und nur durch ein Erkenntnis des Oberlandesgerichtes als Disziplinargerichts ihres Amtes enthoben werden (§ 93 Abs.1 zweiter Satz KartG iVm § 21 Abs.2 GOG). Im übrigen müssen die Beisitzer ein rechts-, handels- oder wirtschaftswissenschaftliches Universitätsstudium vollendet und längere Berufserfahrung auf rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet haben (§ 91 Abs.2 KartG). Für jede Stelle eines Beisitzers ist nur eine Person zu ernennen (mit vier Stellvertretern - § 89 KartG), wodurch die Einhaltung einer festen Geschäftsverteilung (Art.87 Ab.3 B-VG) gesichert ist. Auch die Beisitzer des Kartellgerichts und des Kartellobergerichts sind daher mit allen Merkmalen der richterlichen Weisungsfreiheit und deren Garantien, der Unversetzbarkeit und Unabsetzbarkeit, ausgestattet, die die Art.83 ff B-VG als Eigenschaften eines Richters voraussetzen. Bloß die Einholung von Besetzungsvorschlägen der Personalsenate (Art.86 Abs.1 zweiter Halbsatz B-VG) fehlt; dies muß jedoch der einfache Gesetzgeber nicht für alle Richter vorsehen (VfSlg 8524/1979).

Wie der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Einordnung eines Spruchkörpers als Gericht oder als Verwaltungsbehörde ausschließlich entscheidend, ob die Organe dieses Spruchkörpers (unabhängig und) mit den Garantien der richterlichen Unabhängigkeit ausgestattet sind

(VfSlg.Anh 1948/1). Die Beisitzer des Kartellgerichts und des Kartellobergerichts sind also Richter und nicht Mitwirkende aus dem Volk im Sinne des Art.91 (vgl. hiezu Adamovich-Funk aaO). Innerhalb dieses Kreises von Richtern macht die Verfassung nach Ausbildung und dienstrechtlicher Stellung keinen Unterschied.

Spruchkörper, die unter den in der Diskussion aufgeworfenen Gesichtspunkten vergleichbar sind, waren die Rückstellungskommission nach dem Dritten Rückstellungsgesetz, BGBl.1947/54, besonders die Oberste Rückstellungskommission. Auch in den Senaten dieser Spruchkörper wirkten Beisitzer mit, deren Stellung durch eine Verweisung auf die Bestimmungen über die fachmännischen Laienrichter umschrieben war (§ 16 Abs.5 des genannten Gesetzes); die Senate bestanden aus einem Richter als Vorsitzendem und zwei Beisitzern, die den Berufsrichter also - auch bei der Obersten

Rückstellungskommission - zahlenmäßig überwogen. Im übrigen wurden diese Spruchkörper den Anforderungen der Art.83 ff B-VG jedenfalls noch weniger gerecht als das Kartellobergericht. Die Beisitzer wurden nicht vom Bundespräsidenten ernannt, sondern vom Oberlandesgerichtspräsidenten bestellt (§ 16 Abs.2 des Gesetzes); es galt keine feste Geschäftsverteilung, die Einteilung der Geschäfte und die Auswahl der Beisitzer oblag vielmehr dem Vorsitzenden (§ 17 Abs.2 des Gesetzes). Dennoch hat der Verfassungsgerichtshof in der angeführten Entscheidung die Oberste Rückstellungskommission als Gericht beurteilt, was daher umso mehr für das Kartellgericht und das Kartellobergericht gelten muß.

Die unterschiedliche Behandlung, die Rebhahn (aaO 377) den Beisitzern der Arbeits- und Sozialgerichte einerseits und den Beisitzern der Kartellgerichte anderseits angedeihen lassen will, überzeugt nicht, weil auch die ersteren nicht "Mitwirkende aus dem Volk" sind, zumal sie - wie Rebhahn selbst einräumt (aaO FN 53) - streng an die jeweilige Berufsgruppe gebunden sind (§ 12 ASGG) und Schwierigkeiten bei der Suche nach geeigneten Personen keine verfassungsrechtlich relevante Kriterien sein können. Auch den Beweis seiner Behauptung, daß einander die Beisitzer bei den Arbeits- und Sozialgerichten im Gegensatz zu den Kartellgerichten in divergenter oder gar antagonistischer Interessenposition gegenüberstünden, bleibt Rebhahn schuldig.

Das Kartellobergericht ist deshalb der Auffassung, daß es ebenso wie das Kartellgericht verfassungskonform zusammengesetzt ist.

In der Sache selbst haben die Rechtsmittelwerber die Abweisung des Antrags der Republik Österreich (zu ergänzen: auf Aufforderung der Antragsgegner gemäß § 57 KartG, als Mitglieder eines Wirkungskartells dessen Genehmigung zu beantragen) begehrt, dabei aber übersehen, daß das Erstgericht über diesen Antrag bereits mit Beschluß vom 27.3.1991 abgesprochen hat und dieser Beschluß mangels Bekämpfung durch die Antragsgegner in Rechtskraft erwachsen ist. Damit kann aber dieser Antrag der Republik Österreich nicht neuerlich zum Gegenstand einer kartellgerichtlichen Entscheidung gemacht werden; dem stünde schon die Rechtskraft des genannten Beschlusses entgegen, mit deren Eintritt das durch den Antrag der Republik Österreich eingeleitete (Aufforderungs-)Verfahren abgeschlossen wurde. Da einer sachlichen Erledigung der Anträge der Antragsgegner schon verfahrensrechtliche Gründe entgegenstehen, sind diese Anträge in Richtigstellung des erstinstanzlichen Beschlusses zurückzuweisen. Mit dieser Maßgabe ist der Beschluß des Kartellgerichts daher zu bestätigen.

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