Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 7.8.1987 wurde Elmar R***** gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter für die Vermögensverwaltung des Betroffenen Walter L***** bestellt. Mit notariellem Testament vom 1.2.1990 setzte Walter L***** die fünf Kinder seines Sohnes - zwei davon sind minderjährig - zu gleichen Teilen als Erben ein. Gleichzeitig vermachte er unter anderem seinem Sachwalter das Sparbuch bei der *****SPARKASSE Konto-Nr. *****, welches an seinem Todestag einen Stand von 584.955 S aufwies. Am 18.8.1990 verstarb Walter L*****.
Die Enkel des Erblassers gaben aufgrund des Testamentes vom 1.2.1990 bedingte Erbserklärungen ab, die vom Erstgericht mit Beschluß vom 18.8.1991 angenommen wurden. Mit diesem Beschluß wurde den erbserklärten Erben die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen und dem Erbenmachthaber Dr. Rudolf R***** die Verfügungsermächtigung über verschiedene Sparguthaben des Verstorbenen, nicht aber über das oben genannte Sparbuch, eingeräumt. Mit rechtskräftigem Beschluß vom gleichen Tag trug das Erstgericht im Sachwalterschaftsverfahren dem Sachwalter gemäß § 217 Abs.1 AußStrG auf, das in seiner Verwahrung befindliche Mündelvermögen (insbesondere alle Sparbücher) an die Verlassenschaft zu Handen des Erbenmachthabers Dr. R***** zu übergeben. Diesem Auftrag kam der Sachwalter unter Ausnahme des oben genannten Sparbuches nach. Er erklärte in seiner Eingabe vom 23.9.1991, das ihm ausgesetzte Vermächtnis in Anspruch zu nehmen und das betreffende Sparbuch weiterhin in seiner Verwahrung zu behalten. Schließlich stellte er am 27.9.1991 den Antrag, ihm die Verfügungsermächtigung über dieses Sparbuch zu erteilen.
Die erbserklärten Erben sprachen sich gegen diesen Antrag aus und bestritten die Wirksamkeit des Vermächtnisses mit der Begründung, der Verstorbene habe sich bei Errichtung der letztwilligen Verfügung in einem von seinem Sachwalter veranlaßten Irrtum über die Höhe des Sparguthabens befunden. Überdies habe der im Sachwalterschaftsverfahren beigezogene medizinische Sachverständige beim Verstorbenen Zeichen einer cerebralskoleren Insuffizienz und eine sich abzeichnende paranoide Entwicklung festgestellt. Die Erben beantragten, den Sachwalter anzuweisen, in Befolgung des im Sachwalterschaftsverfahren ergangenen Beschlusses auch das genannte Sparbuch ihrem Machthaber zu übergeben, in eventu gemäß § 1425 ABGB bei Gericht zu hinterlegen.
Das Erstgericht wies den Antrag des Legatars Elmar R*****, ihm die Verfügungsermächtigung über das Konto-Nr.264.002.239 der *****SPARKASSE zu erteilen, ab (Punkt 1) und trug ihm auf, das aus der Sachwalterschaft zurückbehaltene Sparbuch hinsichtlich dieses Kontos der *****SPARKASSE an die erbserklärten Erben zu Handen des Erbenmachthabers unverzüglich zu übergeben.
Das Erstgericht führte aus, gemäß § 161 AußStrG sei im Abhandlungsverfahren lediglich darzutun, daß der Legatar vom Vermächtnis Nachricht erhalten habe; dem Legatar stehe zur Durchsetzung seines Vermächtnisanspruches gegen die Erben nur der Rechtsweg offen. Wenn sich ein Vermächtnisnehmer eigenmächtig in den Besitz des Vermächtnisses gesetzt habe, habe ihm das Abhandlungsgericht die Rückstellung aufzutragen; es sei zu berücksichtigen, daß zwei der erbserklärten Erben noch minderjährig seien und daher unter dem besonderen Schutz des Gesetzes stünden.
Das vom Legatar angerufene Rekursgericht hat diese Entscheidung bestätigt und in rechtlicher Hinsicht ausgeführt:
Bei Bestreitung der Wirksamkeit und des Umfanges eines Vermächtnisses habe die Entscheidung im streitigen Verfahren zu erfolgen, sodaß im Abhandlungsverfahren eine Prüfung der Frage, ob die letztwillige Erklärung des Erblassers mit Willensmängeln behaftet war, nicht erfolgen könne. Es seien daher derzeit die Voraussetzungen für die Einräumung eines Verfügungsrechtes über das Sparbuch des Erblassers an den Legatar nicht gegeben, sodaß der darauf gerichtete Antrag nicht berechtigt sei. Es könne derjenige, der eigenmächtig Nachlaßgegenstände in Besitz genommen habe, vom Abhandlungsgericht zur Herausgabe verhalten werden, falls dies zur Nachlaßsicherung geboten sei. Der Legatar habe sich im vorliegenden Fall fehlerhaft in den Besitz des Sparbuches gesetzt, da ihm vom Sachwalterschaftsgericht die Herausgabe sämtlichen in seiner Verwahrung befindlichen Mündelvermögens an die Verlassenschaft aufgetragen worden sei. Überdies sei er als Verwahrer bloßer Inhaber des Sparbuches, es stehe ihm daran weder Sach- noch Rechtsbesitz, noch ein Gebrauchsrecht zu. Die gegenständliche Verfügung sei schließlich auch zur Nachlaßsicherung geboten, da zwei der fünf erbserklärten Erben noch minderjährig seien und eine gerichtliche Sperre des Sparbuches nicht erfolgt sei. Überbringer-Sparbücher fielen auch dann, wenn sie auf den Namen des Erblassers lauteten und mit einem Losungswort versehen seien, nicht unter die Verlassenschaftssperre nach Punkt 31 AGBöKr.
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über S 50.000 und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil keine veröffentlichte Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Auftrag des Abhandlungsgerichtes zur Herausgabe der vermachten Sache an den Legatar als zur Nachlaßsicherung geboten erscheine, vorliege.
Der Legatar bekämpft diese Entscheidung mit Revisionsrekurs lediglich insoweit, als ihm aufgetragen wurde, das aus der Sachwalterschaft zurückbehaltene Sparbuch an die Erben zu Handen des Erbenmachthabers unverzüglich zu übergeben; er beantragt, die angefochtene Entscheidung in diesem Umfange aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen; in eventu wird eine Abänderung dahin beantragt, daß der Auftrag des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben bzw der diesem Auftrag zugrundeliegende Antrag der Erben abgewiesen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt. Der Rekursgrund der Mangelhaftigkeit wurde geprüft, er ist aber nicht gegeben (§ 16 Abs 3 AußStrG; § 510 Abs 3 ZPO).
Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung macht der Legatar geltend, im Sinne der Entscheidung 3 Ob 564/87 setze der ihm erteilte Auftrag zur Herausgabe der vermachten Sache besondere Gründe in der Person des Inhabers des Verlassenschaftsgegenstandes voraus. Nicht einmal die Erben hätten einen Tatbestand behauptet, der geeignet sei, zur Sicherung des Nachlaßvermögens die Herausgabe des Sparbuches aufzutragen. Schließlich sei er Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder, er habe also eine berufliche Stellung, die seine korrekte Verhaltensweise indiziere. Dazu komme, daß der Erblasser selbst die Bestellung des Legatars zum Sachwalter beantragt habe, um nach Übergabe der Sparbücher die Aufhebung der Sachwalterschaft zu beantragen, da nunmehr die Sparbücher gesichert seien und er keinen Sachwalter mehr benötige. Die Nichtbeischaffung bzw. Nichtberücksichtigung des Sachwalteraktes stelle einen sekundären Verfahrensmangel dar.
Der Verstorbene habe über die reine Sachwalterschaft hinausgehende Maßnahmen getroffen, die ein Verfügungsgeschäft (betreffend das Sparbuch) entbehrlich machten. Es sei der Wille des Verstorbenen gewesen, daß der Sachwalter die Sparbücher bei sich behalten sollte. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes sei daher die Fortsetzung der Innehabung des Sparbuches keine fehlerhafte Inbesitznahme. Der Verstorbene hätte ja auch bei Gericht die Verwahrung der Sparbücher beantragen können, er habe dies aber im Hinblick auf die freundschaftlichen Beziehungen zum Legatar unterlassen. Eine eigenmächtige Inbesitznahme des Sparbuches bzw. eigenmächtige Innehabung liege daher nicht vor.
Diese Ausführungen sind unzutreffend. Das Rekursgericht erkannte richtig, daß Herausgabeansprüche von Erben gegen Dritte grundsätzlich im Rechtsweg geltend zu machen sind (RZ 1986/49; EFSlg. 37.442; RZ 1968, 110). Wer allerdings eigenmächtig Nachlaßgegenstände in Besitz genommen hat, kann vom Abhandlungsgericht zur Herausgabe verhalten werden, falls dies zur Nachlaßsicherung geboten ist (GlU 6304; GlUNF 7299; ZBl. 1917/98; RZ 1988/20; 1 Ob 651/89). Im vorliegenden Fall ist das vom Legatar beanspruchte Sparbuch deshalb in seine Gewahrsame gekommen, weil er zum Sachwalter des Verstorbenen bestellt wurde; er war sohin lediglich Verwahrer des Sparbuches (vgl. Kremzow, Österr. Sachwalterrecht, 90). Als Verwahrer ist er aber bloß Inhaber der in Verwahrung gegebenen Sache, es steht ihm daran weder Sach- noch Rechtsbesitz zu (Schubert in Rummel2, Rz 1 zu § 958; Koziol-Welser I8, 328). Er hat vielmehr nach Ablauf der bedungenen Zeit - also mit Beendigung der Sachwalterschaft - die Sache zurückzustellen (§ 961 ABGB). Dieser Verpflichtung ist der Sachwalter des Verstorbenen aber nicht nachgekommen, er hat vielmehr unter Berufung auf das Legat einen Besitzwillen geäußert, wodurch er sich - wenn auch unberechtigt - den Besitz verschafft hat (vgl. Spielbüchler in Rummel2, Rz 3 zu § 309). Der Legatar hat demnach, wie das Rekursgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, eigenmächtig Nachlaßgegenstände in Besitz genommen. Das nach den Behauptungen des Legatars freundschaftliche Verhältnis zum Verstorbenen vermag daran nichts zu ändern. Hätte der Verstorbene dem Legatar sofort und endgültig den Besitz am Sparbuch verschaffen wollen, so wäre dies im Wege einer Schenkung möglich gewesen.
Zutreffend ist schließlich auch die Ansicht des Rekursgerichtes, daß der Herausgabeauftrag zur Nachlaßsicherung geboten ist, weil zwei der erbserklärten Erben noch minderjährig sind (§ 21 Abs.1 ABGB). Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses setzen nicht die konkretisierte Besorgnis voraus, daß Nachlaßgegenstände verbracht werden.
Schließlich ist zu bedenken, daß der Legatar nicht deshalb besser gestellt werden soll, weil er Sachwalter des Verstorbenen war. Wäre er nicht zum Sachwalter bestellt worden, so wäre das Sparbuch nicht in seinen Besitz gelangt und es hätte sich das Abhandlungsgericht gemäß § 161 Abs.1 AußStrG mit dem Nachweis begnügt, daß er vom Legat gerichtlich oder außergerichtlich Kenntnis erhielt. Sein fälliges Forderungsrecht wäre dann notfalls im Klagewege durchzusetzen (Welser in Rummel2, Rz 12 zu § 647). Die pflichtwidrige Unterlassung der Rückstellung des Sparbuches nach Beendigung der Sachwalterschaft kann nun nicht dazu führen, daß der Legatar von den Erben auf Herausgabe geklagt werden müßte.
Es war daher dem Revisionsrekurs des Legatars und früheren Sachwalters ein Erfolg zu versagen.
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