OGH 1Ob651/89

OGH1Ob651/8911.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Verlassenschaftssache Rudolf S***, verstorben am 12.August 1988, infolge Revisionsrekurses der Erben 1.) Gisela B***, Angestellte, Linz, Weigunystraße 4b, 2.) Gudrun K***, Geschäftsfrau, Innsbruck, Technikerstraße 5, 3.) Helmut S***, Arbeiter, Linz, Altstadt 4/4, 4.) Maria Gerlinde M***, Hausfrau, P.O.Box 104, Zouk Mikael, Beirut/Libanon, 5.) Walter S***, Pensionist, Wien 19., Heiligenstädterstraße 165, 6.) Elisabeth G***, Hausfrau, 4225 St.Mary Ave, North Vancouver, Canada, alle vertreten durch Dr. Walter Jahnel, Rechtsanwalt in Wels, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 28.Juni 1989, GZ R 549/89-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 30. Mai 1989, GZ 2 A 342/88-16, ersatzlos aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der am 12.8.1988 ohne Errichtung einer letztwilligen Verfügung verstorbene Rudolf S*** hinterließ aus zwei Ehen sechs Kinder, die sich zu gleichen Teilen bedingt erbserklärten. Bei der Verlassenschaftstagsatzung vom 27.2.1989 war auch die Lebensgefährtin und seinerzeitige Sachwalterin des Verstorbenen Leopoldine S***, Wels, Edelweißstraße 22, anwesend. Sie gab an, daß sie im Besitz zweier Sparbücher der Oberösterreichischen Bauernkredit, Raiffeisenbank Wels reg.Genossenschaft mbH Nr.40.037 509 und Nr.40.073.314, beide lautend auf Rudolf S*** und Leopoldine S***, mit einem Einlagestand zum Todestag von S 110.481 und S 914.960 sei. Sie erklärte, daß ihr jedenfalls die Hälfte dieser Guthaben zustehe. Eine Einigung mit den Erben kam nicht zustande. Am 13.4.1989 erschien Leopoldine S*** beim Gerichtskommissär und erklärte, daß sie derzeit nicht bereit sei, das Sparbuch mit einem Einlagestand über S 900.000 oder einen Teil dieses Geldes herauszugeben. Sie wäre damit einverstanden, das Sparbuch mit einem Guthabensstand von S 110.481 zum Todestag freizugeben. Sie werde nach gerichtlicher Beschlußfassung dieses Sparbuch dem Gerichtskommissär übergeben. Leopoldine S*** erklärt, daß das Guthaben nicht mehr vollständig vorhanden sei, da sie davon Begräbniskosten und die Kosten der Grabstätte bezahlt habe. Das Erstgericht hat mit Mantelbeschluß vom 2.5.1989, ON 13, ua die von den erblasserischen Kindern auf Grund des Gesetzes abgegebenen bedingten Erbserklärungen zu Gericht angenommen und deren Erbrecht für ausgewiesen erachtet, das Inventar in dem unter den Aktiven auch der volle Einlagenstand der beiden Sparbücher enthalten war, zu Gericht angenommen, dabei aber festgestellt, daß die Zugehörigkeit des Sprabuches Nr.40.073 314 zum Nachlaß strittig sei und der Streit auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde. Weiters verständigte es die Oberösterreichische Bauernkredit, Raiffeisenbank Wels reg.Genossenschaft mbH, daß die erblasserische Tochter Gisela B*** allein über das Sparbuch 40.037 509 verfügen könne. Mit Einantwortungsurkunde vom selben Tag, ON 14, wurde der Nachlaß den Kindern je zu 1/6 eingeantwortet.

Mit Beschluß vom 30.5.1989, ON 16, trug das Erstgericht Leopoldine S*** auf, das Sparbuch 40.037.509 der Raiffeisenbank Wels sofort dem Gerichtskommissär zu übergeben.

Diesen Beschluß bekämpfte Leopoldine S*** mit Rekurs. Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und hob den Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos auf. Das Abhandlungsgericht habe über die Frage des Eigentumsrechtes und über die Ausfolgungsansprüche an angeblich in den Nachlaß fallenden Sachen nicht abzusprechen. Es dürfe einer dritten, am Abhandlungsverfahren nicht beteiligten Person keinen Auftrag erteilen, einen in ihrem Besitz befindlichen Gegenstand, selbst wenn dieser ins Inventar aufgenommen wurde, gerichtlich zu erlegen. Die Erben hätten in einem solchen Fall den von ihnen behaupteten Herausgabeanspruch im Rechtsweg geltend zu machen. Der Auftrag an Leopoldine S*** wäre nur dann zulässig, wenn sie das Sparbuch ohne Berechtigung eigenmächtig in Besitz genommen hätte und die Herausgabe zur Sicherung des Nachlasses geboten sei. Dafür lägen keine Anhaltspunkte vor. Auch aus der Erklärung vor dem Gerichtskommissär könne ein vorbehaltsloses Einverständnis zur Herausgabe im Sinne eines Anerkenntnisses der Ansprüche der Erben nicht abgeleitet werden. Durch den erteilten Auftrag sei somit ein unzulässiger Eingriff in die von Leopoldine S*** behaupteten Besitz- und Eigentumsrechte erfolgt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Erben ist nicht berechtigt. Das Rekursgericht erkannte richtig, daß Herausgabeansprüche von Erben gegen Dritte grundsätzlich im Rechtsweg geltend zu machen sind (RZ 1986/49; EFSlg 37.442; RZ 1968, 110). Auch die von Leopoldine S*** am 13.4.1989 dem Gerichtskommissär gegenüber abgegebene Erklärung führt zu keinem anderen Ergebnis. Ob und welche privatrechtlichen Wirkungen diese Erklärung nach sich zog, ist im Verlassenschaftsverfahren nicht zu beurteilen. In Frage käme daher nur ein das Verlassenschaftsverfahren selbst betreffender Erklärungsinhalt. Leopoldine S*** war nach dem Inhalt ihrer Erklärung bereit, nach gerichtlicher Beschlußfassung das Sparbuch dem Gerichtskommissär herauszugeben. Daraus könnte allenfalls der Schluß gezogen werden, daß sie damit anerkannte, das Sparbuch fehlerhaft in Besitz genommen zu haben, sodaß das Abhandlungsgericht berechtigt war, im Verlassenschaftsverfahren ihr den Auftrag zu erteilen, es herauszugeben, falls dies zur Nachlaßsicherung geboten war (RZ 1988/20 mwN). Verfügungen zur Nachlaßsicherung sind aber nur bis zur Beendigung des Abhandlungsverfahrens zulässig (RZ 1986/49 mwN). Nach den vom Erstgericht am Tag des Eintrittes der Rechtskraft der Einantwortungsurkunde erlassenen, der Leopoldine S*** erst nach Rechtskraft zugestellten Auftrag sollten aber Verfügungen des Abhandlungsgerichtes getroffen werden, die über die Beendigung des Abhandlungsverfahrens hinauswirken sollten und damit unzulässig waren. Das Rekursgericht hat daher zutreffend den an Leopoldine S*** ergangenen Auftrag behoben.

Dem Revisionsrekurs ist der Erfolg zu versagen.

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