OGH 2Ob35/91 (2Ob36/91)

OGH2Ob35/91 (2Ob36/91)18.9.1991

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Kropfitsch, Dr. Zehetner und Dr. Schinko als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Alfons ***** D*****, und 2. Christine D*****, beide ***** D-***** Essen, vertreten durch Dr. Nikolaus Bilowitzki, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** Versicherungs-AG, ***** Wien, vertreten durch Dr. Otto Schuhmeister, Dr. Rolf Schuhmeister und Dr. Walter Schuhmeister, Rechtsanwälte in Schwechat, wegen S 48.179 hinsichtlich des Erstklägers und S 145.490 und Feststellung hinsichtlich der Zweitklägerin infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. März 1991, GZ 11 R 199/90-50, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 25. April 1990, GZ 25 Cg 720/88-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

1. Die Revision wird, soweit sie die Ansprüche des Erstklägers betrifft, zurückgewiesen.

Der Erstkläger hat die Kosten seiner Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

2. Soweit die Revision die Ansprüche der Zweitklägerin betrifft, wird ihr nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der Zweitklägerin die mit S 6.727,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.121,17 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 6.9.1987 ereignete sich in Jugoslawien ein Verkehrsunfall, an dem der Erstkläger mit einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen PKW und ein in Österreich zugelassener, bei der beklagten Partei haftpflichtversicherter Omnibus beteiligt waren. Das Alleinverschulden am Unfall, bei dem der PKW einen Totalschaden erlitt und der Erstkläger sowie die im PKW mitfahrende Zweitklägerin verletzt wurden, trifft den Omnibuslenker.

Die beiden Kläger machten mit gesonderten Klagen Schadenersatzansprüche geltend, und zwar begehren sie unter anderem ein Schmerzengeld.

Die beklagte Partei anerkannte die geforderten Beträge teilweise und leistete in diesem Umfang Zahlung, sie bestritt aber die darüber hinausgehenden Forderungen.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Erstkläger S 27.966 und der Zweitklägerin S 144.790 und DM 100 je samt Zinsen zu bezahlen. Das Leistungsmehrbegehren beider Kläger sowie das Feststellungsbegehren der Zweitklägerin wurden abgewiesen.

Das Erstgericht traf hinsichtlich der Zweitklägerin folgende wesentliche Feststellungen:

Die Klägerin erlitt eine Gehirnerschütterung, Verrenkungsbrüche im Bereich des 6. und 7. Halswirbels, einen beidseitigen Knöchelbruch mit Bandzerreißungen links und Blutunterlaufungen. Sie befand sich nach dem Unfall bis zum 11.9.1987 in stationärer Krankenhausbehandlung in Jugoslawien und vom 11. bis 21.9. auf der neurologischen Klinik in Essen, wo der Halswirbelbruch operativ versorgt wurde. Anschließend befand sie sich bis zum 1.10.1987 auf der chirurgischen Klinik in Essen zur Versorgung des Knöchelbruches. Sie hatte 15 Tage starke, 24 bis 25 Tage mittelstarke und 70 bis 72 Tage leichte Schmerzen zu erdulden. Künftige Schmerzen sind im Zusammenhang mit künftigen Eingriffen an der Halswirbelsäule zu erwarten.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, gemäß Art 200 des jugoslawischen Gesetzes über Obligationenverhältnisse sei zur Abgeltung sämtlicher physischer und psychischer Beeinträchtigungen der Zweitklägerin ein Schmerzengeld von S 150.000 berechtigt.

Die beklagte Partei bekämpfte das Ersturteil mit Berufung, in der sie einerseits unter Hinweis auf das jugoslawische Recht die Höhe des Schmerzengeldes bekämpfte und andererseits ausführte, sie sei nicht passiv legitimiert, weil § 22 KHVG auf Unfälle, die sich außerhalb Österreichs ereigneten, nicht anwendbar sei.

Das Berufungsgericht gab dieser Berufung in der Hauptsache nicht Folge und sprach aus, daß die Revision bezüglich des Erstklägers jedenfalls unzulässig, bezüglich der Zweitklägerin aber zulässig sei.

Das Gericht zweiter Instanz führte aus, das Erstgericht habe bezüglich der Schmerzengeldbemessung nach jugoslawischem Recht ohnehin zwei Anfragen an das Bundesministerium für Justiz gerichtet. Die Beantwortung dieser Anfragen habe die Berücksichtigung von Schmerzengeldsätzen in der jugoslawischen Rechtsprechung klar verneint. In diesem Zusammenhang sei jedoch der Umfang der Ermittlungspflicht des ausländischen Rechtes zu überprüfen und ob das Erstgericht diese Pflicht verletzt habe. Bemühe sich das Gericht nicht ausreichend um die Feststellung des ausländischen Rechtes, so könne darin ein Verfahrensmangel eigener Art liegen (SZ 34/134, 46/83; ZVR 1973/179). Die amtswegige Ermittlungspflicht des ausländischen Rechtes und auch der ausländischen Rechtsanwendung sei jedoch nicht unbeschränkt. Sie sei insbesondere an die jeweiligen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten und Schranken gebunden, wobei die Angemessenheit der Frist des § 4 Abs 2 IPRG von der Dringlichkeit des einzelnen Falles abhänge (SZ 61/39). Im vorliegenden Fall habe das Erstgericht zwei Auskunftsersuchen an das Bundesministerium für Justiz über die jugoslawische Rechtsprechung in Schmerzengeldsachen gestellt. Nach den erteilten Auskünften des Bundesministeriums für Justiz werde gemäß Art 200 des jugoslawischen Gesetzes über Obligationenverhältnisse für Verletzungsfolgen ein vom Richter im Rahmen seines freien Ermessens zu bestimmender angemessener Geldersatz, der nicht nach Geldsätzen zu bestimmen sei, zugesprochen. Hiebei seien die erlittenen physischen und psychischen Schmerzen, die Verringerung der Lebensaktivität, Verunstaltung und andere Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Es gäbe in Jugoslawien nicht nur keine Schmerzengeldsätze, sondern seien derartige von der jugoslawischen Rechtsprechung auch nicht herausgearbeitet worden. Das Bundesministerium für Justiz habe auch darauf hingewiesen, daß die jugoslawischen Behörden kaum Auskünfte über die Rechtsprechung in Schmerzengeldangelegenheiten erteilten, weswegen es von einer erneuten Anfrage absehe. Das Bundesministerium für Justiz habe seine Möglichkeiten zur Ermittlung der ausländischen Rechtsanwendung hiemit ausgeschöpft. Es habe auch darauf hingewiesen, daß aufgrund einer Inflationsrate von fast 1000 % die verschiedenen Schadensbilder aufgrund von Entscheidungen zueinander nicht in ein Verhältnis gesetzt werden könnten. Wenn daher das Erstgericht nach diesen Auskünften entgegen dem Antrag der beklagten Partei ON 40 keine neuerliche Anfrage an das Bundesministerium für Justiz gestellt habe, weil durch die bereits erteilten Auskünfte der Gegenstand der Anfrage als geklärt bzw nicht weiter klärbar anzusehen sei, so könne darin eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht gelegen sein. Die Parteien hätten aber weitere Anträge zur Ermittlung der jugoslawischen Rechtsprechung in Schmerzengeldfragen, etwa durch Einholung eines Gutachtens über die ausländische Entscheidungspraxis, nicht gestellt. Abgesehen von der Problematik derartiger Gutachten (Berücksichtigung der hohen Inflationsrate), sei das Erstgericht aber nicht gehalten gewesen, von Amts wegen weitere Versuche zur Ermittlung der ausländischen Spruchpraxis etwa durch Einholung eines derartigen Sachverständigengutachtens durchzuführen.

Auch die Rechtsrüge sei nicht berechtigt. Das Erstgericht gehe zwar vom ausländischen Gesetzestext aus, der dem Gericht bei Ausmittlung des Schmerzengeldes ein freies Ermessen einräume, zeige aber nicht auf, nach welchen Kriterien es die zugesprochenen Schmerzengeldbeträge für angemessen halte. Es sei aber erkennbar so vorgegangen, daß es diese Beträge im Sinne des § 273 ZPO ausgemittelt habe. In dieser Vorgangsweise könne aber eine Fehlbeurteilung nicht erkannt werden, zumal es seiner ihm zumutbaren Ermittlungspflicht der ausländischen Rechtsanwendung nachgekommen sei. Habe aber die ausländische Rechtspraxis nicht ermittelt werden können, so habe das Erstgericht im Sinne des § 4 Abs 2 IPRG die österreichischen Grundsätze anzuwenden (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 836). Im übrigen zeigten aber die Berufungsausführungen nicht auf, in welcher Weise das freie Ermessen nach der jugoslawischen (bosnischen) Rechtsprechung auszuüben gewesen wäre. Die beklagte Partei bejahe zwar Schmerzengeldansprüche dem Grunde nach - Teilbeträge seien überwiesen worden - , führe aber in der Berufung nur aus, es seien wesentlich geringere Beträge zuzusprechen gewesen. Damit sei aber dem Erfordernis nicht Rechnung getragen, wonach ein Rechtsmittelantrag ziffernmäßig zum Ausdruck zu bringen habe, welcher Teil des Klagsbetrages zugesprochen und welcher abgewiesen werden solle (SZ 40/133; EFSlg. 36.735). Der Antrag auf Abweisung der zugesprochenen Beträge beruhe aber auf der geltend gemachten mangelnden Passivlegitimation. Insoweit die beklagte Partei auf das ADAC-Handbuch über "Schmerzensgeldbeträge" verweise, seien die darin genannten Rahmensätze unter Berücksichtigung der dem Berufungsgericht zur Verfügung stehenden 14.Auflage dieses Handbuches längst überholt. Auch daraus könnten demnach keine Rückschlüsse auf die jugoslawische Spruchpraxis gezogen werden. Wenn sich die beklagte Partei auf ein (jugoslawisches) Gesetz über die Haftung im Falle eines Unfalles, hervorgerufen durch Motorfahrzeuge, berufe, handle es sich hiebei um kein eigenes Gesetz, sondern nur einen Teilabschnitt (Art 178 ff) des auch vom Erstgericht angewendeten Gesetzes über die Schuldverhältnisse aus dem Jahre 1978.

Aber auch die erstmals im Berufungsverfahren erhobene Einwendung der mangelnden Passivlegitimation sei nicht überzeugend. Abgesehen davon, daß die beklagte Partei durch Erbringung von Teilzahlungen im Verlaufe des Verfahrens zumindest konkludent ihre Passivlegitimation zugestanden habe, könne die Auffassung der Beklagten nicht geteilt werden, wonach den Klägern ein direktes Klagerecht nicht zustünde. Daß § 1 Abs 1 KHVG über die Pflichtversicherung nur auf das österreichische Bundesgebiet anwendbar wäre, könne dieser Bestimmung, welche eine Versicherungspflicht hinsichtlich der in Österreich zugelassenen Fahrzeuge vorschreibe, nicht mit Bestimmtheit entnommen werden. Die Bestimmung des § 2 Abs 1 KHVG, welches ein direktes Klagerecht (§ 22 KHVG) verneine, sei jedoch nur auf die freiwillige Versicherung anzuwenden. Daraus ergäbe sich die Anwendung des direkten Klagerechtes auf Pflichtversicherungsverhältnisse, auch wenn sich der Unfall im Ausland ereignet habe. Selbst wenn dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt werden könnte, sei aber ein direktes Klagerecht des Geschädigten gegen den Versicherer zu bejahen. Nach dem Haager Straßenverkehrsübereinkommen sei auf den vorliegenden Fall jugoslawisches Recht anzuwenden. Nach Art 9 Abs 2 dieses Abkommens könne das direkte Klagerecht ausgeübt werden, wenn es nach dem Recht des Unfallsortes zugelassen sei. Das jugoslawische Recht (Art 57 Abs 1 des Gesetzes über die Grundlagen des Systems der Vermögens- und Personenversicherung, Amtsblatt SFR, siehe Curkovic-Pscheidl: Die Ausländerschadensregulierung in Jugoslawien) sehe aber ein direktes Klagerecht vor. Es sei demnach unabhängig von den Bestimmungen des KHVG nach den zitierten Bestimmungen ein direktes Klagerecht zu bejahen.

Bezüglich der Zweitklägerin sei die Revision zuzulassen gewesen, weil zur Frage des direkten Klagerechtes gemäß § 22 KHVG eine Judikatur nicht vorliege.

Die beklagte Partei bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes hinsichtlich beider Kläger mit Revision und beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die Kläger beantragen in einer gemeinsamen Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Revision hinsichtlich des Erstklägers:

Die Verbindung der Streitsachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat auf die Zulässigkeit von Rechtsmitteln gegen die gemeinsame Entscheidung keinen Einfluß (JBl 1984, 554 uva). Dies gilt auch für die Rechtslage nach der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989 (4 Ob 1583, 1584/90). Bei Beurteilung der Zulässigkeit der Revision bezüglich des Erstklägers ist daher davon auszugehen, daß das Berufungsgericht über einen Streitgegenstand von S 27.966 entschieden hat. Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist die Revision aber jedenfalls unzulässig, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert S 50.000 nicht übersteigt. Da einer der im § 502 Abs 3 ZPO angeführten Ausnahmefälle nicht vorliegt, ist die Revision, soweit sie den Erstkläger betrifft, nicht zulässig, auch wenn die Entscheidung von der Lösung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt.

Die Revision war daher, soweit sie die Ansprüche des Erstklägers betrifft, zurückzuweisen.

Der Erstkläger hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung, weil er darin auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen hat.

2. Zur Revision bezüglich der Zweitklägerin:

Insofern ist die Revision zulässig, weil seit Inkrafttreten des KHVG zur Frage des direkten Klagerechtes gegen den Haftpflichtversicherer bei Unfällen, die sich im Ausland ereigneten, zur Zeit der Erhebung der Revision eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlte (vgl JBl 1990, 254). Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin vertritt die Ansicht, die Bestimmung des § 2 Abs 1 KHVG lasse keinen Zweifel daran, daß § 22 KHVG auf im Ausland erfolgte Verkehrsunfälle nicht anzuwenden sei. Auf diese Frage braucht jedoch - ebenso wie in 2 Ob 25/91 und 2 Ob 26/91 - nicht eingegangen zu werden. Da eine außervertragliche zivilrechtliche Haftung aus einem Straßenverkehrsunfall im Ausland geltend gemacht wird, sind nämlich die Bestimmungen des Haager Straßenverkehrsübereinkommens anzuwenden, dessen Art 9 bestimmt, daß die geschädigten Personen ein unmittelbares Klagerecht gegen den Versicherer des Haftpflichtigen haben, wenn ihnen ein solches Recht nach dem gemäß Art 3, 4 oder 5 anzuwendenden Sachrecht zusteht (2 Ob 25/91, 2 Ob 26/91).

Da sich der Unfall in Jugoslawien ereignete, ist gemäß Art 3 des Haager Straßenverkehrsübereinkommens jugoslawisches Recht anzuwenden, zumal zwei Fahrzeuge beteiligt waren, die in verschiedenen Staaten zugelassen waren und daher die Ausnahmebestimmungen des Art 4 nicht in Betracht kommen. Das jugoslawische Recht sieht aber ein direktes Klagerecht gegen den Haftpflichtversicherer vor. Dies bestreitet auch die beklagte Partei nicht, weshalb es genügt, auf die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes hinzuweisen.

Die Ansicht der Revisionswerberin, die direkte Klage sei nicht zulässig, weil es sich bei den Bestimmungen des KHVG um eine lex specialis handle, kann nicht geteilt werden. Der Grundsatz "lex specialis derogat legi generali" dient der interpretativen Behebung von Gesetzeswidersprüchen (Bydlinski in Rummel2, Rz 18 und 27 zu § 6). Einen Gesetzeswiderspruch vermag die beklagte Partei aber nicht aufzuzeigen. § 22 KHVG begründet das direkte Klagerecht jedenfalls für Unfälle, die sich im Inland ereignet haben. Schafft eine andere Norm ein direktes Klagerecht auch bei Auslandsunfällen, dann besteht zwischen diesen beiden Regelungen kein Widerspruch. Eine Antinomie bestünde nur dann, wenn im KHVG eine Vorschrift enthalten wäre, daß bei Auslandsunfällen kein direktes Klagerecht besteht. Dies ist aber nicht der Fall.

Die passive Klagslegitimation der beklagten Partei ist daher gegeben, weshalb es nicht erforderlich ist, auf die Frage eines allfälligen Anerkenntnisses einzugehen.

Die beklagte Partei führt weiters aus, es hätten von Amts wegen die erforderlichen Informationen über das anzuwendende jugoslawische (bosnische) Recht hinsichtlich des Schmerzengeldes eingeholt werden müssen, eingehende Bemühungen zur Ermittlung des ausländischen Rechts seien nicht erfolgt, bei der Anfrage über das ausländische Recht hätte eine detaillierte Fragestellung im Sinne des Antrages der beklagten Partei ON 40 erfolgen müssen. Auch diese Ausführungen sind nicht berechtigt.

Die beklagte Partei hat im Schriftsatz ON 40 behauptet, nach jugoslawischem Recht stünden an Schmerzengeld für Gehirnerschütterung Dinar 25.000, für Prellung der Halswirbelsäule und Bruch des Dornfortsatzes Dinar 170.000 sowie für Prellung im Oberarm - Schlüsselbeinbereich und im Brustbeinbereich rechts sowie Prellung der linken Brustkorbhälfte Dinar 95.000, zusammen daher Dinar 290.000 zu. Es werde beantragt, die Anfrage an das Bundesministerium für Justiz in diesem Sinne zu präzisieren. Nun hat das Erstgericht aber ohnedies zwei Anfragen an das Bundesministerium für Justiz über die Schmerzengeldbemessung nach jugoslawischem Recht gerichtet und (aufgrund von Auskünften jugoslawischer Behörden) die Antwort erhalten, Schmerzengeld sei nach freien richterlichem Ermessen zu bestimmen, es gebe keine Schmerzengeldsätze, solche seien auch von jugoslawischen Gerichten nicht herausgearbeitet worden, das Bundesministerium für Justiz habe keine Möglichkeit, auf anderem Weg Auskünfte über jugoslawisches Recht zu erhalten. Daraus ergibt sich eindeutig, daß eine neuerliche Anfrage im Sinne des Antrages ON 40 sinnlos wäre. Welche andere Möglichkeit bestanden haben sollte, zu ermitteln, welches Schmerzengeld der Zweitklägerin nach der Praxis jugoslawischer Gerichte zuerkannt würde, vermag auch die beklagte Partei nicht aufzuzeigen. Da eine im Ursprungsland geübte Anwendungspraxis nicht festgestellt werden konnte, ist der Gesetzeswortlaut nach den geltenden Auslegungsregeln auszulegen (vgl Schwimann in Rummel, ABGB; Rz 3 zu § 3 IPRG; VersR 1986, 1032). Nun ist nach dem anzuwendenden jugoslawischen Recht vom Gericht für erlittene physische Schmerzen, für erlittene seelische Schmerzen wegen Verringerung der Lebensaktivität, Verunstaltung, Verletzung des Ansehens, der Ehre, der Freiheit oder eines Persönlichkeitsrechtes, des Todes eines nahen Angehörigen wie auch für Angst, wenn es findet, daß die Umstände des Falles und besonders die Stärke der Schmerzen und Angst und deren Dauer es rechtfertigen, ein angemessener Geldersatz zuzusprechen. Die Bemessung eines Schmerzengeldes in der Höhe von S 150.000 für die festgestellten Unfallsfolgen der Zweitklägerin widersprechen keinen Auslegungsregeln. Überdies ist darauf hinzuweisen, daß das österreichische Recht hinsichtlich der Schmerzengeldbemessung im § 1325 ABGB eine ähnliche Regelung enthält ("angemessenes Schmerzengeld"), und nach österreichischem Recht der zuerkannte Betrag keinesfalls überhöht wäre.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Dabei war davon auszugehen, daß der Revisionsstreitwert insgesamt S 163.456 betrug und der Zweitklägerin im Hinblick auf die unterschiedliche Höhe der von beiden Klägern geltend gemachten Schadenersatzansprüche 3/4 der Kosten der Revisionsbeantwortung zustehen.

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