Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 19.942,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.323,70 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 9.9.1928 geborene Kläger war seit 1.8.1945 bei der beklagten G*** (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin)
angestellt und wurde mit Beschluß vom 9.7.1958 zum Geschäftsführer bestellt. Seit 18.8.1987 war er wegen eines cerebralen Multiinfarktgeschehens im Krankenstand. Seit damals ist ihm eine regelmäßige Arbeitsleistung nicht mehr zumutbar; daher verpflichtete sich auch die P*** DER A*** (PVAng),
dem Kläger ab 1.9.1987 eine Berufsunfähigkeitspension zu zahlen. Der Klagevertreter verständigte die Beklagte vom Ausgang dieses Verfahrens gegen die PVAng mit Schreiben vom 21.1.1988. Da dem Kläger nach seinem Dienstvertrag im Krankheitsfalle der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für ein Jahr zustand, erklärte er nicht sofort, sondern erst mit Schreiben vom 29.9.1988 seinen vorzeitigen Austritt, nachdem er die Beklagte mit Schreiben vom 5.9.1988 um Auszahlung seiner Abfertigung ersucht, sie ihm aber geantwortet hatte, daß sein Dienstverhältnis noch nicht gelöst sei. Beide Vorinstanzen sprachen dem Kläger die begehrte Abfertigung in der unstrittigen Höhe von S 1,472.308,30 sA (mit Teilurteil) zu und behielten die Entscheidung über die von der Beklagten wegen behaupteter grob fahrlässiger Herbeiführung von Schäden in diversen Kreditangelegenheiten eingewendete Gegenforderung dem Endurteil vor.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die Rechtsansichten des Berufungsgerichtes,
1. daß zwischen dem Abfertigungsanspruch des Klägers und den behaupteten Schadenersatzforderungen der Beklagten aus dem Abschluß verschiedener Kreditgeschäfte ein rechtlicher Zusammenhang iS des § 391 Abs 3 ZPO, der der Fällung eines Teilurteils entgegenstünde, nicht vorliegt,
2. daß dem Beklagten durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum 29.9.1988 das Recht, gemäß § 26 Z 1 AngG vorzeitig auszutreten, nicht verlorengegangen ist, sind zutreffend, so daß es ausreicht, auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend wird den Revisionsausführungen der Beklagten noch folgendes entgegengehalten:
1. Daß der Kläger als Vorstandsmitglied einer Genossenschaft für zugefügte Schäden auf Grund erhöhter Sorgfaltspflichten (§ 23 GenG) haftet und auf ihn allenfalls die Haftungserleichterungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG) nicht zur Anwendung kommen (Kleinert, Genossenschaftsrecht (1988) Rz 371; ÖRV, Genossenschaftsrecht (1989) 78; Frotz, Geschäftsleiter und Funktionäre bei Raiffeisenkassen, 64 f; vgl. zu § 25 GmbHG Reich-Rohrwig GmbH-Recht 107; Grillberger in FS Ostheim 542, EvBl 1979/135; iglS 9 Ob A 145/90; differenzierend jüngst Wachter WBl 1990, 221 ff; zu § 84 AktG schon SZ 46/113 = EvBl 1974/83; aM Reischauer in DRdA 1978, 193 f) ändert nichts daran, daß zwischen dem Entgeltanspruch des Klägers und den geltend gemachten Schadenersatzansprüchen der Beklagten im Sinne der ständigen Rechtsprechung des OGH (SZ 56/70 = Arb 10.247; SZ 56/150 = ZAS 1984, 189 ÄMazalÜ; 4 Ob 148/84; zuletzt 2 Ob 81/89) ein rechtlicher Zusammenhang nicht besteht. Die für die enge Auslegung des Begriffes des rechtlichen Zusammenhanges maßgebenden Gründe der zitierten Entscheidungen (bloße Rückführbarkeit der oft verschiedene Zeiträume betreffenden Einzelansprüche aus dem Titel des Schadenersatzes auf das Dienstverhältnis als Dauerschuldverhältnis nicht ausreichend; Fehlen eines unmittelbaren engen Sachbezuges zum Entgeltanspruch) treffen auch für das Anstellungsverhältnis eines Vorstandsmitglieds einer juristischen Person zu, mag dieser Arbeitnehmer oder auch nur arbeitnehmerähnlich sein.
2. Der Kläger ist seit 18.8.1987 arbeitsunfähig. Die Gefährdung der Gesundheit des Angestellten bei Fortsetzung einer bestimmten Tätigkeit ist ein Dauerzustand, auf den er sich jederzeit zur Rechtfertigung einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen kann (9 Ob A 307/88; 9 Ob A 71/89). Richtig ist, daß Kuderna (Entlassungsrecht 19) die Ansicht vertreten hat, auch bei Dauertatbeständen müsse der Dienstgeber die Entlassung unverzüglich nach Kenntnisnahme vom Entlassungsgrund aussprechen, falls das Unterbleiben einer Entlassung zur zwingenden Annahme des Unterganges des Entlassungsrechtes (durch Verzicht, Verwirkung) oder zum Wegfall des Tatbestandsmerkmales der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung führen müßte. Diese Grundsätze sind auch auf den vorzeitigen Austritt des Dienstnehmers anzuwenden, doch liegen die von Kuderna für den Verlust des Rechts auf vorzeitige Auflösung genannten Voraussetzungen hier nicht vor, erwähnt er doch, daß z.B. bei einer Erkrankung des Dienstnehmers mit der fortschreitenden Dauer der Krankheit auch das Ausmaß der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zunehme, so daß die erwähnte zwingende Annahme des Unterganges des Entlassungsrechts bzw. des Fehlens des Tatbestandsmerkmales der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung keineswegs zutreffe. Das gilt auch im vorliegenden Austrittsfall. Da der Kläger auf Grund seines Dienstvertrages im Falle der Dienstverhinderung durch Krankheit berechtigt war, über die Fristen des § 8 Abs 1 AngG hinaus Entgeltansprüche bis zur Dauer eines Jahres zu erheben, war er auch ohne Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben berechtigt, von seinem Austrittsrecht erst nach Ablauf dieser Frist Gebrauch zu machen, ohne daß daraus auf einen Verzicht oder auf den Wegfall der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu schließen wäre, kommt doch ein Weiterarbeiten des Klägers, dem inzwischen eine Berufsunfähigkeitspension gewährt wurde, nicht in Betracht. Die Beklagte hatte von diesen Umständen Kenntnis. Der Kläger hat kurz nach Ablauf der vertraglichen Jahresfrist um Zahlung seiner Abfertigung ersucht und ist, da die Beklagte diese Zahlung im Hinblick auf das aufrechte Bestehen des Dienstverhältnisses ablehnte (und damit anscheinend an einer einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses des in Ruhestand tretenden Klägers kein Interesse zeigte), gemäß § 26 Z 1 AngG berechtigt ausgetreten. Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 ZPO (Fasching II 364).
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