OGH 9ObA80/89 (9ObA81/89)

OGH9ObA80/89 (9ObA81/89)10.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Walter Zeiler und Wilhelm Hackl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred K***, Angestellter, Innsbruck, Angergasse 19, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagten Parteien 1. Firma P***-G*** Gesellschaft mbH & Co KG,

2. P***-G*** Gesellschaft mbH, beide Absam, Daniel-Swarovski-Straße 64, beide vertreten durch Dr. Harald Rittler und Dr. Johannes Hohenbühel, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 263.208,08 S s.A. (Revisions- und Rekursinteresse 177.921,08 S), infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. November 1988, GZ 5 Ra 148/88-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 4. August 1988, GZ 45 Cga 1091/87-23, teils bestätigt teils aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1. zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.

2. den

B e s c h l u ß

gefaßt:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

1. Zur Revision des Klägers:

Mit seiner Revision wendet sich der Kläger gegen die Bestätigung des Ersturteils, soweit damit ein auf den Titel der Provision gestützter Teilbetrag von 92.644 S abgewiesen wurde. Der Kläger brachte dazu in der Klage vor, er habe folgende Provisionsansprüche (brutto):

Für das Jahr 1984 (inkl. Mai 1984) S 2.124,-

1985 S 11.348,-

1986 S 69.058,-

1987 S 10.114,-

S 92.644,-

Ferner legte der Kläger ein Konvolut von Auftragsdurchschriften vor und verwies darauf, daß ein Teil dieser Aufträge in den von der beklagten Partei vorgelegten Provisionsabrechnungen nicht aufscheine (Akt S 41).

Schließlich brachte der Kläger noch vor, mit diesem Begehren würden lediglich die nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig gewordenen und vom Kläger ins Verdienen gebrachten Provisionen geltend gemacht (Akt S 112).

Das Erstgericht wies das auf den Rechtsgrund der Provision gestützte Begehren ab und traf die negative Feststellung "ob der Kläger gegenüber der erstbeklagten Partei Ansprüche auf fällige Provisionen erworben hat, die ihm von dieser vorenthalten wurden, konnte nicht festgestellt werden." Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in diesem Umfang als Teilurteil. Es vertrat die Auffassung, daß der Kläger - der die negative Feststellung des Erstgerichtes unter den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung bekämpfte, ohne diese Gründe getrennt auszuführen - die Beweisrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht habe, weil er nicht angeführt habe, welche anderslautenden konkreten Feststellungen er anstrebe. Er habe auch in der Berufung die konkreten Aufträge nicht genannt, aus denen ihm noch Provisionsansprüche zustünden. Im übrigen ließe sich der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Provisionen auch nicht aus dem von ihm vorgelegten Urkundenkonvolut ableiten. Soweit in den Ausführungen eine Mängelrüge zu erblicken sei, sei darauf hinzuweisen, daß es der anwaltlich vertretene Kläger unterlassen habe, die konkreten Aufträge anzugeben, aus denen ihm noch ein Provisionsanspruch zustehe.

Gegen dieses Teilurteil richtet sich die Revision des Klägers aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Da das Revisionsgericht das Parteienvorbringen dem Akt zu entnehmen hat, macht auch eine unrichtige Wiedergabe des Vorbringens durch das Berufungsgericht dessen Urteil nicht unüberprüfbar, so daß die vom Kläger geltend gemachte Nichtigkeit gemäß §§ 477 Abs 1 Z 9 und 503 Abs 1 Z 1 ZPO nicht vorliegt.

Soweit der Revisionswerber mit den Ausführungen, das Erstgericht habe ihn mit seiner negativen Feststellung überrascht, einen Verfahrensmangel erster Instanz geltend macht, ist ihm zu erwidern, daß nach ständiger Rechtsprechung nur einmal - und zwar in der nächsthöheren Instanz - überprüft werden kann, ob ein Verfahrensmangel vorliegt. Da die im § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG vorgesehene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht in das ASGG nicht übernommen wurde, sodaß nunmehr Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht auch solche des Berufungsverfahrens sind, ist der im allgemeinen zivilgerichtlichen Verfahren geltende Grundsatz, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden können, auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen anzuwenden (vgl. SZ 22/106; SZ 27/4; ÖBl 1984, 109; 9 Ob A 104/88, 9 Ob A 258/88, 9 Ob A 31/89 und 9 Ob A 65/89). Auch die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Was schließlich die rechtliche Beurteilung betrifft, ist auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 48 ASGG), das zu Recht davon ausgegangen, ist, daß der für die anspruchsbegründenden Tatsachen - die Aufträge, aus denen er seine Provisionsansprüche ableitet - beweispflichtige Kläger mit dem bloßen Hinweis auf ein Konvolut von Urkunden nicht einmal seiner Behauptungspflicht nachgekommen ist.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

2. Zum Rekurs des Klägers:

Da die vom Kläger in diesem Rahmen ausschließlich bekämpfte rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Das Entscheidungszitat zu der in Abschnitt III Z 3 KV normierten Pflicht zur Vorlage eines Dienstzettels hat allerdings richtig "RdW 1987, 97" zu lauten. Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes zu entgegnen:

Sollte der Kläger tatsächlich auf entsprechende Fragen des Arbeitgebers die Ablegung der Lehrabschlußprüfung oder eine 3-jährige Angestelltentätigkeit verschwiegen haben, verstieße die nunmehrige Geltendmachung von Ansprüchen auf der Basis einer höheren Einstufung für die Vergangenheit - wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat - gegen Treu und Glauben (vgl Arb 10.451; DRdA 1988, 141 Kerscher ).

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch auf die Verfallsbestimmungen in den Abschnitten VII und XV Z 9 KV hingewiesen.

Der Kläger machte mit der am 30. April 1987 eingebrachten Klage unter anderem Gehaltsdifferenzen gegenüber dem kollektivvertraglichen Mindestlohn für die Jahre 1984 (ab Mai) und 1985 sowie Messegeld aus diesen Jahren geltend. Mit Schriftsatz ON 7 brachte der Kläger ergänzend vor, daß sich die kollektivvertragliche Mindestentlohnung unter Zugrundelegung der kollektivvertraglich vorgesehenen Reiseaufwandsentschädigung (Taggeld) und von insgesamt 556 bzw. 893 Überstunden auf 153.467,67 S (1984) und 247.631,30 S (1985) belaufe. Da in diesen Beträgen sowohl Reisespesen als auch Überstundenentgelte enthalten sind, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß bezüglich dieser beiden Posten - sollten die beklagten Parteien im fortgesetzten Verfahren Verfall einwenden (in der Tagsatzung vom 1. Dezember 1987 haben die beklagten Parteien Verjährung eingewendet, ohne sich dabei auf den Kollektivvertrag zu beziehen) - die in Abschnitt VII sowie in Abschnitt XV 9 KV normierten Verfallsbestimmungen zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß selbst dann, wenn von der erstbeklagten Partei die in Abschnitt VII KV vorgesehenen, vom Arbeitnemer zu unterfertigenden Überstundenaufzeichnungen nicht geführt worden sein sollten, Überstundenansprüche nach 2 Jahren verfallen (siehe RdW 1988, 430 mwH; ebenso die einen ähnlich gelagerten Fall betreffende Entscheidung 14 Ob 6/86). Soweit der Revisionswerber auf die Entscheidungen 9 Ob A 122/86 und 9 Ob A 183/88 hinweist, ist ihm zu entgegnen, daß nach einem Verfall gemäß Abschnitt XV Z 9 KV ein allenfalls das Spesenpauschale übersteigender Mehraufwand auch nicht mit der Begründung gefordert werden kann, durch diesen Mehraufwand werde das kollektivvertragliche Mindestentgelt unterschritten. Den zitierten Entscheidungen ist lediglich zu entnehmen, daß dann, wenn ein Verfall noch nicht eingetreten ist oder ein Verfallseinwand noch nicht erhoben wurde, bei der Prüfung, ob das kollektivvertragliche Mindesteinkommen erreicht wurde, auch auf einen mit dem Spesenpauschale nicht abgedeckten tatsächlichen Mehraufwand Bedacht zu nehmen ist.

Was schließlich die Kündigungsentschädigung betrifft, so ist sie ebenso wie die Abfertigung und die Urlaubsentschädigung auch vom Ausmaß eines allfälligen Überstundenentgeltes abhängig, sodaß die Sache jedenfalls auch diesbezüglich nicht spruchreif ist. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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