OGH 9ObA31/89

OGH9ObA31/8915.3.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Dietmar Strimitzer und Helga Kaindl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Marie-Luise L***, Pensionistin, Breitenbrunn, Am Anger 12a, vertreten durch Dr. Karl Haberl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*** Wohnungseigentumsgesellschaft mbH, Nachfolger KG, Wien 19., Billrothstraße 83, vertreten durch Dr. Peter Ponschab, Rechtsanwalt in Wien, wegen 203.015,25 S netto sA (Revisionsstreitwert 111.308,54 S sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 7. Oktober 1988, GZ 31 Ra 117/88-31; womit infolge Berufung beider Streitteile das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 5. Mai 1988, GZ 5 Cga 617/86-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.172,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.028,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit der am 27.März 1986 erhobenen Klage begehrt die Klägerin einen Zuspruch von 203.015,25 S netto sA. Sie sei vom 1.August 1979 bis 31.Dezember 1983 bei der Beklagten als Angestellte mit einem monatlichen Bruttogehalt von 13.000 S beschäftigt gewesen. Dieses Arbeitsverhältnis habe durch Kündigung seitens der Klägerin wegen Erreichung des Pensionsalters geendet. Seit dem Jahre 1981 sei der Klägerin ihr Gehalt nicht mehr vollständig ausgezahlt worden. Nach Abzug der erhaltenen Akontozahlungen und einer Betriebskostenschuld der Klägerin von 15.503,95 S ergebe sich der Klagsbetrag als restliche offene Gehaltsforderung.

Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie wandte ein, daß Verwalterin der der Beklagten und 20 weiteren Wohnungseigentümern gehörigen Wohnhausanlage "Erholungszentrum Breitenbrunn" während der gesamten Zeit des Bestehens des Hausbesorgerdienstverhältnisses der Klägerin deren Schwester Susanne K*** gewesen sei. Diese habe die Hausverwaltung äußerst nachlässig geführt und Jahre hindurch keine Verwaltungsabrechnungen gelegt, sodaß die Beklagte ihre Abberufung erwirkt habe. Da nicht anzunehmen sei, daß die Klägerin Jahre hindurch ohne Entgelt gearbeitet habe, müsse davon ausgegangen werden, daß die Klägerin die ihr zustehende Entlohnung tatsächlich von der Verwalterin erhalten habe und nunmehr mit dieser in der Absicht zusammenwirke, sich zu bereichern und der Beklagten Schaden zuzufügen. Ferner wandte die Beklagte Verjährung ein. In der Tagsatzung vom 17.Juli 1986 (ON 5) brachte die Beklagte weiters vor, daß sie nur zu 19.383/137.527stel Anteilen Wohnungseigentümerin sei und nur anteilsmäßig hafte.

Das Erstgericht gab der Klage mit 3.568,80 S netto sA statt und wies das Mehrbegehren von 199.446,45 S sA ab.

Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Die Klägerin schloß mit Wirkung vom 1.August 1979 mit der Wohnungseigentümergemeinschaft Am Anger 12a in Breitenbrunn einen Arbeitsvertrag ab, in welchem sie sich zur Betreuung dieser Wohnungsanlage gegen ein monatliches Gehalt von 13.000 S brutto verpflichtete. Für den Zeitraum März bis Dezember 1983 ergibt sich für die Klägerin ein Nettogehaltsanspruch einschließlich Sonderzahlungen, Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung von 111.308,54 S, auf den sie im Jahre 1983 56.483,07 S und im Jahre 1984 weitere 14.000 S erhalten hat. Aus der Betriebskostenabrechnung für ihr Appartement schuldet die Klägerin 15.503,95 S. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß lediglich die Ansprüche für den Zeitraum ab März 1983 nicht verjährt seien; ziehe man die erhaltenen Zahlungen sowie die Betriebskostenschuld der Klägerin ab, ergebe sich eine offene Forderung der Klägerin gegenüber der Miteigentümergemeinschaft von 25.321,52 S. Die Beklagte hafte entsprechend ihrem Miteigentumsanteil nur für einen Teilbetrag von 3.568,80 S. Der Vertargspartner einer Wohnungseigentumsgemeinschaft könne im Zweifel vernünftigerweise nicht annehmen, daß die Wohnungseigentümer solidarisch haften wollten.

Das Berufungsgericht bestätigte das von beiden Parteien bekämpfte Ersturteil. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat die Rechtsauffassung, daß es im Hinblick auf den Einwand der Beklagten, sie sei gemeinsam mit 20 weiteren Personen Miteigentümerin der Anlage und hafte nur anteilsmäßig, Sache der qualifiziert vertretenen Klägerin gewesen wäre, alle Miteigentümer in Anspruch zu nehmen und dies entsprechend zum Ausdruck zu bringen. Für die von der Klägerin vermißte Anleitung zur Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei habe daher kein Anlaß bestanden. Wohnungseigentümer hafteten im Zweifel Dritten gegenüber nicht solidarisch und könnten lediglich für ihren Anteil in Anspruch genommen werden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (inhaltlich der Mangelhaftigkeit des Verfahrens) mit dem Antrag, das angefochtene Urteil unter Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei von H*** Wohnungseigentumsgesellschaft mbH,

Nachfolger KG auf in der Revision unter den Z 1 bis 36 namentlich genannte Personen im Sinne einer Stattgebung der Klage mit 111.308,54 S sA abzuändern.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Mit den Ausführungen zur Rechtsrüge macht die Revisionswerberin - wie zuvor im Berufungsverfahren - neuerlich nur geltend, daß das Erstgericht verpflichtet gewesen sei, die im Verfahren erster Instanz qualifiziert vertretene Klägerin zur Berichtigung der Bezeichnung der beklagten Partei anzuleiten; die Revisionswerberin zeigt damit in Wahrheit einen angeblichen Mangel des Verfahrens erster Instanz auf, dessen Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat.

Abgesehen davon, daß die Einbeziehung auch der übrigen Wohnungseigentümer lediglich zu einer Klagestattgebung mit 25.321,52 S sA (und nicht mit 111.308,54 S sA) führen könnte, kann nach ständiger Rechtsprechung nur einmal - und zwar in der nächst höheren Instanz - überprüft werden, ob ein Verfahrensmangel vorliegt. Da die im § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG vorgesehene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht in das ASGG nicht übernommen wurde, sodaß nunmehr Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht auch solche des Berufungsverfahrens sind, ist der im allgemeinen zivilgerichtlichen Verfahren geltende Grundsatz, daß Mängel des Verfahrens erster Instanz nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden können, auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen anzuwenden (vgl. SZ 22/106; SZ 27/4; ÖBl.1984, 109 sowie 9 Ob A 104/88 und 9 Ob A 258/88).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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