OGH 3Ob111/88 (3Ob112/88, 3Ob113/88, 3Ob114/88, 3Ob115/88, 3Ob116/88)

OGH3Ob111/88 (3Ob112/88, 3Ob113/88, 3Ob114/88, 3Ob115/88, 3Ob116/88)19.10.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei L***-H*** S***, Graz,

Radetzkystraße 15-17, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, u.a. betreibender Parteien, wider die verpflichtete Partei Karl P***, Landwirt, Hausmannstätten, Grambach, Neuweg 1, wegen S 18.590,-- sA u.a. Forderungen, infolge Revisionsrekurses des Erstehers Ing. Willibald G***, Angestellter, Graz, Strauchergasse 13, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 1. Juli 1988, GZ 4 R 278-283/88-58, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. Mai 1988, GZ 9 E 61/87-49, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Zwei Liegenschaften des Verpflichteten, deren Schätzwert vom Erstgericht mit zusammen S 3,101.350,-- bestimmt wurde, wurden gemeinsam um das Meistbot von S 2,250.000,-- zugeschlagen. Die Erteilung des Zuschlags wurde am 8. April 1988 durch Anschlag an der Gerichtstafel verlautbart. Am 22. April 1988 erlegte Franz M*** (im folgenden "Überbieter" genannt) bei der Verwahrungsabteilung beim Oberlandesgericht Graz ein Sparbuch über den Betrag von S 3,000.000,-- samt einer Bestätigung über das hiefür vereinbarte Losungswort und gab als Gegenstand des Erlages "Überbotserlag zur Ex.Sache gg. Karl P*** (S 2,950.000,--)" und als Erleger seinen Namen mit dem Beisatz "im eigenen Namen und namens:

Hr. P***, p.A. Raika Kalsdorf" an. Die über den Erlag ausgestellte Bestätigung (GeoForm 62) wurde von ihm als Erleger unterschrieben. Eine Durchschrift der Bestätigung langte noch am 22. April 1988 beim Erstgericht ein. Am 3. Mai 1988 teilte der Überbieter auf telephonische Anfrage des Erstgerichtes mit, daß sein Überbot S 2,950.000,-- betrage. Dieses Überbot wurde dem Ersteher am 5. Mai 1988 schriftlich mitgeteilt, ohne gemäß § 22 Abs. 1 stmkGVG die Entscheidung der Grundverkehrskommission einzuholen. Der Ersteher unterließ es trotz eines entsprechenden Hinweises, sein Meistbot auf den Betrag des Überbots zu erhöhen. Er legte aber dem Erstgericht am 6. Mai 1988 eine vom Überbieter unterschriebene Urkunde vor, in der dieser erklärte das Überbot in Vertretung des Verpflichteten angebracht zu haben. Bei der hierauf vom Erstgericht durchgeführten Vernehmung wiederholte der Überbieter diese Erklärung. Das Erstgericht wies das Überbot "des Verpflichteten, vertreten durch Franz M***" mit der Begründung zurück, daß ein vom Verpflichteten angebrachtes Überbot nicht zulässig sei, weil er und sein Vertreter gemäß § 180 EO beim Versteigerungstermin vom Bieten ausgeschlossen seien.

Das Rekursgericht nahm infolge Rekurs des Verpflichteten das Überbot an, hob den Zuschlag an den Ersteher auf und schlug die Liegenschaften dem Überbieter zu. Der Überbieter, der vom Bieten im Versteigerungstermin nicht ausgeschlossen gewesen sei, habe das Überbot im eigenen Namen abgegeben, weshalb es nur dazu führen könne, daß ihm, nicht aber dazu, daß dem Verpflichteten der Zuschlag erteilt werde. Auf seine später abgegebene Erklärung, im Namen des Verpflichteten gehandelt zu haben, komme es nicht an. Da das Überbot den gesetzlichen Bedingungen entspreche, sei es anzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Ersteher gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nach § 78 EO, § 528 Abs. 2 und § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO zulässig und im Ergebnis berechtigt. Aus denselben Erwägungen, aus denen der Oberste Gerichtshof bei der Entscheidung über die Erteilung des Zuschlags die Höhe des Meistbots als Wert des Streitgegenstandes angesehen hat (RZ 1988/18), ist für die Entscheidung über die Annahme eines Überbotes dessen Höhe für den Wert des Streitgegenstandes maßgebend. In der Sache ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß das ursprüngliche Überbot keinerlei Hinweis darauf enthielt, daß es namens des Verpflichteten abgegeben worden sei. Nach seinem objektiv erkennbaren Inhalt konnte es daher nur zur Erteilung des Zuschlags an den Überbieter und vielleicht noch an die andere im Überbot genannte, vom Verpflichteten verschiedene Person, nicht aber zur Erteilung des Zuschlags an den Verpflichteten führen. Hier ist nicht zu prüfen, ob es richtig war, nur das Überbot einer Person anzunehmen, weil der Ersteher als der Rekurswerber hiedurch nicht beschwert sein kann und die anderen Personen, für die dies zutreffen könnte, den Beschluß des Rekursgerichtes in Rechtskraft erwachsen ließen.

Entgegen der Ansicht des Rekurswerbers ist es nicht entscheidend, daß der Überbieter in der Folge erklärte, das Überbot im Namen des Verpflichteten abgegeben zu haben. Diese Erklärung bedeutete eine Änderung der Person des Überbieters. Gemäß § 196 Abs. 2 EO ist jedoch ein Zurückziehen des Überbots unzulässig. Dies hätte es aber zur Folge, wenn eine Änderung in der Person des Überbieters einträte, weshalb auch eine hierauf gerichtete Erklärung wirkungslos ist. Die spätere Erklärung des Überbieters könnte höchstens als weiteres, im Namen des Verpflichteten gestelltes Überbot angesehen werden. Dieses wäre jedoch nicht zu berücksichtigen, weil es erst nach Ablauf der im § 196 Abs. 1 EO festgelegten Frist angebracht wurde und weil überdies der Verpflichtete gemäß § 180 Abs. 1 EO vom Bieten im Versteigerungstermin und damit gemäß § 195 Abs. 2 EO auch vom Überbot ausgeschlossen ist.

Das Überbot ist eine Prozeßhandlung (Pollak, System2 983). Es genügt daher nicht, daß der Überbieter den vierten Teil des von ihm angebotenen Kaufpreises (vgl. § 196 Abs. 1 EO) oder auch den gesamten Kaufpreis erlegt, sondern es bedarf darüber hinaus einer Erklärung, aus der neben der Person des Überbieters zu entnehmen ist, daß der Erklärende ein Überbot anbringen will und welchen Preis er sich zu entrichten verpflichtet.

Im § 195 Abs. 2 EO wird außerdem noch die Erklärung des Überbieters verlangt, bereit zu sein, die für die frühere Versteigerung festgestellten Versteigerungsbedingungen zu erfüllen. Der Oberste Gerichtshof hat hiezu aber schon in der Entscheidung SZ 35/98 die Ansicht vertreten, daß das Fehlen dieser Erklärung nicht zur Zurückweisung des Überbotes führen dürfe. Die Erklärung sei im Hinblick auf § 199 Abs. 2 EO nur als eine Formalität anzusehen, die nachgeholt werden könne. Diese Ansicht, der sich auch Heller-Berger-Stix anschlossen (Kommentar II 1397 f), gilt umso mehr nach § 78 EO iVm § 84 Abs. 3 ZPO idF der ZVN 1983, weil nun auch inhaltliche Mängel eines Schriftsatzes verbesserungsfähig sind, wenn bei der Übergabe eine Frist einzuhalten war. Dies trifft gemäß § 196 Abs. 1 EO auf das Überbot zu.

Der Überbieter hat die angeführte Erklärung bisher allerdings noch nicht abgegeben. Der erkennende Senat ist aber in Fortführung der schon in der Entscheidung SZ 35/98 zum Ausdruck gekommenen Gedanken der Meinung, daß das Fehlen dieser Erklärung keinen wesentlichen Mangel des Überbotes bildet, weil sich schon aus § 199 Abs. 2 EO ergibt, daß der Überbieter, dessen Überbot angenommen wird, die Versteigerungsbedingungen zu erfüllen hat. Es ist nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber einerseits die Rechtsfolgen der Annahme des Überbotes zwingend festgelegt hat, die Wirksamkeit des Überbotes aber von der Abgabe einer Erklärung abhängig machen wollte, der für die Rechtsfolgen der Annahme keine selbständige Bedeutung zukommt und die daher eine bloße Formsache ist. Nach Ansicht des erkennenden Senates muß § 195 Abs. 2 EO insoweit berichtigend ausgelegt werden, sodaß das Fehlen der Erklärung, zur Erfüllung der Versteigerungsbedingungen bereit zu sein, keine Bedeutung hat und deshalb auch nicht verbessert werden muß. Berücksichtigt man das Gesagte, so war das der Erlagsbestätigung zu entnehmende Überbot ausreichend, weil daraus sowohl die Person des Überbieters als auch ihr Wille, ein Überbot abzugeben, und schließlich auch der angebotene Preis zu entnehmen waren. Der Überbieter hat außerdem am 3. Mai 1988 deutlich erklärt, ein Überbot abgeben zu wollen, und neuerlich dessen Betrag genannt. Das Überbot erlangte Wirksamkeit, als die Erlagsbestätigung beim Erstgericht einlangte, und wurde daher innerhalb der vierzehntägigen Frist des § 196 Abs. 1 EO angebracht. Unbestritten und daher nicht näher zu begründen ist, daß auch die übrigen in der EO für die Annahme des Überbotes festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Das Rekursgericht übersah aber, daß gemäß § 22 Abs. 1 stmkGVG LGBl. 1983/72 das Exekutionsgericht vor der Verständigung des Erstehers von einem an sich zulässigen Überbot die Entscheidung der Grundverkehrskommission einzuholen hat, ob die Übertragung des Eigentums an den oder die Überbieter diesem Gesetz widerspricht. Dies wäre notwendig gewesen, weil nach dem Akteninhalt die zu den versteigerten Liegenschaften gehörenden Grundstücke 801/2 und 814/1 landwirtschaftlich genutzt werden (vgl. § 20 iVm § 1 Abs. 1 des angeführten Gesetzes). Überdies lag der im § 24 Abs. 1 des Gesetzes erwähnte "Negativbescheid" nicht vor. Er kann nicht darin erblickt werden, daß dem Erstgericht innerhalb von 6 Monaten, nachdem sein Ersuchen um Entscheidung über die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden bei der Grundverkehrskommission eingelangt war, eine rechtskräftige Entscheidung hierüber nicht zukam. Dies hatte gemäß § 21 Abs. 3 stmkGVG nur zur Folge, daß der Beschluß über die Erteilung des Zuschlages auszufertigen war, bedeutete aber nicht, daß es unterlassen werden durfte, gemäß § 22 Abs. 1 des Gesetzes die Entscheidung der Grundverkehrskommission über die Übertragung des Eigentums an den Überbieter einzuholen. Wird diese Entscheidung nicht, wie es im Gesetz vorgesehen ist, schon eingeholt, bevor der Ersteher von dem Überbot verständigt wird, so ist sie jedenfalls vor der Entscheidung einzuholen, mit der ein Überbot angenommen werden soll. Dabei ist es ohne Bedeutung, daß der angefochtene Beschluß auch der Grundverkehrskommission zugestellt wurde, weil diese zur Erhebung eines Rekurses nicht berechtigt war und der Mangel der Einholung ihrer Entscheidung schon deshalb nicht als durch die Rechtskraft geheilt angesehen werden kann.

Das Erstgericht wird im fortzusetzenden Verfahren daher zunächst die Entscheidung der Grundverkehrskommission einzuholen haben. Steht diese der Annahme des Überbotes nicht entgegen, so wird es den Rekurswerber neuerlich gemäß § 197 EO von dem Überbot zu veständigen haben, weil mit der ersten Verständigung gegen § 22 Abs. 1 stmkGVG verstoßen wurde und diese daher gesetzwidrig und wirkungslos war. Außerdem wird zu beachten sein, daß zunächst nur das Überbot anzunehmen, nicht aber auch schon der frühere Zuschlag aufzuheben und dem Überbieter der Zuschlag zu erteilen ist. Diese Anordnungen hat das Erstgericht von Amts wegen nach Eintritt der Rechtskraft der Annahme des Überbots zu treffen (§ 199 Abs. 1 EO; vgl. auch die Muster Nr. 237 und 237 a im Formbuch zur ZPO und EO6). Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm § 52 Abs. 1 ZPO.

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