OGH 2Ob632/87

OGH2Ob632/8715.3.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irmgard B***, geb. K***, Hausfrau, Via Serpentora 68, Rom, Italien, vertreten durch Dr. Gerold Hirn, Dr. Burkhard Hirn, Rechtsanwälte in Feldkirch, wider die beklagte Partei Erich B***, Mechaniker, 6840 Götzis, Im Hag 22, vertreten durch Dr. Wolfgang Ölz, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Feststellung eines Dienstbarkeitsrechtes, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 12. Mai 1987, GZ 1 c R 92/87-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 12. Februar 1987, GZ C 634/86 -13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Unterinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist bücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 1035 KG Götzis mit dem Grundstück 2.877/1, der Beklagte ist bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ 3158 KG Götzis mit dem Grundstück 2.877/2.

Nach den Klagsbehauptungen wurde anläßlich eines Grundstücktausches vom Voreigentümer des Grundstückes 2.877/2 entlang dessen westlicher Grenze auf einem 3 m breiten Grundstreifen zugunsten des Grundstückes 2.788/1 die Dienstbarkeit des unbeschränkten und unentgeltlichen Geh- und Fahrrechtes eingeräumt. Mit der Begründung, der Beklagte habe bei Erwerb des belasteten Grundstücks Kenntnis von dieser Dienstbarkeit gehabt, bestreite nunmehr jedoch deren Bestand, stellt die Klägerin das Urteilsbegehren, es werde dem Beklagten gegenüber festgestellt, daß das Grundstück 2.877/2 als dienendes Gut zugunsten des Grundstückes 2.877/1 als herrschendes Gut mit der Grunddienstbarkeit des unbeschränkten und unentgeltlichen Geh- und Fahrrechtes im Ausmaß eines 3 m breiten Streifens entlang der gesamten westlichen Grenze des Grundstückes 2.877/2 zum Grundstück 2.947/4 belastet sei. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Ihm sei beim Erwerb des Grundstückes 2.877/2 von der Dienstbarkeit nichts bekannt gewesen, deren Bestellung sei auch nicht rechtswirksam.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt der Beklagte eine auf den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages gerechtfertigt.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen liegt folgender Sachverhalt vor: In einer am 16. Jänner 1967 getroffenen Kaufabrede verpflichtete sich einerseits Mathilde K*** und andererseits die durch ihren Bürgermeister vertretene Marktgemeinde

Götzis - vorbehaltlich der Genehmigung durch die Gemeindevertretung - einen Tauschvertrag betreffend Liegenschaften abzuschließen. Danach übergibt die Marktgemeinde Götzis ua. eine in der zugrundegelegten Mappenkopie rot bezeichnete Teilfläche ihrer Grundstücke 2.873, 2874 und 2.877 an Mathilde K***, wobei die Übergabe und Übernahme mit dem Tage der Unterfertigung des Vorvertrages erfolgt. Mathilde K*** räumt dagegen auf dieser Teilfläche der vorgenannten Grundstücke entlang deren westlicher Grenze (zum Grundstück 2.947/4) auf einem 3 m breiten Streifen die Dienstbarkeit des unbeschränkten und unentgeltlichen Geh- und Fahrrechtes zugunsten des der Marktgemeinde Götzis verbleibenden Reststückes dieser Grundparzellen ein. Die Dienstbarkeit gilt so lange, bis das Reststück durch eine andere Straße aufgeschlossen ist. Diese Kaufabrede wurde in der Gemeindevertretungssitzung vom 26. Jänner 1967 genehmigt und der Bürgermeister ermächtigt, einen entsprechenden Kaufvertrag abzuschließen. Nach Neuvermessung erhielt die rot bezeichnete Teilfläche sodann die Parzellennummer 2.877/2, die der Marktgemeinde Götzis verbleibende Fläche die Parzellennummer 2.877/1. Mit Kaufvertrag vom 25. April 1967 erwarb Mathilde K*** sodann die Parzelle 2.877/2. In diesen Kaufvertrag wurde die im Vorvertrag vereinbarte Dienstbarkeit nicht aufgenommen, da eine Verbücherung ohnehin nicht hätte erfolgen können. Die Vertragsparteien gingen aber verbindlich davon aus, daß auf einem 3 m breiten Streifen entlang der westlichen Grenze dieser Grundparzelle zugunsten der Grundparzelle 2.877/1 die Dienstbarkeit des unbeschränkten und unentgeltlichen Geh- und Fahrrechtes besteht, so lange diese Parzelle nicht durch eine andere Straße aufgeschlossen ist. Damals bestand die Absicht, die Konstanzerstraße über diese Parzelle zu verlängern, womit die Dienstbarkeit hinfällig geworden wäre. Aus ungeklärten Gründen ist es zu einer solchen Verlängerung der Konstanzer-Straße nicht gekommen. Mit Tauschvertrag vom 1. Juni 1973 erwarb sodann Erich K*** von der Marktgemeinde Götzis die Grundparzelle 2.877/1 in den bestehenden Rechten und Pflichten, Dienstbarkeiten usw. so, wie die Vorbesitzer diese Liegenschaft bisher selbst besessen und benutzt hatten oder hiezu berechtigt gewesen wären. Bei Vertragsabschluß wurde Erich K*** auch auf das bestehende Dienstbarkeitsrecht verwiesen. Er hat diese Parzelle sodann mit Schenkungsvertrag vom 9. August 1973 seiner Tochter, der Klägerin übergeben. Mit Kaufvertrag vom 17. Juli 1978 verkaufte Mathilde K*** ihre Parzelle 2.877/2 an den Beklagten. Bei Vertragsabschluß war diesem das zugunsten der Parzelle 2.877/1 bestehende vorgenannte Dienstbarkeitsrecht bekannt. Im Jahre 1978 errichtete er von der Straße Im Hag über die Parzelle 2.877/2 zur Parzelle 2.947/4 und zu den dort stehenden Gebäuden einen Kiesweg, ein bis zwei Jahre später eine Montagegrube, welche bis in die Parzelle 2.877/2 hineinreicht, auch ließ er den südlichen Teil dieser Parzelle mit Kies aufschütten. In der Folge wurde er darauf aufmerksam gemacht, daß die von ihm errichtete Montagegrube das Geh- und Fahrrecht der Klägerin behindere. Im Jahre 1985 beantragte der Beklagte die gewerbebehördliche Genehmigung der Erweiterung seines LKW-Abstellplatzes auf die gesamte Parzelle 2.877/2. In der diesbezüglichen Verhandlung vom 9. Mai 1985 machte die Klägerin ihr Dienstbarkeitsrecht geltend, der Beklagte bestritt es. Sowohl das dienende als auch das herrschende Grundstück waren immer nur landwirtschaftlich genutzt worden. Die Dienstbarkeit ist in der Natur nicht ersichtlich und wurde bisher auch nicht ausgeübt. In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht von einer rechtmäßigen Begründung der Dienstbarkeit zwischen der Marktgemeinde Götzis und Mathilde K*** durch Vertrag gemäß § 480 ABGB sowie davon aus, daß eine bücherliche Eintragung der Dienstbarkeit im Sinne des § 481 ABGB in Vorarlberg gemäß Artikel I des Gesetzes vom 24. Februar 1905, RGBl. 1905/33, unzulässig sei. Anläßlich des zwischen der Marktgemeinde Götzis und Erich K*** erfolgten Tauschvertragabschlusses vom 1. Juni 1973 sei das Dienstbarkeitsrecht zwar von Erich K*** erworben worden, die Klägerin habe im vorliegenden Verfahren jedoch weder behauptet noch bewiesen, daß ihr die von ihrem Vater Erich K*** sodann geschenkte Grundparzelle 2.877/1 mit der Dienstbarkeit wirklich übergeben worden sei. Da Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe der Notariatsaktform bedürften, ein derartiger Vertrag aber nicht vorgelegt worden sei, müsse das Klagebegehren abgewiesen werden. Die vom Beklagten erhobene Einrede der Freiheitsersitzung im Sinne des § 1488 ABGB wäre dem Klagebegehren dagegen nicht entgegengestanden, weil sich der Belastete einer nicht ausgeübten Dienstbarkeit nicht widersetzen könne.

Das Berufungsgericht hielt die vom Berufungsgegner erhobene Beweisrüge nicht, dagegen die Rechtsrüge der Berufung der Klägerin für gerechtfertigt und ein Eingehen auf ihre Verfahrensrüge für entbehrlich. Die Dienstbarkeitsbestellung zwischen der Marktgemeinde Götzis und Mathilde K*** sei zumindest bei Abschluß des Kaufvertrages vom 25. April 1967 durch mündliche Vereinbarung rechtswirksam erfolgt und damit unabhängig von der Kaufabrede vom 16. Jänner 1967 zustandegekommen. Für die Dienstbarkeitsvereinbarung als solche hätte im übrigen gemäß § 64 des Vorarlberger Gemeindegesetzes LGBl. 1965/45 auch die Begründung durch den Bürgermeister allein genügt, da damit nicht eine die Unterschrift des Bürgermeisters und eines Mitgliedes des Gemeindevorstandes erfordernde urkundliche privatrechtliche Verpflichtung, sondern nur ein Recht der Gemeinde erworben worden sei. Bei Abschluß des Kaufvertrages vom 25. April 1967 sei die Dienstbarkeitsvereinbarung laut Kaufabrede jedenfalls vom Willen der Vertragspartner getragen gewesen und auch bei Abschluß des Tauschvertrages vom 1. Juni 1973 und des Schenkungsvertrages vom 9. August 1973 seien die Vertragsteile jeweils vom Bestehen der Dienstbarkeit ausgegangen. Der Beklagte habe bei Erwerb der Parzelle 2.877/1 ebenfalls von der bestehenden Dienstbarkeit gewußt. Da im Sinne des vom Erstgericht zitierten Reichsgesetzes RGBl. 1905/33 die Eintragung der gegenständlichen Dienstbarkeit nicht zulässig gewesen sei, beurteilten sich ihre Wirkungen gegenüber einem Erwerber der dienenden Liegenschaft danach, ob sie offenkundig oder bekannt gewesen sei. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne von einer Schenkung an die Klägerin ohne wirkliche Übergabe nicht die Rede sein. Die Klägerin sei festgestelltermaßen bücherliche Eigentümerin der Grundparzelle 2.877/1. Mit der Verbücherung sei aber eine wirkliche Übergabe gemäß § 943 ABGB gegeben, unabhängig davon, ob auch eine körperliche Übergabe erfolgt sei oder nicht. Durch den mit der Eintragung verbundenen Eigentumserwerb gingen gemäß § 442 ABGB auch Grunddienstbarkeiten und Grundreallasten über. Somit erschiene ein allfälliger Formmangel bei Abschluß des Schenkungsvertrages durch die Verbücherung geheilt und die Klägerin habe das mit ihrem Eigentum am Grundstück untrennbar verbundene, die Grundparzelle 2.877/2 belastende Dienstbarkeitsrecht erworben. Da der Beklagte von dieser Dienstbarkeit beim Erwerb der Grundparzelle gewußt habe, müsse er sie gegen sich gelten lassen. Auch auf eine Freiheitsersitzung könne er sich im Sinne der zutreffenden Rechtsansicht des Erstgerichtes nicht berufen. Eine nicht ausgeübte Dienstbarkeit könne nur durch dreißigjährigen Nichtgebrauch gemäß § 1479 ABGB verjähren. Die Bestimmung des § 1488 ABGB verlange, daß sich der Verpflichtete der Ausübung der Servitut widersetze und der Berechtigte durch drei aufeinanderfolgende Jahre sein Recht nicht geltend mache. Wenn der Berechtigte sein Recht aber nicht ausübe, könne sich der Verpflichtete auch durch Errichtung eines Hindernisses (Montagegrube) der Ausübung nicht widersetzen. Somit sei vorliegendenfalls der Fristenlauf des § 1488 ABGB bisher noch gar nicht ausgelöst worden.

In der Revision wird weiterhin die Unwirksamkeit der Dienstbarkeitsbestellung durch den Bürgermeister der Marktgemeinde Götzis sowie die Formbedürftigkeit der Einräumung einer unentgeltlichen Dienstbarkeit behauptet. Mangels Aufnahme eines Notariatsaktes sowie einer wirklichen Übergabe der Dienstbarkeit sei diese nicht wirksam begründet worden. Demgemäß erscheine aber auch eine Übertragung an Erich K*** und von diesem an die Klägerin nicht möglich. Abgesehen davon enthalte keiner der Verträge nur eine Silbe über diese Dienstbarkeit, sodaß jeweils der Titel und auch der Modus der formgültigen Übergabe der Dienstbarkeit fehlten. Schließlich sei aber auch Freiheitsersitzung eingetreten, weil durch die Errichtung einer Montagegrube die Ausübung der Dienstbarkeit unmöglich gemacht worden sei und feststehe, daß der Beklagte auf die Behinderung des Fahr- und Gehweges der Klägerin durch diese Montagegrube aufmerksam gemacht worden sei.

Diese Rechtsausführungen sind nur in letzterem Punkt teilweise stichhältig.

Die Dienstbarkeit ist das dingliche Recht der Nutzung einer Sache. Liegt der Titel zur Bestellung einer Dienstbarkeit an einer unbeweglichen Sache in einem Vertrag (§ 480 ABGB), wird dieses dingliche Recht der Dienstbarkeit gemäß § 481 ABGB grundsätzlich durch die Eintragung im Grundbuch erworben (SZ 44/110, 1 Ob 40/80, 1 Ob 682/82 ua).

In Vorarlberg sind gemäß Art. I des Gesetzes RGBl. 1905/33 Felddienstbarkeiten, zu welchen Wegservituten gehören, von der Eintragung in das Grundbuch ausgenommen. Ihre Eintragung erscheint daher unzulässig (Klang2 II 561; Petrasch in Rummel, ABGB, Rz 2 zu § 481; Dietrich-Tades ABGB32 FN zu § 481 und E 15; SZ 56/60 ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist eine vertragliche, nicht bücherlich einverleibte Grunddienstbarkeit dem Erwerber des dienenden Grundstückes gegenüber dann wirksam, wenn er hievon beim Erwerb Kenntnis hatte (siehe die bei Dietrich-Tades aaO unter E 6 abgedruckten E; Feil, Kommentar zum ABGB, 700; Pimmer in Schwimann, Kommentar zum ABGB II, Rz 9 zu § 481; 5 Ob 605,606/78 ua). Der Unterschied zwischen einer in der Absicht der Begründung eines dinglichen Rechtes außerbücherlich eingeräumten Grunddienstbarkeit und einer im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit besteht im Verhältnis zum Besteller bzw. dessen Rechtsnachfolger, der beim Erwerb der dienenden Liegenschaft Kenntnis von dieser Grunddienstbarkeit hatte, im wesentlichen nur darin, daß die Stellung des Berechtigten in letzterem Falle durch bücherliche Verfügungen des Eigentümers der dienenden Liegenschaft gegenüber einem gutgläubigen Dritten gefährdet werden kann (Pimmer aaO Rz 8, 9, 18 zu § 481; Klang2 II 358; MietSlg 18.137; SZ 23/225, SZ 47/29 ua). Die Begründung einer auflösend bedingten oder zeitlich befristeten Dienstbarkeit ist grundsätzlich zulässig (§ 527 ABGB; Klang2 II 611; SZ 44/41, 1 Ob 40/80 ua).

Vorliegendenfalls ist festgestellt, daß der Bürgermeister der Marktgemeinde Götzis durch Gemeinderatsbeschluß vom 26. Jänner 1967 ermächtigt worden war, mit Mathilde K*** über das bereits vermessene Grundstück 2.877/2 einen Kaufvertrag abzuschließen, in dessen Rahmen von Mathilde K*** eine Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes auf der genannten Parzelle zugunsten der Grundparzelle 2.877/1 eingeräumt werden sollte. Tatsächlich wurde sodann schriftlich ein diesbezüglicher Kaufvertrag und im Hinblick auf die in Vorarlberg ohnehin fehlende Einverleibbarkeit gleichzeitig eine Dienstbarkeitsvereinbarung mündlich dahin abgeschlossen, daß Mathilde K*** auf ihrer Grundparzelle 2.877/2 zugunsten der Grundparzelle 2.877/1 die Dienstbarkeit des unbeschränkten und unentgeltlichen Geh- und Fahrrechtes für die Dauer des Fehlens einer anderen Wegverbindung einräumt.

Somit ist zunächst entgegen den Revisionsausführungen davon auszugehen, daß ein Vertretungsmangel hinsichtlich der bei Abschluß des Kaufvertrages mündlich getroffenen Dienstbarkeitsvereinbarung nicht vorliegt und daß es für diese Dienstbarkeitsvereinbarung hier auch nicht der Form des Notariatsaktes bedurfte, weil die Dienstbarkeit im Rahmen des Kaufgeschäftes und demnach nicht auf Grund eines unentgeltlichen Rechtsgeschäftes eingeräumt wurde. Der Umstand, daß sich diese Dienstbarkeit auf ein unentgeltliches Geh- und Fahrrecht bezieht, macht sie nicht auch selbst zu einer unentgeltlichen.

Im weiteren ist davon auszugehen, daß Erich K*** das herrschende Grundstück sodann an die Klägerin übertrug und deren Eigentum bücherlich einverleibt wurde. Auch hier schadet wie beim Kaufvertrag mit Mathilde K*** die mangelnde Erwähnung der - nicht eintragungsfähigen - Dienstbarkeit im schriftlichen Vertrag nicht. Die Klägerin ist bücherliche Eigentümerin des Grundstückes, durch die bücherliche Eintragung wurde ihr im Sinne der zutreffenden berufungsgerichtlichen Ausführungen das Grundstück samt der zu dessen Gunsten bestehenden, in Vorarlberg eben nicht eintragungsfähigen Grunddienstbarkeit übergeben.

Nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Unterinstanzen hat der Beklagte bei seinem folgenden Erwerb des dienenden Grundstückes vom Bestehen der Grunddienstbarkeit zu Gunsten der Grundparzelle 2.877/1 Kenntnis gehabt. Damit ist er aber im Sinne der obenzitierten Lehre und Rechtsprechung an die zwischen den Rechtsvorgängern der Streitteile in der Absicht der Begründung eines dinglichen Rechtes, nämlich einer zu Gunsten der Grundparzelle 2.877/1 wirkenden Grunddienstbarkeit des Geh- und Fahrrechtes, vereinbarten, in Vorarlberg als solcher nicht verbücherungsfähigen Dienstbarkeit gebunden.

Ist das Grundstück 2.877/2 mit der genannten Dienstbarkeit belastet, so stellt sich auf Grund der diesbezüglichen Einwendung des Beklagten, welche er in der Revision aufrecht hält, die Frage, ob diese ihn belastende Grunddienstbarkeit durch eine mehr als dreijährige Widersetzlichkeit seinerseits gegen ihre Ausübung mangels rechtzeitiger Geltendmachung des Rechtes durch die Klägerin gemäß § 1488 ABGB ganz oder allenfalls teilweise verjährt ist. Diese Frage kann entgegen der sie verneinenden unterinstanzlichen und der sie in seiner Revision bejahenden Rechtsansicht des Beklagten derzeit noch nicht beantwortet werden:

Das Berufungsgericht vertrat unter Hinweis auf den Gesetzestext des § 1488 ABGB ("....wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung der Servitut widersetzt....") den Standpunkt, daß sich der verpflichtete Teil einer gar nicht ausgeübten Dienstbarkeit, wie dies hier festgestelltermaßen der Fall sei, nicht widersetzen und eine Verjährung nach § 1488 ABGB daher nicht eintreten könne. Die in diesem Sinne ergangene Judikatur wurde jedoch durch die jüngere Rechtsprechung dahin modifiziert, daß die Kenntnis des Berechtigten von der Errichtung eines der Ausübung der - bisher nicht ausgeübten - Servitut entgegenstehenden Hindernisses bereits eine Widersetzlichkeit im Sinne des § 1488 ABGB begründe. Eine dritte Meinung von Iro geht dahin, daß bereits in der Errichtung eines objektiv wahrnehmbaren Hindernisses unabhängig von einer tatsächlichen Ausübungshandlung des Berechtigten eine Widersetzlichkeit im Sinne des § 1488 ABGB gelegen sei (Anm. zu JBl 1982, 32; in diesem Sinne auch Koziol-Welser7 II 149). Schubert (in Rummel ABGB Rz 2 zu § 1488) schließt sich dagegen der Auffassung an, daß der Berechtigte vom Hindernis zumindest Kenntnis haben müßte. Welser erklärt in JBl 1983, 14, 18, nach ausführlicher Behandlung der einschlägigen Lehre und Rechtsprechung, auf welche hiemit verwiesen wird, zusammenfassend, es sei jenen neueren Entscheidungen zu folgen, welche im Ergebnis den Beginn des Fristenlaufes nicht von einer tatsächlichen Ausübung oder von einem Entfernungsbegehren abhängig machten, sondern sich "mit einem erheblichen Hindernis begnügen, das der Berechtigte wahrnimmt."

Der erkennende Senat tritt diesem Standpunkt der neueren Entscheidungen bei, zumal kein Grund erkennbar ist und es auch nicht der Billigkeit entspricht (vgl. Welser a.a.O. 17), dem Berechtigten, der ein aufgestelltes Hindernis nicht wahrnimmt, weil er die Dienstbarkeit gerade nicht ausüben wollte oder konnte, die gesetzliche Verjährungsfrist des § 1488 ABGB zu verkürzen. Demnach kommt es vorliegendenfalls darauf an, wann die Klägerin von der Errichtung der die Ausübung ihrer Dienstbarkeit allenfalls ganz oder teilweise hindernden Montagegrube Kenntnis erlangte. Die Feststellung, der Beklagte sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß "die von ihm errichtete Montagegrube das Geh- und Fahrrecht der Klägerin behindere", besagt nichts über eine Kenntnis der Klägerin und reicht zur Beurteilung der entscheidenden Frage des Zeitpunktes der Kenntnisnahme durch sie daher nicht aus.

Zur diesbezüglichen Klärung und Behebung des gegebenen Feststellungsmangels ist die Rechtssache daher an das Erstgericht zurückzuverweisen. In rechtlicher Hinsicht wird bemerkt, daß eine im Sinne des § 1488 ABGB erhebliche Widersetzlichkeit auch zu einem teilweisen Erlöschen der Dienstbarkeit führen kann (siehe die unter E 12 und 13 in Dietrich-Tades ABGB32 abgedruckten E; vgl. Schubert a. a.O. Rz 2 zu § 1488).

Der Revision war daher spruchgemäß Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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