Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der am 4.12.1973 geborene Oliver und der am 5.3.1977 geborene Philipp M*** entstammen der Ehe zwischen Anton und Maria M***, die mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Kufstein vom 26.4.1983, Sch 18/83-3, gemäß § 55 a EheG geschieden wurde (ON 3). Die elterlichen Rechte und Pflichten im Sinne des § 144 ABGB stehen der Mutter allein zu (ON 4), in deren Pflege und Erziehung sich die beiden Kinder befinden. Die Mutter ist seit 29.6.1984 mit Hugo H*** verheiratet und führt nunmehr infolge dieser Eheschließung den Familiennamen H***. Hugo H*** schloß mit den durch ihre Mutter vertretenen Kindern am 6.11.1986 einen Adoptionsvertrag und beantragte gemeinsam mit der Mutter die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Vaters und die gerichtliche Bewilligung der Annahme an Kindesstatt (ON 33). Das Erstgericht wies diese Anträge ab.
Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
Im Rahmen des Scheidungsvergleiches wurde dem Vater ein Besuchsrecht zu seinen Kindern einmal monatlich an einem von ihm zu bestimmenden Tag eingeräumt. Erstmals im Mai 1985 ersuchte der Vater das damalige Pflegschaftsgericht, das Bezirksgericht Kufstein, ihm bei der Durchsetzung des ihm eingeräumten Besuchsrechtes gemäß § 19 Abs. 1 AußStrG behilflich zu sein. Bereits damals wurde dem Bezirksgericht Kufstein vom Vertreter der Mutter mitgeteilt, daß eine Adoption der beiden Kinder durch den Ehegatten der Mutter erwogen werde. Am 2.12.1985 und am 13.3.1986 ersuchte der Vater neuerlich, mit angemessenen Zwangsmitteln gegen die Mutter vorzugehen, um die Ausübung des Besuchsrechtes sicherzustellen. Die Mutter wurde in der Folge mit Schreiben des Bezirksgerichtes Kufstein vom 13.5.1986 ermahnt, dem Vater im Sinne des Scheidungsvergleiches die Ausübung des Besuchsrechtes zu ermöglichen. Im Rahmen einer Rekursentscheidung vom 21.8.1986 (ON 28) führte das Landesgericht Salzburg aus, daß der vorliegenden Besuchsrechtsregelung an der für eine Rechtsdurchsetzung nach § 19 AußStrG erforderlichen Bestimmtheit mangle, sodaß der Vater vorerst einen die Besuchsrechtsausübung regelnden Beschluß des Erstgerichtes zu erwirken habe, bevor allenfalls zu Zwangsmitteln nach § 19 AußStrG gegriffen werden könne. Der Vater stellte in der Folge am 3.9.1986 einen Antrag auf Besuchsrechtsregelung. Nach Aufforderung der Mutter zur Stellungnahme zu diesem Antrag legten Maria und Hugo H*** den Adoptionsvertrag vom 6.11.1986 zur Genehmigung vor und beantragten, die verweigerte Zustimmung des Vaters zu diesem Adoptionsvertrag gerichtlich zu ersetzen. Der Vater erklärte am 26.11.1986, der Adoption nicht zuzustimmen. Er sei der Vater der Kinder und habe mehrmals versucht, die Verbindung mit den beiden Kindern aufrecht zu erhalten. Der Familie H*** solle seine Zustimmungserklärung zur Adoption etwas kosten und er habe sich aus diesem Grund entschlossen, eine Zustimmung nur gegen Zahlung eines Betrages von S 200.000,-- zu erteilen. Ergänzend vernommen gab der Vater am 14.4.1987 an, daß der für ihn wesentliche Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur Adoption die nach wie vor bestehende starke Bindung und Zuneigung zu den beiden Kindern sei. Infolge der Vereitelung des Besuchsrechtes durch die Mutter sei er nervlich derart angegriffen gewesen, daß er sich zu dem Angebot, die Zustimmung zur Adoption gegen Zahlung von S 200.000,-- zu erteilen, hinreißen habe lassen, welches Angebot er jedoch nunmehr verwerfe. Der eigentliche Grund für die Verweigerung der Zustimmung sei, daß er als leiblicher Vater sehr an den beiden Kindern hänge, ihnen äußerst zugeneigt sei und die Verbindung zu ihnen aufrecht erhalten wolle.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, es bedürfe keiner besonderen Rechtfertigung, wenn ein leiblicher Vater die Bindungen zu seinem Kind nich aufzugeben bereit sei. Der Wunsch, diese Bindung auch rechtlich aufrecht zu erhalten, könne für sich allein nicht als eigensüchtiges Motiv gewertet werden. Das Zustimmungsrecht des leiblichen Vaters sei ein Ausfluß des natürlichen Verwandtschaftsverhältnisses. Berufe sich deshalb ein leiblicher Elternteil auf die natürliche Bindung, verweigere er die Zustimmung nicht grundlos. Eine Weigerung sei nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der die Zustimmung verweigernde Elternteil sich gegenüber dem Kind eines beharrlichen und im höchsten Maß familienwidrigen Verhaltens schuldig gemacht habe. Im Zweifel sei die Weigerung jedoch als gerechtfertigt anzusehen. Die Ersetzung der Zustimmung stelle daher eine außerordentliche Maßnahme dar, die nur in ganz besonders gelagerten Fällen in Betracht kommen könne.
Der Vater habe den Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur Adoption zuletzt dahingehend präzisiert, daß in erster Linie seine starke Bindung und Zuneigung zu den Kindern und der Wunsch, die Beziehung zu den Kindern auch nach der Scheidung seiner Ehe mit der Mutter aufrecht zu erhalten, für ihn in erster Linie ausschlaggebend seien. Dieses Bekenntnis des leiblichen Vaters zur menschlichen Verbundenheit zu den beiden Kindern sei als sittlich einwandfrei und schutzwürdig zu erachten und schließe eine Ersetzung seiner Zustimmung durch das Gericht grundsätzlich aus.
Wenn auch nach Ansicht des Stadtjugendamtes Salzburg die Adoption der beiden Kinder durch Hugo H*** in deren Interesse gelegen wäre, so könne doch die Förderung des Kindeswohles durch die beabsichtigte Adoption für sich allein die Ersetzung der Zustimmung des Vaters durch das Gericht nicht rechtfertigen.
Der Antrag der Mutter und ihres Ehegatten auf Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Vaters zur Adoption sei daher abzuweisen. Unter diesen Umständen müsse auch dem vorgelegten Adoptionsvertrag die Bewilligung versagt werden.
Dem gegen diese Entscheidung gerichteten Rekurs der Mutter und ihres Ehemannes gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß keine Folge.
Das Rekursgericht führte im wesentlichen aus, es ergebe sich aus der Aktenlage, daß die Eltern anläßlich der Ehescheidung ein Besuchsrecht des Vaters im Ausmaß eines Besuchstages pro Monat nach Wahl des Vaters vereinbart hätten. Im Mai 1985 habe sich der Vater erstmals an das Gericht mit dem Anliegen gewendet, sein Besuchsrecht gegenüber dem Widerstand der Mutter durchzusetzen. Er habe diese Versuche mehrmals wiederholt und dabei auf eine Reihe von vergeblichen Fahrten von Hopfgarten nach Salzburg verwiesen. Die Mutter habe dazu vorerst mehrfach eine Stellungnahme angekündigt, diese aber nicht abgegeben und schließlich am 27.12.1985 versprochen, Besuche des Vaters zu ermöglichen. Dennoch sei schon im Februar 1986 ein Versuch des Vaters gescheitert, die Kinder in Salzburg zu besuchen. Dazu habe die Mutter auch schon nicht mehr ihre Bereitschaft erklärt, künftige Besuche des Vaters zu ermöglichen, sondern offen gelassen, wie sie sich dabei verhalten werde. Als schließlich der vom Vater beschrittene gerichtliche Weg erfolgslos geblieben sei, habe der Vater unverzüglich den ihm aufgezeigten Weg zur Durchsetzung seines persönlichen Kontaktes zu den Kindern beschritten und am 3.9.1986 den Antrag auf Besuchsrechtsregelung gestellt. Diesem Antrag sei die Mutter entgegengetreten; nach dem Wunsch der Mutter solle eine Entscheidung darüber wegen der Adoption der Kinder durch ihren Ehegatten entbehrlich werden.
Der im Rekurs behauptete Verfahrensmangel (Verletzung des rechtlichen Gehörs) liege nicht vor.
Bei der Frage der Ersetzung der Zustimmung zur Adoption könne das Wohl der Kinder gegenüber den berechtigten Interessen der Zustimmungsberechtigten nicht zum ausschließlichen oder auch nur überwiegenden Maßstab gemacht werden. Eine Ersetzung der verweigerten Zustimmung sei grundsätzlich nur dann zulässig, wenn die Weigerungsgründe sittlich nicht gerechtfertigt seien. Im Zweifel sei die Weigerung als gerechtfertigt anzusehen. Die Weigerung sei dann nicht gerechtfertigt, wenn der die Zustimmung verweigernde Elternteil sich gegenüber dem Kind eines beharrlichen und im höchsten Maß familienwidrigen Verhaltens schuldig gemacht habe. Die Rekurswerber leiteten aus den Äußerungen und dem Verhalten des Vaters den Schluß ab, eine echte Bindung zwischen ihm und den Kindern bestehe nicht mehr, sie werde nur vorgetäuscht. Diese Schlußfolgerung werde jedoch vom Rekursgericht nicht geteilt. Die Bereitschaft, gegen eine Zahlung der Adoption zuzustimmen und der unwidersprochene Vorwurf des Unterlassens einer Unterhaltsleistung seien zwar Indizien zu Gunsten der Rekurswerber, denen aber die Versuche des Vaters entgegenstünden, den beanspruchten persönlichen Kontakt zu den Kindern über das Gericht durchzusetzen. Der Vater habe dabei auch finanziellen Aufwand nicht gescheut, wie sich aus der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe ergebe. Es zeige sich hier auf beiden Seiten eine Methode, die zwar abzulehnen sei, der man aber nicht selten begegne: Das eigene rechtlich fundierte Ziel werde durch Druck mit einem Mittel angestrebt, das dazu nicht vorgesehen sei und allenfalls sogar auf Kosten der Kinder gehe. Aus der Wahl solcher verfehlter Methoden könne aber nicht abgeleitet werden, daß die Gründe nicht existierten, die mit diesen Methoden verfolgt würden. Wenn der Vater zwischen dem Drängen zum persönlichen Kontakt mit den Kindern und Resignation geschwankt habe und einmal einer Adoption zugestimmt, dann wiederum den Versuch unternommen habe, eine finanzielle Leistung zu erhandeln, dann sei daraus noch immer nicht ableitbar, daß der Vater die verwandtschaftliche Bindung und Zuneigung zu seinen Kindern nicht hätte. Er habe nur allenfalls unangemessen auf die Schwierigkeiten reagiert, mit den Kindern Kontakt zu bekommen. Damit sei es aber weder unglaubwürdig noch unbeachtlich, daß der Vater wegen seiner seelischen Bindung zu den Kindern die Zustimmung verweigere. Dieser Weigerungsgrund sei gerechtfertigt und das Erstgericht habe es mit Recht abgelehnt, die fehlende Zustimmung des Vaters zu ersetzen. Damit fehle aber auch ein wesentliches Erfordernis für eine Bewilligung der Adoption.
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Mutter und ihres Ehemannes mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, "daß dem Rekurs gegen den Beschluß des Erstgerichtes Folge gegeben und dem Erstgericht aufgetragen wird, allenfalls nach Ergänzung des Verfahrens in der Sache neuerdings zu entscheiden".
Rechtliche Beurteilung
Dieser Revisionsrekurs ist unzulässig.
Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG findet gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer begangenen Nullität die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof statt.
Das Vorliegen der Rechtsmittelgründe der Nichtigkeit (bzw. eines Verfahrensverstoßes vom Gewicht einer Nichtigkeit) und der Aktenwidrigkeit wird im Revisionsrekurs nicht behauptet; derartiges ergibt sich auch aus der Aktenlage nicht.
Die Rechtsmittelwerber führen im wesentlichen aus, daß das behauptete Interesse des Vaters an seinen Kindern nur vorgetäuscht sei und daß das Rekursgericht durch seine Entscheidung das Grundprinzip der Wahrung des Kindeswohles verletzt habe, was eine offenbare Gesetzwidrigkeit darstelle.
Dem ist zu entgegnen, daß der Rechtsmittelgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG nach ständiger Rechtsprechung nur vorliegt, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und totzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (SZ 39/103; SZ 40/78; SZ 44/180 uva.).
Daraus folgt zunächst, daß die von den Vorinstanzen angenommene Ernstlichkeit des vom Vater für die Verweigerung der Zustimmung zur Adoption angegebenen Motivs, nämlich seiner seelischen auf dem Familienverhältnis beruhenden Bindung zu den Kindern, im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden kann.
Im übrigen ist im Gesetz nicht näher bestimmt, welche konkreten tatsächlichen Umstände im Einzelfall die Ersetzung der verweigerten Zustimmung durch das Gericht gemäß § 181 Abs. 3 ABGB rechtfertigen. Das Gesetz spricht nur aus, daß die verweigerte Zustimmung zu ersetzen ist, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen. Ob die verweigerte Zustimmung zu ersetzen ist, hat das Gericht daher auf Grund der Verfahrensergebnisse nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Soweit kein Ermessensmißbrauch vorliegt, haftet einer solchen Entscheidung eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG nicht an
(EFSlg. 30.576, 30.577, 32.646, 49.972 ua.).
Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Rechtsmeinung kann der Umstand, daß das Wohl des Kindes durch die geplante Adoption gefördert würde, für sich allein die Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht nicht rechtfertigen. Angesichts der einschneidenden Wirkung der Adoption, die das Kind der Familiengemeinschaft mit seinem im Sinne des § 181 Abs. 1 ABGB zustimmungsberechtigten Elternteil grundsätzlich und unwiderruflich entzieht, kann vielmehr bei der Frage der Ersetzung der Zustimmung das Wohl des nicht eigenberechtigten Kindes gegenüber berechtigten Interessen des Zustimmungsberechtigten nicht zum ausschließlichen oder auch nur überwiegenden Maßstab gemacht werden (siehe dazu
EFSlg. 33.652, 38.434; JBl. 1987, 39; 8 Ob 690/86 ua.). Die Vorinstanzen haben unter Bedachtnahme auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles die Ersetzung der Zustimmung des Vaters zur Adoption der beiden Kinder im Sinne des § 181 Abs. 3 ABGB verweigert, weil sie dem Vater ein berechtigtes Interesse an der Aufrechterhaltung seiner familiären Bindung an die Kinder zubilligten. Darin ist nach den dargestellten rechtlichen Grundsätzen eine offenbare Gesetzwidrigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG nicht zu erblicken.
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Mutter und ihres Ehemannes war daher zurückzuweisen.
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