Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Erstgericht bewilligte den am 12.2.1986 zwischen dem mj. Markus S***, vertreten durch die Mutter Anita S***, einerseits und deren jetzigem Ehegatten Heinz S*** andererseits geschlossenen Adoptionsvertrag und ersetzte die mangelnde Zustimmung des leiblichen Vaters zur Adoption. Es begründete seine Entscheidung damit, daß für eine Verweigerung der Zustimmung keine gerechtfertigten Gründe vorlägen und daß die Annahme dem Wohle des Kindes diene.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters Friedrich S*** Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Minderjährigen, seiner Mutter und des die Adoption anstrebenden jetzigen Ehemannes der Mutter. Beantragt wird die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin, daß der Beschluß des Erstgerichtes ("womit die Zustimmung des Friedrich S*** zur Adoption ersetzt wurde") wiederhergestellt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Mutter des Minderjährigen war in erster Ehe mit Friedrich S*** verheiratet. Die Ehe wurde am 17.4.1984 einvernehmlich geschieden. Am 24.8.1984 schloß die Mutter mit dem ebenfalls geschiedenen Heinz S*** eine zweite Ehe. Die Ehegatten leben seit Jänner 1984 mit dem Minderjährigen im gemeinsamen Haushalt in Straßhof, wo er auch die Schule besucht. Der Minderjährige ist in die Familie integriert; es besteht zwischen ihm und Heinz S*** eine Vater-Sohn-Beziehung. Er möchte adoptiert werden. Die finanzielle Situation der Familie ist gesichert.
Das Rekursgericht ergänzte diesen Sachverhalt dahin:
Der leibliche Vater des Kindes stellte am 17.5.1985 den Antrag auf Einräumung eines Besuchsrechtes an jedem ersten Sonntag des Monates von 9 bis 17 Uhr. Die Mutter des Kindes sprach sich gegen diesen Antrag mit der Begründung aus, daß der Vater seit der Scheidung das Kind nicht besuchte und es sich auf Grund dessen aggressiven Verhaltens vor ihm fürchte. Mit dem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 26.6.1985, 27 E Vr 323/85, wurde der Vater rechtskräftig des Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB für schuldig erkannt. Es wurde ihm angelastet, daß er am 2.11.1984 durch die gegenüber seiner geschiedenen Ehegattin Anita S*** und deren Ehemann Heinz S*** telefonisch gemachte Äußerung, "er werde sie erschlagen" bzw. "ihn von hinten aufmachen, soferne er in diesem Monat seinen Sohn nicht sehen könne", durch gefährliche Drohung versuchte, sie zu einer Handlung, nämlich zur Übergabe seines Sohnes an ihn im Rahmen der Ausübung seines Besuchsrechtes zu nötigen.
Im Zuge des Verfahrens über das vom Vater beantragte Besuchtsrecht kam der vom Erstgericht bestellte Sachverständige Univ.Prof. Dr. S*** in seinem Gutachten vom 27.12.1985 zum Schluß, daß das Kind sich in einem schweren psychischen Streßzustand befindet, der auch starke vegetative Zeichen aufweist; es sei unzumutbar, das Kind dem Besuch des Vaters auszusetzen. Es ist motorisch unruhig, ängstlich, unsicher, fahrig und sprunghaft. Es besteht eine extrem angstbesetzte phobische Aversion des Kindes gegen den Besuch des Vaters.
Während der aufrechten Ehe hatte der Vater sowohl seine Ehegattin als auch das Kind geschlagen.
Rechtlich hielt es das Gericht zweiter Instanz für erforderlich, den leiblichen Vater darüber aufzuklären, daß er zur Vermeidung der gerichtlichen Ersetzung seiner Zustimmung zur Adoption Rechtfertigungsgründe vorzubringen hat. Es sei durchaus denkbar, daß der Vater neben einem persönlichen Motiv auch andere, objektive Gründe gegen die Bewilligung der Adoption geltend machen kann und will. Eine Verweigerung der Zustimmung zur Adoption wäre allerdings dann nicht gerechtfertigt, wenn der leibliche Vater beharrlich ein grob familienwidriges Verhalten an den Tag gelegt, seine Pflichten schuldhaft nicht erfüllt und die Bindungen an sein Kind mißachtet hätte. Das Erstgericht habe im Zuge des Adoptionsverfahrens jedoch keinerlei Feststellungen darüber getroffen, ob solche Voraussetzungen vorliegen. Insbesondere sei ungeklärt geblieben, ob die festgestellten Züchtigungen des Minderjährigen tatsächlich schwerste Erziehungsverstöße seines Vaters darstellten. Demgegenüber stellen sich die Revisionsrekurswerber auf den Standpunkt, daß die vom Gericht zweiter Instanz angenommene Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens nicht vorliege und daß bei richtiger Würdigung des Gesamtverhaltens des leiblichen Vaters dessen Familienwidrigkeit schon jetzt evident sei, weshalb es weiterer Erhebungen darüber nicht bedürfe. Dem ist zu entgegnen:
Gemäß § 181 Abs 1 ABGB darf die Bewilligung zur Adoption nur erteilt werden, wenn der Vater des mj. ehelichen Wahlkindes und die Mutter des mj. Wahlkindes der Adoption zustimmen. Gemäß § 181 Abs 3 ABGB hat das Gericht die verweigerte Zustimmung auf Antrag eines Vertragsteiles zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Verweigerung vorliegen. Unter welchen Voraussetzungen die von einem Zustimmungsberechtigten verweigerte Zustimmung vom Gericht ersetzt werden kann, führt das Gesetz nicht näher aus; es normiert lediglich, daß die verweigerte Zustimmung zu ersetzen ist, wenn keine gerechtfertigten Gründe vorliegen (1 Ob 629/84 ua). Im Sinne der Entscheidung JBl 1981, 206, sollen die Bestimmungen der §§ 181, 181 a ABGB sicherstellen, daß keine Kindesannahme gegen die wohl begründete Meinung der Person zustandekomme, die durch diesen Rechtsakt in ihren Rechten tiefgreifend betroffen werde. Unter diesem Gesichtspunkt kann bei der Frage der Ersetzung der Zustimmung das Wohl des nicht eigenberechtigten Kindes gegenüber den - berechtigten - Interessen der Zustimmungsberechtigten nicht zum ausschließlichen oder auch nur überwiegenden Maßstab gemacht werden. Es genügt nicht, daß das Wohl des Kindes durch die geplante Adoption gefördert, seine Erziehung in bessere Bahnen gelenkt und die Chancen für sein späteres Fortkommen erhöht werden. Die Weigerung ist aber dann nicht gerechtfertigt, wenn der die Zustimmung verweigernde Elternteil sich gegenüber dem Kind eines beharrlichen und im höchsten Maß familienwidrigen Verhaltens schuldig gemacht hat (1 Ob 629/84 ua). Die Entscheidung EvBl 1983/125 sprach aus, daß Elternrechte und Elternpflichten höchste Werte seien; sie können jedoch "verwirkt" werden, wenn auf Grund der Pflichtvergessenheit andere Personen die mit den pflichtgebundenen Elternrechten verbundenen Aufgaben erheblich besser zu erfüllen vermögen. Schwerwiegende und dauernde Pflichtverletzungen der Eltern - bzw. wie im vorliegenden Fall behauptet wird, des Vaters - werden es schwermachen, gerechtfertigte Weigerungsgründe vorzubringen (Pichler in Rummel, Rdz 5 zu § 179 a; 1 Ob 629/84 ua).
Im vorliegenden Fall ging das Rekursgericht von der dargestellten Rechtslage aus. Es hielt aber für erforderlich, den zustimmungsberechtigten Vater darüber aufzuklären, welche Einwände er gegen die beabsichtigte Adoption erheben kann und erachtete es auch in Anbetracht der vorgesehenen einschneidenden Maßnahmen für unumgänglich, die näheren Umstände seines Verhaltens im seinerzeitigen Familienverband und zum Kind aufzuklären. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Oberste Gerichtshof auch im Außerstreitverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz, er kann einem Ergänzungsauftrag des Gerichtes zweiter Instanz nicht entgegentreten, wenn dieser auf keiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht und die aufgetragene Beweisergänzung den entscheidungserheblichen Sachverhalt betrifft (siehe die in MGA 30 2 unter Nr.11 zu § 14 AußStrG abgedruckten Entscheidungen sowie EFSlg 34.965 ff.; EFSlg 37.303; EFSlg 39.717; 5 Ob 539/84; 7 Ob 657/86 ua). Dies ist hier der Fall. Die von den Rekurswerbern dagegen vorgebrachten Argumente sind daher nicht stichhältig. Ihrem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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