Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die am 22.9.1981 verstorbene Juliane P*** hat in ihrem Testament vom 6.1.1981, kundgemacht am 24.9.1981, ihren Enkel Stefan S*** (nunmehr Dr. Stefan W***) zum Alleinerben eingesetzt. Im vorliegenden Verlassenschaftsverfahren wurde die Tochter der Erblasserin Juliane S***, die sich ihrerseit auf eine zu ihren Gunsten ergangene letztwillige Verfügung ihrer Mutter berief, nach Abgabe widersprechender Erbserklärungen verhalten, die Erbrechtsklage gegen ihren Sohn Dr. Stefan W*** bis 31.3.1982 einzubringen. Die von Juliane S*** eingebrachte Klage wurde zu 24 Cg 227/84 des Landesgerichtes für ZRS Graz rechtskräftig abgewiesen. Hierauf stellte Juliane S*** am 28.10.1985 den Antrag auf Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses, da sie nach ihrer Mutter pflichtteilsberechtigt sei.
Während das Erstgericht den Antrag der Juliane S*** mit der Begründung abwies, ihr Pflichtteilsanspruch sei verjährt, gab ihm das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß statt. Es führte hiebei in rechtlicher Hinsicht aus, zwar beginne die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB mit der Kundmachung des Testamentes zu laufen, doch sei dies dann nicht der Fall, wenn der Pflichtteilsberechtigte, in der ursprünglichen Annahme, selbst Erbe zu sein, in einem Prozeß versucht habe, sein Erbrecht durchzusetzen. In einem solchen Fall beginne die Verjährungsfrist erst mit der Beendigung des Erbrechtsstreites zu laufen.
Der von Dr. Stefan W*** gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt. Beide Vorinstanzen haben richtig erkannt, daß nach ständiger Lehre und Rechtsprechung (Schubert in Rummel, Rdz 3 zu § 1487, Klang 2 VI 628, SZ 54/24, SZ 49/118, JBl.1957, 414, SZ 36/14 u.a.) die Verjährungsfrist des § 1487 bezüglich des Rechtes, den Pflichtteil zu fordern, mit der Kundmachung der letztwilligen Verfügung zu laufen beginnt. Bei der Verjährungsfrist des § 1487 ABGB handelt es sich um eine objektive Verjährungsfrist, die unabhängig davon zu laufen beginnt, ob der Noterbe alle den Anspruch und dessen Höhe begründenden Umstände kennt oder kennen muß (Kralik, Erbrecht, 317).
Rechtliche Beurteilung
Ob diese Verjährungsgrundsätze auch dann gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, über widerstreitende Erbansprüche ein Prozeß geführt wurde, an dem der Noterbe beteiligt war und der länger als drei Jahre gedauert hat, muß hier nicht untersucht werden. Nach § 804 ABGB kann der Noterbe die Errichtung eines Inventars verlangen. Die Noterben sind in § 762 ABGB angeführt. Ergibt sich daher aus dem Akt, daß der Antragsteller Noterbe ist, so hat das Abhandlungsgericht nach §§ 784, 804 ABGB über dessen Antrag zur Ermittlung seines Pflichtteiles die Inventur und Schätzung des Nachlasses vorzunehmen (Welser in Rummel Rdz 1 zu § 784). Seinen Pflichtteilsanspruch muß hingegen der Noterbe mit Klage im Prozeß durchsetzen (Weiß in Klang 2 III, 866 Welser in Rummel Rdz 14 zu §§ 762 bis 764, JBl.1982, 646 u.a.). Die Entscheidungen, die im Verlassenschaftsverfahren getroffen werden, insbesondere auch solche über die Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses, können daher die Rechte des Noterben im Prozeß gegen den Erben auf Bezahlung des Pflichtteiles nicht beeinträchtigen (SZ 47/12, NZ 1969, 42 u.a.). Daraus ergibt sich aber, daß bei der Entscheidung über einen Antrag eines Noterben auf Inventarisierung und Schätzung des Nachlasses nur die gesetzlichen Voraussetzungen für das Vorliegen seines Noterbrechtes nach § 762 ABGB zu prüfen sind, nicht aber ob und in welchem Ausmaß die Forderung des Noterben auf Auszahlung des Pflichtteiles materiell zu Recht besteht. Diese Frage ist im Prozeßweg zu klären. Ob die Pflichtteilsforderung verjährt ist, betrifft das materielle Pflichtteilsrecht, das, wie bereits ausgeführt wurde, im Prozeßweg zu prüfen ist. Demnach ist bei der Entscheidung des Abhandlungsgerichtes über einen Inventarisierungs- und Schätzungsantrag des Noterben die allenfalls zur Vernichtung des materiellen Pflichtteilsanspruches führende Verjährung nicht zu prüfen.
Im Ergebnis hat demnach das Rekursgericht richtig erkannt, daß dem Antrag der Juliane S*** auf Inventur und Schätzung des Nachlasses stattzugeben war, weil sich deren Stellung als Noterbin schon aus der Aktenlage ergibt.
Dem Revisionsrekurs war somit nicht Folge zu geben.
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